Startseite ● Stärkt die Sauna das Immunsystem? Stärkt die Sauna das Immunsystem? Sauna-Fans sind überzeugt, dass regelmäßige Besuche in der Sauna Erkältungen vorbeugen und das Immunsystem stärken. Aber Belege dafür gibt es keine. 08. April 2025 AutorIn: Bernd Kerschner Review: Jana Meixner Teilen Beugen regelmäßige Saunabesuche Erkältungen vor? wissenschaftliche Belege fehlen Bisher wurde das nur in zwei geeigneten Studien untersucht – doch diese haben grobe Mängel und sind daher ohne Aussagekraft. Die gängige Behauptung, Sauna würde das Immunsystem stärken, ist wissenschaftlich nicht belegt. so arbeiten wir Bewirkt Saunieren mehr als nur Wohlbefinden? © Alessandra Finding – istockphoto.com Viele sind überzeugt, dass Sauna-Besuche nicht nur angenehm sind, sondern auch das Immunsystem stärken: Angeblich soll regelmäßiges Saunieren Erkältungen und anderen Infektionskrankheiten vorbeugen. Erklärt wird das mit einer vermeintlich reinigenden und abhärtenden Wirkung des Schwitzens bei bis zu 100 Grad. Wir wollten wissen, ob da wissenschaftlich etwas dran ist. Forschung hat keine Antwort Dazu haben wir nach Studien gesucht, die das untersucht haben. Gefunden haben wir zwei – doch eine verlässliche Antwort kann keine von beiden geben. Der Grund ist ihre unzureichende Aussagekraft. Für eine der beiden Studien wurden Menschen aus einer finnischen Stadt über viele Jahre lang beobachtet [Quellen 1,2]. Teilnehmende, die durchschnittlich zweimal pro Woche die Sauna besuchten, erkrankten seltener an Lungenentzündung als jene, die durchschnittlich nur einmal pro Woche in der Sauna waren. Es ist unklar, ob die Saunabesuche tatsächlich der Grund für die selteneren Lungenentzündungen waren. Es könnte auch umgekehrt gewesen sein: dass die Leute seltener in der Sauna waren, weil sie unabhängig davon krank waren und sich schonen wollten. Zudem hat sich das Forschungsteam hinter der Studie nur auf Lungenentzündungen konzentriert. Ob auch allgemeine Erkältungen seltener waren, hat die Studie nicht untersucht. Sauna oder nicht: kein Zufall Die zweite Studie [Quelle 3] hat Teilnehmende vor Studienbeginn in zwei Gruppen eingeteilt: eine Gruppe sollte regelmäßig in die Sauna gehen, die andere gar nicht. Tatsächlich schienen die Menschen in der Sauna-Gruppe etwas seltener erkältet zu sein. Das Forschungsteam hat die Teilnehmenden den beiden Gruppen jedoch willkürlich zugeteilt, und nicht per Los. Nur eine zufällige Zuteilung kann sicherstellen, dass die beiden Gruppen fair vergleichbar sind. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Sauna-Gruppe bereits gesünder in die Studie gestartet waren als die Vergleichsgruppe. Die geringe Anzahl an Teilnehmenden schwächt die Aussagekraft weiter. Gesund oder riskant? Saunabesuche können auch ein Risiko für die Gesundheit sein. Die hohen Temperaturen von 80 bis 100 Grad können den Kreislauf belasten. So berichten Saunierende von gelegentlichem Schwindel und vereinzelt sogar von Ohnmachtsanfällen. Wie häufig solch negative Auswirkungen auf die Gesundheit sind, beschreiben wir in einem anderen Faktencheck zum Saunieren. Woher stammt die Behauptung? Der Sauna werden auch andere Gesundheitsvorteile nachgesagt. In einem weiteren Faktencheck haben wir uns bereits angesehen, ob regelmäßiges Schwitzen in der Sauna das Leben verlängern kann. Doch woher kommt die Vermutung, dass regelmäßiges Schwitzen bei extremer Hitze gesund sei? Dazu gibt es verschiedene Theorien. Zum Beispiel, dass die Hitze-bedingt gesteigerte Durchblutung dazu führt, dass mehr Abwehrzellen in die Schleimhäute von Nase und Rachen gelangen und Krankheitserreger so vor Ort bekämpfen können [Quelle 4]. Eine andere Vermutung ist, dass regelmäßiges Saunieren Entzündungsprozesse im Körper verringert und so das Immunsystem stärkt [Quelle 5]. Belege dafür gibt es jedoch keine. Erkältung wirksam vorbeugen? Es gibt viele verschiedene Viren, die Erkältungen verursachen können. Daher ist man nach einer überstandenen Erkältung nicht vor der nächsten geschützt, und es gibt auch keine Impfung gegen Erkältungen. Erkältungsviren verbreiten sich über Tröpfchen, etwa beim Niesen oder Husten. Über die Handoberflächen können Erkrankte sie beim Berühren von Türklinken oder beim Händeschütteln an andere Menschen weitergeben. Vermeidet man, sich mit den Händen ins Gesicht zu greifen, kann man einer Ansteckung vorbeugen, denn so können die Viren nicht von der Hand in Nase und Mund gelangen. Auch regelmäßiges Händewaschen mit normaler Seife kann dabei helfen. Auch für die meisten Nahrungsergänzungsmittel gibt es keine Hinweise auf eine vorbeugende Wirkung. Für Vitamin C etwa ist eine vorbeugende Wirkung klar widerlegt. Bei Vitamin D ist höchstens ein sehr kleiner vorbeugender Effekt möglich – aber nicht gut abgesichert. Auf unserer Themenseite zu Erkältungen und Immunsystem haben wir alle bereits veröffentlichten Faktenchecks dazu gesammelt. Wissenschaftlich gesicherte Hintergrundinformationen zum Thema Erkältung bietet das unabhängige Portal Gesundheitsinformation.de oder die Seite Gesundheit.gv.at. Die Studien im Detail Nach welchen Studien haben wir gesucht? Ob regelmäßige Besuche in der Sauna einer Erkältung vorbeugen können und so das Immunsystem stärken, lässt sich am aussagekräftigsten in einer randomisiert-kontrollierten Studie untersuchen. Dabei wird eine größere Anzahl an Personen nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugelost: Die Saunagruppe soll regelmäßig über mehrere Monate die Saune besuchen. Die andere Gruppe ist die sogenannte Kontrollgruppe – sie geht während der Studiendauer nicht in die Sauna. Am Ende wird verglichen: Waren die Teilnehmenden aus der Saunagruppe wirklich seltener erkältet als die Kontrollgruppe? Wir haben auch nach sogenannte Beobachtungsstudien berücksichtigt. Diese Studienart ist weniger aussagekräftig als randomisiert-kontrollierte Studien. Dabei werden die Teilnehmenden nicht durch ein Forschungsteam in eine Saunagruppe und eine Kontrollgruppe zugeteilt, sondern sie entscheiden selbst, ob und wie häufig sie die Sauna besuchen möchten. Nach einer gewissen Zeit vergleicht das Forschungsteam jene, die häufig in der Sauna waren mit jenen, die sie selten oder nie besucht haben. Wie aussagekräftig sind die Studien? Wir haben nur eine Studie gefunden, in der die Teilnehmenden einer Saunagruppe und einer Kontrollgruppe zugewiesen worden sind [Quelle 3]. Sie hat jedoch grobe Mängel und ist dadurch nicht aussagekräftig: Unklare Gruppen-Vergleichbarkeit: Statt nach dem Zufallsprinzip wurden die Teilnehmenden willkürlich den beiden Gruppen zugeteilt. Doch nur eine Zuteilung durch das Los kann dafür sorgen, dass die Gruppen vergleichbar sind – dass sie beispielsweise in der Vergangenheit gleich häufig erkältet waren. Zu geringe Anzahl an Teilnehmenden: Mit lediglich 25 Teilnehmenden pro Gruppe ist die Studie zu klein, um aussagekräftige Ergebnisse liefern zu können. Je weniger Menschen in einer Studie teilnehmen, umso größer ist das Risiko, dass beobachtete Unterschiede rein zufällig zustande gekommen sind. Die gefundene Beobachtungsstudie [Quelle 1,2] ist aus folgenden Gründen nicht aussagekräftig. Die Daten deuten zwar einen Zusammenhang zwischen häufigen Saunabesuchen und seltenen Lungenentzündungen an. Eine Beobachtungsstudie kann allerdings nicht belegen, dass die Saunabesuche tatsächlich der Grund für die selteneren Erkrankungen sind. Genauso plausibel ist auch, dass Menschen Saunabesuche meiden, weil sie häufiger krank sind und sich schonen wollen. Auch aus anderen Gründen hat die Studie keine Aussagekraft: Erkältungen nicht untersucht: Ob sich der Zusammenhang zwischen häufigen Saunabesuchen und Lungenentzündungen auch auf Erkältungen oder andere Infektionserkrankungen übertragen lässt, kann die Studie nicht beantworten – denn das wurde nicht untersucht. Ungenaue Erinnerung? Wie oft die Teilnehmenden in der Sauna waren, beantworteten die Teilnehmenden in einem Fragebogen. Ob ihre Erinnerung zuverlässig war, wurde jedoch nicht überprüft. Ergebnisse nicht auf Mitteleuropa übertragbar: Menschen in Finnland gehen häufig und gerne in die Sauna. Demnach gab es in der Studie kaum jemanden, der oder die Sauna völlig gemieden hat. Verglichen wurden durchschnittlich zwei Saunabesuche in der Woche mit einem wöchentlichen Saunabesuch. Unklare Vergleichbarkeit der Gruppen: Es wurde nicht erhoben, ob die selten in die Sauna gehenden Teilnehmenden bereits vor Studienbeginn anfälliger für Infekte waren. Womöglich waren die Gruppen schon zu Beginn unterschiedlich und schlecht vergleichbar. Wissenschaftliche Quellen [1] Kunutsor et al. (2017) Frequent sauna bathing may reduce the risk of pneumonia in middle-aged Caucasian men: The KIHD prospective cohort study. Respiratory medicine, 132, 161–163. (Studie in voller Länge) [2] Kunutsor et al. (2022) Attenuated Risk of Pneumonia Due to Inflammation by Frequent Sauna Baths: A Prospective Cohort Study. Journal of cardiopulmonary rehabilitation and prevention, 42(1), 59–63. (Studie in voller Länge) [3] Ernst et al. (1990) Regular sauna bathing and the incidence of common colds. Annals of medicine, 22(4), 225–227. (Zusammenfassung der Studie) [4] Conradi et al. (1992) Häufigkeit akuter respiratorischer Erkrankungen und sekretorisches Immunglobulin A im Speichel unter dem Einfluss regelmäßigen Saunabadens von Kindern. Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin, 2(01), 19-21. (Zusammenfassung der Arbeit) [5] Laukkanen & Laukkanen (2018) Sauna bathing and systemic inflammation. European journal of epidemiology, 33(3), 351–353. (Zusammenfassung der Arbeit) Versionsgeschichte 8. April 2025: erste Version des Faktenchecks Schlagworte ErkältungErkältungskrankheitenSaunaWärme In über 500 Faktenchecks suchen