Rotlicht bei Wunden: Nutzen unklar

Durch kaltes Rotlicht sollen Wunden besser heilen – zum Beispiel mit dem Gerät Repuls. Studien konnten das aber bisher nicht bestätigen.

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Verbessert kaltes Rotlicht bei Wunden die Heilung, zB. mit dem Repuls-Tiefenstrahler?

Ob eine Behandlung mit kaltem Rotlicht bei Wunden zu einer schnelleren oder narbenfreieren Heilung führt , wurde bisher in einigen kleinen Studien untersucht. Die kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Insgesamt scheint es aber eher unwahrscheinlich, dass kaltes Rotlicht einen spür- und sichtbaren Effekt auf die Wundheilung hat.

so arbeiten wir
© SJ Travel Photo and Video - Shutterstock.com Heilung durch Licht – funktioniert das wirklich?
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Licht werden ja alle möglichen Heilkräfte zugeschrieben. Es soll bei Hauterkrankungen helfen, Schmerzen lindern und sogar Wunden schneller heilen lassen.

Letzteres verspricht unter anderem eine österreichische Firma, die den sogenannten Repuls-Tiefenstrahler als Medizinprodukt vertreibt. Die Wund-Behandlung mit kaltem Rotlicht wird derzeit in zahlreichen Kliniken, Kur- und Reha-Einrichtungen in Österreich angeboten.

Der Repuls-Strahler erzeugt sehr helles, blinkendes Rotlicht. Anders als bei anderen Licht-Geräten handelt es sich dabei nicht um wärmende Infrarot-Strahlung, sondern ausschließlich um rotes sichtbares Licht – daher auch die Bezeichnung „kaltes Rotlicht“. Das soll Körperzellen mehr Energie geben und so Wunden, wie etwa Verbrennungen oder Operations-Nähte, schneller und narbenfreier heilen lassen – so zumindest die Theorie.

Wir haben uns auf die Suche nach wissenschaftlichen Belegen für diese behauptete Wirkung gemacht. Dazu haben wir nach Studien zu Rotlicht bei Wunden gesucht – egal ob mit dem Repuls-Strahler oder einem anderen, ähnlich funktionierenden Gerät behandelt wurde.

Wenig erhellende Erkenntnisse

Bei unserer Suche in zwei wissenschaftlichen Datenbanken fanden wir zehn solche Studien [1-10]. Teilnehmende waren Männer und Frauen mit Wunden durch Operationen, eine Schädigung der Haut oder durch Haut-Transplantationen.

Die Ergebnisse fielen gemischt aus. In der Hälfte der Studien fanden die Forschenden keinen Effekt von kaltem Rotlicht [1-5]. Die Behandlung schien keinen Einfluss auf die Wundheilung zu haben. Weder auf Schmerzen noch auf Rötungen und Blutergüsse, oder darauf, wie gut die Nähte zusammenwuchsen.

In den restlichen Studien schienen Wunden dank Rotlicht-Behandlung etwas schneller zu heilen. Jedoch nur in den ersten Stunden oder Tagen nach der Verletzung beziehungsweise der Operation [6-10]. Auf das Endergebnis schien die Behandlung keinen Einfluss zu haben: Am Ende der Studien waren die Wunden aller Teilnehmenden ähnlich gut verheilt, mit oder ohne Behandlung.

Eher kein Wundermittel

Rotlicht als medizinischer Durchbruch in der Wundbehandlung? Das ist angesichts dieser Ergebnisse eher unwahrscheinlich. Hätte kaltes Rotlicht einen deutlich spürbaren Effekt, wären die Studienergebnisse vermutlich eindeutiger ausgefallen. Ganz sicher sind wir uns dennoch nicht, die verfügbaren Studien sind widersprüchlich und wenig aussagekräftig. Sie hatten allesamt nur sehr wenige Teilnehmende und einige Mängel (siehe dazu Studien im Detail). Hinzu kommt, dass darin Rotlicht in sehr unterschiedlicher Intensität zum Einsatz kam. In den meisten Fällen war das verwendete Licht deutlich weniger hell als etwa bei einer Repuls-Behandlung. Inwieweit die Ergebnisse deshalb auf Repuls übertragbar sind, ist fraglich.

Repuls: Werbung mit Wissenschaftlichkeit

Auf ihrer Homepage wirbt die Hersteller-Firma des Repuls-Strahlers unter anderem mit einer „wissenschaftlich belegten“ Verbesserung der Wundheilung durch ihr Gerät. Die Studien, die diese Belege liefern sollen, konnten wir jedoch nicht finden. Auf unsere Nachfrage hin ließ uns die Firma eine Studie zukommen, die sie selbst durchgeführt, aber bisher nicht veröffentlicht hat [11]. Dabei sollen Operationsnähte nach einer Repuls-Behandlung angeblich schneller und schöner verheilt sein. In den vorläufigen Ergebnissen fehlen allerdings derart viele Informationen, dass wir weder die Schlussfolgerung der Forschenden nachvollziehen noch uns ein Bild von der Qualität der Studie machen können.

Ob der Repuls-Strahler Wunden tatsächlich hält, was er verspricht, bleibt somit ungeklärt. Bisherige Studienergebnisse sprechen aber eher gegen eine merklich bessere Wundheilung mit kaltem Rotlicht.

Ob es bei chronischen oder schlecht heilenden Wunden, zum Beispiel wegen Durchblutungsstörungen oder Diabetes, helfen kann, können wir nicht beurteilen. Dazu konnten wir keine Studien finden.

Warum ist das Rotlicht kalt?

Kaltes Rotlicht ist kein Infrarot. Bei Infrarot-Strahlung handelt es sich um unsichtbare Wärmestrahlung. In Form von Infrarot-Wärmekabinen oder -lampen kommt sie in manchen Haushalten zur Entspannung zum Einsatz. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei kaltem Rotlicht um rotes, sichtbares Licht [12].

Doch warum soll es nun helfen, geschädigte Haut mit rotem Licht zu bestrahlen? Laut Herstellern solcher Rotlichtgeräte soll das Licht die Energie der Zellen erhöhen und so ihre Erneuerung ankurbeln [13].

Medizinische Forschung braucht Menschen

Gänzlich plausibel und physikalisch nachvollziehbar scheint der behauptete Wirkmechanismus jedenfalls nicht: Auf seiner Homepage schreibt der Repuls-Hersteller beispielsweise, das Rotlicht dringe ins Gewebe ein und werde dort in „mechanische UV-Schwingungen“ umgewandelt. Klingt wissenschaftlich, ist jedoch blanker Unsinn – denn derartige Schwingungen gibt es in der Physik nicht.

Studien im Labor und an Nagern lieferten in der Vergangenheit Hinweise auf eine mögliche Wirkung von Licht auf Körperzellen: Bindegewebszellen schienen unter Rotlicht mitunter vermehrungsfreudiger. In manchen Studien will man allerdings auch eine wachstumshemmende Wirkung und sogar schädliche Wirkung beobachtet haben [2,14]. Mit Laborstudien ist das aber ohnehin so eine Sache: Was im Reagenzglas funktioniert, muss nicht zwangsläufig genauso im menschlichen Körper funktionieren. Deshalb braucht aussagekräftige Forschung vor allem eines: echte Menschen.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Wir haben nach Studien gesucht, in denen Wunden mit kaltem Rotlicht behandelt wurden. Weil fast alle Wunden irgendwann von selbst heilen, ist der Vergleich wichtig: Um aussagekräftig zu sein, braucht eine Studie auch eine Kontrollgruppe, die nicht oder nur zum Schein mit Licht behandelt wird. Bei größeren Verletzungen oder Operations-Nähten ist es auch möglich, nur eine Hälfte der Wunde zu bestrahlen und die andere nicht. Der Vergleich zeigt anschließend, ob Rotlicht bei Wunden oder Operationsnähten eine schnellere Heilung mit weniger Schmerzen, Entzündung und Narbenbildung bewirkt.

Uns interessierten dabei alle Arten von Wunden, egal ob akut oder chronisch, ob durch eine Operation, Verbrennungen, kosmetische Behandlungen oder Verletzungen.

Manche Studien zur Rotlicht-Behandlung haben wir bei unserer Suche zwar gefunden, aber nicht in unsere Beurteilung einfließen lassen: Zum Beispiel arbeitet eine ähnliche Art der Rotlicht-Wundbehandlung mit Laser-Technologie. Da sich Laser-Licht physikalisch aber anders verhält, haben wir nur Studien berücksichtigt in denen Geräte mit LEDs zum Einsatz kamen. Auch der Repuls-Strahler funktioniert mit solchen LEDs.

Auch Studien zur Behandlung mit Infrarot-Strahlung – also nicht sichtbarem Licht mit einer Wellenlänge über 780 Nanometer [12] – haben wir nicht berücksichtigt. Infrarotlicht dringt besonders tief ins Gewebe ein und erwärmt es. Die Wirkweise ist somit eine andere als beim kalten Rotlicht, dessen Wellenlänge im Fall des Repuls-Strahlers zwischen 620 und 640 Nanometer liegt. Diesen Unterschied betont auch die Herstellerfirma Repuls [13].

Wie aussagekräftig sind diese Studien?

In einigen der gefundenen Studien wurden die Teilnehmenden in Behandlungs- und Kontrollgruppen aufgeteilt. In den restlichen wurde eine Hälfte der Wunde bestrahlt, die andere nicht. In allen Studien erfolgte die Rotlicht-Behandlung direkt nach einer Operation oder nach Entfernen von Narben oder Sonnenschädigungen, bei der die Haut verletzt oder gereizt worden war. Die Behandlung dauerte meist einige Minuten.

Die Mehrzahl der Studien, die wir finden konnten, hatten hatte Mängel, die ihre Aussagekraft verringerten.

  • Zu wenige Teilnehmende: Die meisten Studien [1-7,9,10] untersuchten nur 10 bis 40 Teilnehmende. Das erhöht das Risiko für Ergebnisse, die dem Zufall geschuldet sind.
  • Unklare Vergleichbarkeit: Es war zum Teil unklar, ob die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip zu Behandlungs- beziehungsweise Kontrollgruppe zugeteilt worden waren. Auch Informationen zu Vorerkrankungen, die die Wundheilung beeinflussen können (wie etwa Diabetes oder Durchblutungsstörungen), fehlen teilweise. Deshalb ist unklar, ob die Vergleiche zwischen den Gruppen immer fair waren.
  • Subjektive Ergebnisse: Unklar war manchmal auch, wie der Behandlungserfolg genau gemessen wurde und ob das wirklich unvoreingenommen geschah. Ob eine Operationsnaht „schön“ verheilt oder nicht, ist immerhin Ansichtssache. Beurteilt wurden meist die Rötung oder Schwellung der Wunden, Blutergüsse und Narbenbildung.
  • Zu kurze Beobachtungen: In den meisten Studien wurden die Wunden nur wenige Tage bis Wochen beobachtet. Interessant wäre es aber zu wissen, wie sich mit Rotlicht behandelte Wunden langfristig entwickeln.
  • Geringe Licht-Intensität: In nur einer [3] der zehn Studien wurde Licht in ähnlicher Intensität verwendet wie beim Repuls-Strahler. Ob sich die Ergebnisse der anderen Studien – in denen weitaus schwächeres Licht zum Einsatz kam – auf eine Repuls-Behandlung übertragen lassen, ist unklar.

Jene unveröffentlichte Studie, die uns die Herstellerfirma des Repuls-Strahlers zukommen ließ, können wir nicht ausreichend beurteilen. Hierzu fehlen uns die nötigen Informationen.

Der Repuls-Strahler scheint das einzige Gerät mit kaltem Rotlicht im deutschsprachigen Raum zu sein, das als Medizinprodukt vertrieben wird. Abgesehen davon konnten wir nur ein weiteres ähnliches Gerät mit dem Namen Cellalux-Pulser finden. Dieses wird allerdings als „Lichtwellness-Gerät“ beworben.

[1] Ramos RM, Burland M, Silva JB, Burman LM, Gelain MS, Debom LM, Bec JM, Alirezai M, Uebel CO, Valmier J (2019). Photobiomodulation Improved the First Stages of Wound Healing Process After Abdominoplasty: An Experimental, Double-Blinded, Non-randomized Clinical Trial. Aesthetic Plast Surg.;43(1):147-154. (Link zur Studie)

[2] Le Duff F, Fontas E, Guardoli D, Lacour JP, Passeron T (2022). HeaLED: Assessment of skin healing under light-emitting diode (LED) exposure-A randomized controlled study versus placebo. Lasers Surg Med.;54(3):342-347. (Link zur Studie)

[3] Perper M, Eber A, Lindsey SF, Nouri K (2020). Blinded, Randomized, Controlled Trial Evaluating the Effects of Light-Emitting Diode Photomodulation on Lower Extremity Wounds Left to Heal by Secondary Intention. Dermatol Surg.;46(5):605-611. (Link zur Studie)

[4] Kurtti A, Nguyen JK, Weedon J, Mamalis A, Lai Y, Masub N, Geisler A, Siegel DM, Jagdeo JR (2021). Light emitting diode-red light for reduction of post-surgical scarring: Results from a dose-ranging, split-face, randomized controlled trial. J Biophotonics;14(7):e202100073 (Link zur Studie)

[5] Carboni RM, Gonçalves MLL, Tacla EM, Silva DFT, Bussadori SK, Fernandes KPS, Horliana ACRT, Mesquita-Ferrari RA (2022). The effects of photobiomodulation using LED on the repair process of skin graft donor sites. Lasers Med Sci.;37(3):1881-1890. (Link zur Studie)

[6] Alster TS & Wanitphakdeedecha R (2009). Improvement of Postfractional Laser Erythema with Light-Emitting Diode Photomodulation. Dermatologic Surgery 35(5):p 813-815. (Link zur Studie)

[7] Trelles MA & Allones I (2006). Red light‐emitting diode (LED) therapy accelerates wound healing post‐blepharoplasty and periocular laser ablative resurfacing. Journal of Cosmetic and Laser Therapy, 8(1), 39-42. (Link zur Studie)

[8] Lima ACG, Fernandes GA, de Barros Araújo R, Gonzaga IC, de Oliveira RA, & Nicolau RA (2017). Photobiomodulation (laser and LED) on sternotomy healing in hyperglycemic and normoglycemic patients who underwent coronary bypass surgery with internal mammary artery grafts: A randomized, double-blind study with follow-up. Photomedicine and laser surgery, 35(1), 24-31. (Link zur Studie)


[9] de Barros Araújo Júnior R, Gonzaga ICA, Fernandes GA, Lima ACG, Cortelazzi PST, de Oliveira RA, Nicolau RA (2018).
Low-intensity LED therapy (λ 640 ± 20 nm) on saphenectomy healing in patients who underwent coronary artery bypass graft: a randomized, double-blind study. Lasers Med Sci.;33(1):103-109. (Link zur Studie)


[10] Oh IY, Kim BJ, Kim MN, Kim CW, & Kim SE (2013).
Efficacy of light‐emitting diode photomodulation in reducing erythema after fractional carbon dioxide laser resurfacing: a pilot study. Dermatologic Surgery, 39(8), 1171-1176. (Link zur Studie)

[11] Repuls-Studie mit 15 Patientinnen und Patienten nach Bauchdeckenstraffung (unveröffentlichter Studien-Report wurde Medizin Transparent am 13.2.2023 zur Verfügung gestellt)

[12] Deutsches Bundesamt für Strahlenschutz
Abgerufen am 24.1.2023 unter https://www.bfs.de/DE/themen/opt/ir/einfuehrung/einfuehrung_node.html

[13] www.repuls.at abgerufen am 15.2.2023

[14] dos Santos Ferreira, F., Cadoná, F.C., Aurélio, A.R. et al. Photobiomodulation-blue and red LED: protection or cellular toxicity? In vitro study with human fibroblasts. Lasers Med Sci 37, 523–530 (2022).

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