Startseite ● Vitamin-D-Mangel durch Sonnencreme: Eher nicht Vitamin-D-Mangel durch Sonnencreme: Eher nicht Sonnencreme schützt vor UV-Strahlen. Die sind zwar wichtig für die Vitamin-D-Bildung, doch einen Mangel verursacht Sonnencreme laut Studien eher nicht. 15. Juli 2025 AutorIn: Teresa König Review: Jana Meixner Teilen Ist eine ausreichende Vitamin-D-Bildung trotz Sonnencreme möglich? möglicherweise Körpereigenes Vitamin D wird in der Haut produziert – mithilfe von ultravioletten (UV)-B-Strahlen der Sonne. Sonnencreme schützt vor diesen Strahlen und verringert so das Risiko für Hautkrebs. Das führte zu der Befürchtung, dieser Sonnenschutz könnte die Vitamin-D-Produktion unterdrücken und einen Mangel verursachen. Bisherige Studien sprechen aber eher dagegen. so arbeiten wir Eingecremt und trotzdem genug Vitamin D? Das geht! © iStock AndreyPopov Haut kann mithilfe der ultravioletten (UV)-B-Strahlung der Sonne Vitamin D selbst produzieren. Diese Strahlung kann durch Sonnenschutzcremen abgeschwächt werden. Sie wird aber nicht vollständig blockiert [Quelle 3, 9]. Trotzdem behaupten in den sozialen Medien manche, Sonnencreme würde einen Vitamin-D-Mangel verursachen. Wir sind dieser Behauptung nachgegangen und haben überprüft, ob es dafür wissenschaftliche Belege gibt. Nach Durchsicht aller relevanten Studien kommen wir zu dem Schluss: Bisherige Studien sprechen eher dagegen, dass Sonnencreme einen Vitamin-D-Mangel verursacht. Das zeigt eine Übersichtsarbeit, die alle bis dahin durchgeführten Studien dazu zusammenfasst [Quelle 1]. Mit oder ohne Sonnenmilch: Vitamin-D-Bildung eher gleich Die zwei aussagekräftigsten Studien haben festgestellt: Menschen, die täglich Sonnencreme benutzten, hatten genauso viel Vitamin D im Blut wie Menschen, die diesen Sonnenschutz nur sporadisch, oder gar eine wirkungslose Placebo-Creme verwendeten. Allerdings wurden diese beiden Studien in Australien durchgeführt. Die UV-Strahlung in Australien ist hoch und der Lichtschutzfaktor (LSF) der in den Studien verwendeten Sonnenschutzcreme war gering (LSF 16). Somit könnten dennoch genug UV-B-Strahlen zur Haut durchgedrungen sein, um genügend Vitamin D zu bilden. Es ist daher nicht so sicher, ob dieses Ergebnis auf andere Länder mit geringerer UV-Strahlung und auf Sonnencreme mit höherem Lichtschutzfaktor übertragbar ist [Quelle 1]. Widersprüchliche Ergebnisse aus mangelhaften Studien Andere Studien, die den Einfluss von Sonnencreme auf die Vitamin-D-Produktion in der Haut ebenfalls im Alltag untersuchten, kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Während ein Großteil dieser Studien ebenfalls keinen Unterschied in der Menge an Vitamin D im Blut mit und ohne Sonnenmilch feststellen konnten, fanden andere wiederum eine verminderte, manche sogar eine höhere Menge bei Sonnencreme-Verwendung. Die Studien hatten jedoch große Mängel. Denn sie haben wichtige Faktoren nicht berücksichtigt, die die Vitamin-D-Bildung beeinflussen können: So macht es zum Beispiel einen Unterschied, wo die Studienteilnehmenden lebten oder zu welcher Jahres- oder Tageszeit sie der Sonne ausgesetzt waren. Auch das Alter und die Hautfarbe beeinflussen die Vitamin-D-Produktion. In den Studien war außerdem oft nicht nachvollziehbar, wie lange die Teilnehmenden tatsächlich in der Sonne waren, wie viel Sonnenschutzcreme sie verwendeten, wie hoch der Lichtschutzfaktor war oder wie oft sie nachgecremten. Diese Mängel schränken diese Studien in ihrer Aussagekraft stark ein [Quelle 1]. Experimente mit künstlicher UV-Strahlung Es wurden auch Experimente mit künstlichen UV-Quellen durchgeführt. Darin wurde zwar eine Verminderung der Vitamin-D-Bildung gezeigt, wenn Sonnenschutzcreme verwendet wurde. Aber: Da die UV-Strahlung der künstlichen Lichtquellen nicht der Zusammensetzung von natürlichem Sonnenlicht entsprach und auch die Teilnehmendenzahl gering war, sind auch diese Experimente nicht genügend aussagekräftig [Quelle 1]. Eine Sache der Balance Was wir aber wissen: Sonnencreme schützt nachweislich vor Sonnenbrand [Quelle 4, 5]. Und wer weniger oft einen Sonnenbrand hat, hat ein geringeres Risiko für Hautkrebs [Quelle 6]. Über diesen Schutz haben wir bereits berichtet (siehe: Schützt Sonnencreme vor Hautkrebs?) Auch wenn dieser wichtige Schutz tatsächlich die körpereigene Vitamin-D-Produktion reduzieren sollte, dürfte das Ausmaß nicht relevant sein. Ein Vitamin-D-Mangel durch Sonnenmilch ist eher unwahrscheinlich. Denn dafür müsste die Haut vor natürlichem Sonnenlicht zu jeder Zeit vollkommen abgeschirmt sein. Wie kommt Vitamin D in den Körper? Vitamin D wird hauptsächlich mithilfe der UV-B-Strahlen des Sonnenlichts in der Haut produziert. Nur ein kleiner Teil (ca. 10 bis 20 Prozent) gelangt über die Ernährung in unseren Köper – etwa über fettreiche Fische, Innereien, Speisepilze und Eigelb. Vitamin D ist wichtig für gesunde Knochen. Durch das Zusammenspiel mit Kalzium und Phosphat wird der Knochen stabil gehalten [Quelle 3]. Unterversorgung oder Mangel an Vitamin D Zu wenig Vitamin D kann zu Knochenbrüchen und Stürzen bei älteren Erwachsenen führen, und zur Entwicklung von Knochenschwund – in der Fachsprache als Osteoporose bezeichnet – beitragen. Bei einem schweren Vitamin-D-Mangel können zwei weitere, heute aber sehr seltene, Erkrankungen auftreten. Das sind Rachitis bei Kindern und Osteomalazie auch bei Erwachsenen. Bei beiden Erkrankungen ist der Knochenaufbau gestört, da durch zu wenig Vitamin D auch zu wenig Kalzium und Phosphat in den Knochen eingebaut werden können. Eine Unterversorgung oder ein Mangel an Vitamin D können verschiedene Gründe haben. Zum Beispiel, wenn die Haut zu wenig Sonne bekommt (viel Aufenthalt in Innenräumen, Wohnort mit geringer UV-Strahlung, …). Aber auch chronische Erkrankungen von Darm, Niere oder Leber sowie bestimmte Medikamente können die Vitamin-D-Produktion reduzieren [Quelle 3, 7, 8]. Ausreichende Versorgung mit Vitamin D Wer dann und wann Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutzcreme der Sonne aussetzt, sollte ausreichend Vitamin D im Körper bilden. Wie viel Sonne dafür nötig ist – ohne einen Sonnenbrand zu bekommen – hängt von der Stärke der UV-Strahlung an einem bestimmten Ort und vom Hauttyp ab. Die Zeit in der Sonne, die für eine ausreichende Vitamin-D-Bildung notwendig ist, beträgt ungefähr die Hälfte der Zeit, in der man noch keinen Sonnenbrand bekommt [Quelle 3]. Um diese Zeit selbst einschätzen zu können, können Informationen auf der Plattform Gesundheitsinformation.de helfen. In Zahlen: Wie viel Vitamin D ist ausreichend? Kann zu viel gefährlich sein? 20 Mikrogramm Vitamin D pro Tag für Kinder und Erwachsene sind ausreichend. Sie lassen sich in der Regel gut durch die körpereigene Vitamin-D-Produktion und Vitamin D in der Nahrung decken. In Ländern wie Österreich, Deutschland und der Schweiz, in denen die Sonneneinstrahlung eher gering ist, reicht sie in den Wintermonaten zur Vitamin-D-Bildung meist nicht aus. Die Vitamin-D-Speicher können aber zwischen März und Oktober aufgefüllt werden, um über die Wintermonate ausreichend mit Vitamin D versorgt zu sein. Soll eine ärztlich festgestellte Unterversorgung oder gar ein Mangel mit Nahrungsergänzungsmitteln ausgeglichen werden, ist Vorsicht geboten. Eine Überdosierung mit Vitamin D kann Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe und Appetitlosigkeit verursachen. Eine starke Überdosierung kann zu Problemen mit dem Herz und den Nieren und zu Bewusstlosigkeit führen [Quelle 3]. Die Plattform gesundheitsinformation.de stellt konkrete Zahlen zu Vitamin-D-Bedarf und Vitamin-D-Spiegel im Blut zur Verfügung. Die Studien im Detail Nach welchen Studien haben wir gesucht? Ob Sonnencreme zu einem Vitamin-D-Mangel führt, lässt sich am aussagekräftigsten in randomisiert-kontrollierten Studien (RCT) untersuchen. In diesen Studien werden Teilnehmende per Zufall (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeteilt. Während eine Gruppe beispielsweise täglich Sonnenmilch auf die Haut aufträgt, tut das die Kontrollgruppe nicht oder nur gelegentlich. Der Kontrollgruppe das Eincremen zu „verbieten“ wäre allerdings ethisch nicht vertretbar. Denn dieser Sonnenschutz verhindert Sonnenbrand. Und wer weniger Sonnenbrände hat, hat auch ein geringeres Risiko für Hautkrebs. Darüber sind sich Fachleute einig. Wir haben darüber bereits berichtet (siehe: Schützt Sonnencreme vor Hautkrebs?). Nach einer umfangreichen Literatursuche konnten wir eine Übersichtsarbeit finden, die unsere Frage beantworten konnte [Quelle 1]. Eine Übersichtsarbeit ist eine Zusammenfassung von Studien und deren Ergebnissen zu einer bestimmten Fragestellung. Diese Übersichtsarbeit wurde von Forschenden erstellt, die ihre Gehälter vom Nationalen Rat für Gesundheit und medizinische Forschung in Australien (NHMRC) beziehen. Die Forschenden wurden also mit öffentlichen Geldern finanziert. Die Übersichtsarbeit fasst zwei randomisiert-kontrollierte Studien, vier experimentelle Studien mit künstlicher UV-Quelle und 69 sogenannte Beobachtungsstudien zusammen, die bis 2017 veröffentlicht wurden. Wie aussagekräftig sind die Studien? Während randomisiert-kontrollierte Studien generell die aussagekräftigste Studienart sind, lassen sich die Ergebnisse aus Experimenten mit künstlicher UV-Quelle nicht so einfach auf Alltagsbedingungen umlegen. Künstliche UV-Quellen entsprechen nicht den natürlichen Schwankungen des Sonnenlichts je nach geografischem Standort, Jahres- und Tageszeit. Außerdem enthalten sie teilweise auch UV-C-Strahlen, welche im natürlichen Sonnenlicht auf der Erdoberfläche nicht vorkommen. Auch Beobachtungsstudien sind nicht sehr aussagekräftig. Sie sind zwar gut geeignet, um Zusammenhänge zwischen Verhaltensweisen und Gesundheitszustand aufzuzeigen, da sie viele Menschen über einen langen Zeitraum beobachten. Doch beobachtete Zusammenhänge können von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, welche weiter oben im Abschnitt Widersprüchliche Ergebnisse aus mangelhaften Studien zusammengefasst sind. Außerdem werden Teilnehmende von Beobachtungsstudien zu ihrem Verhalten meist lediglich mit Fragebögen befragt. Es ist schwer, sich genau daran zu erinnern, wie viel Sonnenmilch in der Vergangenheit aufgetragen wurde oder wie viele Minuten man tatsächlich der Sonne ausgesetzt war. Insgesamt ist die Studienlage wenig verlässlich [Quelle 1]. Welche Studien haben wir nicht berücksichtigt? Wir haben weiters eine aktuellere Übersichtsarbeit [Quelle 2] und zwei Studien [Quelle 10, 11] in den Datenbanken gefunden. Sie waren allerdings so mangelhaft, dass sie keine Aussagekraft haben. Wir haben sie deshalb nicht für unsere Einschätzung heranziehen können. Aus folgenden Gründen: Wir können nicht nachvollziehen, wie die Autorinnen und Autoren der Übersichtsarbeit [Quelle 2] die Qualität der zusammengefassten Studien beurteilt haben. Wir können ihrer Einschätzung nicht vertrauen, da wir nicht wissen, ob die Ergebnisse aus qualitativ hochwertigen oder mangelhaften Studien stammen. Die beiden anderen Studien [Quelle 10, 11] haben ein sehr hohes Verzerrungsrisiko. Das bedeutet: Wir können uns nicht sicher sein, dass die Ergebnisse die Wahrheit widerspiegeln. Diese Verzerrungen kommen durch Fehler oder Schwächen in der Planung und Durchführung der Studien zustande. Beispielsweise wurden Teilnehmende der Studien nicht durch Zufall auf eine der beiden Gruppen – auf die Sonnenmilch-Gruppe oder auf die Kontrollgruppe – aufgeteilt. Wissenschaftliche Quellen [1] Neale et al. (2019) The effect of sunscreen on vitamin D: a review. The British journal of dermatology, 181(5), 907-915. (Übersichtsarbeit in voller Länge) [2] Gatta& Cappelli (2025) Sunscreen and 25-Hydroxyvitamin D Levels: Friends or Foes? A Systematic Review and Meta-Analysis. Endocrine practice : official journal of the American College of Endocrinology and the American Association of Clinical Endocrinologists, 31(6), 839-848. (Übersichtsarbeit in voller Länge) [3] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) (2023) Wie hoch ist der Vitamin-D-Bedarf und wie lässt er sich decken? Abgerufen am 10.07.2025 unter gesundheitsinformation.de [4] UpToDate (2024) Sunburn. Abgerufen am 28.05.2025 unter uptodate.com (kostenpflichtig) [5] UpToDate (2023) Selection of sunscreen and sun-protective measures. Abgerufen am 28.05.2025 unter uptodate.com (kostenpflichtig) [6] UpToDate (2023) Primary prevention of melanoma. Abgerufen am 28.05.2025 unter uptodate.com (kostenpflichtig) [7] UpToDate (2023) Overview of vitamin D. Abgerufen am 14.07.2025 unter uptodate.com (kostenpflichtig) [8] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) (2023) Vitamin-D-Mangel. Abgerufen am 11.07.2025 unter gesundheitsinformation.de [9] Bundesamt für Strahlenschutz (2025) UV-Schutz durch Sonnencreme. Abgerufen am 11.07.2025 unter bfs.de [10] Young et al (2019) Optimal sunscreen use, during a sun holiday with a very high ultraviolet index, allows vitamin D synthesis without sunburn. (Studie in voller Länge) [11] Pereira et al (2019) Evaluation of vitamin D plasma levels after mild exposure to the sun with photoprotection. (Studie in voller Länge) Versionsgeschichte 15.07.2020: Erstveröffentlichung des Faktenchecks Schlagworte SonneSonnencremeUV-LichtUV-StrahlenVitamin D In über 500 Faktenchecks suchen