Krebsvorsorge: Was der HPV-Test kann

Der HPV-Test erkennt wahrscheinlich etwas mehr Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs als der regelmäßige PAP-Abstrich. Aber es gibt auch Gründe, die gegen einen solchen Test sprechen.

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Entdeckt ein regelmäßiger HPV-Test zusätzlich zum empfohlenen PAP-Abstrich mehr Krebsvorstufen als nur der PAP-Abstrich alleine?

Durch die regelmäßige Untersuchung des Gebärmutterhalses mittels PAP-Abstrich werden Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs in den meisten Fällen rechtzeitig entdeckt. Das senkt das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Ein zusätzlicher HPV-Test alle drei bis fünf Jahre kann die Vorsorgeuntersuchung noch verlässlicher machen. Der Unterschied dürfte allerdings nicht allzu groß sein.

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© Eugenio Marongiu - Shutterstock.com Welche Vorsorgeuntersuchung und wann? Eine persönliche Abwägung von Vor- und Nachteilen.
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In Österreich erkranken pro Jahr rund 400 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, also an Krebs des Eingangs der Gebärmutter (Zervix-Karzinom). Rund 150 Frauen sterben jährlich daran [7]. Der Gebärmutterhalskrebs ist eine der wenigen Krebsarten, die von einer Virusinfektion ausgelöst werden – nämlich dem humanen Papilloma-Virus, kurz HPV.

Gebärmutterhalskrebs entwickelt sich über viele Jahre und verursacht lange Zeit keine Beschwerden. Deshalb ist eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt wichtig, um ihn rechtzeitig zu erkennen. In Österreich wird jährlich ein sogenannter PAP-Abstrich empfohlen. Durch routinemäßig durchgeführte PAP-Abstriche ist die Zahl der Gebärmutterhalskrebs-Fälle in ganz Europa in den letzten Jahrzehnten stark gesunken [12].

Der HPV-Test als Ergänzung zum PAP-Abstrich

Beim PAP-Abstrich werden mit einer kleinen Bürste Zellen des Gebärmutterhalses gesammelt und anschließend unter dem Mikroskop auf Veränderungen hin untersucht [11]. Werden Krebs-Vorstufen (Dysplasien, CIN) rechtzeitig entdeckt, kann eine rasche Behandlung verhindern, dass Gebärmutterhalskrebs entsteht. Die Kosten für den PAP-Abstrich übernimmt die Krankenkasse.

Ergänzend zum PAP-Abstrich empfehlen manche Fachleute einen regelmäßigen HPV-Test. Bei diesem Test wird im Labor direkt nach dem krebsauslösenden Virus in den Zellen des Gebärmutterhalses gesucht – unabhängig davon, ob die Zellen unter dem Mikroskop verändert aussehen.

Der HPV-Test: eine Kostenfrage?

Der HPV-Test kann im Zuge des PAP-Abstriches mitgemacht werden und bedeutet keinen zusätzlichen Aufwand oder Schmerzen. Mit etwa 50 bis 100 Euro ist er jedoch nicht günstig. Zahlen müssen Frauen den HPV-Test in Österreich und in der Schweiz selbst, die Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür derzeit nicht (Stand September 2022). In Deutschland ist derzeit für Frauen über 30 ein HPV-Test alle drei Jahre kostenfrei möglich (Stand September 2022).

Das stellt Frauen vor die Frage: Lohnt sich der zusätzliche HPV-Test? Kann er das Risiko für Gebärmutterhalskrebs senken? Oder reicht die regelmäßige Untersuchung mittels PAP-Abstrich aus?

HPV-Test ein bisschen zuverlässiger als PAP-Abstrich alleine

Dieser Frage gingen zwei umfangreiche Übersichtsarbeit nach, die alle bisherigen Studienergebnisse zusammenfassen [1,2]. Den Studien zufolge entdeckt der HPV-Test über mehrere Jahre hinweg wahrscheinlich geringfügig mehr Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs als der PAP-Abstrich alleine.

Der Unterschied zwischen den beiden Tests ist allerdings sehr gering [2,4]: Bei der regelmäßigen Untersuchung

  • mit PAP-Abstrich bekommen durchschnittlich 4 von 10.000 Frauen Gebärmutterhalskrebs.
  • mit HPV-Test (alleine oder zusätzlich zum PAP-Abstrich) bekommt durchschnittlich 1 von 10.000 Frauen Gebärmutterhalskrebs.

Der HPV-Test verhindert also wahrscheinlich 3 Krebserkrankungen pro 10.000 getesteten Frauen.

Ob dadurch auch Todesfälle durch Gebärmutterhalskrebs verhindern können, geht aus den Studien nicht hervor. Da in den Studien nur sehr wenige Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkrankt oder verstorben sind, lässt sich das nicht verlässlich sagen [1-4].

Tests können auch Nachteile haben

Dem Nutzen des HPV-Tests stehen auch Nachteile gegenüber. Zum Beispiel das etwas höhere Risiko für falschen Alarm (falsch-positives Ergebnis). Wenn 10.000 Frauen einen HPV-Test machen, werden rund 990 davon ein auffälliges Ergebnis erhalten, obwohl alles in Ordnung ist. Beim PAP-Test sind es rund 950 Frauen [3]. Solche Fehlalarme bedeuten unnötige und unangenehme Folge-Untersuchungen und können Angst machen.

Was passiert bei einem auffälligen Ergebnis?

Im Fall eines auffälligen Testergebnisses wird die Frauenärztin den Gebärmutterhals mit einer speziellen Lupe untersuchen. Man nennt diese Untersuchung auch Kolposkopie. Im Zuge der Untersuchung wird sie eine kleine Gewebeprobe (Biopsie) entnehmen, die sie anschließend ins Labor schickt. Erst anhand dieser Gewebeprobe lässt sich Gebärmutterhalskrebs oder eine Vorstufe davon mit Sicherheit feststellen oder ausschließen [10].

Ob man nun das Risiko für unnötige Folgeuntersuchungen und die Kosten eines HPV-Tests in Kauf nimmt, um etwas mehr Sicherheit zu erlangen, bleibt eine persönliche Entscheidung.

Viele Fachleute gegen Tests bei Frauen unter 30

Bei Frauen unter 30 Jahren sprechen sich viele medizinische Fachgesellschaften gegen einen HPV-Test aus [9]. HPV-Infektionen bei jungen Frauen sind zwar sehr häufig. Sie führen aber selten zu Problemen und heilen meist von selbst aus. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit für falsche Alarme und unnötige weitere Untersuchungen in dieser Altersgruppe besonders hoch. Krebsvorstufen wurden in Studien am häufigsten bei Frauen über 30 Jahren gefunden [1]. Ab diesem Alter kann ein HPV-Test also Sinn machen.

PAP-Abstrich und HPV-Test: Was ist der Unterschied?

Sowohl für den PAP-Abstrich als auch für den HPV-Test nimmt die Frauenärztin eine Probe von Zellen des Gebärmutterhalses, also des unteren Endes der Gebärmutter. Dazu benutzt sie eine Bürste, die ein bisschen an eine winzige Zahnbürste erinnert. Mit dieser Bürste streicht sie ein paar Mal über den Eingang des Gebärmutterhalses. Das tut nicht weh und dauert nur einige Sekunden.

Beim PAP-Abstrich werden die entnommenen Zellen unter dem Mikroskop untersucht. So können Veränderungen in den Zellen entdeckt werden, die auf Krebs hindeuten. Dieselben Zellen können für den HPV-Test ins Labor geschickt werden. Dort kann das krebsauslösende Virus direkt nachgewiesen werden.

PAP-Abstrich: die Wiederholung macht‘s

Ein einzelner PAP-Abstrich ist weniger verlässlich als ein HPV-Test, denn er kann auffällig veränderte Zellen auch übersehen. Wenn 10.000 Frauen mit Vorstufen von Gebärmutterhals-Krebs einen einzelnen PAP-Abstrich machen, wird der Test diese bei rund 50 Frauen übersehen. Wenn dagegen 10.000 Frauen mit Krebsvorstufen einen HPV-Test machen, werden diese bei rund 20 Frauen übersehen [3].

Diesen „Vorsprung“ des HPV-Tests kann der PAP-Abstrich durch regelmäßigen Einsatz alle ein bis drei Jahre allerdings weitgehend wettmachen. Denn wiederholtes Testen erhöht die Wahrscheinlichkeit, Krebsvorstufen rechtzeitig zu entdecken [4]. Der PAP-Abstrich eine schmerzfreie und unkomplizierte Untersuchung, die selten falschen Alarm auslöst. Zudem verursacht sie dem Gesundheitswesen im Vergleich zum HPV-Test weniger Kosten. In wohlhabenden europäischen Ländern können regelmäßige PAP-Abstriche für Frauen deshalb problemlos angeboten werden.

Junge Frauen und Männer besonders häufig mit HPV infiziert

Infektionen mit humanen Papillom-Viren (HPV) sind häufig, besonders bei sehr jungen Frauen und Männern. Man geht davon aus, dass über ein Drittel der 20- bis 25-jährigen Frauen und Männer potentiell krebsauslösende humane Papillom-Viren in sich trägt (sogenannten Hochrisiko-Stämmen) [8].

Übertragen wird das Virus beim Sex, aber auch bei sehr engem Körperkontakt. Ungeschützter Sex mit verschiedenen Partnern erhöht das Ansteckungs-Risiko. Männer können sich ebenfalls anstecken und HPV übertragen, bei ihnen führt die Infektion allerdings seltener zu Erkrankungen. Nicht alle HPV-Viren sind nämlich gleich gefährlich. Es gibt viele verschiedene Unterarten und nur einige davon verursachen Krebs (mehr Infos dazu hat Gesundheitsinformation.de).

HPV-Infektion heißt nicht Gebärmutterhalskrebs

Im Fall einer Infektion wandert das Virus in die Zellen des Gebärmutterhalses und vermehrt sich dort. Eine HPV-Infektion bleibt normalerweise unbemerkt und infiziert zu sein, bedeutet auch nicht, dass man Gebärmutterhalskrebs hat oder bekommen wird. Das Immunsystem scheint mit HPV-Infektionen gut klarzukommen und auch Infektionen mit potenziell gefährlichen HPV-Arten heilen in den meisten Fällen von selbst wieder aus.

Bei Frauen unter 30 Jahren ist das Immunsystem sehr aktiv und Gebärmutterhalskrebs ist deshalb selten [12]. Bleiben die Papilloma-Viren jedoch im Körper, steigt das Risiko für Gebärmutterhalskrebs – auch Jahre bis Jahrzehnte nach der ersten Infektion [5].

HPV-Impfung für Mädchen und Jungen

Durch die Verwendung von Kondomen lässt sich das Risiko für eine Ansteckung mit krebsauslösenden HPV verringern. Auch eine Impfung gegen HPV ist verfügbar. Sie sollte vor dem ersten Kontakt mit dem Virus – also am besten noch vor dem ersten Mal Sex – erfolgen. Die Impfung ist für Mädchen und Jungen gleichermaßen bestimmt. Bei Männern verursacht HPV zwar nur in seltenen Fällen Erkrankungen, wie etwa Penis-Krebs oder Krebs des Rachenraumes. Die Impfung von Männern verhindert aber, dass sie das Virus an Frauen weitergeben. So können auch Männer durch die HPV-Impfung zu weniger Fällen von Gebärmutterhalskrebs beitragen.

Mehr wissen

Das Portal Gesundheitsinformation.de bietet noch mehr ausführliche und wissenschaftlich solide Informationen zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs, Gebärmutterhalskrebs und Infektionen mit humanen Papillom-Viren sowie alles zur HPV-Impfung.

Die Studien im Detail

Welche Studien haben wir berücksichtigt?

Wir fanden zwei umfangreiche und solide durchgeführte Übersichtsarbeiten [1,2], die sämtliche bisher durchgeführten Studien zusammenfassen, in denen die Teilnehmerinnen auf Gebärmutterhalskrebs oder Vorstufen davon untersucht wurden: die Hälfte von ihnen mit einem regelmäßigen PAP-Abstrich alle ein bis drei Jahre, die andere Hälfte mittels eines HPV-Tests zu Beginn und zum Ende der Studien – alleine oder als Ergänzung zum PAP-Abstrich. Die Teilnehmerinnen der Studien wurden bis zu 5 Jahre lang getestet, entweder einmalig oder etwa alle zwei Jahre. Anschließend analysierten die Forschungsteams der Übersichtsarbeiten, ob mit dem HPV-Test insgesamt mehr, weniger oder gleich viele Krebsvorstufen entdeckt wurden wie mit dem PAP-Abstrich.

Wie aussagekräftig sind diese Studien?

Die zusammengefassten Studien waren Großteils gut durchgeführt und werden auch in den die beiden Übersichtsarbeiten nachvollziehbar zusammengefasst. Wir sind uns daher relativ sicher, dass mit einem zusätzlichen HPV-Test zumindest ein bisschen mehr Vorstufen von Gebärmutterkrebs entdeckt werden als nur mit dem PAP-Abstrich alleine. Dass die Frauen in den einzelnen Studien allerdings unterschiedlich oft und lang getestet wurden, macht die Studien schlecht vergleichbar. Das schwächt unser Vertrauen in das Ergebnis etwas ab.

 

[1] Melnikow u.a. (2018)
Melnikow J, Henderson JT, Burda BU, Senger CA, Durbin S, Soulsby MA. Screening for Cervical Cancer With High-Risk Human Papillomavirus Testing: A Systematic Evidence Review for the U.S. Preventive Services Task Force. Evidence Synthesis No. 158. AHRQ Publication No. 17-05231-EF-1. Rockville, MD: Agency for Healthcare Research and Quality; 2018.
(Link zur Übersichtsarbeit)

[2] IQWiG (2014)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Nutzenbewertung eines HPV-Tests im Primärscreening des Zervixkarzinoms: Aktualisierung; Rapid Report; Auftrag S13-03. 2014. (Link zum Bericht)

[3] Koliopoulos u.a. (2017)
Koliopoulos G, Nyaga VN, Santesso N, Bryant A, Martin-Hirsch PPL, Mustafa RA, Schünemann H, Paraskevaidis E, Arbyn M. Cytology versus HPV testing for cervical cancer screening in the general population. Cochrane Database of Systematic Reviews 2017, Issue 8. (Link zur Übersichtsarbeit)

[4] IQWiG (2021)
Welchen Nutzen haben HPV-Tests zur Früherkennung?
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.gesundheitsinformation.de

[5] IQWiG (2021)
Humane Papillomviren (HPV).
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.gesundheitsinformation.de

[6] IQWiG (2021)
Gebärmutterhalskrebs.
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.gesundheitsinformation.de

[7] Statistik Austria (2022)
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.statistik.at

[8] Robert-Koch-Institut Deutschland (2018)
Humane Papillomviren.
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.rki.de

[9] Choosing Wisely-Initiative (2016)
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.choosingwisely.org

[10] IQWiG (2021)
Gebärmutterhalskrebs: Früherkennung und Vorsorge.
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.gesundheitsinformation.de

[11] Österreichisches Sozialministerium (2019)
Krebsvorsorge bei Gebärmutterhalskrebs.
Abgerufen am 27.9.2022 unter www.sozialministerium.at

[12] UpToDate (2022)
Invasive cervical cancer: Epidemiology, risk factors, clinical manifestations, and diagnosis. Abgerufen am 28.9.2022 unter www.uptodate.com (Kostenpflichtiger Zugang notwendig)

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