Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Schlafapnoe: Ein Leben lang mit Maske schlafen?

Schnarchen und Atemaussetzer in der Nacht können ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen. Wer nachts zu wenig Luft bekommt, wird zumeist mit einer speziellen Atemmaske behandelt, die beim Schlafen getragen werden muss. Ein Leser möchte wissen, ob auch andere Maßnahmen helfen können.

Gibt es bei Schlafapnoe wirkungsvolle Alternativen zur Atemmaske (CPAP)?

Es stehen zwar zahlreiche andere Behandlungsformen zur Verfügung, aber die sind teilweise zu wenig erforscht oder der Standardtherapie mit CPAP deutlich unterlegen.

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© BVDC - fotolia.com Schlafen mit Atemmaske
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Ein Leben in ständiger Müdigkeit – das ist die Folge einer Schlafapnoe. Apnoe bezeichnet Aussetzer der Atmung, wer darunter leider, hat keinen erholsamen Schlaf, sondern wacht häufig auf und leidet an einem gestörten Schlafrhythmus. Neben der ständigen Müdigkeit steigt auch das Risiko für andere Erkrankungen [a].

Wenn die Atmung beim Schlafen deutlich gestört ist, werden die Patienten zumeist mit einer Atemmaske ausgerüstet; diese Standardtherapie wird mit CPAP abgekürzt (continuous positive airway pressure). CPAP sorgt für einen ständigen Überdruck und hält so die Atemwege frei; der Schlaf wird erholsamer, den Patienten geht es deutlich besser [1] [2] [3] [4] [a]. Allerdings ist die Maske lästig, viele verwenden sie daher nicht durchgehend oder verzichten sogar ganz darauf. Gibt es auch andere wirksame Behandlungen, die mit weniger Einschränkungen verbunden sind?

Operationen und Medikamente

Operationen an den oberen Atemwegen könnten dazu beitragen, dass die Atemwege während des Schlafens frei bleiben. Dafür existieren eine ganze Reihe von Eingriffen an unterschiedlichen Abschnitten des Atmungssystems – vom Nasenraum bis hin zum Nacken. Meist wird schwaches Gewebe entfernt, damit es nicht die Atemwege blockiert sobald der Körper entspannt.

2013 hat ein Forschungsteam alle systematischen Übersichtsarbeiten zu Operationen bei Schlafapnoe zusammengefasst [1]: Laut den meisten Studien verbessern die Eingriffe den Zustand der Patienten. Doch die Ergebnisse fallen sehr unterschiedlich aus, die Erfolgsraten liegen zwischen 17 und über 80 Prozent. Außerdem ist die Studienqualität durch die Bank schlecht, die Autoren leiten aus den Studien daher keine Empfehlungen ab, sondern fordern mehr und bessere Studien. Wie gut Operationen im Vergleich zur Atemmaske abschneiden, lässt sich daher nicht sagen.

Medikamente spielen in der Therapie von Schlafapnoe noch keine Rolle [a].

Hilfsmittel und Sauerstofftherapie

An Stelle einer Atemmaske können auch Einsätze im Mund getragen werden; Kunststoffschienen, die Zahnspangen ähneln und Unterkiefer, Zunge und Gaumensegel während des Schlafens vorne halten. Dadurch bleibt der Rachen geöffnet und es atmet sich leichter. Auch da sind viele verschiedene auf dem Markt, was es schwierig macht, eine allgemeine Aussage über deren Wirksamkeit zu treffen. Die Autoren einer Übersichtsarbeit von 2013 sehen solche Einsätze immerhin als mögliche Alternative für jene Patienten, die die Atemmaske ablehnen: Bei der Müdigkeit tagsüber führen sie zu einer ähnlichen Verbesserung wie die Standardtherapie, allerdings sind sie nicht so gut darin, Atemaussetzer zu reduzieren [2]. Da jedoch die Atemaussetzer entscheidenden Einfluss auf Folgeerkrankungen haben, ist die Standardtherapie wenn möglich vorzuziehen.

Statt permanent mit einer Maske einen Überdruck in den Atemwegen zu erzeugen, wird manchmal auch versucht, nachts Sauerstoff regelmäßig zu verabreichen. Das verbessert zwar ein wenig die Atemaussetzer, führt aber sonst zu einem noch unruhigeren Schlaf. Insgesamt ist die Sauerstofftherapie deutlich weniger hilfreich als CPAP [3].

Abnehmen und Verhaltensänderungen

Einer der wichtigsten Risikofaktoren für Schlafapnoe ist Übergewicht, die Erkrankung ist bei Übergewichtigen doppelt so häufig wie bei Normalgewichtigen. Gewichtsabnahme und andere Veränderungen des Lebensstils wurden daher ebenfalls bereits als mögliche Therapien untersucht. Eine Übersichtsarbeit von 2013 legt nahe, dass durch Abnehmen die Zahl der Atemaussetzer reduziert werden kann: Und zwar durchaus so deutlich, dass die Patienten eine Verbesserung erfahren. Ein Gewichtsverlust von zehn bis 16 Prozent reduziert die Aussetzer um 20 bis 50 Prozent. Allerdings heilt die Gewichtsabnahme die Erkrankung nicht, sie reduziert nur die Symptome einigermaßen [4]. Und selbst das ist nicht gut abgesichert und es sind hier noch größere Studien notwendig, die vor allem auch die Langzeitwirkung untersuchen.

Die gleiche Studie hat den Einfluss von Sport untersucht. Selbst wenn die Patienten nicht durch Sport abgenommen haben, konnten sie doch die Symptome reduzieren. Allerdings sind auch hier die Studien nicht sehr aussagekräftig. Noch schlechter ist die Studienlage für eine Verhaltenstherapie, die Einfluss auf die Schlafposition nimmt: Drei kleine Studien mit insgesamt nur 71 Teilnehmern verraten noch gar nichts über die Wirksamkeit [b].

Fazit

Für Patienten, welche die Standardtherapie mit Atemmaske ablehnen, stehen zahlreiche andere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung – die allerdings bei den entscheidenden Symptomen nicht so wirksam sind wie CPAP. Stark übergewichtige Patienten profitieren wahrscheinlich, wenn sie in einem ersten Schritt ihr Gewicht reduzieren.

Die Studien im Detail

Die genannten Übersichtsstudien [1][2][3][4] sind alle von guter Qualität, können jedoch meistens nur relativ kleine und methodisch angreifbare Einzelstudien zusammenfassen. Die Studienlage bezüglich der Alternativen zu CPAP ist also noch nicht sehr gut abgesichert und zu allen Bereichen sind größere und bessere Studien notwendig.

[1] Certal u.a. (2013)
Studientyp: Zusammenfassung von systematischen Übersichtsarbeiten
Eingeschlossene Studien: 11 Übersichtsarbeiten mit insgesamt 378 Einzelstudien
Fragestellung: Operationen bei Schlafapnoe?
Interessenskonflikte: Keine angegeben.

Certal V, Nishino N, Camacho M, Capasso R. Reviewing the systematic reviews in OSA surgery. Otolaryngol Head Neck Surg. 2013 Dec;149(6):817-29.
Zusammenfassung

[2] Li u.a. (2013)
Studientyp:Systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 14
Fragestellung: Helfen orale Einsätze bei Schlafapnoe?
Interessenskonflikte: Keine angegeben.
Li W, Xiao L, Hu J. The comparison of CPAP and oral appliances in treatment of
patients with OSA: a systematic review and meta-analysis. Respir Care. 2013
Jul;58(7):1184-95.
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[3] Mehta u.a. (2013)
Studientyp:Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 14
Fragestellung: CPAP vs Sauerstofftherapie bei Schlafapnoe
Interessenskonflikte: Keine angegeben.
Mehta V, Vasu TS, Phillips B, Chung F. Obstructive sleep apnea and oxygen
therapy: a systematic review of the literature and meta-analysis. J Clin Sleep
Med. 2013 Mar 15;9(3):271-9. doi: 10.5664/jcsm.2500.
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[4] Araghi u.a. (2013)
Studientyp:Systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: sieben randomisiert kontrollierte Studien mit insgesamt 519 Teilnehmern
Fragestellung: Abnehmen und Lebensstilinterventionen bei Schlafapnoe
Interessenskonflikte: Einer der Koautoren hat mehrere Honorare von Pharmaunternehmen bekommen.
Araghi MH, Chen YF, Jagielski A, Choudhury S, Banerjee D, Hussain S, Thomas
GN, Taheri S. Effectiveness of lifestyle interventions on obstructive sleep apnea (OSA): systematic review and meta-analysis. Sleep. 2013 Oct 1;36(10):1553-62, 1562A-1562E.
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Weitere wissenschaftliche Quellen

[a] IQWIG über Schlafapnoe, abgerufen am 16.6.2015

[b] Ha u.a 2014
Ha SC, Hirai HW, Tsoi KK. Comparison of positional therapy versus continuous
positive airway pressure in patients with positional obstructive sleep apnea: a
meta-analysis of randomized trials. Sleep Med Rev. 2014 Feb;18(1):19-24.
Zusammenfassung

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