Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Kein Wirkbeleg: Propolis gegen Coronavirus, Erkältung & Grippe

Propolis soll das Immunsystem stärken und vor dem Coronavirus schützen. Auch gegen Erkältungen und Grippe soll Propolis helfen. Belege für diese Behauptungen fehlen.

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Hat Propolis eine vorbeugende oder lindernde Wirkung gegen eine Infektion mit dem Coronavirus, Erkältungen oder Grippe?

Bisher gibt es keine Studien, in denen die Wirkung von Propolis bei diesen viralen Infekten untersucht wurde.

so arbeiten wir
© Ihor Hvozdetskyi - Shutterstock.com Propolis-Ablagerungen in einem Bienenstock
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Dieser Beitrag ist Teil unserer Faktencheck-Serie Mythen und Fakten zum Coronavirus

Propolis wird von Bienen aus Harz, Pollen und Wachs hergestellt. Die natürliche Substanz wird auch Bienenharz genannt und hat eine spannende Eigenschaft: Sie wirkt keimhemmend. Fachleute nehmen an, dass Propolis die Ausbreitung von Krankheitserregern im Bienenstock bremst.

Das macht das Bienenharz für die Gesundheit von Menschen interessant. Es gibt sogar die Behauptung, dass die Einnahme von Propolis-Extrakt einer Infektion mit dem Coronavirus vorbeugen kann. Angeblich. Auch vor anderen Krankheitserregern soll das Bienenharz schützen, zum Beispiel vor Erkältungs- und Grippeviren.

Viele Behauptungen, keine Belege

Bei diesen Behauptungen handelt es sich ganz klar um Mythen. Wissenschaftlich aussagekräftige Hinweise auf eine Infekt-vorbeugende Wirkung von Propolis konnten wir trotz intensiver Suche keine finden.

Denn bisher wurde nicht in Studien untersucht, ob die Einnahme von Propolis vor dem Coronavirus schützen kann. Dasselbe gilt für Erkältungen und die Grippe.

Studie ohne Aussagekraft

Lediglich zu einem Kombinationsmittel aus Propolis, Vitamin C und Echinacea konnten wir eine Studie finden [1]. Von einem Kombinationspräparat auf die alleinige Wirksamkeit von Propolis zu schließen, ist jedoch nicht möglich.

Zudem ist die Studie nicht aussagekräftig. Zwar behauptet das Studienteam, die Ergebnisse würden eine vorbeugende Wirkung vor Atemwegserkrankungen zeigen.
Wir halten die Studie jedoch für wenig vertrauenswürdig. Denn ihre Ergebnisse lassen sich aufgrund fehlender Daten nicht nachvollziehen.

Für Vitamin C ist ein vorbeugender Effekt übrigens widerlegt und für Echinacea zumindest umstritten.

Allergie auf Propolis

Propolis kann Nebenwirkungen verursachen. So löst der Extrakt aus dem Bienenharz bei manchen Menschen allergische Reaktionen aus [2,3].

In ausgewählten Studien reagierten zwischen 1 und 6 von 100 Testpersonen allergisch auf das Bienenprodukt [4,5]. Diese Zahlen sind allerdings nur eine grobe Schätzung. Wir können nicht ausschließen, dass sie in anderen Studien geringer oder höher sind.

Bausubstanz im Bienenstock

Im Bienenstock erfüllt Propolis vielseitige Aufgaben. So verwenden Bienen die Substanz, um damit Ritzen und Lücken abzudichten und den Eingang ihres Stocks zu verengen. Selbst die Innenwände ihres Heims kleiden die Insekten mit einer dünnen Propolis-Schicht aus.

Was in der Petrischale funktioniert…

Versuche bestätigen die keimhemmende Wirkung von Propolis im Labor [6]. In der Petrischale kann Propolis das Wachstum verschiedener Bakterien, Pilze und sogar mancher Viren bremsen.
Dass die Einnahme von Propolis deswegen viralen Infektionen genauso gut vorbeugen kann, ist jedoch ein Trugschluss. Schließlich sind die Vorgänge im menschlichen Körper deutlich komplizierter als jene in einer Petrischale.

…gilt nicht für den Körper

Um theoretisch wirken zu können, dürfen die keimhemmenden Bestandteile von Propolis nicht vom Verdauungssystem zersetzt werden. Auch Leber und Niere – die körpereigenen Entgiftungsorgane – dürfen sie nicht zu unwirksamen Stoffen abbauen oder sofort wieder ausscheiden.

Anschließend müssten sie über das Blut in die infizierten Schleimhäute der Atemwege gelangen und sich dort in der richtigen Konzentration ansammeln: ausreichend hoch, um die Krankheitserreger bekämpfen zu können, aber niedrig genug, um keine unerwünschten Nebenwirkungen auszulösen.

Ob all das klappt, wenn man Propolis als Nahrungsergänzungsmittel einnimmt, ist unklar. Antworten darauf können nur gut gemachte Studien liefern.

Wirksam vorbeugen

Das Coronavirus wird über winzig kleine Tröpfchen beim Reden, Niesen oder Husten übertragen. Dasselbe gilt auch für andere Viren, die Erkältungen und die Grippe auslösen.

Infizierte Personen können, wenn sie Hygienemaßnahmen nicht einhalten, die Erreger auf Oberflächen wie Türschnallen, U-Bahn-Haltegriffen oder Computertastaturen verteilen. Fassen andere Menschen diese Oberflächen an und greifen sich danach ins Gesicht, gelangen die Keime leicht in Mund, Nase und Augen und können sich dann im Körper ausbreiten.

Wirksam vorbeugen lassen sich Infektionen mit diesen Krankheitserregern daher durch folgende Maßnahmen [7,8]:

  • Hygienisches Husten und Niesen, am besten in die Ellenbeuge oder in ein Taschentuch, niemals aber in die Handflächen. Das gilt besonders für den öffentlichen Raum.
  • Regelmäßiges und gründliches Händewaschen mit Seife
  • Gesicht und besonders Nase, Mund und Augen so wenig wie möglich mit den Händen berühren.
  • Den unmittelbaren Kontakt mit erkrankten oder womöglich infizierten Personen meiden.

Die Studien im Detail

Ob Propolis bei viralen Infektionen wie Covid-19 und Grippe eine vorbeugende oder schützende Wirkung hat? Das lässt sich nur in einer randomisiert-kontrollierten Studie aussagekräftig untersuchen. Bei diesem Studientyp teilt man eine große Anzahl an Versuchspersonen nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen auf.

Eine Gruppe nimmt das Test-Präparat mit unbekannter Wirkung (z. B. Propolis) ein, die andere Gruppe bekommt ein gleich schmeckendes und aussehendes Scheinpräparat. Idealerweise sollte niemand wissen, wer das echte und wer das Scheinpräparat bekommt. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Erwartungshaltungen das Studienergebnis nicht verzerren.

Die einzige randomisiert-kontrollierte Studie, die wir zum Thema Propolis und virale Infekte finden konnten, hat ein Kombinationspräparat aus Propolis, Vitamin C und Echinacea untersucht [1]. Dafür nahmen 430 Kinder im Alter von ein bis fünf Jahren 12 Wochen lang entweder das Kombinationsmittel oder ein Scheinpräparat ein.

Am Ende hatten in der Kombinationsmittel-Gruppe deutlich weniger Kinder eine Erkältung als in der Gruppe mit dem Scheinpräparat. Ob sich von dieser vom Studienteam berichtete Momentaufnahme Aussagen für das Geschehen im realen Leben ableiten lassen? Das können wir nicht sagen, da in der Auswertung ein Viertel aller teilnehmenden Kinder fehlen.

Zudem ist fraglich, ob die beiden Gruppen zu Beginn in punkto Erkrankungswahrscheinlichkeit vergleichbar waren. Entsprechende Daten fehlen. Somit sind die Studienergebnisse nicht nachvollziehbar und bieten für uns keinerlei Basis für Rückschlüsse auf die Wirksamkeit.
Abgesehen davon lässt sich von der Wirksamkeit eines Kombinationsmittels nicht auf die Effekte der einzelnen „Zutaten“ schließen.

[1] Cohen u.a. (2004)
Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 430 Kinder zwischen 1 und 5 Jahren
Behandlungsdauer: 12 Wochen
Fragestellung: Beugt eine Kombination aus Propolis, Vitamin C und Echinacea Atemwegsinfekten besser vor als ein Placebomittel?
Interessenskonflikte: Angaben fehlen

Cohen HA, Varsano I, Kahan E, Sarrell EM, Uziel Y. Effectiveness of an herbal preparation containing echinacea, propolis, and vitamin C in preventing respiratory tract infections in children: a randomized, double-blind, placebo-controlled, multicenter study. Arch Pediatr Adolesc Med. 2004 Mar;158(3):217-21. (Studie in voller Länge)

[2] BfR (2008)
Bundesinstitut für Risikobewertung. Einschätzung von Propolis und Gelée Royale. Aktualisierte Stellungnahme Nr. 002/2009 des BfR vom 20. November 2008. Abgerufen am 11. 4. 2020 unter www.bfr.bund.de

[3] UpToDate (2020)

Schalock PC (2020). Common allergens in allergic contact dermatitis. In Corona R (ed.). UpToDate. Abgerufen am 11.4.2020 unter www.uptodate.com (Zugriff kostenpflichtig)

[4] Walgrave u.a. (2005)
Walgrave SE, Warshaw EM, Glesne LA. Allergic contact dermatitis from propolis. Dermatitis. 2005 Dec;16(4):209-15. (Zusammenfassung der nicht-systematischen Übersichtsarbeit)

[5] Uter u.a. (2016)
Uter W, Spiewak R, Cooper SM, Wilkinson M, Sánchez Pérez J, Schnuch A,
Schuttelaar ML. Contact allergy to ingredients of topical medications: results of the European Surveillance System on Contact Allergies (ESSCA), 2009-2012. Pharmacoepidemiol Drug Saf. 2016 Nov;25(11):1305-1312. (Zusammenfassung der Studie)

[6] Braakhuis (2019)
Braakhuis A. Evidence on the Health Benefits of Supplemental Propolis.
Nutrients. 2019 Nov 8;11(11). pii: E2705. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[7] IWQIG (2020)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Wie kann man einer Coronavirus-Infektion vorbeugen? Abgerufen am 13. 4. 2020 unter www.gesundheitsinformation.de

[8] World Health Organization (WHO) 2020
Abgerufen am 13. 4. 2020 unter www.who.int

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