Startseite ● Fett weg mit Ultraschall: eher kleiner Effekt Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. Fett weg mit Ultraschall: eher kleiner Effekt Fettpölsterchen einfach wegschmelzen? Möglich sein soll das mit gebündeltem Ultraschall. Studien dazu sind wenig aussagekräftig – sie deuten auf einen bescheidenen Effekt hin. 13. Oktober 2020 AutorIn: Bernd Kerschner Review: Julia Harlfinger Jana Meixner Teilen Verringert eine Behandlung mit gebündeltem Hochintensitäts-Ultraschall (HIFU) den Bauchumfang? möglicherweise ein bisschen In einer Studie mit geringer Aussagekraft hat sich der Bauchumfang an der Taille nach 3 Monaten um 1 cm verringert. Dieser unsichere Effekt ist unserer Einschätzung nach sehr klein bzw. kaum sichtbar. so arbeiten wir Eine Behandlung mit gebündeltem Ultraschall soll Fett wegschmelzen. © Victoria Labadie – shutterstock.com Egal, ob sie an Hüfte, Bauch oder Schenkel sitzen: All diese Fettpölsterchen loswerden – und zwar ganz ohne lästige Diäten und schweißtreibende Fitnessübungen – das soll eine spezielle Ultraschall-Behandlung schaffen. In kurzer Zeit. Beworben wird sie unter dem Namen „HIFU“. Die Abkürzung steht für High Intensity Focused Ultrasound, auf Deutsch „gebündelter Hochintensitäts-Ultraschall“. Diese besonders starken Ultraschallwellen erhitzen das Fettgewebe, ohne die Hautoberfläche in Mitleidenschaft zu ziehen. Auf diese Art soll sich überschüssiges Fett einfach „wegschmelzen“ lassen. Angeboten wird HIFU in Arztpraxen und Kosmetikinstituten. Den Konsumentinnen und Konsumenten wird in Aussicht gestellt, dass sie dadurch ihre Figur „modellieren“ können und mit Hilfe der Technik die gewünschten Konturen bekommen. Wir wollten wissen, ob das wirklich funktioniert. Außerdem wollten wir herausfinden, was zu Sicherheit und Nebenwirkungen der Methoden bekannt ist. Dazu haben wir in mehreren Forschungsdatenbanken nach Belegen gesucht. Hinweise auf geringen Effekt Gefunden haben wir nur wenig Aussagekräftiges. Einen großen Effekt dürfte die Ultraschall-Behandlung – wenn überhaupt – nicht haben. Darauf deutet eine mangelhafte Studie [1] mit eingeschränkter Aussagekraft hin. Zwölf Wochen nach Behandlungsende war der Bauchumfang an der Taille einen Zentimeter geringer als nach einer Scheinbehandlung ohne Ultraschall. Mit Sicherheit lässt sich allerding nicht einmal dieser durchaus bescheidene Erfolg bestätigen, denn dazu wären sorgfältiger durchgeführte Studien nötig. Überhaupt nicht untersucht ist, ob der Effekt längerfristig anhält. Wir haben zwar weitere Forschungsarbeiten [2-5] zur Fett-Reduktion mit Ultraschall gefunden, unter anderem auch am Oberschenkel [3,4] oder der Hüfte [5]. Doch aufgrund schwerer Mängel sind diese Studien noch weniger aussagekräftig als die Studie [1] zum Bauchumfang. Nicht schmerzfrei Ultraschall-Behandlungen zur Fettverringerung werden häufig als schmerzfrei angepriesen. Das ist jedoch nicht der Fall. In der Studie zur Verringerung des Bauchumfangs [1] berichteten alle Behandelten von Schmerzen während dem Beschallen, jede zehnte Person beurteilte die Schmerzen als sehr stark. Zusätzlich schien es häufig zu Blutergüssen und Schwellungen gekommen zu sein, die bis zu zwei Wochen anhielten. Wie verlässlich und vollständig die Angaben zu den Nebenwirkungen sind, können wir nicht sagen. Schließlich fehlen auch andere Angaben in der Studie. Finanziert wurde sie durch einen Hersteller von HIFU-Geräten [1]. Wie funktioniert die Ultraschall-Behandlung? Bei der Behandlung werden Ultraschall-Wellen von hoher Intensität gebündelt. Das funktioniert ähnlich wie bei einer Lupe, die das Sonnenlicht bündelt. Im Brennpunkt entsteht in beiden Fällen Hitze. Doch während gebündeltes Sonnenlicht nur Oberflächen erhitzt, kann der Brennpunkt von Ultraschallwellen auch tiefer liegen, etwa im Fettgewebe unter der Haut. Dort zerstört die Hitze Fettzellen. Die Hautoberfläche wird dabei nicht in Mitleidenschaft gezogen. Keine Abnehm-Methode Unserer Einschätzung nach soll HIFU Personen ansprechen, die ihren Körper an einzelnen Stellen „optimieren“ möchten. Der Erfolg ist jedoch fraglich, ein langfristiger Effekt ungewiss. Die Ultraschalltechnik ist keine Methode zum Abnehmen oder zur Fettreduktion am ganzen Körper. Welche Möglichkeiten es gibt, bei Übergewicht abzunehmen, erklärt die Seite Gesundheitsinformation.de. Dort veröffentlicht das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen wissenschaftlich gesicherte Informationen zum Thema. Anerkannte Krebsbehandlung In der Medizin ist die HIFU-Methode zur Behandlung mancher Krebsarten üblich, um eine Operation zu vermeiden – beispielsweise an der Prostata oder an der Gebärmutter [6,7]. Nicht anerkannt und fraglich ist der Einsatz von HIFU hingegen zur Hautverjüngung. Wir haben dazu einen eigenen Beitrag veröffentlicht. Die Studien im Detail Bei unserer umfangreichen Recherche haben wir die Forschungsdatenbanken Pubmed, Epistemonikos und Cochrane Library nach aussagekräftigen, so genannten randomisiert-kontrollierten Studien durchsucht. Dabei haben wir fünf Arbeiten gefunden, die in diese Studienkategorie zu fallen scheinen. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch klar, dass die Studien deutliche Mängel haben. Eine der Studien [1] finden wir zumindest begrenzt aussagekräftig. Darin wurden 180 übergewichtige Frauen und Männer per Los einer von drei Gruppen zugeteilt. Eine Gruppe erhielt drei Ultraschall-Behandlungen von hoher Intensität (mit einer Energie von 59 Joule pro Quadratzentimeter, abgekürzt J/cm2). Die zweite Gruppe erhielt drei Ultraschall-Behandlungen mit mittlerer Intensität (47 J/ cm2). Die dritte Gruppe war die Kontrollgruppe, sie bekam eine Scheinbehandlung ohne Ultraschall. Das Forschungsteam wollte wissen, ob und wie stark der Bauchumfang an der Taille in den drei Gruppen 12 Wochen nach der letzten Behandlung abgenommen hat. Im Vergleich zur Scheinbehandlung stellte es bei der Gruppe mit der höchsten Ultraschall-Intensität eine Verringerung um einen Zentimeter fest. Bei der Gruppe mit mittlerer Ultraschall-Intensität zeigte sich kein deutlicher Unterschied zur Scheinbehandlungsgruppe. Die Aussagekraft der Studie ist jedoch durch Mängel eingeschränkt. Beispielsweise fehlen Informationen dazu, wie groß der Bauchumfang der Teilnehmenden zu Studienbeginn war. Zudem wurden die Ergebnisse nicht verblindet ausgewertet, d.h. das Studienpersonal wusste von der Gruppenzuteilung. Schwere Mängel Die vier anderen Studien haben so große Mängel, dass wir in ihnen keine Aussagekraft sehen. In einer davon [2] nahmen 150 übergewichtige Frauen teil. Von diesen bekamen 118 eine Ultraschall-Behandlung, 32 wurden vorerst nicht behandelt. In einer aussagekräftigen Studie wären beide Gruppen in etwa gleich groß. Ein Vergleich zwischen den Gruppen wurde vier Wochen nach der Behandlung gezogen. Zu diesem Zeitpunkt unterschied sich der Taillenumfang beider Gruppen um 0,8 cm. Ob dieses Ergebnis nur auf Zufall beruht, lässt sich jedoch nicht überprüfen. Dazu fehlen Angaben zur Schwankungsbreite und zum Ausmaß des Bauchumfangs vor der Behandlung. Zwei weitere Studien [3,4] haben die Wirkung auf den Oberschenkelumfang untersucht. Bei 15 beziehungsweise 14 Frauen wurde jeweils nur ein Oberschenkel mit HIFU behandelt. Nach 3 beziehungsweise 4 Monaten wurde der Umfang von behandeltem und unbehandeltem Schenkel verglichen. Die Anzahl der Teilnehmenden ist jedoch viel zu gering, um aussagekräftig zu sein. Dass die fehlende Verblindung die Ergebnisse verzerrt hat, lässt sich nicht ausschließen. Die Ergebnisse von einer der beiden Studien [4] sind zudem unzuverlässig – es fehlen Angaben zur Schwankungsbreite. In der vierten Studie [5] wurde bei 46 Frauen eine Hüftseite behandelt und 4 Monate später mit der anderen verglichen. Die Ergebnisse lassen sich jedoch nicht einschätzen, denn Messdaten vor Behandlungsbeginn sind nicht angegeben. Zudem fehlen Angaben zur Schwankungsbreite und somit zur Zuverlässigkeit der Zahlen. Die ideale Studie Doch genug der Kritik. Wir haben uns überlegt, wie die ideale Studie aussehen müsste, um eine mögliche Verringerung von Körperfett durch gebündelten Hochintensitäts-Ultraschall (HIFU) zu untersuchen. Dabei würden die Teilnehmenden einer von zwei Gruppen zugelost: Eine Gruppe wird mit HIFU behandelt, während die andere Gruppe eine Scheinbehandlung bekommt – beispielsweise mit einer unwirksamen, sehr geringen Ultraschall-Stärke. Die zufällige Zuteilung stellt sicher, dass Merkmale wie Ausmaß des Übergewichts zu Studienbeginn, Ernährung oder Sport im Schnitt fair auf beide Gruppen verteilt sind und daher die Ergebnisse nicht verzerren können. Idealerweise wissen weder die Behandelten noch das wissenschaftliche Studienteam, wer die echte und wer die Scheinbehandlung bekommt. Nur so ist gewährleistet, dass die Erwartungen der Beteiligten keinen Einfluss haben. In der Fachsprache heißt die Geheimhaltung der Gruppenzuteilung „Verblindung“. Verblindet soll auch die Auswertung der erhobenen Daten erfolgen – etwa der Vorher-Nachher-Vergleich von Bauchumfang oder von standardisiert aufgenommenen Fotos. Erst am Ende der Auswertung wird aufgedeckt, wer die echte und wer die Scheinbehandlung bekommen hat. Nur wenn die Abnahme in der Behandlungsgruppe deutlich größer ausgefallen ist als in der Scheinbehandlungsgruppe, gilt das als Nachweis für die Wirksamkeit der Methode. Die ursprüngliche Version des Artikels ist im Oktober 2012 erschienen. Bei unserer Aktualisierung im Oktober 2020 haben wir den Beitrag an die veränderte Studienlage angepasst. Wissenschaftliche Quellen [1] Jewell u.a. (2011, 2012) Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmende: 180 Frauen und Männer Studiendauer: 12 Wochen Fragestellung: Kann eine Behandlung mit Hochintensitäts-Ultraschall Bauchfett besser reduzieren als eine Scheinbehandlung ohne Ultraschall? Interessenskonflikte: Finanzierung der Studie durch Hersteller des getesteten Ultraschall-Behandlungsgeräts (Medicis Technologies Corporation, Arizona, USA) Jewell ML, Baxter RA, Cox SE, Donofrio LM, Dover JS, Glogau RG, Kane MA, Weiss RA, Martin P, Schlessinger J. Randomized sham-controlled trial to evaluate the safety and effectiveness of a high-intensity focused ultrasound device for noninvasive body sculpting. Plast Reconstr Surg. 2011 Jul;128(1):253-62. (Zusammenfassung der Studie) Jewell ML, Weiss RA, Baxter RA, Cox SE, Dover JS, Donofrio LM, Glogau RG, Kane MC, Martin P, Lawrence ID, Schlessinger J. Safety and tolerability of high-intensity focused ultrasonography for noninvasive body sculpting: 24-week data from a randomized, sham-controlled study. Aesthet Surg J. 2012 Sep;32(7):868-76. (Zusammenfassung der Studie) [2] Coleman u.a. (2017) Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmende: 150 Frauen Studiendauer: Vergleich nach 4 Wochen Fragestellung: Kann eine Behandlung mit Hochintensitäts-Ultraschall Bauchfett reduzieren im Vergleich zu keiner Behandlung? Interessenskonflikte: finanziert durch eine Herstellerfirma von HIFU-Geräten (Syneron Medical Ltd.) Coleman WP 3rd, Coleman W 4th, Weiss RA, Kenkel JM, Ad-El DD, Amir R. A Multicenter Controlled Study to Evaluate Multiple Treatments With Nonthermal Focused Ultrasound for Noninvasive Fat Reduction. Dermatol Surg. 2017 Jan;43(1):50-57. (Zusammenfassung der Studie) [3] Nassar u.a. (2015) Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmende: 15 Frauen Studiendauer: 3 Monate Fragestellung: Verringert die Behandlung eines Oberschenkels mit Hochintensitäts-Ultraschall Körperfett im Vergleich zum unbehandelten zweiten Oberschenkel? Interessenskonflikte: finanziert durch eine Herstellerfirma von HIFU-Geräten (Storz Medical AG) Nassar AH, Dorizas AS, Shafai A, Sadick NS. A randomized, controlled clinical study to investigate the safety and efficacy of acoustic wave therapy in body contouring. Dermatol Surg. 2015 Mar;41(3):366-70. (Zusammenfassung der Studie) [4] Wilkerson u.a. (2018) Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmende: 14 Frauen Studiendauer: 16 Wochen Fragestellung: Verringert die Behandlung eines Oberschenkels mit Hochintensitäts-Ultraschall Körperfett im Vergleich zum unbehandelten zweiten Oberschenkel? Interessenskonflikte: Zumindest einer der Autoren arbeitet an einer Privatklinik für Schönheitschirurgie Wilkerson EC, Bloom BS, Goldberg DJ. Clinical study to evaluate the performance of a noninvasive focused ultrasound device for thigh fat and circumference reduction compared to control. J Cosmet Dermatol. 2018 Apr;17(2):157-161. (Zusammenfassung der Studie) [5] Gold u.a (2018) Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmende: 46 Personen Studiendauer: 16 Wochen Fragestellung: Verringert die Behandlung einer Hüftseite mit Hochintensitäts-Ultraschall Körperfett im Vergleich zur unbehandelten anderen Seite der Hüfte? Interessenskonflikte: finanziert durch eine Herstellerfirma von HIFU-Geräten (Syneron Medical Ltd.) Gold MH, Coleman WP , IV, Coleman W , III, Weiss R. A randomized, controlled multicenter study evaluating focused ultrasound treatment for fat reduction in the flanks. J Cosmet Laser Ther. 2019;21(1):44-48. (Zusammenfassung der Studie) [6] UpToDate (2020) Pisters LL, Spiess PE. Cryotherapy and other ablative techniques for the initial treatment of prostate cancer. In Savarese D (ed.). UpToDate. Abgerufen am 1. 10. 2020 unter www.uptodate.com (kostenpflichtig) [7] UpToDate (2020) Stewart EA. Uterine fibroids (leiomyomas): Treatment overview. In Chakrabarti A (ed.). UpToDate. Abgerufen am 1. 10. 2020 unter www.uptodate.com (kostenpflichtig) Schlagworte BauchfettBauchumfangFettpölsterchenHIFUHigh Intensity Focused UltrasoundHochintensitäts-UltraschallKörperfettTailleUltraschall In über 500 Faktenchecks suchen