Dieser Beitrag ist nicht mehr auf dem neuesten Stand, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Weniger Gelenksbeschwerden dank Kurkuma?

Die Gelbwurzel Kurkuma soll gegen alle möglichen Erkrankungen und Zipperlein helfen. Was wissen wir zum Nutzen bei Gelenksbeschwerden?

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Lindern Kurkuma-Präparate die Beschwerden bei Knie-Arthrose („Gelenksverschleiß“) besser als ein Scheinmedikament?

Auswirkungen von Kurkuma auf Schmerz und Beweglichkeit wurden in mehreren kleinen Studien untersucht. Diese hatten allerdings nur wenige Testpersonen, eine schlechte methodische Qualität und unterschiedliche Ergebnisse. Daher lassen sich keine verlässlichen Aussagen treffen.

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© Angela Rohde - shutterstock.com Erwiesenermaßen köstlich - als Gewürz. Aber ist Kurkuma auch hilfreich bei Gelenkserkrankungen?
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Mit fortschreitendem Alter leiden viele Menschen an Gelenksbeschwerden. Das schmerzt nicht nur – zum Beispiel beim Treppensteigen. Sondern auch die Beweglichkeit ist eingeschränkt. Oft stecken hinter den Beschwerden konkrete Erkrankungen wie etwa eine Arthrose („Gelenksverschleiß“) oder die rheumatoide Arthritis (im Volksmund „Rheuma“).

Das Problem: Meist ist es schwierig, die Symptome mit Medikamenten vollständig in den Griff zu bekommen oder eine Verschlechterung der Erkrankung zu verhindern. Davon zeugen auch die vielen Leseranfragen, die wir bereits zu vermeintlichen Wundermittelchen bei Gelenksbeschwerden erhalten haben.

Kurkuma macht Karriere

Dazu gehören Präparate auf der Basis der Gelbwurzel – ebenso als Kurkuma bekannt, das in der indischen Küche als Gewürz eine wichtige Rolle spielt. Doch Kurkuma verleiht nicht nur Speisen und Getränken Farbe und Geschmack. Es macht als Nahrungsergänzungsmittel eine gewisse Karriere.

Gegen Arthrose und Rheuma: Kapsel statt Curry

Kurkuma-Präparate sollen gegen Schmerzen bei Arthrose und rheumatoider Arthritis helfen und für eine bessere Beweglichkeit sorgen.

Die Kapseln enthalten Extrakte aus der Gelbwurzel und damit ihren wichtigsten Bestandteil Kurkumin. Manchmal sind auch chemisch verwandten Stoffe (Kurkuminoide) in den Mitteln zur Nahrungsergänzung.

Wirkung wie im Reagenzglas?

Kurkuma-Fans stützen sich oft auf Laborversuche: Denn im Reagenzglas konnte Kurkuma die Bildung von Entzündungsbotenstoffen und den Abbau von Gelenksknorpel hemmen.

Genau diese Prozesse spielen bei Arthrose und rheumatoider Arthritis eine wichtige Rolle [2]. Deshalb hören sich solche Ergebnisse erst einmal sehr verheißungsvoll an.

Aber gibt es für den Nutzen von Kurkuma gute Belege aus klinischen Studien mit Testpersonen, fernab von Labor und Reagenzglas?

Vergleich: Kurkuma, Placebo, Schmerzmittel

Tatsächlich haben wir bei unserer Literaturrecherche klinische Studien gefunden: sowohl für den Einsatz bei Arthrose [1,2] als auch bei rheumatoider Arthritis [3,4].

In den insgesamt acht Studien zur Knie-Arthrose [1,2] wurden rund 1000 Patientinnen und Patienten untersucht. Sie erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder ein Kurkuma-Präparat. Oder sie bekamen – zwecks Vergleich – ein Scheinmedikament bzw. das Schmerzmittel Ibuprofen.

Trotz der beeindruckenden Anzahl an Teilnehmenden lassen sich aus den Studien keine klaren Aussagen zum Nutzen von Kurkuma bei Knie-Arthrose ableiten. Der Grund: Die Studien waren so schlecht gemacht, dass ihre Ergebnisse wenig zuverlässig sind.

Großartig für die Gelenke– aber nur zum Schein

Deutlich weniger, nämlich nur rund 80 Menschen, nahmen an den beiden Studien [3,4] zum Einsatz von Kurkuma bei rheumatoider Arthritis teil. Scheinbar zeigte Kurkuma sowohl bei Schmerzen als auch bei Bewegungseinschränkungen großartige Erfolge gegenüber einem Scheinmedikament.

Auf den zweiten Blick wird aber deutlich, dass hier schwere methodische Mängel vorliegen. Und so entsteht fälschlicherweise der Eindruck von guter Wirksamkeit.

Unser Fazit: keine Aussage möglich

Ob Kurkuma bei Arthrose oder rheumatoider Arthritis wirklich hilft (oder nicht), können wir deshalb nicht zuverlässig sagen. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat übrigens die Werbeaussage verboten „Kurkumin trägt zur normalen Gelenkfunktion bei“. Denn dafür fehlen ebenfalls die wissenschaftlichen Belege [7].

Zu einem ähnlichen negativen Resümee sind wir schon bei früheren Recherchen zu anderen vermeintlichen Anwendungsgebieten von Kurkuma gekommen: Doch für die angebliche Wirksamkeit der Gelbwurz gegen Demenz, Depression und Krebs haben wir keine Belege finden können.

Nebenwirkungen nicht gut erforscht

In punkto Nutzen von Kurkuma tappen wir also (noch) im Dunklen. Wissen wir wenigstens mehr über eventuelle Risiken und Schäden? In einigen der Studien wurde zumindest die Verträglichkeit der Kurkuma-Präparate untersucht. Allerdings fehlen oft genaue Angaben dazu, wie eventuelle unerwünschte Wirkungen erhoben wurden.

In den Studien klagten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Kurkuma eingenommen hatten, nicht häufiger über Nebenwirkungen oder brachen nicht eher die Behandlung ab, im Vergleich zu jenen aus den Scheinmedikament-Gruppen [1,2,4]. Verglichen mit herkömmlichen Schmerzmitteln scheinen die Behandelten Kurkuma-Präparaten etwas besser zu vertragen [1,3].

Dies sind zarte Hinweise darauf, dass Kurkuma-Nahrungsergänzungsmittel sicher sein dürften. Da die entsprechenden Studien im längsten Fall nur vier Monate dauerten, lassen sich zu langfristigen Nebenwirkungen keine verlässlichen Aussagen treffen.

Gelenkserkrankungen: häufig und schmerzhaft

Arthrose und rheumatoide Arthritis gehören zu den so genannten degenerativen Gelenkserkrankungen. Dabei zerstören Entzündungsprozesse nach und nach die betroffenen Gelenke. Für die Betroffenen bedeutet das in der Regel Schmerzen und je nach Ausmaß der Erkrankung auch Einschränkungen der Beweglichkeit.

Verschleiß im Knie

Arthrose zeigt sich oft an Knie- oder Hüftgelenken. Diese Erkrankung wird auch als „Gelenksverschleiß“ bezeichnet.

Sie ist eine Alterserscheinung oder entsteht durch starke körperliche Belastung. Bei Menschen über 70 Jahre sind etwa 50 von 100 Frauen und etwa 30 von 100 Männern von Arthrose betroffen [5].

Mehr zum Thema Arthrose finden Sie auf den Seiten von gesundheitsinformation.de.

Angriff des Immunsystems führt zu Rheuma

Die rheumatoide Arthritis, kurz „Rheuma“, zählt dagegen zu den Autoimmunerkrankungen. Dabei richtet sich das Immunsystem gegen das Knorpelgewebe von Gelenken und zerstört es im Laufe der Zeit. Rheumatoide Arthritis betrifft deutlich weniger Menschen als Arthrose, nämlich nur etwa 1 von 100 Erwachsenen [6].

Die Seiten von gesundheitsinformation.de halten verlässliche Informationen zum Thema rheumatoide Arthritis bereit.

Pillen gegen die Beschwerden

Bei beiden Erkrankungen werden Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac verordnet. Für Betroffene mit rheumatoider Arthritis stehen auch Medikamente zur Verfügung, die die Entzündung aufhalten und die zerstörerische Abwehrreaktion stoppen sollen. Allerdings ist es individuell sehr unterschiedlich, wie gut diese Mittel anschlagen [5,6].

Die Studien im Detail

Acht Studien zum Gelenksverschleiß

Zum Nutzen von Kurkuma-Präparaten bei Arthrose („Gelenksverschleiß“) konnten wir bei der Literaturrecherche zwei systematische Übersichtsarbeiten [1,2] identifizieren. Diese haben jeweils sieben randomisierte kontrollierte Studien berücksichtigt. Sechs der Studien sind in beiden Übersichtsarbeiten identisch, zwei weitere werden nur in jeweils einer Übersichtsarbeit besprochen. Neuere Untersuchungen konnten wir nicht finden.

Damit liegen unserer Auswertung acht verschiedene Studien mit knapp 1000 Teilnehmenden zugrunde. Sie alle litten unter Arthrose im Knie mit mindestens moderaten Beschwerden, waren im mittleren Alter und lebten in Asien. Es ist ungewiss, ob sich die Ergebnisse der Studien auch auf andere Formen von Arthrose, etwa im Hüftgelenk, sowie auf Menschen, die in Europa leben und älter sind, übertragen lassen.

Verschiedene Mittel und Methoden

Unsicher ist auch, inwiefern die in den Studien eingesetzten Präparate tatsächlich miteinander vergleichbar sind: In einigen Untersuchungen wurde ein Extrakt aus der Kurkumawurzel verwendet. In anderen waren der Reinstoff Kurkumin oder eine Mischung verschiedener mit Kurkumin verwandten Substanzen Mittel der Wahl. In einem Fall kam eine spezielle Zubereitung von Kurkumin zur Anwendung, die so verändert wurde, dass sie besser vom Körper aufgenommen wird.

Die Teilnehmenden in den Studien nahmen täglich zwischen 180 Milligramm und zwei Gramm des jeweiligen Kurkuma-Präparats ein. In sechs der Studien wurde die Wirksamkeit der Kurkuma-Präparate mit einem Scheinmedikament verglichen, in zwei Untersuchungen mit dem Schmerzmittel Ibuprofen. Die Studien dauerten zwischen vier und 16 Wochen.

In den einzelnen Studien wurde die Wirksamkeit oft mit sehr unterschiedlichen Methoden erhoben. Deshalb konnten die Autorenteams der Übersichtsarbeiten zum Nutzen bei Schmerzen und Bewegungseinschränkungen jeweils nur wenige Studien mit entsprechend wenigen Patientinnen und Patienten zusammenfassen. Das schmälert die Aussagekraft.

Eingeschränkte Aussagekraft

Hinzu kommt, dass die Untersuchungen oft methodische Mängel aufwiesen, was ebenso zur Unsicherheit der Zusammenfassung beiträgt. Zwar fanden sich in einigen Studien Hinweise darauf, dass die Kurkuma-Präparate möglicherweise Schmerzen und Bewegungseinschränkungen besser lindern als ein Scheinpräparat.

Da in den Studien die Teilnehmenden jedoch in der Regel wussten, welches Mittel sie schluckten, kann das durchaus die Wahrnehmung von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen beeinflusst haben. Auch wurden bei vielen Studien nicht die Daten aller Teilnehmenden ausgewertet.

Gleichwertigkeit nicht belegt

Formal stellten die beiden Studien, die Kurkuma mit dem Schmerzmittel Ibuprofen verglichen, keinen Unterschied zwischen den Präparaten fest. Heißt dies also, dass Nahrungsergänzung und Schmerzmittel ähnlich gut wirken?

Mitnichten. Wegen methodischer Mängel und der relativ kleinen Zahl der teilnehmenden Patientinnen und Patienten darf man das nicht als Beleg für die Gleichwertigkeit der Mittel verstehen. Aus diesen Gründen können wir keine verlässliche Aussage zum Nutzen von Kurkuma-Präparaten bei Arthrose treffen.

Nur wenige Daten

Wie sieht es jetzt mit der Wirksamkeit von Kurkuma-Mitteln bei rheumatoider Arthritis („Rheuma“) aus? Zu dieser Frage haben wir eine systematische Übersichtsarbeit [3] gefunden, mit einer für uns relevanten Studie. Zusätzlich konnten wir noch eine neuere Arbeit [4] identifizieren, sodass sich unsere Auswertung auf zwei randomisierte kontrollierte Studien stützen kann.

Die Studien umfassten mit 45 [3] bzw. 36 Teilnehmenden [4] nur sehr wenige Patientinnen und Patienten, die noch dazu vermutlich unter unterschiedlich starken Beeinträchtigungen durch die rheumatoide Arthritis litten.

Beide Studien untersuchten die Wirksamkeit von Kurkumin, allerdings in unterschiedlichen Kombinationen. Eine der Studien [4] verglich den Effekt von zwei Dosierungen (500 Milligramm bzw. 1000 Milligramm täglich) mit der eines Scheinmedikaments über eine Dauer von drei Monaten. In der zweiten Studie [3] nahmen die Patientinnen und Patienten acht Wochen lang 1000 Milligramm Kurkumin pro Tag oder ein Scheinmedikament zusätzlich zu dem Schmerzmittel Diclofenac ein.

Wenig zuverlässig

Auf den ersten Blick scheinen die für Kurkumin sprechenden Ergebnisse sehr überzeugend. Denn in beiden Studien litten die Patientinnen und Patienten weniger an Schmerzen und anderen Beeinträchtigungen als in den jeweiligen Vergleichsgruppen.

Schaut man jedoch genauer hin, stellt man fest, dass durchaus andere Faktoren dafür verantwortlich sein könnten: So wussten in einer der Studien [3] die Beteiligten, welches Mittel sie einnahmen; das kann die Erwartungshaltung und Wahrnehmung beeinflusst haben. In der anderen Untersuchung [4] war es zumindest nicht ausgeschlossen.

Hinzu kommen noch einige andere Fragezeichen bei der Durchführung, sodass wir die Untersuchungen als nicht besonders verlässlich einstufen. Da außerdem nur sehr wenige Patientinnen und Patienten untersucht wurden, können wir auch die Wirksamkeit von Kurkuma bei rheumatoider Arthritis nicht sicher beurteilen.

[1] Bannuru u.a. (2018)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: Für Kurkumin 7 Studien mit insgesamt 838 Teilnehmenden
Fragestellung: Welchen Nutzen hat Kurkumin bei Menschen mit Knie-Arthrose?
Interessenskonflikte: keine nach Angaben des Autorenteams
Bannuru RR u.a. Efficacy of Kurkumin and Boswellia for knee osteoarthritis: Systematic review and meta-analysis. Seminars in Arthritis and Rheumatism 2018
Online-Vorabveröffentlichung
Zusammenfassung

[2] Onakpoya u.a. (2017)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit /
Eingeschlossene Studien: 7 Studien mit insgesamt 864 Teilnehmenden
Fragestellung: Welchen Nutzen hat Kurkumin bei Knie-Arthrose?
Interessenskonflikte: keine nach Angaben des Autorenteams

Onakpoya IJ u.a. Effectiveness of Kurkuminoids in the treatment of knee osteoarthritis: a systematic review and meta-analysis of randomized clinical trials. Int J Rheum Dis. 2017; 20:420-433
Zusammenfassung
Freier Volltext

[3] Daily u.a. (2016)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: Zu rheumatoider Arthritis eine Studie mit 45 Testpersonen
Fragestellung: Verbessert die Einnahme von Kurkumin Schmerzen und Funktionalität bei Gelenkserkrankungen?
Interessenskonflikte: Einer der Autoren arbeitet für einen Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. In der Einzelstudie wurde das Kurkuma-Präparat durch den Hersteller zur Verfügung gestellt.

Daily JW u.a. Efficacy of Turmeric Extracts and Kurkumin for Alleviating the Symptoms of Joint Arthritis: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Clinical Trials. J Med Food. 2016; 19:717-29
Zusammenfassung
Freier Volltext

[4] Amalraj u.a. (2017)

Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmerinnen und Teilnehmer insgesamt: 36 Testpersonen mit rheumatoider Arthritis mit schwerer Krankheitsaktivität und Einschränkungen der Freizeitaktivitäten
Fragestellung: Verbessert die Einnahme eines Kurkumin-Präparats das Krankheitsbild bei rheumatoider Arthritis?
Interessenskonflikte: Vier Personen aus dem Autorenteam sind beim Herstellers des Kurkumin-Präparats angestellt

Amalraj A u.a. A Novel Highly Bioavailable Kurkumin Formulation Improves Symptoms and Diagnostic Indicators in Rheumatoid Arthritis Patients: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, Two-Dose, Three-Arm, and Parallel-Group Study. J Med Food. 2017; 20:1022-1030
Zusammenfassung

Weitere Quellen

[5] IQWIG (2014)
Arthrose.
(Zugriff 05.11.2018)

[6] IQWIG (2016)
Rheumatoide Arthritis
(Zugriff 05.11.2018)

[7] European Food Safety Authority (2016)
Curcumin and normal functioning of joints: evaluation of a health claim pursuant to Article 13(5) of Regulation (EC) No 1924/2006.
(Zugriff am 06.11.2018)

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