Ist die Kaktusfeige ein wirksames Katermittel?

Kopfschmerzen und Übelkeit am Morgen nach der Party? Die Kaktusfeige wird als angebliches Katermittel gelobt. Die Wissenschaft hat allerdings ihre Zweifel.

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Review:  Jana Meixner 

Ist die Kaktusfeige (Opuntia ficus-indica) ein wirksames Mittel gegen Kater?

Nur eine kleine Studie hat untersucht, ob Kaktusfeigen-Extrakt bei einem Kater helfen kann. Sie ist jedoch zu wenig aussagekräftig, um die Wirksamkeit einschätzen zu können.

so arbeiten wir
Kopfschmerzen am Tag danach
© fizkes – istockphoto.com

Brummender Schädel, Übelkeit und Abgeschlagenheit: Auf eine durchfeierte Nacht folgt häufig ein Kater. Tipps für angebliche Katermittel gibt es genug. Von Hausmitteln wie Espresso mit Zitrone bis zu Nahrungsergänzungsmitteln wie Myrkl oder Gletschermilch-Pulver. Auch die Kaktusfeige gehört dazu. Ob als Extrakt in Kapselform, als Saft oder Limonade – die Inhaltsstoffe aus der stacheligen Frucht sollen den Tag danach erträglicher machen.

Doch hält die Kaktusfeige, was Werbung und Internet versprechen?

Wirkung gegen Kater unbewiesen

Bei unserer Recherche haben wir zwar eine Studie [1] gefunden, die das untersuchen wollte. Sie verglich zwei Arten von Kapseln: einmal mit Kaktusfeigen-Extrakt, einmal Placebo-Kapseln ohne diesen Inhaltsstoff. Ob die Kaktusfeige ein wirksames Mittel gegen Kater ist, kann die Studie jedoch nicht beantworten – denn dazu ist ihre Aussagekraft zu gering.

Auf den ersten Blick deuten die Ergebnisse zwar einen geringen Vorteil von Kaktusfeige gegen die üblichen Katersymptome an. Doch die Teilnehmenden könnten bewusst weniger Alkohol getrunken haben, nachdem sie Placebo-Kapseln genommen haben – weil sie wussten, dass es keine Kaktusfeigen-Kapseln waren. Das könnte fälschlicherweise zu den leicht positiven Ergebnissen geführt haben.

Es gibt also keinen Hinweis darauf, dass Mittel mit Kaktusfeige gegen einen Kater helfen können. Unzureichend erforscht ist auch die Frage, ob die häufige Einnahme von Extrakt aus der Kaktusfeige Nebenwirkungen hat.

Was hinter dem Kater steckt

Die beste Strategie gegen unangenehme Auswirkungen von Alkohol ist es, nicht übermäßig viel zu trinken.

Die Ursache der Kater-Symptome ist nicht gut erforscht. Fest steht, dass Alkohol eine gesundheitsschädliche Substanz ist. Vor allem das giftige Abbauprodukt Acetaldehyd macht dem Körper zu schaffen – auch wenn es möglicherweise nicht der einzige Grund für den Kater ist. Besonders stark können Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel sein, wenn der getrunkene Alkohol zusätzlich geringe Mengen an sogenannten Fuselalkoholen und giftigem Methanol enthält.

Fragwürdige Katermittel

Ob es tatsächlich wirksame Mittel gibt, um einen Brummschädel am nächsten Tag zu vermeiden, ist wissenschaftlich nur schlecht erforscht. In einer Übersichtsarbeit [2] hat ein Forschungsteam Studien zu 23 angeblichen Mitteln und Produkten gegen Kater analysiert. Mit ernüchternden Ergebnissen: Keine der Studien ist aussagekräftig genug, um die Wirksamkeit eines Mittels belegen zu können.

Stachelige Delikatesse

Die stacheligen Früchte des Feigenkaktus schmecken süß und fruchtig. Der wahrscheinlich aus Mexiko stammende Kaktus wächst mittlerweile auch in vielen Mittelmeerregionen. Auch in unseren Breiten sind Kaktusfeigen gelegentlich im Handel erhältlich.
Nicht nur nach übermäßigem Alkoholkonsum, sondern auch bei Magenbeschwerden, Fettstoffwechselstörungen oder beim Abnehmen sollen Nahrungsergänzungsmittel mit Opuntia ficus-indica Wunder wirken. Dem Thema Kaktusfeige und Abnehmen hat Medizin Transparent schon früher einen Faktencheck gewidmet. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass diese Früchte tatsächlich beim Schlankwerden helfen.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Ob ein Kaktusfeigen-Extrakt ein wirksames Mittel gegen Kater ist, lässt sich am aussagekräftigsten in einer sogenannten randomisiert-kontrollierten Studie untersuchen. Dabei werden die Teilnehmenden per Zufall (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeordnet: Eine Gruppe nimmt Kaktusfeigen-Kapseln ein, die andere schluckt zum Vergleich Placebo-Kapseln ohne Wirkstoff – sie ist die Kontrollgruppe.

Danach trinken alle Teilnehmenden eine vergleichbare Menge Alkohol. Am nächsten Morgen bewerten sie, wie stark ihr Kater ist. Nur wenn sich die Gruppen deutlich unterscheiden, wäre das ein Hinweis darauf, dass Inhaltsstoffe aus der Kaktusfeige ein wirksames Mittel gegen Katerbeschwerden sind.

Allerdings sollte dabei niemand wissen, welche Kapseln den Kaktusfeigen-Extrakt enthalten und welche nicht. Nur so lässt sich vermeiden, dass die Teilnehmenden ihre Beschwerden unbeeinflusst von ihren Erwartungen einschätzen.

Gefunden haben wir eine solche Studie [1]. Die Teilnehmenden bekamen dabei einmal die Kaktusfeigen-Kapseln, ein anderes Mal Placebo-Kapseln. Welche Art von Kapsel zuerst, legte der Zufall für jede Testperson fest.

Wie aussagekräftig ist die Studie?

Für die meisten Kater-Symptome zeigte sich kein deutlicher Unterschied zwischen Kaktusfeigen-Extrakt und Placebo – bei einzelnen Vergleichen jedoch schon. Die Aussagekraft der Studie ist jedoch sehr gering. Ob Kaktusfeigen-Mittel wirksame oder unwirksame Katermittel sind, kann sie nicht beantworten. Die Gründe:

  • Unterschiedliche Alkoholmenge? Die Teilnehmenden konnten bis zu einer Maximalmenge jedes Mal frei entscheiden, wie viel Alkohol sie trinken wollten. Wie viel sie in welchem Durchgang getrunken hatten, wird jedoch nicht berichtet. Es ist also möglich, dass sie weniger tranken, nachdem sie Kaktusfeigen-Kapseln eingenommen hatten – und nur deshalb am nächsten Morgen weniger Beschwerden hatten.
  • Fehlende Angaben: Es wurde zwar gemessen, aber nicht berichtet, wie viel Alkohol die Teilnehmenden im Blut hatten. Ein höherer Alkoholspiegel im Blut kann zu einem stärkeren Kater führen.
  • Zu wenige Teilnehmende: 55 Testpersonen sind zu wenig, um die Ergebnisse verallgemeinern zu können. Denn bei so wenigen Teilnehmenden könnten Unterschiede auch rein durch Zufall zustande kommen.

[1] Wiese et al. (2004) Effect of Opuntia ficus indica on symptoms of the alcohol hangover. Archives of Internal Medicine, 164(12), 1334-1340. (Zusammenfassung der Studie)

[2] Roberts et al. (2022) The efficacy and tolerability of pharmacologically active interventions for alcohol-induced hangover symptomatology: a systematic review of the evidence from randomised placebo-controlled trials. Addiction. 2022 Aug;117(8):2157-2167. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

  • 10. 11. 2023: eine neue Recherche ergab keine aktuelleren Studien. Keine Änderung unserer Einschätzung. Kritikpunkte an der einzigen gefundenen Studie ausführlicher beschrieben.
  • 31. 12. 2017: erste Version

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