Startseite ● „Zellcheck“: Handscan für Diagnosen ungeeignet Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. „Zellcheck“: Handscan für Diagnosen ungeeignet Der „Zellcheck“-Hand-Scan soll einen Mineralstoffmangel oder Giftstoffe im Körper feststellen können. Belege für die Verlässlichkeit dieses Verfahrens fehlen jedoch. 24. Oktober 2019 AutorIn: Bernd Kerschner Review: Claudia Christof Teilen Lässt sich der Gesundheitszustand mit einer „Zellcheck“-Analyse ähnlich verlässlich beurteilen wie mit anderen diagnostischen Tests (zum Beispiel Blut- oder Harnanalysen)? wissenschaftliche Belege fehlen Es gibt keine Studien, in denen die Verlässlichkeit und Aussagekraft von „Zellcheck“-Ergebnissen überprüft wurde. so arbeiten wir Per Scan der Handinnenfläche zu aufschlussreicher Diagnose? (Bild: New Africa - Shutterstock.com) © New Africa – Shutterstock.com Es dauert nur einige Minuten – und schon bekommt man mit der „Zellcheck“-Messung eine umfangreiche Analyse des eigenen Gesundheitszustands. Das legt zumindest die Webseite zell-check.com nahe, über welche die Messmethode beworben wird. Dasselbe Verfahren scheint auch unter dem Namen „Oligoscan“ angeboten zu werden. Angeboten wird die Zellcheck-Messung in etlichen Apotheken und Arztpraxen. Vier kurze Scans der Handinnenfläche reichen angeblich, um einen Mangel an Mineralstoffen zu erkennen. Das klingt deutlich praktischer als aufwändige Bluttests, Harnuntersuchungen und anderen Diagnose-Verfahren, bei denen man tagelang auf die Auswertung durch ein Labor warten muss. Weiters lässt sich mit dem Zellcheck angeblich erkennen, ob sich in den Körperzellen giftige Metalle in bedenklicher Konzentration angesammelt haben. Seriöse Messung? Die Zellcheck-Messungen scheinen der Online-Werbung einer Apotheke zufolge eine Lösung für viele Gesundheitsprobleme zu bieten. Die Rede ist beispielsweise von mehr geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit, höherer Libido und besserem Schlaf. Die Auswertung der Zellcheck-Ergebnisse beinhaltet sogar Angaben dazu, ob beispielsweise die eigene Haut zu Falten neigt, ob man eine Tendenz zu Haarausfall hat oder ob der Blutzucker gut reguliert wird [1]. Wie seriös sind diese Behauptungen und Analysen rund um Zellcheck? Sind die Messungen verlässlich? Und wenn ja: was können sie über die Gesundheit aussagen? Verlässlichkeit unklar Ob die Zellcheck-Methode beim Erkennen von Nährstoffmängeln oder Metallbelastungen verlässlich ist, kann nur der Vergleich mit anerkannten Messmethoden zeigen: etwa Harn-, Blut- oder Haartests. Trotz aufwändiger Recherche in fünf Forschungsdatenbanken konnten wir jedoch keine einzige Studie zur Verlässlichkeit der Zellcheck-Methode finden. Auch unter dem Namen „Oligoscan“ sind keine Studien auffindbar. Als Beleg für die Verlässlichkeit der Zellcheck-Methode wird lediglich ein Gutachten einer Fachärztin für innere Medizin und Herzgesundheit erwähnt. Die wissenschaftliche Grundlage für dieses Gutachten ist jedoch nicht nachvollziehbar, da es nirgends veröffentlicht wurde. Auch auf telefonische Nachfrage bei der Info-Hotline der Vertriebsfirma konnten wir das Gutachten nicht einsehen. Unklar ist zudem, was beim Zellcheck eigentlich gemessen wird. In online veröffentlichten Auswertungstabellen ist jedem erfassten Mineral- und Schadstoff eine gemessene Zahl zugeordnet [2]. Was diese Zahlen bedeuten, ist jedoch unklar, denn für die Beurteilung fehlen Maßeinheiten. Somit bleibt offen, ob es sich dabei um Konzentrationen, Mengen oder ganz andere Angaben handelt. Keine Diagnose möglich Der Mangel eines bestimmten Mineralstoffs lässt sich nur feststellen, wenn man den gemessenen Wert einer Person mit einem „Normalwert“ vergleicht. Welcher Wert als normal gilt, und ab wann ein gesundheitlich bedenklicher Mangel vorliegt, beruht üblicherweise auf wissenschaftlichen Untersuchungen. Für den Zellcheck sind solche Untersuchungen nicht veröffentlicht. Dennoch finden sich in Zellcheck-Auswertungstabellen für jeden Mineral- und Schadstoff Angaben dazu, ob sich der gemessene Wert im Idealbereich, darüber oder darunter befindet [2]. Wir bezweifeln die Vertrauenswürdigkeit dieser Angaben. Tatsächlich findet sich auch auf der Unternehmenswebseite ein entsprechender Vermerk. Demnach erlaubt es der Zellcheck-Test nicht, „auf Grund der ermittelten Werte eine Diagnose zu erstellen oder Heilaussagen zu tätigen“. Wir sehen darin einen klaren Widerspruch zu vielen Werbeaussagen rund um den Zellcheck-Test. Das gilt auch für Aussagen zur Faltenneigung der Haut, der Tendenz zu Haarausfall und ähnlichen Angaben. Diese basieren angeblich auf den Mineral- und Schadstoff-Messungen, sind aber nicht wissenschaftlich nachvollziehbar. Fragliche Funktionsweise Bei einem Zellcheck-Test soll das Messgerät viermal hintereinander an unterschiedlichen Punkten der Handinnenfläche gehalten werden. Dabei schickt das Gerät offenbar Lichtblitze aus und nimmt so Bilder der Haut auf. Nach Auskunft der Vertriebsfirma von Zellcheck müssen diese Bilder online an eine zentrale Zellcheck-Datenbank geschickt werden. Diese Datenbank enthält angeblich mehr als 100 000 Bilder von Gewebeproben. Ein Vergleich mit den Bildern aus der Datenbank soll schließlich Aufschluss über die Versorgung mit diversen Mineralstoffen beziehungsweise die Belastung mit Schadstoffen geben. Ob ein solcher Bildvergleich tatsächlich dazu in der Lage ist, ist jedoch fraglich. Außerdem lassen sich weder die Datenbank noch die Ergebnisse daraus unabhängig überprüfen. Die Studien im Detail Wir konnten keine Studien zur Verlässlichkeit der Zellcheck-Methode finden. Wissenschaftliche Quellen [1] Apotheke Mühlau Zellcheck – Medcheck. Abgerufen am 30.8.2019 unter www.apothekemuehlau.at [2] Kuhlmann 2016 Zell-Check in der täglichen Praxis–spektralphotometrische Mineralstoff-und Metallanalyse. Sonderdruck, Bio-Medoc-Verlag, 12/2016, 1-6. Abgerufen am 30.8.2019 unter www.mtr-ag.ch Schlagworte DiagnosemethodenGiftstoffeMineralstoffeSpurenelemente In über 500 Faktenchecks suchen