Startseite ● Wahrscheinlich wirksam: Honig gegen Husten bei Kindern Wahrscheinlich wirksam: Honig gegen Husten bei Kindern Honig gilt als traditionelles Hausmittel gegen akuten Husten. Wir haben recherchiert, ob Honig den Husten von Kindern lindern und verkürzen kann. 11. Oktober 2021 AutorIn: Tanja Wolf Review: Claudia Christof Bernd Kerschner Julia Harlfinger Teilen Hilft Honig gegen akuten Husten bei Kindern? wahrscheinlich ein bisschen Honig dürfte Kindern mit akutem Husten helfen: Die Hustenattacken werden wahrscheinlich etwas seltener, schwächer und weniger belastend. Auch der Schlaf von Kindern und Eltern kann sich verbessern, und die Zeit bis zum Abklingen ist wahrscheinlich ein wenig verkürzt. Allerdings sind die erzielten Effekte nur klein. so arbeiten wir Honig als Hustenmittel ist beliebt. Aber auch wirksam? © Tatevosian Yana – shutterstock.com Die schlechte Nachricht: Kinder sind etwa sechs bis zehn Mal im Jahr verkühlt. Dann setzen Erkältungsviren den oberen Atemwegen zu. Lästiger Husten meistens inklusive! Die gute Nachricht: Verkühlungen bzw. Erkältungen sind in der Regel harmlos. Die Beschwerden verschwinden normalerweise wieder von selbst [2,3,5]. Lästiger Husten – oft wochenlang Allerdings kann erkältungsbedingter Husten bei Kindern durchaus einige Wochen anhalten. Dann wird die Zeit bis zur Genesung mitunter zur Geduldsprobe. Nicht nur hierzulande, sondern auch international ist Husten bei Kindern ein häufiger Grund für Arztbesuche [1]. Denn Husten kann für die betroffenen Kinder anstrengend und belastend sein. So sorgt etwa der trockene Reizhusten – typisch am Anfang einer Erkältung – für schlechten Schlaf bei den jungen Betroffenen und ihren Eltern. [1]. Reinigung der Atemwege Da ist es nur ein schwacher Trost, dass Husten eigentlich eine höchst sinnvolle Reaktion des Körpers ist. Mit dem Husten werden Schleim und Fremdkörper ausgestoßen, um die Atemwege zu schützen [1-3,5]. Honig als Hustenstiller? Als Hausmittel gegen Husten bei Kindern wird immer wieder Honig eingesetzt – ein Naturprodukt, das viele Vorteile zu vereinen scheint: preiswert, leicht erhältlich, wohlschmeckend für Kinder, akzeptabel für viele Eltern. Bereits 2001 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Honig als eine mögliche Behandlung bei einer Erkrankung der oberen Atemwege für Kinder ab einem Jahr empfohlen [1,4]. Vergleich mit Placebo Wir haben recherchiert, wie der Stand des Wissens zu diesem Thema ist. Zur Wirksamkeit von Honig als Mittel gegen akuten Husten bei ansonsten gesunden Kindern (ab 12 Monaten) haben wir eine aktuelle Übersichtsarbeit [1] gefunden. Hier waren jene Studien für unsere Fragestellung besonders interessant, in der die Wirksamkeit von Honig mit einen Placebomittel oder Nichtstun verglichen wurde. Wahrscheinlich wirksam – ein wenig Es zeigte sich, dass Honig als Anti-Husten-Mittel durchaus eine gewisse Berechtigung haben dürfte. Er kann wahrscheinlich dafür sorgen, dass Hustenattacken weniger schwer, weniger belastend und seltener sind. Auch die Zeit, bis der Husten ganz abgeklungen ist, dürfte sich ein bisschen verkürzen lassen: von etwa 5 auf rund viereinhalb Tage. Außerdem kann Honig wahrscheinlich die Schlafqualität von Kindern und Eltern etwas verbessern. Aber natürlich ist das Bienenprodukt kein Wundermittel mit enorm starken oder raschen Effekten. Es wäre unrealistisch, große Wirkungen zu erwarten. Zur Veranschaulichung: In den Studien haben Eltern die Beschwerden ihrer hustenden Kinder nach 1 Tag angegeben. Dabei schätzten sie die Husten-Beschwerden auf einer Skala von 0 (keine Beschwerden) bis 6 (extreme Beschwerden): Ohne Honig war die Heftigkeit des Hustens am nächsten Tag um rund 1 Punkt auf einer Skala von 0 bis 6 besser. Mit Honig war die Heftigkeit des Hustens am nächsten Tag um rund 2 Punkte besser. Offenbar sicher… Es gibt Hinweise darauf, dass relativ harmlose Nebenwirkungen wie Bauchweh, Übelkeit und Erbrechen mit der Gabe von Honig in Verbindung stehen. Bei seiner Analyse der besten vorhandenen Studien ist das Autorenteam [1] allerdings auf keine ernsten unerwünschten Effekte gestoßen, die auf Honig zurückzuführen waren. Das Bienenprodukt dürfte also für Kinder (ab dem ersten Geburtstag!) nach derzeitigem Stand des Wissens sicher sein. …aber nur für Kinder ab 1 Hier gibt es allerdings eine sehr wichtige Einschränkung. Honig ist nicht geeignet für Kinder unter einem Jahr – weder als Nahrungs- noch als Anti-Husten-Mittel. Denn Honig kann Erreger enthalten, die im schlimmsten Fall bei den Kleinsten aufgrund ihres unreifen Immunsystems Vergiftungserscheinungen („Botulismus“) auslösen. Studienlage: gut, aber nicht exzellent Unser Fazit: Wir haben ein recht hohes Vertrauen in die aktuell vorliegenden Ergebnisse. Demnach kann Honig Kindern mit akutem Husten offenbar ein wenig helfen, indem Beschwerden gelindert und die Dauer verkürzt werden. Er wirkt wahrscheinlich etwas besser als ein Scheinmittel (Placebo) oder abwartendes Nichtstun. Es ist es denkbar, dass sich die derzeitige Einschätzung von Wirkung und Nebenwirkungen künftig noch etwas verändert. Möglich wäre dies zum Beispiel durch Studien mit mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmern, ohne Finanzierung durch die Industrie und mit einer Honig-Gabe über einen längeren Zeitraum. Interessant wäre auch mehr Wissen dazu, wie lange, wie viel, wie häufig und welcher Honig idealerweise verabreicht werden sollte. Wie Honig wirken soll Woher kommt die Idee, dass Honig den Husten hemmt? Es wird angenommen, dass das Bienenprodukt gegen Krankheitserreger und Entzündungen wirken könnte. Plausibel ist auch, dass Honig wohltuend wirkt, weil er sich über die strapazierten Schleimhäute im Hals legt und dadurch den Hustenreiz lindert [1,6]. Mehr Informationen Über andere (vermeintliche) Hustenmittel haben wir bereits in der Vergangenheit berichtet: rezeptfreier Hustensaft und Thymian. Mehr rund um die Themen Erkältung, Bronchitis und den dafür typischen Husten erfahren Sie auf den Seiten von gesundheitsinformation.de. Die Studien im Detail Bei unserer Literaturrecherche fanden wir eine systematische Übersichtsarbeit [1]. In ihr sind Untersuchungen berücksichtigt, die bis spätestens Februar 2018 veröffentlicht wurden. Wir haben zusätzlich nach neueren Arbeiten gesucht, aber keine relevanten gefunden. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Übersichtsarbeit den aktuellen Stand der Forschung zu unserer Frage enthält. Husten in sechs Ländern Die Übersichtsarbeit stammt von nigerianischen Forscherinnen und Forschern des unabhängigen Cochrane-Netzwerks. Schon in der Vergangenheit hatten sie drei Mal die jeweils besten verfügbaren Studien zu der Frage, ob Honig gegen Husten hilft, ausgewertet (2010, 2012, 2014). 2018 veröffentlichten sie die jüngste Zusammenfassung, in der sechs Studien berücksichtigt wurden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren insgesamt 899 Kinder zwischen 12 Monaten und 16 Jahren. Sie stammten aus Israel, Brasilien, Kenia, aus dem Iran und den USA. Viele Vergleiche Die Studien verglichen beispielsweise, ob Honig bei Kinderhusten wirksamer ist als simples Abwarten und Nichtstun oder ein Placebomittel. Die Ergebnisse aus diesen Vergleichen haben wir für unsere Einschätzung herangezogen. Außerdem ist in der Übersichtsarbeit ausgewertet, wie Honig im Vergleich zu drei Substanzen abschneidet, die in rezeptfreien Hustenmedikamenten enthalten sind: dem Hustenstiller Dextromethorphan, dem Anti-Histaminikum Diphenhydramin sowie Salbutamol, einem Mittel zur Erweiterung der Atemwege. Zudem wollte die Übersichtsarbeit herausfinden, ob das Ananas-Enzym Bromelain einen Anti-Husten-Effekt hat. Zufall erhöht Vertrauen Alle sechs Studien sind randomisiert-kontrolliert: Das heißt, die teilnehmenden Kinder kamen, streng nach Zufallsprinzip, entweder in eine Honig-Gruppe oder in eine Vergleichsgruppe. Dieses Vorgehen erhöhte neben anderen Qualitätsmerkmalen unser Vertrauen in die Ergebnisse. Die Kinder aus den Vergleichsgruppen nahmen eines der oben erwähnten Medikamente bzw. ein Gemisch aus dem Ananasenzym Bromelain und Honig. Oder sie bekamen ein Placebomittel – einen Sirup, der zwecks Verblindung so ähnlich schmeckte und aussah wie Honig bzw. wurde gar nichts verabreicht und einfach abgewartet. Diese beiden Szenarien (Placebo, Nichtstun) waren für uns von besonderem Interesse. Husten mit Honig weniger schlimm? Die Eltern der untersuchten Kinder sollten einschätzen, ob und wie stark sich der Husten bei ihren Kindern verbesserte. Wie schwer, häufig und belastend waren die Hustenattacken? War der Schlaf von Kindern und Eltern gestört? Die Eltern haben die Effekte meist auf einer siebenstufigen Skala eingeordnet: 0 bedeutete „überhaupt nicht“, 6 „extrem“. Nur eine Studie verwendete eine Skala mit fünf Stufen als Messinstrument. Demnach war beispielsweise an Tag 3 die Häufigkeit der Hustenattacken mit Honig um durchschnittlich 1,13 Punkte (entspricht 16 Prozent) besser als mit Placebo. Eine deutliche, wenn auch eher bescheidene Verbesserung. Ähnlich „groß“ waren die Verbesserungen in punkto Schwere, Belastung und Schlafqualität durch den Husten. Auch die Verkürzung der Hustendauer war wahrnehmbar, aber nicht spektakulär: Sie reduzierte sich von gut 5 Tagen (mit Placebo) auf etwa viereinhalb Tage (mit Honig). Viele Stärken… Die in der Übersichtsarbeit verwendeten Studien sind ziemlich aussagekräftig; das heißt: wir schenken ihren Ergebnissen Vertrauen. Demnach dürfte sich Honig sowohl auf die Dauer des Hustens sowie auf die mit dem Husten verbundenen Beschwerden positiv auswirken, wenn auch nur in bescheidenem Rahmen. …einige Schwächen Allerdings gibt es auch einige Schwächen der in der Übersichtsarbeit verwendeten Studien: sie waren nur klein und kurz. Das heißt, sie umfassten nur wenige Testpersonen (60 bis 300 je nach Studie), und die Kinder erhielten Honig nur für kurze Zeit (einmalig bis maximal 5 Tage). Außerdem gaben die Eltern stellvertretend für ihre Kinder die Beschwerden an, was zu Verzerrungen geführt haben könnte. Bei den meisten Studien spielte eine Finanzierung durch Industrie eine Rolle, wenn auch alle Autorinnen und Autoren einen Interessenskonflikt ausschlossen. Vergleich mit anderen Medikamenten Bei den Vergleichen mit drei rezeptfrei erhältlichen Medikamenten schnitt Honig in einigen Punkten recht ordentlich ab. Er wirkte mitunter ähnlich gut oder sogar ein wenig besser als die Mittel aus der Apotheke. Diesen Ergebnissen schenken wir eingeschränktes bis mittelmäßiges Vertrauen. Versionsgeschichte 11. 10. 2021: eine Aktualisierungsrecherche brachte keine neuen Erkenntnisse 27. 12. 2018: erste Version Wissenschaftliche Quellen [1] Oduwole u.a. (2018) Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse Analysierte Studien: 6 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) Teilnehmende insgesamt: 899 Kinder zwischen zwölf Monaten und 16 Jahren Studiendauer: bis zu 6 Tage Fragestellung: Kann Honig die Husten-Dauer und Husten-Beschwerden bei Kindern (im Rahmen einer Infektion der oberen Atemwege) verringern? Interessenskonflikte: keine laut Autorinnen und Autoren Oduwole O, Udoh EE, Oyo-Ita A, Meremikwu MM. Honey for acute cough in children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, Issue 4. Art. No.: CD007094. Zusammenfassung der Studie Deutsche Zusammenfassung Weitere wissenschaftliche Quellen: [2] UpToDate (2021) Pappas DE. The common cold in children: Management and prevention. Abgerufen am 1. 8. 2021 (kostenpflichtig) [3] DynaMed Plus (2018) Upper respiratory infection (URI) in children. Abgerufen am 1. 8. 2021 (kostenpflichtig) [4] World Health Organization (2001) Cough and cold remedies for the treatment of acute respiratory infections in young children. Abgerufen am 1. 8. 2021 Weiterführende Informationen: [5] IQWiG (2020) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Erkältung. Abgerufen am 27.12.2018 [6] Evidently Cochrane (2018) Honey for cough in children: can it help? Abgerufen am 1. 8. 2021 Schlagworte AtemwegeErkältungHonigHustenKinderVerkühlung In über 400 Faktenchecks suchen