Inuspherese: Detox-Blutwäsche für alle?

Eine Blutwäsche namens Inuspherese verspricht Entgiftung und Vitalität – für kranke, aber auch für vollkommen gesunde Menschen. Belege dafür gibt es nicht, Risiken hingegen schon.

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Kann die „Inuspherese“ Erkrankungen vorbeugen? Bringt sie Vorteile für die Gesundheit, auch wenn keine Krankheit vorliegt?

Unter dem Namen „Inuspherese“ oder auch „Umweltapharese“ wird eine Art der Blutwäsche beworben, die das Blut von Umweltgiften und anderen schädlichen Stoffen reinigen soll. Das soll nicht nur kranken, sondern auch gesunden Menschen zu mehr Vitalität und Gesundheit verhelfen. Eine wissenschaftliche Basis haben diese Behauptungen nicht. Weder zur Inuspherese noch zu anderen Blutwäschen gibt es Studien, die das bestätigen. Sehr wohl belegt ist allerdings, dass Blutwäschen wie die Inuspherese mit Risiken verbunden sind.

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© AnaLysiSStudiO-Shutterstock.com Eine Blutwäsche kommt in der Medizin nur bei schweren Erkrankungen zum Einsatz.
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Entgiften oder Detox liegt im Trend. Wobei allerdings nicht geklärt ist, wovon genau der Körper da eigentlich gereinigt werden soll – wir schreiben darüber ausführlich in einem anderen Faktencheck.

Seit einiger Zeit wird sogar die direkte Reinigung des Blutes beworben – mit einem Verfahren, das unter den Markennamen „Inuspherese“ oder „Umweltapherese“ beworben wird. Der Namen lehnt sich an die „Apherese“ an – den medizinischen Begriff für „Blutwäsche“. Bei der Blutwäsche wird das Blut aus den Venen in eine Maschine gepumpt, gefiltert und wieder zurück in den Körper geleitet.

Werbung richtete sich an Kranke und Gesunde

Die Inuspherese soll schädliche Stoffe aus der Umwelt, Schwermetalle und kleinste Partikel aus dem Blut filtern. Außerdem soll sie angeblich Menschen mit Long Covid, chronischer Erschöpfung oder Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis helfen.

Aber nicht nur das: Die Behandlung soll der Entstehung von Autoimmunerkrankungen sogar vorbeugen können. Auf den Internet-Seiten der Anbieter heißt es außerdem, die Blutreinigung würde „jung und gesund halten“, „den Körper entlasten“ und „von gefährlichem Ballast entschlacken“ [9]. Die Versprechen rund um die Inuspherese richten sich also nicht nur an Erkrankte, sondern auch an vollkommen gesunde Menschen.

Alte Therapie in neuem Kleid?

Das Prinzip der Blutwäsche ist nicht neu, lediglich die in Inuspherese-Geräten verwendete Technik soll es sein. Für eine Inuspherese-Behandlung verlangen Anbieter rund 3000 Euro. Angeboten wird die Inuspherese in spezialisierten Zentren und Praxen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Ein „Meilenstein der Hightech-Medizin“, wie auf einer Internet-Seite behauptet wird? Oder ein kostspieliger Lifestyle-Trend? Wir haben uns das näher angesehen.

Studien zur Wirksamkeit fehlen

Zuerst haben wir nach Studien zur Wirksamkeit der Inuspherese-Behandlung gesucht. Ohne Erfolg, wir konnten keine finden. In zwei Studien kam das Verfahren zwar zum Einsatz [1,2]. Die Wirkung auf die Gesundheit wurde darin aber nicht untersucht.

Es ist also nicht erforscht, ob die Inuspherese gesunden Menschen irgendwelche Vorteile bringt. Auch nicht, ob sie bei Autoimmunerkrankungen, Long Covid oder anderen Leiden helfen kann.

Unsere Anfrage nach möglichen unveröffentlichten Studien bei der Entwickler-Firma der Inuspherese-Geräte [10] blieb unbeantwortet.

Ähnlichkeit mit etablierter Form der Blutwäsche

Für die behandelte Person scheint eine Inuspherese-Behandlung genauso abzulaufen wie jede andere Form der Blutwäsche. Lediglich die Art der in im Gerät verwendeten Filter, die das Blut reinigen sollen, dürfte sich unterscheiden. Laut der Herstellerfirma entspricht die Inuspherese in ihrem Funktionsprinzip einem Verfahren, das in der Medizin bereits seit Längerem zum Einsatz kommt, der sogenannten Double-Filtration-Plasmapherese [3,10]. Worin genau der Unterschied liegt, ist allerdings unklar. Auch auf diese Frage bekamen wir von der Herstellerfirma keine Antwort.

Nutzen für Gesunde fragwürdig

Dennoch haben wir unsere Recherche ausgeweitet und auch nach Studien zu anderen Formen der Blutwäsche gesucht. Obwohl sie nicht zur Standardbehandlung gehört, kommt die Behandlung in manchen Fällen bei Autoimmunerkrankungen und Nierenschäden zum Einsatz [3,6]. Ob das Verfahren bei Menschen ohne solche Erkrankungen irgendwelche Vorteile bringt, wurde aber offenbar nie untersucht. Auch eine Wirksamkeit gegen Long Covid oder chronische Erschöpfung ist im Moment reine Spekulation.

Risikoreiche Behandlung

Auch, um welche „belastenden Stoffe“ genau es eigentlich geht, sucht man vergeblich: Von welchen Umweltgiften oder Schwermetallen das Blut gereinigt werden soll, erklären Hersteller und Anbieter nicht. Somit ist nicht auszuschließen, dass bei der Inuspherese-Behandlung auch für die Gesundheit Nützliches, wie etwa Mineralstoffe oder Antikörper gegen Viren, verloren gehen könnte.

Gut belegt ist hingegen, dass eine Blutwäsche immer auch Risiken mit sich bringt [4,5]. Weil dabei dem Kreislauf Flüssigkeit entnommen wird, kann es vorübergehend zu niedrigem Blutdruck, Brustschmerzen und Schwindel kommen. Auch ein höheres Risiko für Blutungen und Störungen des Salzhaushaltes sowie Infektionen sind möglich. In der Medizin wird die Blutreinigung deshalb nur als Behandlung bei potentiell lebensbedrohlichen Erkrankungen eingesetzt. Zur Vorbeugung wird sie nicht verwendet [3].

Hightech-Detox

Entschlacken, reinigen, entgiften: Diese Schlagwörter kennt man aus dem Detox-Trend. Ebenso wie bei diversen Entgiftungskuren sind auch bei der Inuspherese die Versprechungen vage gehalten. Unklar ist, ob sich im Blut von Gesunden überhaupt schädliche Stoffe befinden, die es sich zu entfernen lohnt. Wissenschaftlich untersucht wurde das bisher nur bei einer einzigen Person [1]. Dabei fanden die Forschenden geringe Mengen an Schwermetallen und unbekannte Partikel im Blut. Ob diese in der gefundenen Menge gesundheitsschädlich sind, bleibt allerdings fraglich.

Ein Problem für jede Lösung?

Denn selbst wenn sie im Blut vorkommen: Sind Schwermetalle oder kleinste Partikel aus der Umwelt – sogenannte Nanopartikel – überhaupt ein bedeutsames Gesundheitsproblem? Gesichert ist das nicht [7]. Wissenschaftliche Studien dazu haben wir nur für eine Art solcher winzigen Teilchen gefunden: Silber-Nanopartikel [8]. Die können im Körper auf Dauer Schäden verursachen. Deshalb ist auch vom Trinken von kolloidalem Silber abzuraten, wie wir in einem anderen Faktencheck ausführlich berichten.

Blutwäsche – wie funktioniert das eigentlich?

Bisher war die Blutwäsche ausschließlich kranken Menschen vorbehalten, etwa nach Vergiftungen oder bei schweren Autoimmunerkrankungen [3]. Dafür steht diese Art der Behandlung bereits seit einigen Jahrzehnten zur Verfügung. In der Fachsprache heißt die Blutwäsche auch Apherese oder Plasmapherese. Sie funktionieren anders als die etwas bekanntere Dialyse, die bei Nierenversagen die Arbeit der Nieren bis zu einem gewissen Grad ersetzen kann.

Bei der sogenannten Double-Filtration-Plasmapherese – der die Inuspherese-Behandlung ähneln soll – bekommt der Patient oder die Patientin zwei venöse Zugänge (Venflons), je einen pro Arm. Von einem Arm läuft das Blut anschließend durch einen Schlauch in eine Maschine. In der Maschine wird das Blut nun durch zwei Filter gepumpt: Der eine Filter trennt das Blut in die Blutzellen und den flüssigen, gelblich-durchsichtigen Teil des Blutes, das Plasma. Das Plasma läuft anschließend durch den zweiten Filter. Dieser filtert bestimmte Stoffe aus dem Blut. Weil ein Teil des Plasmas dabei verloren geht, bekommt der Patient oder die Patientin in manchen Fällen eine Ersatzflüssigkeit, die zusammen mit den Blutzellen wieder in die andere Armvene in den Körper zurück gepumpt wird [5]. Zusammen mit dem Plasma gehen bei der Plasmapherese aber auch für den Körper wichtige Salze und Stoffe für die Blutgerinnung verloren. Die Behandlung ist deshalb auch mit Risiken verbunden, wie zum Beispiel einem höheren Risiko für Blutungen [4,5].

Wenn Medikamente nicht mehr helfen

Eine Blutwäsche kann fehlgebildete Antikörper, die den eigenen Körper angreifen, aus dem Blut entfernen. Zum Beispiel bei Menschen mit Nierenerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder Guillain-Barré-Syndrom [3,6]. Weil die Therapie aber mit Risiken verbunden ist, kommt sie meist nur zum Einsatz, wenn Medikamente nicht mehr helfen. Um wirksam zu sein, muss sie aber regelmäßig erfolgen, denn Auto-Antikörper entstehen immer wieder.

Dasselbe gilt wohl auch für Schadstoffe aus der Umwelt, mit denen wir meist dauerhaft in Kontakt kommen. Bei regelmäßiger Anwendung der Blutwäsche überwiegen bei Gesunden – von den hohen Kosten mal abgesehen – jedoch sehr wahrscheinlich die gesundheitlichen Risiken einen möglichen Nutzen.

Die Studien im Detail

Wir konnten keine klinischen Studien zur Inuspherese-Behandlung zur Vorbeugung von Erkrankungen finden. Ebenso wenig konnten wir Studien finden, die untersuchten, ob eine ähnliche Form der Blutwäsche, die Double-Filtration-Plasmapherese, gesunden Menschen irgendwelche Vorteile bringt. Unsere Frage nach möglicherweise unveröffentlichten Studien an die Herstellerfirma blieb unbeantwortet.

[1] Scholkmann, F., & Gatti, A. M. (2022).
Particles in the Eluate from Double Filtration Plasmapheresis—A Case Study Using Field Emission Scanning Electron Microscopy/Energy-Dispersive X-ray Spectroscopy (FE-SEM/EDX). Compounds, 2(4), 367-377.

[2] Scholkmann, F., & Tsenkova, R. (2022).
Changes in Water Properties in Human Tissue after Double Filtration Plasmapheresis—A Case Study. Molecules, 27(12), 3947.

[3] UpToDate (2022)
Therapeutic apheresis (plasma exchange or cytapheresis): Indications and technology. Abgerufen am 7.1.2023 unter https://www.uptodate.com/contents/therapeutic-apheresis-plasma-exchange-or-cytapheresis-indications-and-technology

[4] UpToDate (2022)
Therapeutic apheresis (plasma exchange or cytapheresis): Complications. Abgerufen am 7.1.2023 unter https://www.uptodate.com/contents/therapeutic-apheresis-plasma-exchange-or-cytapheresis-complications

[5] Hirano, R., Namazuda, K., & Hirata, N. (2021).
Double filtration plasmapheresis: Review of current clinical applications. Therapeutic Apheresis and Dialysis, 25(2), 145-151.

[6] Szczepiorkowski, Z. M., Winters, J. L., Bandarenko, N., Kim, H. C., Linenberger, M. L., Marques, M. B., … & Shaz, B. H. (2010).
Guidelines on the use of therapeutic apheresis in clinical practice—evidence‐based approach from the Apheresis Applications Committee of the American Society for Apheresis. Journal of clinical apheresis, 25(3), 83-177.

[7] Oberdörster G, Oberdörster E, Oberdörster J. (2005)

Nanotoxicology: an emerging discipline evolving from studies of ultrafine particles. Environ Health Perspect.;113(7):823-39.

[8] AshaRani PV, Low Kah Mun G, Prakash Hande M, Valiyaveettil S (2009)
Cytotoxicity and genotoxicity of silver nanoparticles in human cells. ACS Nano 3(2):279–290

[9] zum Beispiel: www.revisalut-gesundheit.at/therapien/inuspherese, www.alleswirdgut.io/behandlungen/inuspherese, www.biologicum.info/inuspherese oder www.ayus.group/inuspherese-therapie (Abgerufen am 8.1.2023)

[10] www.inusmedical.de/die-inuspherese (Abgerufen am 8.1.2023)

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