Startseite ● Grüner Tee: eher kein Schutz vor Krebs Grüner Tee: eher kein Schutz vor Krebs Grünem Tee wird nachgesagt, dass er vor Krebs schützen soll. Studien können das jedoch nicht bestätigen. 22. Januar 2025 AutorIn: Bernd Kerschner Review: Jana Meixner Teilen Kann Grüner Tee Krebs vorbeugen? möglicherweise nicht Bisherige Studien ergaben: Wer viel grünen Tee trinkt, scheint ähnlich häufig an Krebs zu erkranken oder daran zu sterben wie jene, die ihn kaum trinken. Die Studien sind jedoch zu wenig aussagekräftig und zu unterschiedlich, um eine krebsvorbeugende Wirkung klar zu widerlegen. so arbeiten wir In Japan wird häufig Tee angebaut ©istockphoto.com – DoctorEgg Grüner Tee wird mit zahlreichen positiven Wirkungen auf die Gesundheit beworben. So soll er vor einem Herzinfarkt oder Schlaganfall schützen und generell das Leben verlängern. Zwar gibt es dafür durchaus Hinweise aus Studien – doch klare Belege kann die Forschung nicht liefern. Wir haben dazu bereits einen eigenen Faktencheck veröffentlicht. Dass grüner Tee Krebs vorbeugen soll, wird ebenfalls oft behauptet. Verantwortlich dafür sollen die enthaltenen Catechine sein – besonders die Substanz Epigallocatechingallat, abgekürzt EGCG. Diese Stoffe geben dem Tee auch seinen leicht bitteren Geschmack. Zweifel an Anti-Krebs-Wirkung Bisherige Studien deuten keine Krebs-vorbeugende Wirkung an. Studienteilnehmende, die bis zu 21 Jahre lang täglich mehrere Tassen grünen Tee zu sich genommen hatten, waren ähnlich häufig an Krebs verstorben wie jene, die in dieser Zeit nur wenig davon getrunken haben [Quelle 1]. Sicher widerlegt ist die Krebs-vorbeugende Wirkung damit jedoch nicht. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass es eine andere Erklärung für die fehlende Wirksamkeit gibt. So sind die meisten Studien in Asien durchgeführt worden. Die Bevölkerung dort trinkt grünen Tee viel häufiger als in Europa. Was für asiatische Studienteilnehmende eine geringe Grüntee-Menge ist, gilt in unseren Breiten möglicherweise schon als erhebliche Menge. Somit bleibt unklar, ob sich die Ergebnisse auf Menschen in unseren Breiten umlegen lassen. Weiters sind viele der Studien mangelhaft und daher nur eingeschränkt aussagekräftig. Warum, erklären wir weiter unten im Abschnitt „Die Studien im Detail“. Wirkung von Grüntee-Extrakt unklar Grünen Tee gibt es nicht nur als Getränk, sondern auch als Extrakt zu kaufen – etwa in Form von Kapseln. Im Unterschied zum aufgebrühten Getränk können diese Nahrungsergänzungsmittel höhere Konzentrationen der Grüntee-Inhaltsstoffe enthalten. Bisherige Studien liefen jedoch zu kurz, um eine krebsvorbeugende Wirkung solcher Kapseln aussagekräftig untersuchen zu können – sie dauerten nur zwischen zwei und 12 Monaten [Quelle 1]. Viele Krebsarten brauchen jedoch viele Jahre, um sich zu entwickeln. Ob sich Grüntee-Konzentrat zur Krebsvorbeugung eignet, bleibt also offen. Nebenwirkungen möglich Der Extrakt kann unerwünschte Wirkungen wie Verdauungsprobleme, Übelkeit oder Schlafstörungen hervorrufen. Es gibt auch einzelne Fällevon allergischen Hautreaktionen [Quelle 1]. In hohen Dosen und über längere Zeit eingenommen kann Grüntee-Extrakt auch die Leber schädigen. Der Hauptverursacher ist dabei eben der angeblich gesundheitsfördernde Inhaltsstoff Epigallocatechingallat (EGCG). Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt daher, nicht mehr als 800 Milligramm EGCG pro Tag zu konsumieren [Quelle 2]. Der EGCG-Gehalt von Produkten mit Grüntee-Extrakt ist meist auf der Packung angegeben. Grüner Tee als aufgebrühtes Getränk enthält deutlich weniger EGCG. Fachleute der EFSA gehen nicht davon aus, dass grüner Tee als aufgebrühtes Getränk die Leber schädigen kann. Denn er enthält deutlich weniger EGCG. Krebs durch Ernährung vorbeugen? Die Ernährung dürfte die Wahrscheinlichkeit für Krebs beeinflussen. Auch manche Krankheitserreger und Umweltgifte können Krebs auslösen [Quelle 3]. Die Ursachen für Krebs sind jedoch vielfältig und noch nicht zur Gänze erforscht. Für das eigene Krebsrisiko spielt neben dem Lebensstil auch der Zufall eine Rolle. Bisher haben wir in unseren Recherchen keinen Hinweis darauf gefunden, dass ein einziges Lebensmittel das Krebsrisiko deutlich senken kann. Weitere wissenschaftlich geprüfte Informationen zum Thema Krebsvorbeugung finden sich auf den Seiten Krebsinformationsdienst.de sowie Gesundheit.gv.at Die Studien im Detail Nach welchen Studien haben wir gesucht? Ob grüner Tee vor Krebs schützen kann, ist nicht einfach zu erforschen. Untersuchen lässt sich das auf zwei unterschiedliche Arten: In Beobachtungsstudien werden die Teilnehmenden zu ihren Teetrinkgewohnheiten befragt. Anschließend wird über lange Zeit beobachtet, ob sie seltener von Krebs betroffen sind, wenn sie viel grünen Tee trinken. Wenn sich dabei ein Zusammenhang zwischen häufigem Grüntee-Trinken und niedriger Krebsrate zeigen würde, wäre das allerdings kein Beweis für eine krebsvorbeugende Wirkung des Tees. Es könnte nämlich auch sein, dass Tee-Fans insgesamt mehr auf ihre Gesundheit achten – und das der wahre Grund für die selteneren Krebsfälle wäre. Mit randomisiert-kontrollierten Studien wäre es möglich, eine krebsvorbeugende Wirkung zu belegen. Denn diese Studienart erlaubt es, die mögliche Wirkung des Tees getrennt vom Lebensstil zu betrachten. Dazu werden die Studienteilnehmenden nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeteilt. Eine Gruppe nimmt grünen Tee zu sich, die andere (die Kontrollgruppe) nicht. Wenn die Teilnehmenden wissen, welcher Gruppe sie zugeteilt wurden, kann das jedoch die Ergebnisse verfälschen. Der Grund ist die Erwartung an eine mögliche Wirkung des Tees. Diese verleitet die Teilnehmenden in der Teegruppe eventuell dazu, auch sonst gesünder zu leben. Hier liegt der Vorteil dieser Studienart: Sie ermöglicht es, diesen Einfluss der Erwartung auszuschließen, indem die Gruppenzuteilung geheim gehalten wird. Das funktioniert am besten, wenn eine Gruppe Kapseln mit Grüntee-Extrakt bekommt, und die andere Gruppe gleich aussehende Scheinkapseln (Placebo-Kapseln) ohne Extrakt. Der Nachteil solcher Studien: Tee als Getränk lässt sich so nicht untersuchen. Hinzu kommt, dass diese Studien meist viel zu kurz laufen, um das Entstehen von Krebs untersuchen zu können. Denn Krebs entwickelt sich oft sehr langsam und über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte. Eine derart lang laufende randomisiert-kontrollierte Studie wäre sehr aufwändig und teuer. Bei unserer Recherche in mehreren Forschungsdatenbanken haben wir eine Übersichtsarbeit gefunden, die Ergebnissebisher durchgeführter Studien gut nachvollziehbar analysiert und zusammengefasst hat [Quelle 1]: Wie aussagekräftig sind die Beobachtungstudien? Am verlässlichsten sind Beobachtungsstudien, wenn anfangs gesunde Teilnehmenden über viele Jahre lang beobachtet werden – und sich erst im Laufe der Zeit zeigt, ob Grüntee-Trinker seltener an Krebs sterben. Deren Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Teekonsum keinen Unterschied macht. Und zwar auch dann, wenn mögliche Einflüsse wie der Lebensstil herausgerechnet werden [Quelle 1]. Weniger verlässlich sind Beobachtungsstudien, bei denen Menschen mit und ohne Krebserkrankung zu ihrem bisherigen Grüntee-Konsum befragt werden. Deren Ergebnisse stehen teilweise im Widerspruch zu den vorigen Studienergebnissen. Sie sind allerdings weniger aussagekräftig, weil sich die Teilnehmenden nicht immer gut erinnert haben, wie viel Tee sie tatsächlich in den letzten Jahren oder Jahrzehnten getrunken haben. Wie aussagekräftig sind die randomisiert-kontrollierten Studien? In den randomisiert-kontrollierten Studien zeigte sich ein unklares Bild [Quelle 1]. Aus folgenden Gründen haben wir wenig Vertrauen in deren Ergebnisse: Zu kurze Studiendauer: Die Studien liefen nur über zwei bis 12 Monate – viel zu kurz, um einen merkbaren Schutzeffekt zeigen zu können, wenn die Entwicklung von Krebs oft viele Jahre dauert. Unklare und widersprüchliche Ergebnisse: Zwar zeigte sich für keine der drei untersuchten Krebsarten ein deutlicher Vorteil durch Grüntee-Extrakt. Die Schwankungsbreite der Ergebnisse ist jedoch sehr groß. Wissenschaftliche Quellen [1] Filippini u.a. (2020) Green tea (Camellia sinensis) for the prevention of cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews, (3). (Übersichtsarbeit in voller Länge) [2] EFSA (2018) Scientific opinion on the safety of green tea catechins. EFSA Journal, 16(4), e05239. (Artikel in voller Länge) [3] UpToDate (2023) Overview of cancer prevention. Abgerufen am 5. 11. 2024 unter uptodate.com (Zugang kostenpflichtig) Versionsgeschichte 2. 1. 2025: Aktualisierte Version. Aktuellere Übersichtsarbeiten ändern unsere Einschätzung jedoch nicht. 13. 11. 2024: Aktualisierte Version, Basis ist eine neue Cochrane-Übersichsarbeit [Quelle 1]. Unsere Einschätzung bleibt jedoch im Wesentlichen gleich. 19. 7. 2016: Aktualisierte Version. Neue Studien ändern die Beweislage für die Krebs-vorbeugende Wirkung von Grüntee von „unklar“ auf „möglicherweise nicht“ 24. 9. 2012: erste Version Schlagworte CatechineEGCGEpigallocatechingallatGrüner TeeGrünteeKrebsKrebs-RisikoTee In über 500 Faktenchecks suchen