Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Milch: verschleimend und krankmachend?

Vor allem in der TCM gilt Kuhmilch als schleimbildend. Unter anderem soll sie Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten befördern. Ein wissenschaftlicher Beleg für diese Annahme fehlt.

Fördert der Konsum von Milchprodukten Verschleimung und Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohrenbereich?

Es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die eine Verschleimung durch Kuhmilch nachweisen würden.

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© tomocam - iStockphoto.com Sind Milch-trinkende Kinder kränker?
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Vor allem in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird dazu geraten, auf Kuhmilch und Kuhmilchprodukte zu verzichten, da sie die Schleimbildung im Körper fördern sollen. Besonders bei häufigen Erkrankungen der Atemwege wie Bronchitis oder chronischem Schnupfen wird Milchtrinken deshalb als kontraproduktiv betrachtet. Medizin Transparent hat unter die Lupe genommen, ob etwas an dieser Behauptung dran sein könnte.

Milch und Schleimproduktion

Wenn Kuhmilch tatsächlich Schleim erzeugt – wie tut sie das? Forscher aus Neuseeland berichten, dass ein bestimmtes Abbauprodukt der Milch Drüsen im Darm zu verstärkter Schleimproduktion anregen kann [3]. Doch wie soll das die Atemwege beeinflussen? Die Autoren formulieren die Hypothese, dass die Stoffe über die Blutbahn zur Lunge gelangen. Sei die bereits entzündet, würden sie dort die Schleimproduktion noch weiter anregen. Allerdings wird für diese Behauptung kein wissenschaftlicher Beleg geliefert. Studien, die den Mechanismus untersuchen oder sogar entdeckt haben, fehlen bisher.

In einer Studie erhielten Personen, die überzeugt waren, nach dem Konsum von Kuhmilch bei sich eine Verschleimung feststellen zu können, entweder Kuhmilch oder Sojamilch, ohne zu wissen, was sie bekamen. Es zeigten sich keine Unterschiede bei den Effekten zwischen den beiden Milchsorten.

Bisher konnten auch die oft behaupteten negativen Effekte von Milch auf Asthma bei Kindern [1] oder erwachsene Asthmakranke nicht nachgewiesen werden.

Die konkrete Frage, ob Kinder, die viel Milch trinken, öfter oder länger an Bronchitis, chronischem Schnupfen oder Tubenkatarrh als Vorstufe oder Folge von Mittelohrentzündungen leiden, wurde noch nie untersucht.

Kein Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Laborwerten

Die in einer systematischen Übersichtsarbeit zusammengefassten Ergebnisse bisher veröffentlichter Studien lassen nicht darauf schließen, dass ein hoher Milchkonsum die Entzündungswerte im Blut ansteigen lässt. [2] Wobei die hier analysierten Studien nicht an Kindern, sondern an übergewichtigen Erwachsenen durchgeführt wurden. Würde Kuhmilch tatsächlich entzündliche Erkrankungen wie Bronchitis oder Mittelohrentzündungen fördern, wie manchmal behauptet wird, müssten diese Entzündungsherde über Laborwerte im Blut jedoch nachweisbar sein.

Um zu klären, ob Milch tatsächlich schadet bzw. ein Gesundwerden hinauszögert, bräuchte es groß angelegte Studien. Sie müssten nachweisen, dass das Trinken von Kuhmilch die Erkrankungshäufigkeit oder die Krankheitsdauer beeinflusst. Dass der lange bestehende Volksglaube, dass Kuhmilch verschleimend wirkt, dadurch bestätigt wird, ist nach momentaner Wissenslage aber wenig wahrscheinlich.

[1] Thiara u. a. (2012)
Studientyp: nicht-systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 9
Teilnehmer insgesamt: 2.749
Fragestellung: Milchkonsum und Schleimbildung bei Kindern mit Asthma
Interessenskonflikte: keine genannt

Thiara G, Goldman RD., Milk consumption and mucus production in children with asthma. Can Fam Physician. 2012 Feb;58(2):165-6. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Labonté u. a. (2013)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 7 randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer insgesamt: 527 übergewichtige Erwachsene
Studiendauer: zwischen 3 und 6 Monaten
Fragestellung: Erhöht der Konsum von Milchprodukten Entzündungslaborwerte
Mögliche Interessenkonflikte: einige Autoren haben in der Vergangenheit Gelder aus der Lebensmittelindustrie erhalten.

Labonté MÈ, Couture P, Richard C, Desroches S, Lamarche B. Impact of dairy products on biomarkers of inflammation: a systematic review of randomized controlled nutritional intervention studies in overweight and obese adults. Am J Clin Nutr. 2013 Apr;97(4):706-17. (Studie in voller Länge)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[3] Bartley J1, McGlashan SR., Does milk increase mucus production? Med Hypotheses. 2010 Apr;74(4):732-4. (Zusammenfassung des Aufsatzes)

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht am 5. Mai 2014. Eine Suche nach aktuelleren Studien ergab keine inhaltlichen Änderungen.

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