Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Ist Kuhmilch ungesund für Babys?

„Milch ist gesund“ lautet das allgemeine Credo. Für Säuglinge gilt jedoch: Muttermilch vor Kuhmilch. Denn die tierische Milch kann bei Babys Eisenmangel verursachen.

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Kann Kuhmilch bei Babys im ersten Lebensjahr Eisenmangel verursachen?

Hat Kuhmilch für Babys andere gesundheitliche Nachteile?

Kuhmilch ist arm an verwertbarem Eisen. Daher scheint Kuhmilch bei Babys die Wahrscheinlichkeit für Eisenmangel im Blut zu erhöhen. Unklar ist, ob die tierische Milch das Risiko für Typ 1 Diabetes oder Blut im Stuhl erhöht oder die Wahrscheinlichkeit für allergische Erkrankungen senkt.

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© Pixabay.com Gefährliche Kuhmilch?
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Ersatz-Milchpulver-Produkte für Säuglinge sind teuer. Mütter, die nicht stillen können oder wollen, greifen deshalb mitunter zu herkömmlicher Kuhmilch. Die ist nicht nur deutlich günstiger als die Spezialnahrung, sie scheint den lieben Kleinen auch genauso gut zu schmecken.

Die Milch von Kühen unterscheidet sich allerdings wesentlich von Muttermilch. So enthält Kuhmilch dreimal so viel Protein wie Muttermilch. Zu viel Protein kann die Nieren des Säuglings belasten. Dafür ist der Anteil an energiereichem Milchzucker in Muttermilch höher.

Eisenmangel durch Kuhmilch

Nicht nur der Nährstoffgehalt von Kuhmilch ist für Säuglinge wenig geeignet. Kuhmilch ist auch eine schlechte Quelle für das wichtige Spurenelement Eisen. Sie enthält weniger Eisen als Muttermilch. Und zudem kann der Säugling Eisen aus Kuhmilch viel schlechter verwerten, weil unter anderem das darin enthaltene Kalzium und Kasein die Eisenaufnahme hemmt.

Babys scheinen tatsächlich häufiger an Eisenmangel zu leiden, wenn sie früh mit Kuhmilch gefüttert werden. Das zeigen die zusammengefassten Ergebnisse bisher veröffentlichter Studien [1]. Zwischen einem Viertel und einem Drittel aller Babys, die seit Geburt oder ab dem Alter von sechs Monaten Kuhmilch bekommen, haben einen Mangel an dem Spurenelement. Bei Kindern, die stattdessen mit meist eisenangereicherten Folgemilch-Spezialprodukten gefüttert wurden, waren es beinahe viermal weniger.
Die Folgen von Eisenmangel können für Babys mitunter ernst sein. Eine Eisenunterversorgung kann die geistige und körperliche Entwicklung des Kindes beeinträchtigen. Betroffene Babys sind zudem häufiger müde [3].

Andere Gesundheitsfolgen unklar

Vermutungen rund um die gesundheitlichen Auswirkungen von Kuhmilch im Säuglingsalter gibt es viele. So soll Kuhmilch die Wahrscheinlichkeit für Diabetes vom Typ 1 erhöhen oder den Anteil von Blut im Stuhl erhöhen. Ob diese Vermutungen zutreffen, ist nicht geklärt. Bisherige Studien können sie jedenfalls nicht bestätigen.

Kuhmilch soll einer Theorie zufolge auch das Risiko für Übergewicht im späteren Leben des Kindes erhöhen. Auch wenn das nicht gut untersucht ist, scheinen Babys, die mit großen Mengen an Kuhmilch gefüttert wurden, im Alter von zehn Jahren mehr zu wiegen als ehemals gestillte Säuglinge [2].

Manche Wissenschaftler vermuten aber auch positive Effekte der tierischen Milch. Demzufolge soll Kuhmilch Babys davor schützen, später im Leben Allergien oder Asthma zu entwickeln. Bisherige Studien können diese Vermutung jedoch weder belegen noch ausschließen.

Maßgeschneiderte Nahrung

Muttermilch ist die perfekte Allround-Nahrung für Säuglinge. Sie enthält alle Nährstoffe, die das Baby für eine gesunde Entwicklung braucht. Mütter, die nicht stillen können oder wollen, können auf Säuglingsanfangsnahrung zurückgreifen.

Bis ungefähr zum sechsten Lebensmonat ist die Milch der Mutter als einzige Nahrungsquelle ausreichend. Danach beginnt das Kind, zusätzliche Nahrung zu benötigen. Neben püriertem Brei als Beikost empfehlen Experten des Gesundheitsministeriums, so lange weiter zu stillen, wie Mutter und Kind das möchten [4].

Kuhmilch empfehlen die Experten nicht vor dem sechsten Lebensmonat. Den Fachleuten zufolge sollen Eltern auch danach Kuhmilch nur in kleinen Mengen verfüttern, etwa um Brei zuzubereiten. Als Getränk für das Baby eignet sie sich im ersten Lebensjahr nicht.

Tipps und Expertenratschläge rund um die richtige Ernährung im ersten Lebensjahr finden sich auf der Webseite „Richtig Essen von Anfang an“ .

Die Studien im Detail

Die Studienlage zu gesundheitlichen Auswirkungen von Kuhmilch bei Babys ist dürftig. Das zeigt eine systematische Übersichtsarbeit, die alle bisher veröffentlichten wissenschaftlichen Untersuchungen dazu analysiert hat [1].
Lediglich was Eisenmangel betrifft, sind Aussagen möglich:. Sieben von acht Studien dazu deuten darauf hin, dass früher Kuhmilch-Konsum bei Babys das Risiko für Eisenmangel deutlich erhöht. Die zusammengefassten Ergebnisse zeigen: die Wahrscheinlichkeit erhöht sich um weit mehr als das Dreifache im Vergleich zu Kindern, die eisenangereichterte Folgemilch erhalten. Die Studien sind allerdings nur von mäßiger Qualität.

Zu allen anderen gesundheitlichen Auswirkungen ist die Studienlage unklar. Zwar haben die Autorinnen der Übersichtsarbeit Studien gefunden, die die Auswirkung von Kuhmilch auf das Risiko für Asthma, Typ 1 Diabetes Allergien, Blut im Stuhl sowie Wachstum und Entwicklung untersucht haben. Diese Arbeiten sind jedoch von schlechter Qualität und daher zu wenig aussagekräftig. Aufschluss können nur zukünftige, besser gemachte Studien liefern.

[1] Griebler u.a. (2015)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 23 (1 randomisiert-kontrollierte Studie, 4 nicht-randomisiert-kontrollierte Studien, 8 Fall-Kontroll-Studien, 10 Kohortenstudien)
Fragestellung: Was sind die gesundheitlichen Auswirkungen des Konsums von tierischer Milch bzw. Milchprodukten bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum 3. Lebensjahr?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Griebler U, Bruckmüller MU, Kien C, Dieminger B, Meidlinger B, Seper K, Hitthaller A, Emprechtinger R, Wolf A, Gartlehner G. Health effects of cow’s milk consumption in infants up to 3 years of age: a systematic review and meta-analysis. Public Health Nutr. 2015 May 20:1-15.
Zusammenfassung

[2] Hopkins u.a. (2015)
Studientyp: prospective Kohortenstudie
Teilnehmer: 1112 Kinder
Studiendauer: 9 Jahre (vom 8. Lebensmonat bis zum Alter von 10 Jahren)
Fragestellung: Wirkt sich Kuhmilchkonsum auf Körpergewicht und –größe aus?
Interessenskonflikte: finanziert von Wyeth Nutrition

Hopkins D, Steer CD, Northstone K, Emmett PM. Effects on childhood body habitus of feeding large volumes of cow or formula milk compared with breastfeeding in the latter part of infancy. Am J Clin Nutr. 2015 Nov;102(5):1096-103. (Studie in voller Länge)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[3] UpToDate (2015)
Mahoney DH (2015). Iron deficiency in infants and young children: Screening, prevention, clinical manifestations, and diagnosis. In Hoppin AG (ed.). UpToDate. Abgerufen am 25.6.2015

[4] Bundesministerium für Gesundheit u.a. (2014)
Bundesministerium für Gesundheit, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (2014). Richtig essen von Anfang an. Babys erstes Löffelchen. Babys erstes Löffelchen. Abgerufen am 25.6.2015

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht am 30. 7. 2015. Einer neuen Studie [2] zufolge gibt es Hinweise, dass große Kuhmilch-Mengen das Körpergewicht in der späteren Kindheit erhöhen könnte.

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