Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Schützt Sonnencreme vor Hautkrebs?

Sonnencreme ist nützlich und verhindert Sonnenbrand. Ob sie vor Hautkrebs schützt, ist allerdings sehr schwierig zu belegen. Wir erklären wieso.

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Reduziert Sonnencreme die Wahrscheinlichkeit für Hautkrebs?

Obwohl Sonnencreme die Haut vor Sonnenbrand schützt, ist bisher nicht nachgewiesen, dass sie auch Hautkrebs verhindern kann. Die vorhandenen Studien widersprechen sich. Das Problem: Häufig haben die Studien nicht berücksichtigt, ob die Teilnehmenden die Sonnencreme richtig und regelmäßig angewendet haben oder ob der Lichtschutzfaktor ausreichend hoch war.

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© Elena Sherengovskaya - shutterstock.com Dass Sonnencreme vor Sonnenbrand schützt, ist unbestritten.
© Elena Sherengovskaya – shutterstock.com

Fakt ist: Wer in jungen Jahren häufig Sonnenbrände bekommt, hat im späteren Leben ein erhöhtes Risiko für Hautkrebs [7]. Fakt ist auch: Sonnencreme verhindert Sonnenbrand [8,9].

Schlussfolgerung: Demnach müsste Sonnencreme auch das Risiko für Hautkrebs verringern. Doch das lässt sich aus vielen Gründen nicht so einfach nachweisen.

Die zusammengefassten Ergebnisse bisheriger Studien können nämlich nicht zweifelsfrei zeigen, dass Sonnencreme das Hautkrebs-Risiko verringert [3,4]. Zwar werden schon seit 40 Jahren Untersuchungen zu dieser Frage durchgeführt, doch die sind nur eingeschränkt aussagekräftig und kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen.

Wir fanden das durchaus kurios – und haben recherchiert. Vorab schon einmal die beruhigende Nachricht: Nein, Sonnencreme ist keineswegs sinnlos. Doch ihr Nutzen lässt sich im Alltag nicht ganz so leicht nachweisen.

Verringertes Risiko?

Die Studie mit der höchsten Aussagekraft [1,2] wurde in Australien durchgeführt, einem Land, in dem der UV-Anteil der Sonnenstrahlung und damit das Hautkrebsrisiko besonders hoch sind. Per Zufall wurden die 1621 Teilnehmenden einer von zwei Gruppen zugelost: Eine Gruppe sollte täglich Sonnencreme im Gesicht, Nacken sowie auf Unterarmen und Händen verwenden – unabhängig von Aktivitäten und Wetter. In der zweiten Gruppe schmierten sich die Teilnehmenden nur dann ein, wenn und wie sie es selbst für notwendig hielten.

Elf Jahre später hatte sich in der ersten Gruppe seltener eine Hautkrebs-Form namens Plattenepithelkarzinom entwickelt als in der zweiten Gruppe. Ob sich auch die Wahrscheinlichkeit für das häufigere Basalzellkarzinom verringert, ist jedoch unklar. Auch für das gefährlichere Melanom (schwarzer Hautkrebs) ist das nicht sicher – selbst wenn die Daten vorsichtig auf ein geringeres Risiko hindeuten.

Die Aussagekraft dieser Studie ist eingeschränkt. Zwei der Gründe dafür: Es ist unklar, ob sich die Teilnehmenden länger als vier bis fünf Jahre an die Anweisungen gehalten haben. Zudem verwendeten sie Sonnencreme mit einem für Australien relativ niedrigen Sonnenschutzfaktor von 16. Es ist denkbar, dass sich mit höherem Schutzfaktor ein deutlicherer Vorbeuge-Effekt gezeigt hätte.

Erhöhtes Risiko?

Alle anderen Studien waren keine kontrollierten Experimente unter wissenschaftlicher Anleitung. Vielmehr wollten hier Forscherinnen und Forscher herausfinden, was über lange Zeit im echten Leben passiert.

Deswegen bekamen die Teilnehmenden der Beobachtungsstudien [3,4] keine zugelosten Anweisungen, sondern sie wurden lediglich nach ihrer Sonnencreme-Nutzung befragt. Dann prüfte das Forschungsteam, ob die mehr oder weniger intensive Nutzung von Sonnencreme einen Einfluss auf die Zahl der Hautkrebs-Diagnose hatte. Die einzelnen Studienergebnisse sind widersprüchlich und reichen von reduzierter bis zu erhöhter Wahrscheinlichkeit für Hautkrebs.

Wie kann es zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen? Warum zeigen die Arbeiten den Schutzeffekt nicht klar und deutlich?

Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Vielleicht haben sich die Teilnehmenden nur gelegentlich eingecremt, wenn sie in der Sonne waren – das wurde nicht erhoben. Unklar ist auch, ob sie die Sonnencreme richtig verwendeten, also eine ausreichende Menge auftrugen, einen angemessen hohen Lichtschutzfaktor verwendeten und alle ausgesetzten Körperstellen eincremten.

Das könnte erklären, warum in einigen der Studien ausgerechnet jene ein erhöhtes Hautkrebs-Risiko haben, die angeben, Sonnencreme anzuwenden: Wir vermuten, dass eben jene Personen besonders häufig an der Sonne sind, die Sonnencreme aber möglicherweise falsch oder zu selten verwenden. Vielleicht wiegen sie sich in falscher Sicherheit und setzen sich zu lange der Sonneneinstrahlung aus.

Sonnencreme verwenden, aber richtig!

Auch wenn die aktuelle Studienlage nicht eindeutig ist: Die Deutsche Krebshilfe, die Deutsche Krebsgesellschaft und die dermatologischen Fachgesellschaften sehen Sonnenschutzmittel aus Tube und Flasche als sinnvolle Ergänzung zu anderen Methoden des Sonnenschutzes an [5]. Den besten Schutz bieten Schatten und Kleidung.

Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gibt folgende Tipps zum Sonnenschutz [5]:

  • im Sommer direkte Sonne während der Mittagszeit meiden,
  • Schatten suchen, vor allem während der Mittagszeit,
  • sich mit Sonnenschirm, Hut und Kleidung vor der Sonne schützen,
  • eine Sonnenbrille mit UV-Schutzgläsern tragen,
  • Sonnencreme mit UV-A- und UV-B-Schutz und einem hohen Lichtschutzfaktor verwenden
  • auf Solarien und UV-Lampen verzichten

Eincremen ist nicht kompliziert, es erfordert nur etwas Sorgfalt und Konsequenz; zudem unterschätzen viele die Menge an Creme, die aufgetragen werden muss: Es ist mehr, als viele denken. Eine 200-ml-Flasche Sonnencreme reicht bei einem Erwachsenen nur für etwa sechs Ganzkörper-Anwendungen [5].

Wichtig ist, keine Stelle zu vergessen, die der Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Fachleute empfehlen, sicherheitshalber alle zwei Stunden nachzucremen, auch bei wasserfester Sonnencreme. Aber Achtung: Die maximale Schutzzeit wird dadurch nicht verlängert! Und man sollte sich von der Sonnencreme nicht dazu verführen lassen, wirksamere Sonnenschutzmaßnahmen zu vernachlässigen.

Mehr wissenschaftlich geprüfte Informationen zum richtigen Sonnenschutz finden sich auf der unabhängigen Seite Gesundheitsinformation.de.

Unerwünschte Wirkungen

Auch Sonnenschutz gibt es nicht ganz ohne Nebenwirkungen. Bei etwa 20 von 100 Personen treten unerwünschte Wirkungen auf: gerötete oder entzündete Haut oder allergische Reaktionen. Äußerst selten kommt es zu einer heftigen allergischen Reaktion, bei der sofortige ärztliche Hilfe nötig ist [5].

Schwarzer Hautkrebs immer häufiger

Es gibt verschiedene Formen von Hautkrebs: Melanome (schwarzer Hautkrebs), Basalzellkarzinom und das Plattenepithelkarzinom (beides: weißer Hautkrebs). Melanome sind am gefährlichsten und werden weltweit immer häufiger. Wenn möglich, werden sie operativ entfernt. In Deutschland sind im Jahr 2014 etwa 28 von 100.000 Männern und 25 von 100.000 Frauen daran erkrankt [6].

Die Studien im Detail

Nach einer umfangreichen Literatursuche konnten wir zwei systematische Übersichtsarbeiten einschließen. Beide fassen die gegenwärtige Beweislage gut zusammen.

Eine Übersichtsarbeit beschränkt sich auf den Einfluss von Sonnencremes nur auf Melanome (schwarzer Hautkrebs) [3], die andere beinhaltet alle Formen von Hautkrebs [4].

Beide Übersichtsarbeiten sind qualitativ hochwertig, haben leicht unterschiedliche Stärken und Schwächen, kommen aber in Summe zum gleichen Ergebnis: Ein Einfluss von Sonnencreme auf das Hautkrebsrisiko ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Studienergebnisse nicht nachzuweisen.

Beide Arbeiten haben sämtliche Studiendesigns eingeschlossen, darunter auch Fall-Kontroll-Studien, bei denen Hautkrebs-Erkrankte zu ihrer Sonnencreme-Verwendung in der Vergangenheit befragt wurden. Hier gibt es sowohl Studien, die Sonnencreme eine schützende Wirkung zuweisen als auch welche, die genau in die andere Richtung zeigen – also Sonnencremes sogar als Risikofaktor sehen. Allerdings schätzen wir die Aussagekraft dieser Studien als nur sehr gering ein.

Deutlich aussagekräftiger sind prospektive Kohortenstudien In den bisher durchgeführten wurde auch berücksichtigt, dass verschiedene Faktoren unabhängig von der Sonnencremenutzung das Hautkrebs-Risiko beeinflusst haben könnten. Dazu zählen beispielsweise der Hauttyp der Teilnehmenden oder Breitengrad des Studienorts. Je mehr solcher Faktoren bekannt sind und in die Berechnungen einbezogen werden, umso aussagekräftiger wird die Studie.

Die statistische Zusammenfassung von drei bisher durchgeführten Kohortenstudien zeigt ein deutlich negatives Ergebnis: Jene Teilnehmenden, die nach eigenen Angaben Sonnencreme verwendeten, bekamen häufiger ein Melanom als Personen, die sich nicht eincremten [3].

Aus unserer Sicht deutich aussagekräftiger ist die einzige randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) zu diesem Thema – und sie kommt zu einem ganz anderen Schluss: Sie zeigt ein verringertes Risiko, wenn eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 16 täglich verwendet wird und nicht nur nach eigenem Ermessen. Das heißt in konkreten Zahlen: Nach 10 bis 11 Jahren haben

  • bei fast täglicher Anwendung: 11 von 812 Personen ein Melanom und 51 ein Plattenepithelkarzinom
  • bei Anwendung nach eigenem Ermessen: 22 von 809 Personen ein Melanom und 76 ein Plattenepithelkarzinom

Das verringerte Risiko für Melanome ist allerdings weniger gut abgesichert als jenes für Plattenepithelkarzinome. Der Grund dafür ist die hohe Schwankungsbreite durch die geringen Melanom-Fallzahlen.

Dennoch liefert diese gut gemachte Studie vertrauenswürdige Anhaltspunkte, dass Sonnencreme vor Hautkrebs schützen kann. In den ersten vier bis fünf der elf Studienjahre dürfte es keine Einflussfaktoren gegeben haben, die die Ergebnisse verzerrt haben könnten. Es ist allerdings unklar, ob sich die Teilnehmenden danach auch noch an die Anweisungen gehalten haben. Daher sind auch diese Daten nur eingeschränkt aussagekräftig.

In der Studie wurde Sonnencreme mit Schutzfaktor 16 verwendet. Das ist für die hohe UV-Belastung in Australien sehr niedrig. Es ist daher denkbar, dass ein höherer Schutzfaktor einen deutlicheren Vorbeuge-Effekt in der Studie gezeigt hätte.

[1] van der Pols (2006)
Studienart: Nacherhebung einer randomisiert-kontrollierten Studie
Teilnehmende: 1621 in den ersten 4,5 Jahren, danach nur mehr 875
Untersuchungsdauer: 11 Jahre
Fragestellung: Verringert das nahezu tägliche Eincremen mit Sonnencreme SPF 16 in Australien mehr Fälle von Plattenepithelkarzinomen oder Basalzellkarzinomen als Eincremen nur nach persönlichem Ermessen?
Interessenskonflikte: Teilfinanzierung durch die Firma L’Oreal

van der Pols JC, Williams GM, Pandeya N, Logan V, Green AC. Prolonged prevention of squamous cell carcinoma of the skin by regular sunscreen use. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2006;15(12):2546-2548. (Studie in voller Länge)

[2] Green u.a. (2011)
weitere Auswertung derselben Studie wie [1]

Studienart: Nacherhebung einer randomisiert-kontrollierten Studie
Teilnehmende: 1621
Untersuchungsdauer: 15 Jahre
Fragestellung: Verringert das nahezu tägliche Eincremen mit Sonnencreme SPF 16 in Australien mehr Fälle von Melanomen als Eincremen nur nach persönlichem Ermessen?
Interessenskonflikte: Teilfinanzierung durch die Firma L’Oreal

Green AC, Williams GM, Logan V, Strutton GM. Reduced melanoma after regular sunscreen use: randomized trial follow-up. J Clin Oncol. 2011;29(3):257-263. (Zusammenfassung der Studie)

[3] Ruegg u.a. (2019)
Rueegg CS, Stenehjem JS, Egger M, et al. Challenges in assessing the sunscreen-melanoma association. Int J Cancer. 2019;144(11):2651-2668. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[4] Silva u.a. (2018)
Silva ESD, Tavares R, Paulitsch FDS, Zhang L. Use of sunscreen and risk of melanoma and non-melanoma skin cancer: a systematic review and meta-analysis. Eur J Dermatol. 2018;28(2):186-201. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[5] IQWIG (2018)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Wie kann man sich vor zu viel Sonne schützen? Abgerufen am 31.8.2020 unter www.gesundheitsinformation.de

[6] IQWIG (2018)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Schwarzer Hautkrebs. Abgerufen am 31.8.2020 unter www.gesundheitsinformation.de

[7] UpToDate (2020)
Geller AC, Swetter S. Primary prevention of melanoma. In UpToDate. Corona R (ed.). Abgerufen am 2. 9. 2020 unter www.uptodate.com

[8] UpToDate (2020)
Young AR, Tewari A. Sunburn. In UpToDate. Corona R (ed.). Abgerufen am 2. 9. 2020 unter www.uptodate.com

[9] UpToDate (2020)
Baron ED. Selection of sunscreen and sun-protective measures. In UpToDate. Corona R (ed.). Abgerufen am 2. 9. 2020 unter www.uptodate.com

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