Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Risiko durch Cholesterin-senkende Margarine?

Eine angeblich herzschonende, mit Pflanzensterinen angereicherte Margarine soll den Cholesterinspiegel senken. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sie in Wahrheit dem Herz schaden.

AutorIn:
Review:  Kylie Thaler 

Können Pflanzensterine bzw. Lebensmittel, die mit solchen versetzt wurden, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken?

Pflanzensterine senken zwar den Cholesterinspiegel. Ob sie damit auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken, ist jedoch nicht erforscht. Tierstudien liefern sogar Hinweise , dass Pflanzensterole in großen Mengen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen könnten. Ob das auch für den Menschen zutrifft, ist nicht untersucht.

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Hört man „Cholesterin“, denkt man meist an ungesunde Ernährung und den erhobenen Finger des Hausarztes oder der Hausärztin. In moderaten Mengen ist Cholesterin jedoch ein lebenswichtiger Bestandteil aller Körperzellen sowie eine wesentliche Vorstufe für Gallensäuren, Sexualhormone und Vitamin D. Da Cholesterin so wichtig ist, nimmt es unser Körper nicht nur über die Nahrung auf, sondern kann es auch selbst herstellen.

„Gutes“ und „schlechtes“ Cholesterin

Problematisch wird es, wenn der Cholesterin-Gehalt im Blut zu hoch ist. Ein erhöhter Cholesterinspiegel bereitet zwar weder Schmerzen noch sonstige Beschwerden, ernst nehmen sollte man ihn aber dennoch. Schließlich erhöht er das Risiko für Gefäßverkalkung (Atherosklerose) stark – und damit auch für ernste Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Damit ist der Cholesterinspiegel neben Bluthochdruck, Übergewicht, Rauchen oder Diabetes einer der Haupt-Risikofaktoren für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems [5].

Cholesterin wird – da es nicht wasserlöslich ist – im Blut in „Protein-Verpackungen“ (sogenannten Lipoproteinen) transportiert. Bedenklich ist vor allem ein hoher Anteil an LDL (Low Density Lipoprotein) – Cholesterin (dem sogenannten „schlechten“ Cholesterin), während ein hoher HDL (High Density Lipoprotein) – Cholesterinspiegel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sogar reduziert.

Pflanzensterine als umstrittene Cholesterin-Senker

Manche Lebensmittel-Hersteller bieten seit einigen Jahren mit Pflanzensterinen angereicherte Margarinen und andere Lebensmittel an, die einen erhöhten LDL-Cholesterinspiegel senken sollen und suggerieren, das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle zu reduzieren. Pflanzensterine stehen jedoch im Verdacht, genau das auszulösen, wovor sie schützen sollen [6].

Pflanzensterine (auch Phytosterine genannt) sind von Natur aus in vielen Früchten, Nüssen und pflanzlichen Ölen enthalten. Schätzungen zufolge nehmen wir täglich mit der Nahrung rund 170 – 360 Milligramm dieser pflanzlichen Stoffe zu uns. Bereits seit längerer Zeit ist bekannt, dass Pflanzensterine helfen können, einen erhöhten LDL-Cholesterinspiegel zu senken. In Meta-Analysen, welche die Ergebnisse klinischer Studien zusammenfassen, zeigt sich, dass etwa die zehnfache Menge davon (rund 2 Gramm pro Tag) erhöhte LDL-Cholesterinwerte signifikant senken kann. Sind die Cholesterinwerte allerdings bereits im Normalbereich, kommt es zu keiner weiteren Senkung [1, 2].

Gesund oder gefährlich?

Ob die Aufnahme solch hoher Mengen an Pflanzensterinen – etwa in Form von angereicherten Spezialmargarinen – tatsächlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann, ist allerdings unklar. Zwar ist die LDL-Cholesterin-senkende Wirkung unbestritten, doch gleichzeitig gibt es aus Tierstudien vorsichtige Hinweise darauf, dass Pflanzensterine in sehr hohen Konzentrationen auch zu Atherosklerose führen könnten [6].

Pflanzensterine verhindern im Darm die Aufnahme von Cholesterin aus der Nahrung, gelangen aber selbst nur in geringen Mengen in den Körper. Bei Personen mit der seltenen Erbkrankheit Sitosterolemie werden Pflanzensterine in viel größerer Menge als üblich aufgenommen, wodurch sich diese Stoffe in hohen Konzentrationen im Körper ansammeln. Neben anderen Problemen erleiden diese Menschen sehr oft Herzinfarkte oder andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die zusammengefassten Ergebnisse von 17 Beobachtungsstudien liefern auf den ersten Blick keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risikos [3]. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass die Ergebnisse der analysierten Einzelstudien sehr unterschiedlich ausfielen – in immerhin 3 Fall-Kontroll-Studien lässt sich ein Zusammenhang zwischen häufigeren Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Aufnahme von Pflanzensterinen nachweisen. Ob es sich bei diesen Ergebnissen um einen Zufall handelt, oder ob die höhere Rate an Herz-Kreislauf-Problemen tatsächlich auf Pflanzensterine und nicht etwa andere Ursachen zurückzuführen sind, ist unklar. Zudem liegt die durchschnittlich aufgenommen Sterin-Menge in den analysierten Studien [3] wahrscheinlich unter 2 Gramm pro Tag.

Auch unklar ist, ob Pflanzensterine die Aufnahme mancher fettlöslicher Vitamine verlangsamen. In einer randomisiert-kontrollierten Studie zeigte sich durch den 6-wöchigen täglichen Verzehr von Milchprodukten, die mit Pflanzensterinen angereichert waren, jedenfalls eine deutlich reduzierte Aufnahme von Vitamin E und Beta-Carotin (Provitamin A) [4]. Dieser Effekt scheint jedoch nicht in allen Studien aufzutreten [6].

Cholesterin senken geht auch anders

Ob Pflanzensterine tatsächlich nicht nur den LDL-Cholesterinspiegel, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können, wurde bisher in keiner einzigen klinischen Studie untersucht. Solange solche Studien nicht durchgeführt worden sind, kann auch die entweder gesundheitsfördernde oder eventuell schädliche Wirkung der Sterine nicht beurteilt werden.

Gut belegt ist dafür die Cholesterin-senkende Wirkung einer umfassenden Änderung des Lebensstils. Eine Verringerung des Verzehrs an (vor allem gesättigten) Fetten, Gewichtsabnahme, sportlicher Betätigung sowie einer Obst- und Gemüse-reichen Ernährungsweise kann innerhalb von 6 bis 12 Monaten zu einer deutlichen Reduktion der LDL-Cholesterinwerte führen, und senkt auch klar das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen [5].

Reicht eine Änderung des Lebensstils nach Meinung des behandelnden Arztes nicht aus, um die erhöhten LDL-Cholesterinwerte zu senken, kann auch eine medikamentöse Behandlung angebracht sein. Die Wirksamkeit von Medikamenten wie Statinen, Gallensäure-bindenden Arzneimitteln, Nikotinsäure oder Fibraten ist zwar gut belegt, diese Mittel bringen aber mitunter eine Anzahl unerwünschter Nebenwirkungen mit sich.

[1] Wu u.a. (2012)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 20 randomisiert-kontrolierte Studien
Teilnehmer: 1273 Personen mit normalem, grenzwertigem oder erhöhtem Cholesterinspiegel
Fragestellung: Wie effizient senken Phytosterole oder Phytostanole Blutfettwerte?

Titel: “The effects of phytosterols/stanols on blood lipid profiles: a systematic review with meta-analysis”. Asia Pac J Clin Nutr. 2009;18(2):179-86. (Zusammenfassung der Studie)

[2] Musa-Veloso u.a.(2011)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 114 randomisiert-kontrolierte Studien
Teilnehmer: nicht gesondert angegeben
Fragestellung: Wie effizient senken Phytosterole oder Phytostanole Blutfettwerte?

Titel: “A comparison of the LDL-cholesterol lowering efficacy of plant stanols and plant sterols over a continuous dose range: results of a meta-analysis of randomized, placebo-controlled trials”. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2011Jul;85(1):9-28. doi: 10.1016/j.plefa.2011.02.001. Epub 2011 Feb 22. (Zusammenfassung der Studie)

[3] Genser u.a.(2012)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 17 Studien (3 Kohorten-Studien, 9 Fall-Kontroll-Studien sowie 5 Querschnittsstudien)
Teilnehmer: 11 182
Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen hohen Serum-Konzentrationen von Phytosterinen im Körper und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Titel: “Plant sterols and cardiovascular disease: a systematic review and meta-analysis”. Eur Heart J. 2012 Feb;33(4):444-51. (Studie im Volltext)

[4] Korpela u.a. (2006)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 164 PatientInnen mit leicht oder moderat erhöhtem Blut-Cholesterinspiegel
Fragestellung: Bewirkt die regelmäßige Einnahme von Phytosterolen und Phytostanolen in Milchprodukten mit niedrigem Fettgehalt im Vergleich zu einer Placebogruppe eine Senkung des Cholesterinspiegels sowie vermehrt unerwünschte Nebenwirkungen?

Titel: “Safety aspects and cholesterol-lowering efficacy of low fat dairy products containing plant sterols”. Eur J Clin Nutr. 2006 May;60(5):633-42. (Zusammenfassung der Studie)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[5] Rosenson R S (2015). Patient Information: High cholesterol treatment options (Beyond the Basics). In Rind D M (ed.). UpToDate. Abgerufen unter http://www.uptodate.com am 5. 7. 2016 (Patienteninformation im Volltext)

[6] Tangney C C, Rosenson R S (2016). Lipid lowering with diet or dietary supplements. In Rind D M (ed.). UpToDate. Abgerufen unter www.uptodate.com/contents/lipid-lowering-with-diet-or-dietary-supplements am 5. 7. 2016

Aktualisiert, ursprünglich veröffentlicht am 3. Mai 2012. Eine Suche nach neuen relevanten Studien brachte keine Änderung.

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