Superpatch: Unseriöse Versprechen

Ein Pflaster mit Namen Superpatch soll Schmerzen lindern und die Gesundheit fördern. Die behauptete Wirkung ist alles andere als plausibel.

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Können Superpatch-Pflaster Schmerzen lindern, Schlafprobleme lösen oder sich sonst positiv auf die Gesundheit auswirken?

Dass Superpatch-Pflaster über ein bestimmtes Muster Informationen übertragen und so unter anderem Schmerzen lindern könnten, ist weder in seriösen Studien nachgewiesen noch plausibel. Wie genau die angebliche Technologie funktionieren soll, erklären Anbieter nicht.

so arbeiten wir
© iStock-Jacob Wackerhausen Schmerzpflaster ohne Wirkstoff?
© iStock-Jacob Wackerhausen

Anbieter der Superpatch-Pflaster versprechen Hilfe bei Schmerzen, besseren Schlaf, ein stärkeres Immunsystem und noch etliches mehr. Nicht durch ein Medikament, nein, denn die Pflaster sind garantiert wirkstofffrei – damit wirbt die Herstellerfirma. Heilsam sein soll ausschließlich ein im Pflaster enthaltenes Muster, das ein bisschen aussieht wie ein Fingerabdruck. Auf die Haut geklebt soll das Muster Informationen an das Nervensystem weiterleiten und so positive Wirkungen auf den Körper und die Psyche haben.

Superpatch: Zu super, um wahr zu sein?

Ein Pflaster ohne Wirkstoff gegen fast jedes Leiden, und das garantiert ohne Nebenwirkungen. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es vermutlich auch. Keine der angeblichen positiven Wirkungen ist wissenschaftlich bewiesen – obwohl die Superpatch-Firma das behauptet. Wir haben in drei verschiedenen Datenbanken nach Studien zu den Pflastern und der behaupteten Technologie dahinter gesucht. Ohne Erfolg. In seriösen wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht wurden solche Studien bisher nicht.

Fragwürdige Studien der Herstellerfirma

Auf der Superpatch-Seite im Internet findet sich eine Liste an Untersuchungen, die die Wirkung der Pflaster belegen soll. Jedoch nur zwei dieser Studien haben auch die beworbenen Pflaster untersucht, und zwar gegen Schmerzen und Schlafprobleme. Beide wurden von der Herstellerfirma durchgeführt.
Sie erfüllen die Mindestanforderungen an wissenschaftliche Studien nicht und können nichts über die Wirksamkeit der Superpatch-Pflaster aussagen. Warum, das erklären wir weiter unten im Abschnitt Die Studien im Detail.

Superpatch: Rätselhafte Signale für den Körper

Das Muster auf der Unterseite der Pflaster soll die Körperzellen dazu bringen, „Signale an das Nervensystem zu senden“. Um welche Signale es sich dabei genau handelt und wie diese übertragen werden, erklärt der Hersteller nicht. Bei dem angeblichen Mechanismus handle es sich laut Herstellerfirma um eine anerkannte, „äußerst wissenschaftlich erprobte“ Technologie. Doch das ist schlichtweg falsch. Unsere Recherche dazu führte ins Leere: Außerhalb der Superpatch-Firma ist die angebliche Technologie nicht bekannt und es gibt auch keine wissenschaftlichen Studien dazu. Aus medizinischer Sicht ist es nicht plausibel, dass bestimmte Muster, die auf die Haut aufgeklebt werden, gesundheitliche Auswirkungen haben.

Placebo-Effekt wahrscheinlich

Wir vermuten: Vermeintliche positive Wirkungen der Pflaster beruhen auf dem Placebo-Effekt. Wer fest daran glaubt, dass die Pflaster Schmerzen lindern oder besser einschlafen lassen, der wird vielleicht tatsächlich meinen, einen Effekt zu spüren – zumindest vorrübergehend.
Der Placebo-Effekt der Pflaster könnte noch verstärkt werden durch den hohen Preis der Superpatches: Rund 70 Euro kostet immerhin eine Packung. Wer so viel Geld für ein Produkt bezahlt, der möchte auch eine Wirkung spüren.

Gut gemachte Studien berücksichtigen den Placebo-Effekt – wie genau, das erklären wir weiter unten im Abschnitt Die Studien im Detail. Solche Studien scheinen im Fall der Superpatches allerdings nicht zu exisitieren.

Multi-Level-Marketing

Die Herstellerfirma der Superpatches, The Super Patch Company, vertreibt ihre Produkte über sogenanntes Multi-Level-Marketing [Quelle 3]. Das bedeutet, die Firma wirbt Privatpersonen als Vertriebspartner an, die dann eine große Menge an Superpatches bei der Firma einkaufen, und anschließend an ihr Umfeld weiterverkaufen. Meist werden den Vertriebspartnern hohe Gewinne versprochen. Bekannt wurde diese Marketing-Strategie zum Beispiel durch die sogenannten Tupper-Partys, bei denen Produkte der Firma Tupperware an Freunde und Bekannte verkauft wurden.

Verwandtschaft mit „Neurosocks“

Die Superpatch-Firma steht in direkter Verbindung zu dem kanadischen Unternehmen VoxxLife. Dieses hat auch Socken mit der Bezeichnung „Neurosocks“ auf den Markt gebracht, für die ähnliches versprochen wird wie für die Superpatches. Im Fall der „Neurosocks“ sollen in die Socken eingewebte Muster Gesundheitsvorteile bringen. Das Unternehmen „Neurosocks“, das die Socken in Österreich vertrieben hat, wurde 2022 vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) wegen irreführender Gesundheitswerbung geklagt und für schuldig befunden. Das Unternehmen ist mittlerweile insolvent.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Ob die Superpatch-Pflaster zum Beispiel Schmerzen lindern können, ließe sich ganz einfach untersuchen, und zwar am besten durch eine randomisiert-kontrollierte Studie. Man nehme dazu möglichst viele Probandinnen und Probanden, die unter Schmerzen leiden. Diese lost man per Zufall einer von zwei Gruppen zu: Die eine erhält Superpatch-Pflaster, die andere ein Placebo-Pflaster – also ein gleichaussehendes Pflaster ohne die vermeintliche Technologie. Um einen Placebo-Effekt ausschließen zu können, sollten weder die Teilnehmenden noch das Studienpersonal wissen, wer sich in welcher Gruppe befindet. Die Studie sollte also „verblindet“ sein. Nach einer gewissen Zeit würde das Studienpersonal dann erfragen, welche Gruppe weniger Schmerzen hat.

Eine solche Studie wurde offenbar nicht durchgeführt. Die einzigen beiden Studien zu Superpatch-Pflastern stammen von der Internetseite des Herstellers [Quellen 1,2]. Eine der beiden Studien untersuchte Superpatch-Pflaster gegen Schmerzen, die andere gegen Schlafprobleme. Wissenschaftliche Mindestanforderungen erfüllt keine der beiden.

Wie aussagekräftig sind die Studien?

Nur eine der beiden Studien – jene zu Schlafproblemen – war verblindet [Quelle 1]. Die andere, unverblindete Studie zu Schmerzen konnte nichts anderes messen als den Placebo-Effekt und ist daher vollkommen ungeeignet, die Wirksamkeit der Pflaster zu untersuchen [Quelle 2].

Wir halten beide Studien für nicht vertrauenswürdig. Das hat mehrere Gründe:

  • In beiden Studien wurde erst nachträglich eine Vergleichsgruppe von 20 Personen hinzugefügt, die Pflaster ohne die angebliche Technologie – also ein Placebo-Pflaster – benutzten. Dieses Vorgehen macht uns misstrauisch. Die Größe der Kontrollgruppe betrug zudem nur etwa ein Fünftel jener Gruppe, die das echte Pflaster benutzte. Das führt zu Verzerrungen in der Statistik.
  • Die Studienteilnehmenden wurden nicht per Zufall auf die Pflaster-Gruppe und die Vergleichs-Gruppe aufgeteilt. Es gab also keine sogenannte Randomisierung. Wir wissen nicht, wie die Vergleichs-Gruppe ausgewählt wurde und ob die Auswahl Einfluss auf das Ergebnis hatte.
  • In beiden Studien fehlen konkrete Zahlen, Angaben erfolgen ausschließlich in Prozent. Die angeblich positiven Ergebnisse sind deshalb für andere nicht nachvollziehbar. Auch bleibt unklar, wie viele Personen tatsächlich ausgewertet wurden. Das ist kein wissenschaftlich seriöses Berichten.
  • Beide Studien wurden von der Herstellerfirma durchgeführt. Die Autorinnen und Autoren wurden für ihr Mitwirken an der Studie direkt von der Herstellerfirma bezahlt.
  • Die Studien finden sich ausschließlich auf der Firmenwebseite und auf der Verlagsseite der Journale, bei denen sie veröffentlicht sind. In gängigen wissenschaftlichen Datenbanken scheinen sie nicht auf. Nach ausführlicher Recherche zeigte sich, dass die Journale keine gesicherten Qualitätsstandards aufweisen und nicht als vertrauenswürdig genug eingestuft sind, um in wissenschaftlichen Datenbanken aufgenommen zu werden.
  • Bei den Autorinnen und Autoren der beiden Studien gibt es Ungereimtheiten und wir haben begründete Zweifel an ihrer Qualifikation. Zudem scheint der Erstautor einer der Studien an der Universität, der er laut der Studie angehören soll, nicht als Mitarbeiter auf.

 

 

[1] Doghramji, P., Fason, J., & Hurwitz, P. (2024). Reducing sleep disorder and insomnia related symptoms with haptic technology. Int J Family Med Healthcare, 3(1), 1-9. (Link zur Studie)

[2] Gudin, J., Fason, J., & Hurwitz, P. (2024). Using haptic technology for pain reduction and functional improvement. Anesth Pain Res, 8(1), 1-8. (Link zur Studie)

[3] TINA.org (2024)
Abgerufen am 12.8.2025 unter truthinadvertising.org

  • 12.8.2025: Nachdem wir einen Anwaltsbrief der Super Patch Company mit dem Vorwurf der falschen Berichterstattung erhalten haben, haben wir unsere Recherche erneut auf den neuesten Stand gebracht. Wir fanden zwar wieder keine geeigneten Studien zu den Superpatches. Wir haben allerdings folgende Änderungen und Ergänzungen im Artikel vorgenommen: Hinter den Superpatches steht nicht wie ursprünglich berichtet die Firma VoxxLife. Die beiden Unternehmen haben jedoch denselben Gründer und CEO, und Superpatches und Neurosocks werden von derselben Vertriebsgesellschaft vertrieben, der Srysty Holdings Inc. Wir haben außerdem noch einen Absatz zur Marketingstrategie der Super Patch Company und zum Placebo-Effekt ergänzt. Weiters wurden zwei neue Studien auf der Firmenseite veröffentlicht, die wir uns genau angesehen haben. Wir haben die Infos im Abschnitt „Studien im Detail“ entsprechend angepasst.
  • 24.6.2024: bei einer Aktualisierungs-Recherche haben wir keine neueren Studien gefunden – keine Änderung.
  • 3.10.2023: erste Veröffentlichung des Faktenchecks

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