Dieser Beitrag ist nicht mehr auf dem neuesten Stand, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Antibiotika: Durchfall mit Probiotika vorbeugen

Antibiotika können Durchfall auslösen. Bisherige Studien zeigen: Probiotika können dem wahrscheinlich vorbeugen, das funktioniert aber nicht immer.

AutorIn:
Review:  Claudia Christof 

Können Probiotika Durchfall nach einer Behandlung mit Antibiotika vorbeugen?

Probiotika können das Risiko für Durchfall nach Antibiotika wahrscheinlich verringern.

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© Jamrooferpix - fotolia.com Antibiotika können Durchfall verursachen
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War ja klar, erst krank und dann auch noch Durchfall wegen der Antibiotika! Schon erlebt? Grund dafür ist, dass Antibiotika nicht nur krankmachende Bakterien abtöten, sondern auch jene, die unsere Darmflora bilden. Diese Ansammlung von nützlichen Mikroorganismen im Darm unterstützt die Verdauung und hindert krankmachende Keime am Wachstum.

Um die Darmflora zu verbessern, empfehlen manche Ärztinnen und Ärzte, zusätzlich zu den verschriebenen Antibiotika Kapseln oder Pulver mit Probiotika einzunehmen. Probiotika sind lebende Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien oder Hefearten, die unter anderem in fermentierten Milchprodukten wie Joghurt vorkommen. Sie können die Darmflora unterstützen und sollen so verhindern, dass Durchfall entsteht. Doch wie gut wirken die probiotischen Keime in der Praxis?

Probiotika: weniger Durchfall nach Antibiotika

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse bisheriger Studien zeigt: Probiotika können Antibiotika bedingtem Durchfall wahrscheinlich vorbeugen [1] [3]. Das scheint jedoch nicht immer zu funktionieren. In Studien an Erwachsenen haben ohne Probiotika durchschnittlich 17 von 100 Personen Durchfall bekommen, wenn sie Antibiotika schlucken mussten. Bei jenen, die zusätzlich noch Kapseln oder Pulver mit Probiotika einnahmen, bekamen nur rund 10 von 100 Betroffenen Durchfall – immerhin um sieben weniger [1].

Bei Kindern ist es ähnlich. Das zeigen bisher veröffentlichte Studien dazu, deren Ergebnisse ein Forschungsteam des Wissenschafts-Netzwerks Cochrane zusammengefasst hat [3]. Ohne Probiotika bekamen 19 von 100 Kindern durch Antibiotika Durchfall, mit Probiotika waren es nur 9 von 100. Die lebenden Keime scheinen den häufigen Gang auf die Toilette also nicht immer zuverlässig zu verhindern.

In manchen Fällen bewirken Antibiotika, dass sich das gefürchtete Bakterium Clostridium difficile im Darm ausbreitet. Dieser Krankheitserreger kann schweren Durchfall und Darmentzündungen verursachen. Probiotika scheinen – vorsorglich eingenommen – auch das Risiko für Durchfall durch diesen Keim verringern zu können [3,4].

Unklarheiten und Nebenwirkungen

Noch wenig erforscht ist, ob manche probiotischen Keime besser helfen als andere. In den Studien haben zumindest die Hefe S. boulardii, Bifidobakterien sowie Milchsäurebakterien vom Typ Lactobacillus eine Wirkung gezeigt [1]. In den Studien an Kindern schienen sowohl Präparate zu helfen, in denen nur eine einzige Art von Keimen enthalten waren, wie auch solche mit unterschiedlichen Arten von probiotischen Mikroorganismen.

In vielen Studien wurden die Probiotika in Form von Kapseln eingenommen oder als Pulver in ein Getränk gemischt [1] [3]. Einzelne Studien haben jedoch auch Joghurt untersucht [2]. In welcher Form Probiotika Durchfall bei gleichzeitiger Einnahme von Antibiotika am besten vorbeugen können, ist noch unklar.

Nebenwirkungen sind selten, meist werden die probiotischen Mikroorganismen gut vertragen. Ist das eigene Immunsystem allerdings massiv geschwächt, können sie auch selbst schwere Entzündungen auslösen [5].

Hilfe auch bei infektiösem Durchfall

Gegen Durchfälle, die durch eine Infektionskrankheit ausgelöst werden, können Probiotika wahrscheinlich auch helfen. Das zeigen bisher veröffentlichte Studien, die vor allem an Kindern durchgeführt wurden [5].

Demnach können Probiotika die Dauer von solchen Durchfällen um etwa einen Tag verkürzen. Detaillierte Informationen dazu finden sich auf der Seite Gesundheitsinformation.de des Deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen [5].

Die Studien im Detail

Für eine systematische Übersichtsarbeit fasste ein Forschungsteam alle Studien bis Oktober 2014 zusammen, die Probiotika zur Vorbeugung von Antibiotika-verursachtem Durchfall untersucht hatten [1]. Insgesamt fanden sie 30 klinische Studien, in denen mehr als 7000 Erwachsene zwischen fünf und 21 Tagen lang behandelt wurden. Elf dieser Studien sind von von hoher Güte, ihr Ergebnis unterscheidet sich jedoch nicht von jenem der weniger qualitätsvollen Untersuchungen.

Klare Unterschiede fanden die Autoren auch keine zwischen den verschiedenen Arten von Probiotika oder zwischen ambulanten und stationären Patienten und Patientinnen. Stutzig machen allerding die Daten für ältere Studienteilnehmenden ab 65 Jahren: bei dieser Patientengruppe schienen die Probiotika keine Wirkung zu haben. Ob das tatsächlich so ist, müssten weitere Studien jedoch bestätigen.

Ein anderes Forschungsteam fasste bisher veröffentlichte Studien an Kindern zusammen [3]. Bis einschließlich November 2014 fanden sie 23 klinische Studien an beinahe 4000 Kindern, die zwischen 3 und 30 Tagen mit Antibiotika behandelt worden waren. Das Ergebnis unterschied sich nicht zwischen probiotischen Präparaten, die einen oder mehrere Keime enthielten oder zwischen stationär und ambulant behandelten Kindern. Auch hier gab es keinen merkbaren Unterschied zwischen qualitativ gut und schlecht durchgeführten Studien.

[1] Jafarnejad u.a. (2016)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 30 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 7260 Erwachsene
Behandlungsdauer: 5 – 21 Tage
Fragestellung: Können Probiotika durch Antibiotika bedingten Durchfall bei Erwachsenen verhindern?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Jafarnejad S, Shab-Bidar S, Speakman JR, Parastui K, Daneshi-Maskooni M, Djafarian K. Probiotics Reduce the Risk of Antibiotic-Associated Diarrhea in Adults (18-64 Years) but Not the Elderly (>65 Years): A Meta-Analysis. Nutr Clin Pract. 2016 Aug;31(4):502-13. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Goldenberg u.a. (2015)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 23 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 3938 Kinder
Behandlungsdauer: 3 – 30 Tage Antibiotika-Behandlung
Fragestellung: Können Probiotika durch Antibiotika bedingten Durchfall bei Kindern verhindern?
Interessenskonflikte: einige der Autoren haben in der Vergangenheit Forschungsgelder von einem Hersteller probiotischer Produkte erhalten

Goldenberg JZ, Lytvyn L, Steurich J, Parkin P, Mahant S, Johnston BC.
Probiotics for the prevention of pediatric antibiotic-associated diarrhea. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Dec 22;(12):CD004827. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

Weitere wissenschaftliche Quellen
[3] Goldenberg u.a. (2013)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 31 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 4492
Fragestellung: Können Probiotika durch Antibiotika bedingten Durchfall verhindern, der unter anderem durch Clostridium difficile verursacht ist?
Mögliche Interessenskonflikte: keine angegeben

Goldenberg JZ, Ma SSY, Saxton JD, Martzen MR, Vandvik PO, Thorlund K, Guyatt GH, Johnston BC. Probiotics for the prevention of Clostridium difficile-associated diarrhea in adults and children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 5. Art. No.: CD006095. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[4] UpToDate (2017)
Davidson LE et al. (2017). Clostridium difficile and probiotics. In Baron EL (ed.). UpToDate. www.uptodate.com/contents/clostridium-difficile-and-probiotics Zugriff am 7. 9. 2017

[5] IQWiG (2016)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheiswesen. Können Probiotika bei Durchfall helfen? Abgerufen am 7. 9. 2017 unter www.gesundheitsinformation.de/koennen-probiotika-bei-durchfall-helfen.2703.de.html?part=behandlung-je-76sp-zvyq

Aktualisierte Version vom 7. 9. 2017, erstmals veröffentlicht am 12. September 2013. Zwei neue systematische Übersichtsarbeiten [1,2] verändern unsere Einschätzung geringfügig

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