Startseite ● Omega-3 Fettsäuren bei Depression eher unwirksam Omega-3 Fettsäuren bei Depression eher unwirksam Die in Fischöl enthaltenen Omega-3-Fettsäuren sollen Depressionen lindern können. Studien sprechen aber eher dagegen. 29. Juni 2023 AutorIn: Jana Meixner Review: Iris Mair Bernd Kerschner Teilen Können Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl eine Depression spürbar bessern? möglicherweise nicht Studien sprechen gegen einen spürbaren Effekt von Omega-3-Fettsäuren auf Depressions-Symptome. Verlass ist auf das Ergebnis derzeit aber nicht, denn die Studien hatten einige Mängel. Große Unterschiede bei der Durchführung machten es außerdem schwierig, die Ergebnisse sinnvoll zusammenzufassen. so arbeiten wir Helfen Fischöl-Kapseln mit Omega-3-Fettsäuren bei Depressionen? © Africa Studio – fotolia.com Fetter Meeresfisch enthält große Mengen an Omega-3-Fettsäuren. Diese Art von Fett gilt als besonders gesund und soll gegen Entzündungen wirken. Entsprechend boomt der Handel mit Fischöl-Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel. Für einige der beworbenen Anwendungsgebiete konnten Studien bisher nicht überzeugen, wie unsere Beiträge zu den Themen Fischöl gegen Schuppenflechte (Psoriasis), Omega-3-Fette als Herzschutz oder als Mittel gegen ADHS zeigen. Angeblich sollen Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl auch Depression lindern können. Wissenschaftlicher Fakt oder reine Spekulation? Depression: keine spürbare Besserung durch Omega-3 Ob Omega-3-Fettsäuren bei Depression helfen, wurde bereits in zahlreichen Studien untersucht. Etliche Übersichtsarbeiten haben die Ergebnisse dieser Studien zusammengefasst. Die besten und aktuellsten davon [1-3] kamen zu dem Schluss: Präparate aus Omega-3-Fettsäuren scheinen Menschen mit Depression eher nicht zu helfen. Die Beschwerden besserten sich nicht in einem Ausmaß, das für Betroffene im Alltag spürbar war. Verlass ist auf dieses Ergebnis trotzdem nicht. An den 28 Studien haben zwar insgesamt fast 2.000 Menschen teilgenommen. Viele der Studien hatten jedoch deutliche Mängel (siehe dazu Die Studien im Detail). Außerdem waren sie alle sehr unterschiedlich. Das macht es schwierig, ihre Ergebnisse sinnvoll zusammenzufassen. Machen Fische fröhlich? Warum ausgerechnet Fischöl Menschen mit Depression helfen soll? Ursprung dieser Vermutung ist eine der vielen Theorien dazu, wie Depression entsteht. Manche Fachleute vermuten, Entzündungen im Gehirn könnten daran beteiligt sein [4]. Omega-3-Fettsäuren wiederum sollen anti-entzündlich wirken [5]. Über diese Wirkung, so spekulieren manche Fachleute, könnte Omega-3-Fettsäuren außerdem Einfluss auf Botenstoffe im Gehirn nehmen, die bei Depression ebenfalls eine Rolle spielen [1,2]. Gegenwärtig ist das jedoch Spekulation, und eine plausibel klingende Theorie ist noch kein Beweis für eine Wirksamkeit. Laut bisheriger Studienergebnisse ist es eher unwahrscheinlich, dass Omega-3-Fettsäuren die Beschwerden bei Depression tatsächlich spürbar lindern können. Fischöl oder Fisch? Und was ist mit dem Fisch auf dem Teller? In allen berücksichtigten Studien wurde die Einnahme von Kapseln oder Tropfen mit Omega-3-Fettsäuren untersucht, nicht aber eine fischreiche Ernährung. Welche Wirkung eine Fisch-reiche Ernährung auf die Symptome einer Depression haben könnte, bleibt also gänzlich offen. Depression: Mehr als Traurigkeit Von Depression Betroffene sind nicht einfach nur traurig. Eine Depression ist eine schwere Erkrankung, bei der die Freude an bisher als schön erlebten Dingen, Tätigkeiten und Beziehungen verloren geht. Was genau dabei im Gehirn passiert und warum manche Menschen eher an Depression erkranken als andere ist noch nicht vollständig geklärt [6]. Die genetische Veranlagung dürfte eine Rolle spielen. Ebenso gehen Fachleute von einer Störung der Botenstoffe, der sogenannten Neurotransmitter, im Gehirn von Erkrankten aus. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören deshalb – neben der Psychotherapie – auch Medikamente, die diese Botenstoffe beeinflussen [7]. Sich Hilfe holen Ausführliche Informationen zu Depression finden Sie auf gesundheitsinformation.de oder unter gesundheit.gv.at. Für Österreich gibt es alle Notrufnummern und Anlaufstellen für psychische Krisen unter https://www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/anlaufstellen.html. In Deutschland finden Betroffene und Angehörige Hilfe unter https://www.psychenet.de/de/hilfe-finden/schnelle-hilfe/soforthilfe.html, in der Schweiz zum Beispiel unter https://www.wie-gehts-dir.ch/adressen-und-angebote/ich-suche-unterstuetzung. Die Studien im Detail Nach welchen Studien haben wir gesucht? Randomisiert-kontrollierte Studien sind die beste Art, die Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren bei Depression zu untersuchen. Dabei werden Teilnehmende mit Depression per Los auf zwei Gruppen aufgeteilt (randomisiert). Die eine Gruppe erhält eine gewisse Zeit lang ein Präparat mit Omega-3-Fettsäuren, die andere ein Scheinpräparat (Placebo). Am Ende der Studie vergleichen die Forschenden: Welcher Gruppe geht es durchschnittlich besser? Wie viele Personen sind die Depression sogar ganz losgeworden? Das aussagekräftigste Ergebnis erhält man, wenn man möglichst viele solcher randomisiert-kontrollierte Studien zusammenfasst und daraus ein Gesamtergebnis errechnet. Dieses Vorgehen nennt man in der Statistik auch Meta-Analyse. Solche Meta-Analysen finden sich meist in systematischen Übersichtsarbeiten. Da schon sehr viele einzelne randomisiert-kontrollierte Studien zu Omega-3 gegen Depression durchgeführt wurden, haben wir also nach Übersichtsarbeiten gesucht, die die Ergebnisse dieser Studien in Meta-Analysen zusammenfassen. Aus den Übersichtsarbeiten, die wir bei unserer Suche finden konnten, wählten wir die zwei aktuellsten und am verlässlichsten durchgeführten aus [1-2]. Außerdem fanden wir eine Übersichtsarbeit, die nicht die Ergebnisse einzelner Studien zusammenfasst, sondern jene anderer Übersichtsarbeiten [3]. Wie aussagekräftig sind die Studien? Alle drei Übersichtsarbeiten sind zwar solide durchgeführt. Doch auch die beste Übersichtsarbeit kann nur dann ein verlässliches Ergebnis liefern, wenn auch die darin zusammengefassten Studien von guter Qualität sind. In diesem Fall hatten die analysierten Studien jedoch zum Teil schwere Mängel. Außerdem waren sie sehr verschieden: Die Teilnehmenden schluckten je nach Studie unterschiedliche Menge an Omega-3-Fettsäuren für unterschiedlich lange Zeit. In manchen Studien dauerte die Behandlung vier Wochen, in anderen 4 Monate. Um die Beschwerden der Teilnehmenden abzufragen, verwendeten die Forschungsteams nicht immer die gleichen Fragebögen. Außerdem untersuchten die Studien sehr unterschiedliche Personengruppen: In manchen nahmen nur ältere Menschen teil, in anderen nur junge Mütter; in wieder anderen Menschen mit bestimmten anderen Erkrankungen. Diese vielen Unterschiede machen es schwierig, die Ergebnisse sinnvoll zusammenzufassen. Wissenschaftliche Quellen [1] Kelaiditis u.a. (2023) Kelaiditis, C. F., et al. (2023). „Effects of long-chain omega-3 polyunsaturated fatty acids on reducing anxiety and/or depression in adults; A systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials.“ Prostaglandins, leukotrienes, and essential fatty acids 192: 102572. (Link zur Übersichtsarbeit) [2] Appleton u.a. (2021) Appleton, K. M., et al. (2021). „Omega-3 fatty acids for depression in adults.“ The Cochrane database of systematic reviews 11: CD004692. (Link zur Übersichtsarbeit) [3] Simon u.a. (2023) Simon, M. S., et al. (2023). „Anti-Inflammatory Treatment Efficacy in Major Depressive Disorder: A Systematic Review of Meta-Analyses.“ Neuropsychiatric disease and treatment 19: 1-25. (Link zur Übersichtsarbeit) [4] Li, Z., Ruan, M., Chen, J., & Fang, Y. (2021). „Major depressive disorder: advances in neuroscience research and translational applications.” Neuroscience bulletin, 37, 863-880. (Link zur Publikation) [5] UpToDate (2023) Fish oil: Physiologic effects and administration. Abgerufen am 26.4.2023 unter https://www.uptodate.com/contents/fish-oil-physiologic-effects-and-administration [6] Gesundheitsinformation.de (2020) Depression. Abgerufen am 27.4.2023 unter https://www.gesundheitsinformation.de/depression.html#Ursachen-und-Risikofaktoren [7] Gesundheit.gv.at (2019) Depression: Medikamente & Psychotherapie. Abgerufen am 27.4.2023 unter https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/depression/antidepressiva-psychotherapie.html Versionsgeschichte 16. 5. 2023: Eine Aktualisierung des Faktenchecks brachte zahlreiche neue Studien zutage. Unserer Einschätzung zufolge lindern Omega-3-Fettsäuren eine Depression möglicherweise nicht. 5.9.2017: Faktencheck erstmals veröffentlicht. Es gab noch zu wenige Studien für eine Beurteilung. Schlagworte DepressionErnährungFischFischölOmega-3 In über 500 Faktenchecks suchen