StroVac: Impfung gegen Blasenentzündung eher wirkungslos

Die Strovac-Impfung scheint Blasenentzündungen nicht vorbeugen zu können. Eine große Studie zeigt keinen eindeutigen Unterschied zu einer Scheinimpfung.

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Hilft die StroVac-Impfung, Blasenentzündungen vorzubeugen?

In einer relativ aussagekräftigen Studie hatten die Teilnehmenden nach einer StroVac-Impfung etwa genauso häufig eine Blasenentzündung wie nach einer Scheinimpfung.

so arbeiten wir
Frau mit schmerzhafter Blasenentzündung Blasenentzündungen können schmerzhaft sein.
© fongbeerredhot – shutterstock.com

Eine Blasenentzündung kann sehr unangenehm sein – besonders wenn sie immer wieder auftritt. Das Problem mit wiederkehrenden Blasenentzündungen betrifft viele Frauen. Wie sich die Infektionen verhindern lassen, ist für sie eine wichtige Frage. Eine Leserin wollte von uns wissen, was zum Nutzen der StroVac-Impfung für diesen Zweck bekannt ist.

Was ist StroVac?

Unter dem Namen StroVac steht in Deutschland eine Impfung gegen Blasenentzündung zur Verfügung. In Österreich ist sie unserer Recherche nach nicht auf dem Markt. Das Mittel wird als Spritze in den Oberarm-Muskel verabreicht. Vom Hersteller sind drei Injektionen im Abstand von ein bis zwei Wochen vorgesehen – und eventuell eine Auffrischung ein Jahr später [5]. Bezahlen muss man die Impfung allerdings selbst – denn die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernehmen die Kosten in der Regel nicht.

Der Impfstoff enthält eine Mischung aus abgetöteten Bakterien, die zu den häufigsten Erregern von Harnwegsinfekten zählen. Die Idee dahinter: Durch die Impfung soll das Immunsystem Antikörper gegen die Erreger bilden und so dafür sorgen, dass eine Blasenentzündung erst gar nicht entsteht.

Ob das tatsächlich funktioniert, lässt sich mithilfe aussagekräftiger Studien belegen. Nach solchen haben wir deshalb gesucht.

Wahrscheinlich nicht besser als Scheinimpfstoff

Allerdings konnten wir nur eine einzige Untersuchung [1] finden, die wissenschaftliche Mindestanforderungen für eine Beurteilung der Wirksamkeit erfüllen. Darin erhielten die Teilnehmenden, meist Frauen, nach dem Zufallsprinzip entweder StroVac oder eine Scheinimpfung (Placebo). Dann hat das Forschungsteam über einen Zeitraum von einem guten Jahr beobachtet, wie häufig bei den Teilnehmenden eine Blasenentzündung auftrat.

Die Studie kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Es gab keinen eindeutigen Unterschied zwischen der StroVac- und der Placebo-Gruppe. In beiden Gruppen waren Blasenentzündungen gleich häufig. Die Impfung mit StroVac dürfte Blasenentzündungen also nicht vorbeugen. Es gibt allerdings eine Einschränkung: An der Studie haben nicht ausreichend viele Personen teilgenommen, dass wir uns bei unserer Einschätzung ganz sicher sein könnten.

Unerwünschte Effekte waren jedenfalls deutlich häufiger: So berichteten umgerechnet 37 von 100 Teilnehmenden in der StroVac-Gruppe über Schmerzen an der Injektionsstelle, etwa 12 von 100 über grippeähnliche Beschwerden. In der Placebo-Gruppe war das jeweils nur bei etwa 5 von 100 Personen der Fall.

Brennendes Problem

Blasenentzündungen treten bei Frauen öfter auf als bei Männern. Etwa 5 von 100 Frauen erkranken sogar mehrmals im Jahr. Zur Vorbeugung empfehlen Fachleute, direkt nach dem Sex die Blase zu entleeren und viel zu trinken. Wie gut das tatsächlich hilft, ist aber nicht gut untersucht [3].

Wenn solche Maßnahmen nicht ausreichen, kann manchen Frauen eine vorbeugende Einnahme von Antibiotika helfen. Die Einnahme erstreckt sich in der Regel über sechs oder zwölf Monate. Das senkt zwar das Risiko für eine erneute Blasenentzündung, kann aber zu Nebenwirkungen wie Durchfall oder Pilzinfektionen in der Scheide führen [3,4].

Andere Optionen, um wiederkehrende Blasenentzündungen zu verhindern, sind schlechter untersucht. Dazu gehören etwas Präparate auf der Basis von Cranberry, Mannose, Kresse und Meerrettich (Kren) oder Rosmarin, Liebstöckel und Tausendgüldenkraut.

Gesicherte Informationen zur Behandlung und Vorbeugung einer Blasenentzündung hat die Webseite Gesundheitsinformation.de des IQWIG-Instituts in Deutschland veröffentlicht.

Die Studien im Detail

Welche Studien haben wir berücksichtigt?

In unserer Recherche haben wir uns auf Studien konzentriert, in denen zwei Gruppen verglichen wurden: Idealerweise erhält eine Gruppe die Impfung mit StroVac oder ein vergleichbares Präparat. Die zweite Gruppe bekommt einen Scheinimpfstoff (Placebo) oder ein Mittel, für das ein vorbeugender Nutzen gesichert ist. Dabei sollten die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip einer der beiden Gruppen zugeteilt werden. Berücksichtigt haben wir nur Studien mit Erwachsenen, die von wiederkehrenden Blasenentzündungen betroffen waren.

Zwei Studien entsprachen diesen Kriterien [1,2]. Eine davon [2] konnten wir für die Auswertung allerdings nicht heranziehen, da nur etwa ein Drittel der Teilnehmenden von wiederkehrenden Harnwegsinfekten betroffen war, deren Daten noch dazu lückenhaft waren.

An dieser Untersuchung [1] nahmen 376 Personen teil, überwiegend Frauen mit einem mittleren Alter von 44 Jahren. Sie waren in den zwölf Monaten vor der Studie mindestens fünfmal an einer unkomplizierten Blasenentzündung erkrankt. Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf hatten sie nicht. Die Ergebnisse der Studie sollten sich deshalb gut auf typische Betroffene in der Allgemeinbevölkerung übertragen lassen.

Was waren die Ergebnisse?

In der Studie nahm die Anzahl der Blasenentzündungen sowohl in der StroVac-Gruppe als auch in der Placebo-Gruppe deutlich ab. Innerhalb von 13,5 Monaten sank die Anzahl bei den Teilnehmenden:

  • mit StroVac-Impfung von 5,5 auf 1,2 Blasenentzündungen
  • mit Placebo-Impfung von 5,4 auf 1,3 Blasenentzündungen

Die StroVac-Impfung konnte Blasenentzündungen also nicht merkbar besser vorbeugen als eine Scheinimpfung.

Wie aussagekräftig ist die Studie?

Um uns wirklich sicher sein zu können, dass die StroVac-Impfung gegen Blasenentzündung wirkungslos ist, wären noch mehr Teilnehmende nötig gewesen. Grundsätzlich erschien uns die Studie allerdings gut gemacht, auch wenn wir uns an einigen Punkten detailliertere Informationen gewünscht hätten.

Ein Großteil der Forschungsgruppe hinter der Studie hatte finanzielle Verbindungen zum Hersteller des StroVac-Impfstoffs. Bei einem positiven Ergebnis der Studie wäre das Grund zur Vorsicht. Da die Ergebnisse aber eher ernüchternd ausfallen, gehen wir davon aus, dass sie durch diesen Umstand nicht verzerrt waren.

[1] Nestler (2023)
Nestler S u.a. Prospective multicentre randomized double-blind placebo-controlled parallel group study on the efficacy and tolerability of StroVac® in patients with recurrent symptomatic uncomplicated bacterial urinary tract infections. Int Urol Nephrol 2023;55:9-16. (Studie in voller Länge)

[2] Grischke (1987)
Grischke E u.a. Treatment of bacterial infections of the female urinary tract by immunization of the patients. Urol Int 1987; 42:338-341 (Zusammenfassung der Studie)

[3] IQWIG (2022)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Blasenentzündungen vorbeugen. Abgerufen am 7.2.2023 unter https://www.gesundheitsinformation.de/blasenentzuendungen-vorbeugen.html

[4] UpToDate (2023)
Gupta K. Recurrent simple cystitis in women. Abgerufen am 7.2.2023 unter https://www.uptodate.com/contents/recurrent-simple-cystitis-in-women (kostenpflichtig)

[5] Fachinformation (2021)
StroVac und Booster-StroVac, Stand Juli 2021. Zugänglich über das Arzneimittel-Informationssystem. Abgerufen am 7.2.2023 unter https://www.pharmnet-bund.de/dynamic/de/arzneimittel-informationssystem/index.html

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