Erkältung verkürzen: vielleicht mit Zink

Möglicherweise kann die Einnahme von Zink eine Erkältung etwas verkürzen. Vorsorglich eingenommen scheint Zink aber eher nicht zu schützen.

AutorIn:
Review:  Bernd Kerschner 

Sind Zink-Präparate zum Einnehmen wirksam zur Behandlung einer Erkältung (Verkühlung)?

Beugen Zink-Präparate zum Einnehmen Erkältungen vor?

Möglicherweise kann die Einnahme von Zink die Dauer einer Erkältung bei Erwachsenen leicht verringern. Es scheint jedoch eher unwahrscheinlich, dass die vorsorgliche Einnahme von Zink vor dem Krankwerden schützt.

so arbeiten wir
© Master 1305 – Shutterstock.com Schnupfen, Husten oder Halsweh – typische Symptome einer Erkältung
© Master 1305 – Shutterstock.com

Eine Erkältung (auf österreichisch: Verkühlung) gehört zu den häufigsten Ursachen für Krankenstände oder das Fernbleiben von der Schule [1]. Ungefähr zwei bis vier Mal im Jahr sind Erwachsene in unseren Breiten davon betroffen, vor allem im Herbst und Winter. Kinder sind etwa acht bis zehn Mal pro Jahr erkältet [1]. Auslöser sind fast immer Viren.

Bis die Erkrankung nach etwa einer Woche von selbst wieder zurückgeht, ist Geduld gefragt. Denn eine wirksame Anti-Erkältungsbehandlung existiert bis heute nicht. Nur die Beschwerden lassen sich mit Medikamenten lindern [3,6].

Immer wieder wird Zink bei einer Erkältung empfohlen. Einerseits zur Behandlung im Krankheitsfall, andererseits vorbeugend, zur „Stärkung des Immunsystems“.

Wir haben recherchiert, was das Spurenelement wirklich kann.

Etwas kürzer krank mit Zink

Bei unserer Recherche haben wir etliche Studien gefunden. Zusammenfassend ergeben Sie ein etwas widersprüchliches Bild:

Einerseits können Zink-Präparate vielleicht dabei helfen, eine Erkältung etwas schneller loszuwerden [1]. Wenn sie also im Krankheitsfall eingenommen werden. Im Schnitt schien Zink die Erkrankung um knappe zwei Tage zu verkürzen. Das scheint aber nur für Erwachsene zu gelten. Bei Kindern konnte dieser Effekt nicht beobachtet werden [2].

Eher keine Stärkung fürs Immunsystem

Und wie sieht es mit der angeblichen Stärkung des Immunsystems aus? Das Fazit der bisherigen Forschungsergebnisse: Es gibt es keine Hinweise darauf, dass die vorsorgliche Einnahme von Zink das Immunsystem vor Erkältungen schützen kann. Im Gegenteil: Studien sprechen eher dagegen [3].

Diese Erkenntnisse sind allerdings als vorläufig einzustufen. Große Unterschiede zwischen den Studien und Mängel bei ihrer Durchführung machen die Ergebnisse unzuverlässig (mehr dazu im Abschnitt Studien im Detail). Neue Forschungsergebnisse könnten den Stand des Wissens noch verändern. Unklar ist zum Beispiel noch, in welcher Dosierung und Form Zink möglicherweise helfen kann und wie die Einnahme idealerweise erfolgen sollte.

Übelkeit als Nebenwirkung

Ziemlich gesichert ist hingegen, dass auch harmlos erscheinende rezeptfreie Mittelchen wie Zink-Präparate Nebenwirkungen haben können: zum Beispiel kann Zink Übelkeit und Verdauungsbeschwerden auslösen [1,7].
Nasensprays mit Zink können in manchen Fällen zu einem andauernden Geruchsverlust führen [7].

Großer Markt, oft fragliche Wirkung

Der Markt für Erkältungsmittel ist riesig. Belege für deren Wirksamkeit sind hingegen rar.

Alle unsere Faktenchecks zum Thema Erkältung, was hilft und was nicht, haben wir auf unserer Themenseite zusammengefasst.

Ziemlich sicher wirkungslos ist das allseits beliebte Vitamin C. Das zeigen bisherige klinische Studien deutlich. Auch wer regelmäßig vorbeugend Vitamin C zu sich nimmt, kann eine Erkältung nicht verhindern.

Nutzlos gegen die eigentlichen Erreger einer Erkältung sind im Übrigen auch Antibiotika. Die meisten Erkältungserkrankungen werden von Viren verursacht. Antibiotika wirken aber nur gegen Bakterien.

Zink im Essen

Zink ist ein für den Menschen notwendiges Spurenelement und wichtig für viele Vorgänge im Körper. Dazu zählen Immunreaktionen, wobei viele Details noch ungeklärt sind.

Zink muss ständig mit der Nahrung aufgenommen werden, etwa mit Fleisch, Milchprodukten, Hülsenfrüchten und Nüssen – was laut Fachleuten normalerweise auch in ausreichender Menge gelingt. Ein starker Zinkmangel ist hierzulande selten [1,4,6].

Weiterführende Information

Über das Thema Erkältung [4], zum Beispiel zu Verlauf, Vorbeugung und Behandlung, informiert Sie auch das IQWIG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) oder die Seite Gesundheit.gv.at.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Weil wir vermuteten, dass zu dem Thema bereits viel geforscht worden war, suchten wir nach sogenannten Übersichtsarbeiten. Diese fassen die Ergebnisse von vielen einzelnen Studien zusammen und berechnen daraus ein Gesamtergebnis.

Wir berücksichtigten nur Übersichtsarbeiten mit sogenannten randomisiert-kontrollierten Studien. Dabei werden die Teilnehmenden per Zufall (randomisiert) auf zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine nimmt Zink ein, die andere (die Kontrollgruppe) bekommt Schein-Pastillen (Placebo). Dann wird zum Beispiel erfasst, wie lange die Teilnehmenden erkältet sind oder wie oft sie krank werden.

Bei unserer Suche in zwei wissenschaftlichen Datenbanken fanden wir zwei systematische Übersichtsarbeiten. Eine [1] analysierte 10 randomisiert-kontrollierte Studien, die Zink zur Behandlung von Erkältungen bei 729 Erwachsenen. Die zweite Übersichtsarbeit [2] fasst drei Studien zusammen, an denen ausschließlich Kindern teilgenommen hatten (insgesamt 563).

Eine weitere Übersichtsarbeit fasst 24 Studien zusammen, die untersuchten, ob die vorbeugende Einnahme von Zink vor einer Erkältung schützt [3].

Wie aussagekräftig sind die Studien?
Sowohl die Übersichtsarbeiten als auch die darin zusammengefassten Forschungsarbeiten haben teilweise schwere Mängel in der Durchführung. Das schränkt unser Vertrauen in ihre Ergebnisse stark ein.

Außerdem erschweren Unterschiede zwischen den einzelnen Studien das sinnvolle Zusammenfassen ihrer Ergebnisse. Zum Beispiel wurden unterschiedliche Dosierungen und verschiedene Zink-Präparate verwendet: Tabletten, Lutschpastillen oder Sirup. Vielleicht kam es hier also zu „Äpfel-mit-Birnen-Vergleichen“. Zudem ist nicht in allen Studien angegeben, ob die Teilnehmenden mit einem Zinkmangel in die Studie gestartet waren oder nicht.

Hinzu kommt, dass bei den meisten Studien Firmen als Sponsoren im Hintergrund standen. Soweit wir eruieren konnten, stellten zumindest einige dieser Sponsoren die Testpräparate zur Verfügung.

Wir können auch nicht sicher sein, dass von allen durchgeführten Studien auch Ergebnisse veröffentlicht wurden. Vielleicht haben es nur die Studien mit vielversprechendem Ergebnis bis zur Veröffentlichung geschafft. Der Rest ist vielleicht in den Schubladen von unzufriedenen Forschungsteams und Auftraggebern verschwunden – weil sich unerwünschte Ergebnisse gezeigt haben. In diesem Fall wäre die uns vorliegende Einschätzung verzerrt.

Welche Studien haben wir nicht berücksichtigt?
Für diesen Faktencheck interessierten uns Zink-Präparate zum Schlucken. Obwohl auch Nasensprays mit Zink erhältlich sind, haben wir diese bei unserer Recherche nicht berücksichtigt.

[1] Hunter et al. (2020) Zinc for the prevention or treatment of acute viral respiratory tract infections in adults: a rapid systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ Open. 2021;11(11):e047474. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[2] Science et al. (2012) Zinc for the treatment of the common cold: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. CMAJ. 2012 Jul 10;184(10):E551-61. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[3]Vlieg-Boerstra et al. (2022) Nutrient supplementation for prevention of viral respiratory tract infections in healthy subjects: A systematic review and meta-analysis. Allergy 77(5): 1373-1388. (Link zur Studie)

[4] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen – IQWIG (2020) Erkältung. Abgerufen am 20. 12. 2023 unter www.gesundheitsinformation.de

[5] Department f. Ernährungswissenschaften d. Universität Wien (2017) Österreichischer Ernährungsbericht 2017. Abgerufen am 20. 12. 2023 unter https://ernaehrungsbericht.univie.ac.at

[6] Verbraucherzentrale (2020) Klartext Nahrungergänzung. Mehr Zink bei Erkältungen? Abgerufen am 20. 12. 2023 unter www.klartext-nahrungsergaenzung.de

[7] Dynamed (2020) Upper Respiratory Infection (URI) in Adults and Adolescents. Abgerufen am 20. 12. 2023 unter www.dynamed.com (Zugang kostenpflichtig)

  • 20.12.2023: Bei einer neuerlichen Suche fanden wir eine zusätzliche aktuelle Übersichtsarbeit, die Studienergebnisse zu Erkältungs-Vorbeugung durch Zink zusammenfasst. Sie zeigt: Zink schützt eher nicht.
  • 15.12.2020: Aktualisierung des Faktenchecks. Unsere Einschätzung bleibt unverändert.
  • 20.12.2018: Wir haben Recherche und Text gründlich überarbeitet.
  • 22.1.2015: Erstveröffentlichung des Faktenchecks.

In über 500 Faktenchecks suchen