Kolloidales Gold: fragwürdiges „Heilmittel“ zum Trinken

Kolloidales Gold zum Trinken wird als Mittel gegen alle möglichen Krankheiten beworben. Belege dafür fehlen allerdings.

AutorIn:
Review:  Bernd Kerschner 

Ist kolloidales Gold zum Trinken gesund?

Der angebliche gesundheitliche Nutzen von kolloidalem Gold zum Trinken – oder „trinkbarem Nanogold“ – ist wissenschaftlich nicht untersucht. Ebenso wenig mögliche schädliche Auswirkungen.

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© VRD - Fotolia.com Gold: Nicht alles, was glänzt, ist gesund
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Gold hat die Menschheit seit jeher fasziniert. Wer es zu Silvester besonders edel mag, schlürft Sekt mit Goldplättchen, isst in Gourmetrestaurants Blattgold-dekorierte Speisen oder schmiert sich Luxuscremes mit Goldpartikeln auf die Haut.

Im Internet wird Gold darüber hinaus als Naturheilmittel angeboten: in Form von kolloidalem Gold. Das sind Flüssigkeiten, die winzige Goldpartikel enthalten – „kolloidal“ bedeutet „sehr fein verteilt“. Die nur wenige Nanometer kleinen Goldstaub-Partikel verleihen der wässrigen Lösung eine intensiv rote Farbe.

Vergoldung für Innen?

Die Flüssigkeit soll bei allerlei Krankheiten wie Alzheimer, Multipler Sklerose oder rheumatoider Arthritis vorbeugend oder heilend wirken, so die Versprechungen der Anbieter. Kolloidales Gold soll auch das Denken verbessern, Impotenz bekämpfen, die Stimmung heben, den Alterungsprozess verlangsamen, Erschöpfung und Depressionen lindern oder gegen Krebs helfen – um nur einige der angeblichen Heilwirkungen zu erwähnen.

Was sagt die Forschung dazu?

Was kann kolloidales Gold?

Wissenschaftliche Studien können all das nicht bestätigen – denn es gibt sie nicht. Offenbar wurde die behaupteten vorbeugenden und heilenden Wirkungen von trinkbaren Gold-Nanopartikeln nie an Menschen untersucht.

Wegen möglicher Risiken und unklarer Inhaltsstoffe erscheint es aber ohnehin nicht empfehlenswert, diese Produkte zu trinken. Zu diesem Schluss kam auch die Wiener Umweltanwaltschaft: Sie warnte vor Lösungen mit Silber- und Gold-Nanopartikeln, da über deren mögliche Schädlichkeit zu wenig bekannt sei [5].

Gold gegen Rheuma

Ein Urteil über kolloidales Gold ist aufgrund fehlender wissenschaftlicher Beweise also nicht möglich. Hingegen ist die Anwendung von anderen Goldformen in einigen medizinischen Bereichen durchaus erprobt – zum Beispiel bei den Autoimmunkrankheiten Lupus erythematodes und Pemphigus. Das sind Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper wendet.

Bei rheumatoider Arthritis, kurz Rheuma genannt, erhalten manche Patientinnen und Patienten als Basistherapie Tabletten mit Gold. Alternativ werden manchmal auch Goldsalze in den Körper gespritzt. Diese Behandlung kann beispielsweise bewirken, dass sich Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeit in den Gelenken bessern [3].

Nebenwirkungen häufig

Allerdings sind Goldbehandlungen bei rheumatoider Arthritis nicht das Mittel der ersten Wahl. Sie werden normalerweise erst eingesetzt, wenn andere Therapien nicht funktionieren. Denn die langfristige Goldtherapie erfordert eine engmaschige Kontrolle.

Häufige Nebenwirkungen führen auch immer wieder zum Abbruch der Behandlung. Manche Effekte erscheinen vergleichsweise harmlos, wie Juckreiz, Hautausschlag und Entzündungen der Mundschleimhaut. Es kann aber auch zu ernsten und dauerhaften Nebenwirkungen kommen, etwa Schäden an Blutsystem, Leber und Lunge [4].

Dennoch sind einige Forschungsgruppen vom Potenzial des Goldes als Nanopartikel überzeugt und erproben beispielsweise, ob das Edelmetall künftig bei der Diagnose und Behandlung von Krebs oder bei Infektionskrankheiten hilfreich sein kann.

Von Gold und Silber

Über den fraglichen Nutzen und die möglichen Gefahren von Nanosilber haben wir bereits in unserem Faktencheck über kolloidales Silber berichtet.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Um herauszufinden, ob kolloidales Gold der Gesundheit nützt, bräuchte man klinische Studien – also Studien mit menschlichen Teilnehmenden. Am besten geeignet wären sogenannte randomisiert-kontrollierte Studien. Dabei werden die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen aufgeteilt: eine Behandlungs- und eine Kontrollgruppe. Die Behandlungsgruppe trinkt eine Zeitlang kolloidales Gold. Die Kontrollgruppe trinkt eine identisch aussehende Lösung ohne Gold – also eine Placebo-Lösung. Das ist wichtig, um auszuschließen, dass sich die Teilnehmenden der Gold-Gruppe schon allein deshalb besser fühlen, weil sie sich eine Wirkung erwarten. Man nennt das auch den Placebo-Effekt.

Am Ende der Studie würde der Gesundheitszustand der beiden Gruppen verglichen.

Wir haben in drei verschiedenen Datenbanken nach solchen Studien gesucht. Ohne Erfolg allerdings. Ob das Trinken von kolloidalem Gold gesund ist oder nicht wurde offenbar nie in geeigneten Studien untersucht.

[1] Arvizo u. a. (2012)
Arvizo RR, Bhattacharyya S, Kudgus RA, Giri K, Bhattacharya R, Mukherjee P. Intrinsic therapeutic applications of noble metal nanoparticles: past, present and future. Chem Soc Rev. 2012 Apr 7;41(7):2943-70. (Artikel in voller Länge)

[2] Norton (2008)
A brief history of potable gold. Mol Interv. 2008 Jun;8(3):120-3. (Zusammenfassung)

[3] UpToDate (2021)
Klinkhoff A. Use of gold compounds in rheumatic diseases. In Romain PL (ed.). UpToDate. Abgerufen am 19. 7. 2021 unter https://www.uptodate.com/contents/use-of-gold-compounds-in-rheumatic-diseases

[4] UpToDate (2021)
Klinkhoff A. Major side effects of gold therapy. In Romain PL (ed.). UpToDate. Abgerufen am 19. 7. 2021 unter https://www.uptodate.com/contents/major-side-effects-of-gold-therapy

[5] Wiener Umweltanwaltschaft (2013)
Kolloidale Silber- und Goldlösungen (03/2013). Abgerufen am 19. 7. 2021 unter wua-wien.at

  • 21.12.2023: Auch bei einer neuerlichen Suche fanden wir keine klinischen Studien zu kolloidalem Gold.
  • 19. 7. 2021: keine Änderung, keine neuen Studien gefunden
  • 18. 10. 2018: keine Änderung, keine neuen Studien gefunden
  • 16. 9. 2016: keine Änderung, keine neuen Studien gefunden
  • 29. 9. 2015: erste Veröffentlichung des Faktenchecks

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