Startseite ● „Detoxic“: unseriöses Mittel gegen Parasiten Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. „Detoxic“: unseriöses Mittel gegen Parasiten Das Mittel „Detoxic“ soll von Parasiten, etwa Würmern, befreien und dadurch zahlreiche Beschwerden lindern. Studien, die das laut Hersteller belegen, sind nicht auffindbar. 25. Juni 2020 AutorIn: Jana Meixner Review: Julia Harlfinger Bernd Kerschner Teilen Wirkt „Detoxic“ gegen Bandwürmer und andere Parasiten? Hilft „Detoxic“ bei gesundheitlichen Beschwerden? wissenschaftliche Belege fehlen Es gibt keine veröffentlichten Studien zu „Detoxic“. Die behaupteten Wirkungen lassen sich nicht nachvollziehen und scheinen unseriös. so arbeiten wir Wir haben die zahlreichen Behauptungen unter die Lupe genommen © Billion Photos – shutterstock.com Die Webseite des Mittels „Detoxic“ [5] spielt geschickt mit Angst und Ekel. Neben unappetitlichen Fotos von sich windenden Würmern prangen hier auch zahlreiche unseriöse Behauptungen: Beschwerden, die viele Menschen plagen, würden in Wirklichkeit durch Würmer und andere Parasiten verursacht. Denn diese nisten sich angeblich in unserem Körper ein und „fressen ihn von innen auf“. Ob Allergien, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme oder Schlafstörungen – all das deutet laut Webseite [5] auf einen Befall mit Parasiten hin. Glücklicherweise ist dort auch gleich eine Lösung für das „Problem“ parat: das Mittel „Detoxic“. „Detoxic“ soll von Parasiten befreien. Es wird als rein pflanzlich und ganz ohne Nebenwirkungen angepriesen. Seine Wirkung ist aus vielen Gründen unglaubwürdig. Abgesehen davon gibt es in Österreich keinen Bedarf an breit wirksamen Anti-Parasiten-Mitteln. Angebliche Studien sind nicht auffindbar Laut Hersteller ist die Wirkung von „Detoxic“ mit wissenschaftlichen Studien belegt. Doch die angeführten Forschungsergebnisse sind nirgends auffindbar. Eine dieser Studien wurde angeblich am Institut für Toxikologie der Universität Birmingham durchgeführt. Doch unsere Recherche ergab: An der genannten Universität existiert kein solches Institut. Und selbst eine umfangreiche Recherche in drei internationalen Forschungsdatenbanken förderte keine Studien zu „Detoxic“ zutage. Inhaltsstoffe nicht erforscht Gibt es zumindest für einzelne Inhaltsstoffe von „Detoxic” eine belegte Wirksamkeit? Der Webseite des Herstellers zufolge sind Extrakte verschiedener Pflanzen für die behauptete Anti-Parasiten-Wirkung verantwortlich. Angeführt sind Sellerie, der Amlabaum, Kurkuma und Wassernabel-Blätter. Wir suchten nach aussagekräftigen Studien zu diesen Pflanzen. Fehlanzeige! Es gibt keine Hinweise, dass deren Extrakte bei Wurmbefall oder gegen andere Parasiten helfen könnten – weder einzeln noch in kombinierter Form. Falsche Expertin Ebenso wenig wie wissenschaftliche Belege scheinen die Expertinnen und Experten zu existieren, die auf einer weiteren Webseite [6] des Mittels „Detoxic“ von der positiven Wirkung des Mittels schwärmen. So beantwortet etwa eine gewisse „Prof. Laura Kirschner“ in einem Interview Fragen zu Parasitenbefall. Hier deckte unsere Recherche einen Schwindel auf: Die Website gibt es in zahlreichen Sprachen [7], ebenso das Interview. Daneben ist auch immer dieselbe Frau abgebildet. Die vermeintliche Expertin trägt jedoch jedes Mal einen anderen Namen. Tatsächlich stammt das Foto der Dame aus einer Internet-Datenbank für frei verwendbare Bilder. Eine Internetrecherche nach der „wahren“ Laura Kirschner blieb erfolglos. Hersteller unbekannt Es ist nicht nur die fehlende Existenz von angepriesenen Studien und Fachleuten, die stutzig macht. Auch eine Kontaktmöglichkeit für Nachfragen oder ein Impressum sucht man auf der „Detoxic“-Webseite vergeblich. Versteckt findet man lediglich den Hinweis auf eine Firma namens „Genius Rainbow Limited“ mit Adresse in Hong Kong. Eine Recherche zu diesem Unternehmen führt ins Nichts. Wer hinter „Detoxic“ steht, scheint ein gut gehütetes Geheimnis zu sein. Parasitenbefall: Wahrscheinlichkeit in Mitteleuropa gering Hinter dem Begriff Parasiten stecken viele unterschiedliche Krankheitserreger. Würmer im Darm zählen genauso zu den Parasiten wie etwa die Krätzmilbe unter der Haut oder der Erreger der Malaria. Wie und gegen welche Parasiten im Detail das vermeintliche Wundermittel „Detoxic“ wirken soll, verrät der Hersteller nicht. Es hat jedoch den Anschein, als seien vorwiegend Parasiten des Verdauungstraktes im Visier: Auf der Website, auf der das Mittel angepriesen wird, sind Bilder von Würmern sehr präsent. Der Gruselfaktor ist hoch und die Bilder sind entsprechend angsteinflößend. In Mitteleuropa ist ein Befall mit Würmern unter Erwachsenen jedoch wenig wahrscheinlich. Kinder sind etwas häufiger betroffen als Erwachsene. Von den – unangenehmen, aber in der Regel ungefährlichen – Madenwürmern etwa [1]. Dennoch sind Würmer und andere Parasiten weitaus häufiger in tropischen Ländern mit niedrigen Hygienestandards zu finden [2]. Dunkle Augenringe durch Parasiten? Ganz anders die Behauptungen des Detoxic-Herstellers: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Allergien, Rückenschmerzen, Verdauungsprobleme und sogar dunkle Augenringe – eine ganze Palette von Beschwerden sind laut „Detoxic“ Anzeichen eines Parasitenbefalls. Das Tückische: Zumindest eines dieser Symptome kennt wohl jeder von uns. Derart allgemeine Beschwerden können jedoch unzählige Ursachen haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Befall mit Parasiten hinter diesen Symptomen steckt, ist in westlichen Ländern äußerst gering. Anders sieht die Sache nach einem Aufenthalt in tropischen Regionen und sogenannten Entwicklungsländern aus: Wer aus dem Urlaub mit Beschwerden heimkehrt, sollte – neben anderen Infektionskrankheiten – auch an Parasiten denken [2]. Am besten zur Ärztin oder zum Arzt Wer Beschwerden hat und dahinter einen Parasiten vermutet, sollte sich an eine Ärztin oder einen Arzt wenden. Ein Mittel gegen einen vermeintlichen Parasitenbefall ohne vorherige Untersuchung einzunehmen, ist wenig sinnvoll. Sollten sich tatsächlich Würmer im Verdauungstrakt finden, können sie mit erprobten Medikamenten meist gut behandelt werden [3]. Damit es erst gar nicht zu einem Befall kommt, ist Hygiene wichtig [4]. Denn Parasiten des Verdauungstraktes werden über Fäkalien, also Ausscheidungen von Mensch und Tier übertragen. Über schmutzige Hände, Nahrungsmittel oder Wasser gelangen die Parasiten oder deren Eier in den Körper. Daher gilt: Fleisch gut durchgaren, Gemüse und Obst gründlich waschen. Nach dem Gang zur Toilette, aber auch nach Kontakt mit Tieren oder nach Gartenarbeit sollte man die Hände waschen. Haustiere sollten regelmäßig entwurmt werden. In tropischen Ländern und unter schlechten hygienischen Bedingungen ist es ratsam, Wasser abzukochen und nur abgepackte oder gekochte Speisen zu essen. Insektenschutzmittel schützt vor Malaria und anderen Parasiten, die durch Insektenstiche übertragen werden. Die Studien im Detail Wir konnten keine Studien zu „Detoxic“ finden. Wissenschaftliche Quellen [1] UpToDate zu Madenwürmer Leder K. et al (2020). Enterobiasis (pinworm) and trichuriasis (whipworm). UpToDate. Abgerufen am 26.5.2020. [2] Hotez, P. J. et al. (2008) Helminth infections: the great neglected tropical diseases. The Journal of clinical investigation, 118(4), 1311-1321. (Arbeit in voller Länge) [3] UpToDate zu antihelminthischen Therapien Weller, P. (2020) Anthelminthic therapies. UpToDate. Abgerufen am 26.5.2020. [4] US Centers for Disease Control and Prevention Abgerufen am 25.5.2020 unter https://www.cdc.gov/parasites/transmission/index.html [5] Detoxic – Webseite Abgerufen am 27. 5. 2020 unter https://de.detoxic.net [6] Detoxic – Webseite Abgerufen am 27. 5. 2020 unter https://13de.detoxic.net [7] Detox-Webseiten Unterschiedliche Versionen, abgerufen am 27. 5. 2020 unter https://1de.detoxic.net bis https://16de.detoxic.net Schlagworte BandwürmerDetoxDetoxicParasitenWurmbefallWürmer In über 500 Faktenchecks suchen