Startseite ● Vitamin D: kein Schutz fürs Herz Vitamin D: kein Schutz fürs Herz Die Einnahme von Vitamin D schützt wahrscheinlich nicht vor Herzinfarkt und Schlaganfall. Das zeigen bisherige Studien relativ deutlich. 28. Juli 2025 AutorIn: Jana Meixner Review: Bernd Kerschner Teilen Schützt die Einnahme von Vitamin D vor Herzinfarkt und Schlaganfall? wahrscheinlich nicht Verlässliche Studien mit über 100.000 Teilnehmenden zeigen: Vitamin D einzunehmen senkt nicht die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen oder daran zu versterben. Egal ob ein Vitamin-D-Mangel besteht oder nicht. Die verfügbaren Studien liefen aber höchstens 7 Jahre lang. Wir können deshalb nicht völlig ausschließen, dass eine längere Einnahme einen Schutzeffekt auf das Herz haben könnte. so arbeiten wir Vitamin D kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen wahrscheinlich nicht vorbeugen. © Jacob Wackerhausen – iStock Menschen, die schon einmal einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten, haben durchschnittlich weniger Vitamin D im Blut als Gesunde. Das zeigten bisherige Forschungsergebnisse [Quelle 4]. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Einnahme von Vitamin D vor solchen Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt. Dennoch wird das im Internet, aber auch von manchen Ärztinnen und Ärzten behauptet. Wir haben uns auf die Suche nach Antworten aus der Wissenschaft gemacht. Kein Herzschutz durch Vitamin D Bei unserer ausgiebigen Recherche in internationalen Datenbanken stellten wir fest: Studien zu Vitamin D und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt es zuhauf [Quellen 1-3]. Der Großteil von ihnen ist auch noch solide durchgeführt und sehr verlässlich. Mehr als 100.000 Menschen haben insgesamt daran teilgenommen. Zusammengefasst zeigen die Studien: Teilnehmende, die Vitamin D einnahmen, hatten ein ebenso hohes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen, wie jene, die kein Vitamin D oder ein Schein-Präparat – also ein Placebo – einnahmen. Auch das Risiko an einer solchen Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben war in beiden Gruppen gleich hoch [Quellen 1-3]. Was uns auffiel: In dem meisten Studien hatten die Teilnehmenden einen Vitamin-D-Mangel. Und trotzdem blieb ein Effekt der Vitamin-D-Einnahme aus. Vitamin D als Langzeitinvestment? Die Studien hatten allerdings ein einziges Manko: Sie liefen zwischen einem und sieben Jahre lang. Über diesen Zeitraum können sie einen Schutzeffekt von Vitamin D ausschließen. Ein siebzigjähriger Mann, zum Beispiel, der nach einem Herzinfarkt beginnt, Vitamin D einzunehmen, kann sich davon also wohl nicht viel Nutzen erwarten. Ob es allerdings etwas bringen könnte, Vitamin D jahrzehntelang einzunehmen, können sie nicht beantworten. Derzeit deutet allerdings nichts darauf hin. Warum haben Menschen mit Herzerkrankungen öfter Vitamin-D-Mangel? Studien bestätigen, dass Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufiger einen Vitamin-D-Mangel haben als Gesunde [Quelle 4]. Studien zeigen jedoch auch, dass nicht der Vitamin-D-Mangel die Ursache für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein dürfte. Denn sonst hätte das Herz-Risiko durch die Vitamin-D-Einnahme sinken müssen. Wie der scheinbare Zusammenhang zustande kommen könnte? Die Ursache für einen Vitamin-D-Mangel ist häufig dieselbe wie für ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko: drinnen sitzen statt Bewegung im Freien machen. Vitamin-D-Mangel und Herzerkrankungen: beides hängt vom Lebensstil ab Vitamin D wird vor allem in der Haut gebildet, und zwar dann, wenn sie dem Sonnenlicht ausgesetzt ist. Vitamin D aus der Nahrung spielt eher eine untergeordnete Rolle. Menschen, die sich viel drinnen aufhalten, wenig Bewegung draußen machen oder schwere Erkrankungen haben, haben durchschnittlich eher einen Vitamin-D-Mangel. Wie gut jemand mit Vitamin D versorgt ist, hängt also vorwiegend vom Lebensstil und der allgemeinen Gesundheit ab. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hängt direkt mit dem Lebensstil zusammen. Wenig Bewegung gehört auch hier zu den Haupt-Risikofaktoren – neben dem Rauchen, dem Stress und einer Ernährung, die reich an tierischen Fetten ist. Vitamin D ist kein Wunderwuzzi In den vergangenen Jahren wurde wohl kein anderes Vitamin so intensiv beforscht wie das Vitamin D. In anderen Faktenchecks haben wir uns bereits angesehen, ob die Einnahme von Vitamin D vor Diabetes schützen kann, das Immunsystem stärkt, bei Asthma helfen kann, vor Covid-19 schützt oder Krebs vorbeugt. Das Fazit: Vitamin D ist keinesfalls das Wunder-Vitamin, als das es in den Medien und von Vitamin-D-Anhängern angepriesen wird. Vitamin-D-Überdosierungen werden zum Problem Wer in einschlägigen Kreisen in sozialen Medien unterwegs ist, könnte schnell den Eindruck bekommen, Vitamin D wäre das Heilmittel schlechthin. Doch nicht nur, dass die Wissenschaft in vielen Fällen klar dagegenspricht – die Vitamin-D-Begeisterung kann auch gefährlich werden. Oft werden viel zu hohe Dosen empfohlen. In Europa gab es in den letzten Jahren immer wieder Fälle von Vitamin-D-Vergiftungen [Quelle 5]. Auch in Österreich gab es in den vergangenen fünf Jahren über 4.000 Verdachtsmeldungen einer schwerwiegenden Überdosierung von Vitamin D [Quelle 7]. Eine Überdosierung mit Vitamin D verursacht Übelkeit, Verdauungsstörungen, Schwäche und Konzentrationsstörungen, und kann zu lebensbedrohlichen Herz- und Nieren-Problemen führen [Quelle 5, 6]. Wie viel Vitamin D ist nun gesund? Die Plattform Gesundheitsinformation.de stellt verlässliche Zahlen zu Vitamin-D-Bedarf und Vitamin-D-Spiegel im Blut zur Verfügung. Herz-Kreislauf-Erkrankungen: häufigste Todesursache In Österreich gehen rund 35 von 100 Todesfällen auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zurück [Quelle 8]. Zum Vergleich: Krebs verursacht rund 24 von 100 Todesfällen. In wohlhabenden Ländern sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen somit die häufigste Todesursache. Verlässliche Informationen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und dazu, was man zur Vorbeugung tun kann, haben die Gesundheitsplattformen Gesundheitsinformation.de (koronare Herzkrankheit und Schlaganfall) und Gesundheit.gv.at (Herzinfarkt). Die Studien im Detail Nach welchen Studien haben wir gesucht? Zu Vitamin D und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden schon unzählige Forschungsarbeiten veröffentlicht. Wir suchten bei unserer Recherche deshalb nach sogenannten Übersichtsarbeiten. Solche Arbeiten fassen die Ergebnisse sämtlicher bisher veröffentlichter Studien zu einer bestimmten Fragestellung zusammen und errechnen ein Gesamtergebnis. Man nennt diese Art der statistischen Auswertung auch Meta-Analyse. Wir fanden drei solche Übersichtsarbeiten, die solide durchgeführt sind, in den vergangenen drei Jahren veröffentlicht wurden und somit die aktuelle Studienlage analysieren [Quellen 1-3]. Wie aussagekräftig sind die Studien? Die drei Übersichtsarbeiten kommen zu demselben Ergebnis: Vitamin D schützt nicht vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Übersichtsarbeiten fassten ausschließlich sogenannte randomisiert-kontrollierte Studien zusammen. Sie sind die aussagekräftigste Art, die Wirksamkeit einer Behandlung zu untersuchen. Dabei werden die Teilnehmenden per Zufall auf zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe erhält die zu untersuchende Behandlung, die andere entweder keine Behandlung oder eine Scheinbehandlung, ein Placebo. Am Ende wird verglichen: Welche Gruppe ist durchschnittlich gesünder? Oder in unserem Fall: In welcher Gruppe gab es mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfälle? Die in den Übersichtsarbeiten zusammengefassten Studien waren großteils methodisch einwandfrei und sehr aussagekräftig. Hinzu kommt die große Anzahl von Teilnehmenden von rund 108.400 Personen. In den meisten Studien nahmen die Teilnehmenden Vitamin D3 (Cholecalciferol) in unterschiedlichen hohen Dosierungen ein, in einigen wenigen war es das etwas weniger wirksame Vitamin D2 (Ergocalciferol). Die Studien liefen unterschiedlich lang, nämlich zwischen einem Jahr und sieben Jahren. Obwohl unser Vertrauen in das Ergebnis sehr hoch ist, bleibt eine kleine Restunsicherheit bestehen. Nicht beantworten können die Studien nämlich, ob eine längerfristige Einnahme von Vitamin D – also deutlich länger als sieben Jahre – vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen könnte. Das könnten nur sehr lange laufende zukünftige Studien zeigen. Wissenschaftliche Quellen [1] Mirza AMW, et al. (2024) Effect of vitamin D supplementation on cardiovascular outcomes: an updated meta-analysis of RCTs. Annals of medicine and surgery;86(11):6665-72. (Link zur Übersichtsarbeit) [2] Mattumpuram J, et al. (2024) Cardiovascular and Cerebrovascular Outcomes With Vitamin D Supplementation: A Systematic Review and Meta-Analysis. Curr Probl Cardiol.;49(1 Pt C):102119. (Link zur Übersichtsarbeit) [3] Ruiz-García A, et al. (2023) Vitamin D Supplementation and Its Impact on Mortality and Cardiovascular Outcomes: Systematic Review and Meta-Analysis of 80 Randomized Clinical Trials. Nutrients;15(8). (Link zur Übersichtsarbeit) [4] Madadi R, et al. (2025) Assessment of the Relationship Between Serum Vitamin D Level and Its Cardiovascular Outcomes: A Systematic Review and Meta-analysis Study. J Saudi Heart Assoc. 2025;37(2):14. (Link zur Übersichtsarbeit) [5] Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2023) Stellungname: Hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D können langfristig die Gesundheit beeinträchtigen. Abgerufen am 22.7.2025 unter https://www.bfr.bund.de/cm/343/hochdosierte-nahrungsergaenzungsmittel-mit-vitamin-d-koennen-langfristig-die-gesundheit-beeintraechtigen.pdf [6] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) (2023) Wie hoch ist der Vitamin-D-Bedarf und wie lässt er sich decken? Abgerufen am 10.07.2025 unter gesundheitsinformation.de [7] European Medical Agency (EMA) (2025) Daten aus EVDAS (EudraVigilance data analysis system). Bereitgestellt am 23.7.2025 von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) [8] Statistik Austria (2025) Abgerufen am 17.4.2025 unter https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bevoelkerung/gestorbene/todesursachen Versionsgeschichte 28.7.2025: Erstveröffentlichung des Faktenchecks Schlagworte HerzHerz-Kreislauf-ErkrankungenHerzinfarktSchlaganfallVitamin D In über 500 Faktenchecks suchen