Startseite ● Kaffee für Schwangere verboten? Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. Kaffee für Schwangere verboten? Viele Schwangere haben Angst, Kaffee könnte dem heranwachsenden Baby schaden. Ob das stimmt, ist nicht geklärt, in Maßen könnte er aber unbedenklich sein. 20. Juli 2016 AutorIn: Bernd Kerschner, Jörg Wipplinger, Christoph Hahn und Peter Mahlknecht Teilen Kann der Konsum von Koffein während der Schwangerschaft dem Ungeborenen schaden? wissenschaftliche Belege fehlen Es gibt keine ausreichenden Hinweise, dass der mäßige Konsum von koffeinhaltigen Getränken negativen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes hätte. Bis zu drei Tassen Kaffee am Tag scheinen das Geburtsgewicht des Kindes nicht zu verringern. Sehr große Mengen Koffein-hältiger Getränke könnten möglicherweise zu einem geringeren Geburtsgewicht beitragen. so arbeiten wir Wie gefährlich ist Kaffee in der Schwangerschaft? © AntonioDiaz – fotolia.com Um die angebliche Schädlichkeit von Kaffee ranken sich viele Mythen. So fand ein französisches Forschungsteam einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Koffein durch die Mütter und leichten Störungen der Gehirnentwicklung des Nachwuchses. Das auf den ersten Blick alarmierende Ergebnis hat allerdings einen Haken: Bei den Studienteilnehmerinnen handelte es sich um Mäuse [1]. Und diese könnten sich in ihrem Stoffwechsel und ihrer Entwicklung vom Menschen deutlich unterscheiden. Möglicherweise wirkt Koffein bei Nagern ganz anders als bei Menschen. Aus den Ergebnissen einer Tierstudie auf schwangere Frauen zu schließen, ist daher nicht ohne weiteres möglich. (Kein)Ende des Kaffeekränzchens für Schwangere? Um vom Tier zum Menschen zu wechseln: Eine aktuelle systematische Cochrane-Übersichtsarbeit [2] hat nach allen veröffentlichten Humanstudien zu Schwangerschaft und Koffeinkonsum gesucht, wobei verschiedenste Aspekten berücksichtigt wurden: Geburtsgewicht, Frühgeburt, aber auch sogenannte sekundäre Folgen wie geistige Beeinträchtigungen. Nach der kritischen Begutachtung der gefundenen Arbeiten blieb nur eine hochwertige randomisiert-kontrollierte Studie über, in der die Auswirkung von koffeinhaltigem mit entkoffeiniertem Kaffee verglichen wurde. Zum Thema Gehirnentwicklung und Koffein konnte die Untersuchung keine Aussage machen, da diese Thematik nicht untersucht wurde. Die Studie zeigte jedoch, dass es keinen Unterschied machte, ob die Teilnehmerinnen rund drei Tassen koffeinhältigen oder entkoffeinierten Kaffee tranken. Im Durchschnitt wogen bei der Geburt bei der Geburt in etwa gleich viel, waren ähnlich groß und kamen auch nach Koffeinkonsum der Mutter nicht häufiger zu früh zur Welt. Die Aussagekraft der Daten ist jedoch etwas eingeschränkt, weil die Ergebnisse für manche Mütter deutlich vom Durchschnitt abwichen. Eine weitere systematische Übersichtsarbeit hat Arbeiten zur Auswirkung von Koffein auf das Frühgeburtsrisiko zusammengefasst [4]. In den analysierten Studien befragten Forscher schwangere Mütter zu ihrem Konsum koffeinhältiger Getränke und erhoben, ob Mütter mit hohem Koffeinkonsum eher eine Frühgeburt hatten.Die Ergebnisse deuten allerdings nicht auf einen solchen Zusammenhang hin. Die Studienautoren können jedoch nicht ausschließen, dass andere Einflüsse wie etwa der Lebensstil oder Stress die Ergebnisse verzerrt haben. Hohe Koffeinmengen doch riskant? Deutlich höhere Kaffeemengen als drei Tassen pro Tag könnten sich dennoch negativ auf das Geburtsgewicht von Babys auswirken. Hinweise darauf liefert die Zusammenfassung von zwölf Beobachtungsstudien, die schwangere Mütter zu ihrem Konsum von koffeinhältigen Getränken befragten und zum Zeitpunkt der Geburt das Gewicht der Babys ermitttelten. Die Auswertung zeigt: Mütter, die sehr große Mengen Koffein trinken, bringen mit etwas höherer Wahrscheinlichkeit untergewichtige Babys zur Welt als Frauen, die kaum oder gar keine keine koffeinhältigen Getränke zu sich nehmen. Bei dem Vergleich analysierten die Studienautoren allerdings hohe Koffeinmengen, die vier bis zehn Tassen Kaffee pro Tag entsprachen [3]. Wie auch sonst in Ernährungsfragen spielen allerdings auch persönliche Faktoren eine Rolle: Frauen reagieren nicht alle gleich auf Kaffee und sind aus der Zeit vor der Schwangerschaft auch an unterschiedliche Mengen Kaffee gewöhnt. Pauschale Aussagen zu treffen ist also nicht nur aufgrund der derzeitigen unzureichenden Studienlage schwierig. Der medizinische Informationsdienst Uptodate rät Frauen, die schwanger werden wollen, schwanger sind oder stillen, aufgrund der schlechten Datenlage jedenfalls, vorsichtshalber nicht mehr als ein bis drei Tassen täglich zu trinken [6]. Ähnlich die Zusammenfassung der Cochrane-Übersichtsarbeit: In der Frühschwangerschaft drei Tassen Kaffee täglich hätten keine Auswirkungen auf Geburtsgewicht, Wachstum oder Frühgeburtlichkeit [2]. Koffein als Medizin für Babys Abseits dieser Diskussion hat Koffein auch noch einen positiven medizinischen Effekt: Ausgerechnet diese Substanz wird eingesetzt, um die bei zu früh Geborenen vermehrt auftretenden Atemstillstände zu behandeln. Wenn bei Neugeborenen Atempausen länger als 20 Sekunden andauern und häufig auftreten, kann das die Entwicklung von Gehirn und Organen negativ beeinflussen. Eine weitere Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration [5] legt den Schluss nahe, dass Koffein genauso effektiv ist wie das Standardmedikament Theophyllin, aber besser verträglich, was die Nebenwirkungen angeht. Wissenschaftliche Quellen [1] Silva u.a. (2013) Studientyp: Tierstudie an Mäusen Studiendauer: 2013 Fragestellung: Wie wirkt sich Koffeinkonsum der Muttertiere auf die Gehirnentwicklung der Jungtiere aus? Mögliche Interessenskonflikte: keine angegeben Silva CG, Métin C, Fazeli W, Machado NJ, Darmopil S, Launay PS, Ghestem A, Nesa MP, Bassot E, Szabó E, Baqi Y, Müller CE, Tomé AR, Ivanov A, Isbrandt D, Zilberter Y, Cunha RA, Esclapez M, Bernard C. Adenosine receptor antagonists including caffeine alter fetal brain development in mice. Sci Transl Med. 2013 Aug 7;5(197):197ra104. (Zusammenfassung der Studie) [2] Jahanfar & Jaafar (2015) Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration Eingeschlossene Studien: 2 randomisiert-kontrollierte Studien Fragestellung: Wie wirkt sich Koffeinkonsum von Müttern auf die Kindesentwicklung und Schwangerschaft aus? Mögliche Interessenkonflikte: keine angegeben Jahanfar S, Jaafar SH. Effects of restricted caffeine intake by mother on fetal, neonatal and pregnancy outcomes. Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 6. Art. No.: CD006965. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit) [3] Rhee u.a. (2015) Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse Eingeschlossene Studien: 8 Kohortenstudien, 4 Fall-Kontroll-Studien Fragestellung: Wie wirkt sich Koffeinkonsum von werdenden Müttern auf das Geburtsgewicht ihrer Kinder aus? Mögliche Interessenkonflikte: keine laut Autoren Rhee J, Kim R, Kim Y, Tam M, Lai Y, Keum N, Oldenburg CE. Maternal Caffeine Consumption during Pregnancy and Risk of Low Birth Weight: A Dose-Response Meta-Analysis of Observational Studies. PLoS One. 2015 Jul 20;10(7):e0132334. (Übersichtsarbeit in voller Länge) [4] Maslova u.a.(2010) Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse Eingeschlossene Studien: 15 Kohortenstudien, 7 Fall-Kontroll-Studien Fragestellung: Wie wirkt sich Koffeinkonsum von werdenden Müttern auf das Frühgeburtsrisiko aus? Mögliche Interessenkonflikte: keine angegeben Maslova E, Bhattacharya S, Lin SW, Michels KB. Caffeine consumption during pregnancy and risk of preterm birth: a meta-analysis. Am J Clin Nutr. 2010 Nov;92(5):1120-32. (Übersichtsarbeit in voller Länge) [5] Henderson-Smart & Steer (2010) Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit Eingeschlossene Studien: 5 randomisiert-kontrollierte Studien Fragestellung: Ist Koffein dem Standardmedikament Theophyllin bei der Behandlung von Atemstillstand bei Frühgeburten ebenbürtig? Mögliche Interessenkonflikte: keine angegeben Henderson-Smart DJ, Steer PA. Caffeine versus theophylline for apnea in preterm infants. Cochrane Database of Systematic Reviews 2010, Issue 1.(Zusammenfassung der Übersichtsarbeit) Weitere wissenschaftliche Quellen [6] UpToDate (2016) Nisenblat V, Norman RJ (2015) The effects of caffeine on reproductive outcomes in women In Eckler K (ed.). UpTpDate. Abgerufen am 20. 7. 2016 unter https://www.uptodate.com/contents/the-effects-of-caffeine-on-reproductive-outcomes-in-women Versionsgeschichte Aktualisiert, ursprünglich veröffentlicht am 29. 10. 2013. Eine neue Übersichtsarbeit [3] führte zu moderaten Änderungen. Schlagworte BabyErnährungFamilieFortpflanzung und GeburtGehirnHirnentwicklungKaffeeKinderKoffeinLebensmittelSäuglingSchwangerschaft In über 500 Faktenchecks suchen