Startseite ● Regelschmerzen: Hilft Magnesium? Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. Regelschmerzen: Hilft Magnesium? Viele Frauen wollen Regelschmerzen mit natürlichen Mitteln lindern. Ein oft empfohlenes Hausmittel: Magnesium. Ob der Mineralstoff wirklich hilft, ist jedoch unklar. 23. Juli 2019 AutorIn: Bernd Kerschner Review: Julia Harlfinger Jana Meixner Teilen Hilft Magnesium bei Regelschmerzen? wissenschaftliche Belege fehlen Bisher gibt es keine aussagekräftigen Studien, in denen das untersucht wurde. so arbeiten wir Schmerzmittel sind bei Regelschmerzen erste Wahl. Geht es auch ohne? (Bild: VISKA - Shutterstock.com) © VISKA – Shutterstock.com Ziehen und Stechen im Unterleib, Krämpfe und Rückenschmerzen während der Periode – das kennen viele Mädchen und Frauen. Rund zehn Prozent haben so starke Regelschmerzen, dass sie sich im Alltag deutlich beeinträchtigt fühlen [4]. Schmerz weg durch Nahrungsergänzung? Oft lassen sich die Beschwerden gut mit Medikamenten behandeln. Manche Frauen möchten ihre Regelschmerzen jedoch gerne mit natürlichen Mitteln lindern. Gegen die Unterleibskrämpfe während der Periode soll Magnesium helfen. Der Mineralstoff ist als Nahrungsergänzungsmittel rezeptfrei erhältlich. Wir haben recherchiert, ob es Belege dafür gibt, dass die Einnahme von Magnesium Regelschmerzen lindern kann. Drei Studien, keine Antworten Bei unserer Literatursuche sind wir auf drei Studien gestoßen, von denen wir uns Antworten zur Wirksamkeit erhofft haben [1-3]. In diesen Studien nahmen insgesamt 143 Frauen teil, die an starken Regelschmerzen litten. Ein Teil von ihnen nahm während der Periode ein Magnesium-Präparat, die anderen Frauen ein gleich aussehendes Mittel ohne Magnesium. In allen drei Studien wollen die Autorinnen und Autoren herausgefunden haben, dass die Einnahme von Magnesium die Regelschmerzen der Teilnehmerinnen gelindert hat. Kein Vertrauen in bisherige Forschung Unser Vertrauen in diese Ergebnisse ist allerdings gering. Teilweise waren die Beschwerden in der Magnesium-Gruppe nämlich von vornherein schwächer als in der anderen Gruppe. Der Vergleich war also nicht wirklich fair. Zudem wurde ein großer Teil der Frauen bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Ob die Einnahme von Magnesium Regelschmerzen lindern kann, lässt sich daher aus unserer Sicht weder seriös bejahen noch verneinen. Hilfe durch Medikamente Nachweislich helfen Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Naproxen [4]. Bei manchen Menschen verursachen diese Medikamente jedoch Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden [4]. Auch Frauen, die die Pille nehmen, haben geringere Regelschmerzen [4]. Denn die Pilleneinnahme verhindert einen natürlichen Menstruationszyklus. Die Blutung wird nämlich dadurch ausgelöst, dass die Pille für die letzte Woche des Einnahme-Zyklus – je nach Pillenart – entweder keine Hormone enthält oder die Frau mit der Pilleneinnahme pausiert. Schmerzhafte Abstoßung Zyklus für Zyklus baut sich die Gebärmutterschleimhaut neu auf. Wird eine Frau nicht schwanger, stößt der Körper diese Schleimhaut mit der Monatsblutung wieder ab. Dabei zieht sich die Gebärmutter immer wieder zusammen, und die Schleimhaut löst sich von der Gebärmutterwand, um mit Blut vermischt abzufließen. Manche Frauen spüren dieses Zusammenziehen kaum, während andere schmerzvolle Krämpfe bekommen. Weitere Informationen zu Regelschmerzen finden sich auf der unabhängigen Seite Gesundheitsinformation.de des deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Gegen Krämpfe in den Beinen? Ob Magnesium bei Muskelkrämpfen – wie oft behauptet – lindernd wirkt, haben wir bereits recherchiert: Magnesium gegen Muskelkrämpfe) Die Studien im Detail Bei unserer Recherche in zwei Forschungsdatenbanken haben wir nach randomisiert-kontrollierten Studien gesucht. Will man wissen, ob bzw. wie stark eine Behandlung wirkt, hat dieser Studientyp die höchste Aussagekraft. Damit die Ergebnisse aussagekräftig sind, müssen zumindest einige hundert Personen an der Studie teilnehmen. Die zufällige Zuteilung bei einer randomisert-kontrollierten Studie soll sicherstellen, dass nicht bereits zu Studienbeginn große Unterschiede zwischen den beiden Gruppen bestehen. Und es wird idealerweise verblindet. Das heißt, weder die Teilnehmenden noch die Studienleitung dürfen wissen, wer welcher Gruppe zugeteilt ist. Damit lässt sich vermeiden, dass Erwartungen das Ergebnis verzerren. Unsere Idealvorstellung Das Idealdesign einer randomisiert-kontrollierten Studie in unserem Fall: Die zufällig zusammengestellte Behandlungsgruppe würde vor und während der Periode Magnesium-Präparate einnehmen. Die Kontrollgruppe würde ein Scheinpräparat (Placebo) ohne Magnesium bekommen. Nach mehreren Zyklen ließe sich schließlich vergleichen, ob die Frauen in der Magnesiumgruppe ihre Regelschmerzen als weniger stark beurteilen als die Teilnehmerinnen der Kontrollgruppe. Magnesium und Kalzium in Kombination Insgesamt haben wir drei randomisiert-kontrollierte Studien gefunden. In der aktuellsten aus dem Jahr 2017 haben 61 Frauen teilgenommen [1]. Sie wurden auf drei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe bekam ein Präparat mit Magnesium und Kalzium, die zweite nur Kalzium, und die dritte erhielt ein Wirkstoff-freies Placebo-Präparat. Die Wirkung von Magnesium alleine wurde nicht untersucht. Alle Frauen nahmen das ihnen zugeteilte Präparat vom 15. Zyklustag bis zum ersten schmerzfreien Tag während der Periode ein. Nach Ablauf eines Zyklus beurteilten alle Teilnehmerinnen ihre Regelschmerzen auf einer Skala von 0 (keine Schmerzen) bis 10 (größtmöglicher Schmerz). Die Schmerzen in der Magnesium-Kalzium-Gruppe waren im Durchschnitt um 1,1 Punkte geringer als die der Kalzium-Gruppe. Dieser Unterschied ist wahrscheinlich zu klein, um spürbar zu sein und um sich positiv auf den Alltag der Frauen auszuwirken. Aus mehreren Gründen halten wir diese Ergebnisse für nicht vertrauenswürdig. Erstens war die Gruppenzuteilung der Teilnehmerinnen nicht völlig zufällig. Zweitens hatte die Magnesium-Kalzium-Gruppe zu Studienbeginn stärkere Schmerzen als die Kalzium-Gruppe. Beides hat zur Folge, dass der Vergleich der Gruppen zu Studienende nicht unbedingt fair ist. Zudem sind je 20 Personen pro Gruppe viel zu wenig für ein verlässliches Ergebnis. Studien ohne Randomisierung Zwei Studien aus den Jahren 1989 und 1990 untersuchten 50 Frauen [2] bzw. 32 Frauen [3] mit starken Regelschmerzen. Etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen nahm ein Magnesium-Präparat, die anderen Frauen ein Placebo-Präparat. In der älteren Studie sollten die Frauen das Mittel drei Tage rund um den Beginn der Monatsblutung einnehmen. In der jüngeren Studie ist nicht angegeben, an welchen Tagen die Teilnehmerinnen das Magnesium-Präparat genommen haben. Die Untersuchungen liefen über fünf Monatszyklen. In beiden Studien war die Gruppenzuteilung nicht zufällig. Es ist daher möglich, dass sich die beiden Gruppen bereits vor Studienbeginn deutlich voneinander unterschieden – das kann Gruppenunterschiede zum Studienende beeinflusst und das Ergebnis verzerrt haben. Einem Autorenteam [1] zufolge haben sich die Beschwerden bei 21 von 25 Frauen aus der Magnesium-Gruppe gebessert, während das in der Placebo-Gruppe nur bei 7 von 25 Frauen der Fall war. Klingt auf den ersten Blick beeindruckend, sagt letztlich allerdings wenig aus: Denn in der Placebo-Gruppe haben acht Frauen die Studie vorzeitig verlassen, während es in der Magnesium-Gruppe nur zwei waren. Diese Datenlücken können das Ergebnis stark verzerrt haben. Zudem ist nicht angegeben, wie stark sich die Beschwerden gebessert haben. Ohne diese Information können wir nicht einschätzen, wie gut das Magnesium eventuell geholfen hat. In der Untersuchung aus dem Jahr 1990 [2] wurden die Schmerz-Einschätzungen der beiden Gruppen zu Studienende nicht rechnerisch miteinander verglichen. Wir vermuten, dass der Unterschied nur klein und obendrein zufallsbedingt ist. Ohnehin sind die Ergebnisse nicht aussagekräftig. Denn von einem Drittel der anfänglichen Teilnehmerinnen wurden die Daten in der Endauswertung nicht berücksichtigt. Wissenschaftliche Quellen [1] Charandabi (2017) Charandabi, S. M. A., Mirghafourvand, M., Chegini, S. N., & Javadzadeh, Y. (2017). Calcium With and Without Magnesium for Primary Dysmenorrhea: A Double-Blind Randomized Placebo Controlled Trial. Int J Women’s Health Reprod Sci, 5(4), 332-338. (Studie in voller Länge) [2] Seifert u.a. (1989) Seifert B, Wagler P, Dartsch S, Schmidt U, Nieder J. Magnesium – eine therapeutische Alternative bei der primären Dysmenorrhoe. Zentralbl Gynakol. 1989;111(11):755-60. (Zusammenfassung der Studie) [3] Fontana-Klaiber & Hogg (1990) Fontana-Klaiber H, Hogg B. Therapeutische Wirkung von Magnesium bei Dysmenorrhöe. Schweiz Rundsch Med Prax. 1990 Apr 17;79(16):491-4. (Zusammenfassung der Studie) [4] IQWIG (2019) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Regelschmerzen. Abgerufen am 19.7.2019 unter www.gesundheitsinformation.de Schlagworte MagnesiumMenstruationNahrungsergänzungNahrungsergänzungsmittelRegelblutungRegelschmerzen In über 500 Faktenchecks suchen