Wim Hof Methode: gesünder durch Kälte?

Extremsportler Wim Hof hält zahlreiche Kälteweltrekorde. Seine Trainingsmethode soll Immunsystem und Gesundheit stärken, doch Beweise dafür gibt es nicht.

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Review:  Jana Meixner 

Kann die Wim-Hof-Methode – bestehend aus Atemtechnik, Meditation und Gewöhnung an Kälte – Infektionskrankheiten vorbeugen? Hilft sie gegen Depression, chronische Gelenksentzündungen, Schmerzen oder andere Gesundheitsprobleme?

Es gibt zwar einzelne kleine Studien zur Wim-Hof-Methode, doch diese sind mangelhaft und nicht aussagekräftig. Außerdem haben sie an den aufgestellten Behauptungen vorbeigeforscht. Ob die Methode die körperliche und psychische Gesundheit fördert oder Krankheiten vorbeugt, können sie nicht beantworten.

so arbeiten wir
© Dudarev-Mikhail - Shutterstock.com Kältetraining ist ein Teil der Wim-Hof-Methode
© Dudarev-Mikhail – Shutterstock.com

Wim Hof ist ein Niederländer mit einer besonderen Beziehung zur Kälte: Er badet regelmäßig im Eis, ist am Mount Everest nur mit kurzen Hosen und Schuhen bekleidet bis zu einer Höhe von 7.400 Metern aufgestiegen und hält einige Weltrekorde, unter anderem im Barfuß-auf-Schnee-Halbmarathon. Seine „Wim-Hof-Methode“ unterrichtet er unter anderem mit dem Versprechen, das Immunsystem zu stärken.

Atmen, Meditieren und sich der Kälte aussetzen – das sind die Säulen der von Wim Hof beworbenen Methode. Regelmäßig ausgeführt verspricht der Erfinder unter anderem mehr Gesundheit, weniger Depression und eine Besserung bei chronischen Gelenksentzündungen.

Kälte ohne nachgewiesene Wirkung für die Gesundheit

Zwar haben wir drei Studien gefunden, die Menschen mit und ohne Wim-Hof-Training verglichen haben. Doch Belege können sie für keines dieser Versprechen liefern:

Eine der Studien hat die Reaktion auf ein künstlich verabreichtes Bakteriengift untersucht [1]. Darauf reagiert der Körper für ein paar Stunden mit Grippe-ähnlichen Symptomen. Mit einer echten – durch Bakterien oder Viren verursachten – Erkrankung hat das jedoch nicht viel zu tun. Ob die (ausschließlich männlichen) Teilnehmer tatsächlich seltener krank wurden, wenn sie nach der Wim-Hof-Methode trainiert haben, hat die Studie nicht erhoben. Dafür war sie mit einer Dauer von zehn Tagen auch viel zu kurz.

Eine zweite Studie [2] untersuchte Personen mit einer chronischen Entzündung der Hüft- oder Wirbelsäulen-Gelenke. Angeblich hätten sich die Beschwerden durch die Wim-Hof-Methode verbessert. Tatsächlich kann die Studie das jedoch gar nicht beantworten – dazu fehlt der Vergleich mit Teilnehmenden, die kein Wim-Hof-Training absolviert haben. (mehr dazu im Abschnitt „Die Studien im Detail“).

Kältebehandlungen schlecht erforscht

Eine weitere Studie [3] erhob nur Blutwerte und die allgemeine Stimmung der Teilnehmenden. Ob sich ihre Gesundheit auch spürbar verbesserte, hat sie nicht untersucht.

Zu anderen Behauptungen haben wir überhaupt keine Studien gefunden – etwa zur angeblichen Wirkung gegen Depression oder chronische Schmerzen.

Generell genießen Kältebehandlungen einen besseren Ruf, als die Studienlage es zulässt. Das zeigen unsere Recherchen zur Kältekammer, zu kalten Duschen oder zum Eisbaden.

Nicht ohne Risiko

Die erwähnten Studien [1-3] berichten zumindest nicht von Gesundheitsschäden oder Nebenwirkungen durch die Wim-Hof-Methode. Das bedeutet jedoch nicht, dass Unterkühlungen, Erfrierungen oder andere negative Folgen ausgeschlossen sind.

So kam es Medienberichten zufolge bereits zu Todesfällen durch Ertrinken – möglicherweise gefördert durch Wim Hofs Atemtechnik. Dabei atmet man rasch mehrere Male ein und aus und hält danach die Luft an. Dieses Hyperventilieren kann in seltenen Fällen Ohnmacht auslösen. Wim Hof selbst warnt deshalb davor, diese Atemtechnik im Wasser anzuwenden.

Zweifel durch Zwillings-Vergleich

Ein wissenschaftlich begleiteter Vergleich von Wim Hof und seinem genetisch identen Zwillingsbruder lässt grundsätzliche Zweifel aufkommen, ob das Kältetraining als ein Bestandteil der Methode überhaupt etwas bringt. Sein Bruder hat einen ganz gewöhnlichen Lebensstil und nie dafür trainiert, Kälte gut zu überstehen. Dennoch zeigt er ebenfalls eine erstaunliche Resistenz gegenüber Kälte.

Beide Brüder haben einen außergewöhnlich hohen Anteil an braunem Fettgewebe, welches bei der Regelung der Körpertemperatur eine Rolle spielt. Die Studie mit seinem Zwillingsbruder weist also darauf hin, dass für Wim Hofs Fähigkeiten, die ihm Kälteweltrekorde erlauben, eher seine Gene verantwortlich sein könnten und weniger sein Training [4].

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Ob ein Training nach der Methode von Wim Hof die Gesundheit fördert, Krankheiten vorbeugt oder Beschwerden lindert, lässt sich am besten in randomisiert-kontrollierten Studien erforschen. Vorausgesetzt es ist zuvor definiert, was eigentlich untersucht werden soll: zum Beispiel eine vorbeugende Wirkung vor Erkältungen oder anderen Infektionskrankheiten.

Für eine solche randomisiert-kontrollierte Studie wird eine größere Anzahl an gesunden Personen zwei Gruppen zugeteilt. Die Teilnehmenden suchen sich nicht selbst aus, ob sie lieber eisbaden möchten oder nicht, sondern sie werden per Los zugeteilt (randomisiert). Nur so ist garantiert, dass beide Gruppen gut miteinander vergleichbar sind – dass etwa die Teilnehmenden in der Vergangenheit ähnlich häufig erkältet waren, oder dass ähnlich viele Teilnehmende in jeder Gruppe gegen die Grippe oder das Coronavirus geimpft sind.

Eine Gruppe trainiert über längere Zeit regelmäßig nach der Methode von Wim Hof. Die andere Gruppe ist die Kontrollgruppe. Die ihr zugelosten Teilnehmenden absolvieren in derselben Zeit ein anderes Training oder Schulungen, die nichts mit der Methode von Wim Hof gemeinsam haben.

Idealerweise sollten die Erwartungen an eine mögliche krankheitsvorbeugende Wirkung in beiden Gruppen gleich hoch sein. Denn bereits die Erwartung allein kann die Gesundheit verbessern. Fachleute nennen das den Placebo-Effekt.

Am Ende der Studie werden die beiden Gruppen dann miteinander verglichen. Nur wenn die Teilnehmenden in der Wim-Hof-Gruppe tatsächlich seltener erkranken als in der Kontrollgruppe, wäre das ein Beleg für die Wirksamkeit.

Wie aussagekräftig sind die Studien?

Bei unserer Recherche haben wir drei solche randomisiert-kontrollierte Studien gefunden. Ihre Aussagekraft ist aber sehr gering. Sie können nicht beantworten, ob die Wim-Hof-Methode die Gesundheit wie behauptet fördern kann. Grund sind folgende gravierende Mängel:

  • An den Behauptungen vorbeigeforscht: Ob man seltener krank wird, wurde gar nicht untersucht. Eine der Studien [1] hat lediglich die Reaktion auf ein Bakteriengift untersucht, das die Teilnehmenden gespritzt bekamen. Scheinbar reagierten die Praktizierenden der Wim-Hof-Methode weniger stark darauf – auch wenn wir diesen Ergebnissen nicht trauen (siehe nächster Kritikpunkt). Über die Erkrankungshäufigkeit sagt das jedoch ohnehin nichts aus. Ein andere Studie [3] erhob nur Blutwerte und die Stimmung der Teilnehmenden. Klare Verbesserungen fanden die Forschenden dabei keine. Aus solchen Werten lässt sich jedoch ohnehin nicht auf eine Wirkung gegen körperliche oder psychische Erkrankungen schließen.
  • Willkürliche Auswahl an Daten: In der Studie zur Auswirkung des Bakteriengifts [1] wurden einige Teilnehmende im Nachhinein aus der Studie ausgeschlossen, ohne dass es dafür eine Erklärung gab.
  • Fehlender Vergleich: Eine Studie [2] hat Personen mit einer chronischen Entzündung der Wirbel- und Hüftgelenk untersucht – eine Gruppe mit und eine Gruppe ohne Training nach der Wim-Hof-Methode. Es scheint aber so, als wollte das Studienteam die Ergebnisse besser aussehen lassen, als sie waren. Sie verglichen nämlich am Ende nicht die beiden Gruppen direkt miteinander – so wie das eigentlich üblich wäre. Eine geeignete statistische Auswertung fehlt also.
  • Zu wenige Teilnehmende: An den Studien nahmen zwischen 24 und 42 Personen teil. Das ist viel zu wenig, um aus den Ergebnissen auf alle zu schließen, die die Wim-Hof-Methode anwenden.
  • Placebo-Effekt möglich: Da die Kontrollgruppe statt der Wim-Hof-Methode keine andere Trainingsmethode anwendete, dürfte ihre Erwartung an eine Gesundheitswirkung deutlich geringer gewesen sein als in der Wim-Hof-Gruppe.

[1] Kox et al. (2014) Voluntary activation of the sympathetic nervous system and attenuation of the innate immune response in humans. Proc Natl Acad Sci U S A. 2014;111(20):7379–7384. (Studie in voller Länge)

[2] Buijze et al. (2019) An add-on training program involving breathing exercises, cold exposure, and meditation attenuates inflammation and disease activity in axial spondyloarthritis – A proof of concept trial. PLOS ONE 14(12): e0225749. (Studie in voller Länge)

[3] Ketelhut et al. (2023) The effectiveness of the Wim Hof method on cardiac autonomic function, blood pressure, arterial compliance, and different psychological parameters. Scientific Reports, 13(1), 17517. (Studie in voller Länge)

[4] Vosselmann et al. (2014) Frequent extreme cold exposure and brown fat and cold-induced thermogenesis: a study in a monozygotic twin. PLoS One. 2014;9(7):e101653. (Studie in voller Länge)

  • 6.2.2024: eine neue Studie [3] ist zu wenig aussagekräftig, um unsere Einschätzung zu ändern. Haupttext und Abschnitt ‚Studien im Detail‘ entsprechend angepasst.
  • 25.10.2021: eine Aktualisierungs-Recherche förderte keine neuen aussagekräftigen Studien zutage
  • 28.2.2020: erste Version

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