Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Stoßwellentherapie: Linderung bei schmerzender Ferse möglich

Schmerzen in der Ferse sind quälend. Wenn übliche Therapien nicht greifen, kann eine Stoßwellentherapie helfen.

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Kann eine extrakorporale Stoßwellentherapie Schmerzen in der Ferse lindern, wenn die Ursache eine Sehnenentzündung oder ein Fersensporn ist?

Eine Stoßwellentherapie hilft wahrscheinlich, chronische Fersenschmerzen zu lindern – wenn diese durch eine Entzündung der Fußsohlen-Sehnenplatte (Plantarfasziitis) oder durch einen Fersensporn verursacht werden. In vielen Fällen bessern sich die Beschwerden auch von alleine wieder.

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© Yulia Podlesnova - shutterstock.com Guter Auftritt: Die Stoßwellentherapie kann dabei helfen.
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Morgens ist es am schlimmsten: Wird der Fuß aus dem Bett auf den Boden gesetzt, ist der stechende Schmerz in der Ferse da. Dahinter steckt oft eine entzündete Sehnenplatte in der Fußsohle.

Bei einem Teil der Betroffenen trüben die Schmerzen nur das tägliche Aufstehen. Manchmal nehmen die Beschwerden jedoch im Laufe des Tages zu. Dann ist der Schmerz ständiger Begleiter – sprichwörtlich auf Schritt und Tritt. Im schlimmsten Fall lässt er auch nachts nicht nach [5, 8].

OP oder Stoßwellentherapie?

Bei vielen verschwinden die Beschwerden nach einiger Zeit wieder von selbst [1, 5, 7]. Andere haben dieses Glück nicht. Für sie gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten: etwa Dehnungsübungen, physikalische Therapien oder entzündungshemmende Medikamente. Doch nicht immer helfen diese Behandlungen, die Schmerzen loszuwerden [1].

Dann kann eine Operation angedacht werden, die allerdings auch Risiken und mögliche Nebenwirkungen hat. Und so empfehlen manche Ärztinnen und Ärzte eine Stoßwellentherapie.

Die Wirksamkeit winziger Hammerschläge

Bei einer Stoßwellentherapie hält der behandelnde Arzt oder die Ärztin ein Gerät an die Fußsohle. Das Gerät gibt winzige, aber kraftvolle Druckimpulse ab. Das fühlt sich an wie kleine Hammerschläge, die rasch aufeinander folgen.

Bisherige Forschungsarbeiten zur Stoßwellentherapie haben Betroffene untersucht, die seit mindestens drei Monaten an Fersenschmerzen gelitten und andere Behandlungsmöglichkeiten bereits ausgeschöpft hatten [1-3]. Ein Forschungsteam des Deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) hat all diese Studien analysiert und zusammengefasst [1].

Vergleich mit Scheintherapie

Die aussagekräftigsten Ergebnisse zeigen Studien, in denen die Testpersonen sechs Wochen bis sechs Monate nach der Behandlung untersucht worden sind. Demnach kann eine Stoßwellentherapie die Schmerzen dieser Betroffenen wahrscheinlich lindern, wenn auch nicht in jedem Fall [1].

  • Nach einer Stoßwellentherapie besserten sich bei 56 von 100 Personen die morgendlichen Schmerzen.
  • Nach einer Scheintherapie (Placebotherapie) ohne Stoßwellen besserten sich bei 42 von 100 Personen die morgendlichen Schmerzen.

Anders ausgedrückt heißt das, dass offenbar 14 von 100 Behandelten von der Stoßwellentherapie profitierten.

Vergleich mit anderen Behandlungen

Weniger eindeutig können die Studien beantworten, wie gut eine Stoßwellentherapie im Vergleich zu Medikamenten, einer Ultraschall-Behandlung, Dehnübungen oder einer Operation abschneidet [1].

Die Forscherinnen und Forscher des IQWIG konnten zu den einzelnen Behandlungsformen nur wenige Studien mit meist schlechter Qualität finden. Ob eine Stoßwellentherapie besser oder schlechter hilft als andere Behandlungen, muss erst in künftigen Studien gezeigt werden [1].

Unangenehm bis schmerzhaft

Etliche Menschen empfinden die Stoßwellentherapie als unangenehm. Rund eine von zehn behandelten Personen klagt über Schmerzen während der Behandlung [1,4]. Aus diesem Grund gibt es manchmal eine örtliche Betäubung.

Bei ebenfalls rund einer von zehn Personen kommt es zu Hautrötungen an der Fußsohle. Möglich sind auch blaue Flecken oder Schwellungen. In der Regel verschwinden diese unangenehmen Begleiterscheinungen nach wenigen Tagen wieder [1,2,4,5].

Schwere Nebenwirkungen sind sehr selten. So berichtete das Forschungsteam des IQWIG von einer Person, der bei der Behandlung die Fußsohlen-Sehnenplatte gerissen ist. Das kann jedoch bei einer solchen Entzündung auch ohne Stoßwellentherapie passieren. In einer anderen Studie war von zwei Geräte-bedingten Quetschungen die Rede [1,4].

Noch ungeklärt

Obwohl die vorhandenen Studien ziemlich eindeutig einen Vorteil der Stoßwellentherapie gegenüber einer Scheinbehandlung gezeigt haben, bleiben doch einige Fragen offen:

  • Wie stark müssen die Stoßwellen sein, um die Beschwerden bestmöglich zu lindern und trotzdem die Fußsohle zu schonen?
  • Ist es sinnvoll, eine Stoßwellentherapie mit anderen Behandlungsverfahren zu kombinieren?
  • Hält die Schmerzlinderung länger als sechs Monate an oder kann die Stoßwellentherapie die Schmerzen nur für kurze Zeit bessern?
  • Es ist unklar, wie oft eine Stoßwellentherapie wiederholt werden muss, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Derzeit üblich sind zwei bis fünf Sitzungen im Abstand von je einer Woche [1].

Druckwellen mit Tiefgang

Ein Stoßwellengerät erzeugt rund fünf bis zehn starke Druckimpulse pro Sekunde. Sie dringen ähnlich wie Ultraschallwellen in den Körper ein. Vor der Behandlung wird ein Kontaktgel auf die Haut aufgetragen – auch dies gleicht einer Ultraschallbehandlung.

Die bisher durchgeführten Studien untersuchten zwei unterschiedliche Arten von Stoßwellen. Bei der „fokussierten Stoßwellentherapie“ dringen die Druckwellen tief ins Gewebe ein und sind auf einen bestimmten Punkt gerichtet. Die „radiäre Stoßwellentherapie“ wirkt eher breit und nur an der Körperoberfläche. Wie sich die beiden Arten in ihrer Wirkung unterscheiden, ist nicht ausreichend erforscht [1].

Wirkmechanismus unklar

Bisher ist nicht eindeutig geklärt, durch welchen Mechanismus Stoßwellen eine Besserung der Schmerzen bewirken. Forscherinnen und Forscher vermuten, dass die Stoßwellen an der schmerzenden Stelle Nervenzellen aktivieren und körpereigene Botenstoffe freisetzen. Dadurch sollen Reparaturprozesse in Gang gebracht und die Durchblutung gefördert werden [1,2].

Überlastete Fußsohle

Die häufigste Ursache für Fersenschmerzen ist eine Entzündung der Fußsohlen-Sehnenplatte (Plantarfaszie) [1,5,7]. Dieses Sehnenbündel breitet sich in Form eines Fächers vom Fersenknochen über die gesamte Fußunterseite bis zu den Zehen aus.

Ursache für die Entzündung kann eine Überlastung der Fußsohlen-Sehnenplatte sein. Typisch dafür sind stechende Schmerzen an der Fußunterseite, vor allem beim Anlaufen, aber auch nach längeren Belastungen.

Betroffen von dieser Entzündung sind eher Menschen, die beruflich viel stehen oder wie Langstreckenläufer sportlich sehr aktiv sind. Auch Übergewicht oder Fußfehlstellungen wie Platt-, Hohl-, Spreiz-, Knick- und Senkfuß, können dazu führen [1,5,6]. Sind Fußfehlstellungen die Ursache, können Schuheinlagen möglicherweise helfen. Darüber haben wir bereits berichtet: „Schwacher Auftritt – Nutzen von Schuheinlagen oft ungewiss

Bei manchen Menschen mit Fersenschmerzen zeigt das Röntgenbild einen kleinen dornartigen Auswuchs auf der Unterseite des Fersenknochens, auch „Fersensporn“ genannt. Ungeklärt ist, ob ein Fersensporn mit einer entzündeten Plantarfaszie zusammenhängt. Manchmal wird ein Fersensporn auch nur zufällig bei einem Röntgen entdeckt; er muss also nicht unbedingt Beschwerden verursachen [1,5].

Vielfältige Stoßwellentherapie

Die Idee, Beschwerden durch Stoßwellen zu lindern, ist keineswegs neu. Seit langem setzen Ärztinnen und Ärzte die Stoßwellentherapie erfolgreich ein, um Nierensteine zu zertrümmern [1,6]. Dadurch ist es möglich, die Steine auch ohne Operation aus dem Körper zu entfernen.

Seit einiger Zeit wird die Stoßwellentherapie auch bei der so genannten Kalkschulter eingesetzt [3]. Dabei verursachen kalkhaltige Ablagerungen eine schmerzhafte Entzündung der Schultersehnen.

Außerdem sollen die Stoßwellen unterstützend bei der Heilung von Wunden und Knochenbrüchen wirken [3]. Das evidenzbasierte Ärzteinformationszentrum der Donau-Universität Krems hat aber nur schwache Hinweise darauf gefunden, dass eine Stoßwellentherapie bei Knochenbrüchen helfen kann: „Gibt es Evidenz für die Wirksamkeit der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) bei akuten Schaftbrüchen hinsichtlich einer Unterstützung der Frakturheilung?

Die Studien im Detail

Für unsere Beurteilung haben wir drei aktuelle systematische Übersichtsarbeiten gefunden [1,2,3]. In diesen Arbeiten stimmen die Autoren und Autorinnen darin überein, dass eine Stoßwellentherapie helfen könnte. Und zwar Menschen, die ihre Fersenschmerzen mit herkömmlichen Behandlungsmöglichkeiten nicht in den Griff bekommen.

Die umfangreichste und am aufwändigsten durchgeführte dieser Übersichtsarbeiten stammt aus der Feder des Deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) [1]. Die Autorinnen und Autoren wollten wissen, wie die Stoßwellentherapie im Vergleich zu einer Scheinbehandlung ohne Stoßwellen oder zu üblichen Behandlungsverfahren abschneidet. Dazu suchten sie in mehreren Literaturdatenbanken nach bisher veröffentlichten randomisiert-kontrollierten Studien. Insgesamt konnten sie für ihre zusammenfassende Analyse 29 Studien finden.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer litten seit mindestens drei Monaten an Fersenschmerzen, die durch eine herkömmliche Behandlung nicht besser wurden. In 15 dieser Studien war die Frage zentral, ob eine Stoßwellentherapie die Schmerzen besser lindern kann als eine Scheinbehandlung mit einem Placebo-Gerät.

Nachdem sich die analysierten Studien inhaltlich teilweise stark voneinander unterschieden, konnten die Autorinnen und Autoren die Daten nur zum Teil zusammenfassen. So war beispielsweise in einigen Studien eine fokale, in anderen eine radiäre Stoßwellentherapie das Mittel der Wahl. Außerdem wurden die Fersen in den einzelnen Studien mit verschiedenen Energiestärken behandelt. Auch die Therapieintervalle waren unterschiedlich und reichten von Therapien ein Mal pro Woche bis hin zu ein Mal alle sechs Wochen. Solche Unterschiede erschweren eine statistische Auswertung und einen aussagekräftigen Vergleich der Ergebnisse.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine gut durchgeführte randomisiert-kontrollierte Studie ist die sogenannte „mehrfache Verblindung“: Ziel ist, dass weder die teilnehmenden Personen noch die behandelnden und auswertenden Personen wissen, wer welche Behandlung erhält. Das soll sicherstellen, dass nicht verschiedene Erwartungshaltungen das Studienergebnis beeinflussen.

Da bei einer Stoßwellentherapie ein tickendes Geräusch zu hören ist und die Patientinnen und Patienten die Stöße spüren, ist eine derartige Verblindung schwierig. Nicht alle Studienautorinnen und -autoren versuchten vor den Testpersonen zu verbergen, ob sie eine echte oder nur eine Scheinbehandlung bekamen.

In anderen Studien wiederum wurden die Stoßwellen zwecks „Tarnung“ mit verschiedenen Materialien gedämpft. So wurden die Stoßwellengeräte mit Luftkammer-Folie, Schaumstoff oder Styropor isoliert. Oder es wurden Scheingeräte mit stark verringerter Stoßenergie verwendet. Ob diese Maßnahmen gut genug waren, um den zugeteilten Behandlungsmodus zu „verheimlichen“, ist jedoch unklar. Allerdings: das medizinische Personal, das am Ende der Untersuchung die Schmerzen der Testpersonen erhob, war verblindet – wusste also nicht, wer welche Intervention erhalten hatte.

Außerdem werteten die Autorinnen und Autoren des IQWIG acht Studien zu der Frage aus, wie die Stoßwellentherapie im Vergleich zu herkömmlichen Behandlungen wie Ultraschall, Cortison, Dehnübungen oder Operation abschneidet. Sie konnten zu diesen Behandlungen allerdings nur wenige Studien mit wenigen Teilnehmenden finden. Da die meisten dieser Studien methodische Schwachstellen haben, erlauben sie keine aussagekräftige vergleichende Beurteilung der Wirksamkeit.

Die Daten in den verbleibenden sechs Studien erlauben keine Schlüsse darüber, welche Stoßwellenart mit welcher Energiedosis die besten Erfolge erzielt. Einerseits weisen die meisten Untersuchungen grobe methodische Mängel auf. Andererseits erschweren große Unterschiede in der Durchführung der einzelnen Studien eine verlässliche Einschätzung der Wirksamkeit der verschiedenen Stoßwellenarten. Dazu benötigt es in Zukunft noch weitere Forschung.

Auch die beiden anderen systematischen Übersichtsarbeiten kommen zu dem Ergebnis, dass eine Stoßwellentherapie besser helfen könnte als eine Scheinbehandlung [2,3]. Allerdings wurden diese Arbeiten nicht ganz so aufwändig und sorgfältig durchgeführt wie jene des IQWIG.

Beispielsweise suchten die Autoren und Autorinnen dieser Übersichtsarbeiten nicht bewusst nach Lücken in den Aussagen der bislang publizierten Studien. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass vielleicht nur solche mit „positiven“ Resultaten veröffentlicht wurden, während die „negativen“ in der Schublade landeten (sog. Publikationsbias). Das kann zu verzerrten Ergebnissen führen.

[1] IQWIG (2017)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 29 randomisiert-kontrollierte Studien
Fragestellung: Reduziert eine extrakorporale Stoßwellentherapie im Vergleich zu einer Scheinbehandlung bzw. zu herkömmlichen Therapien Fersenschmerzen bei Plantarfasziitis?
Interessenskonflikte: keine angegeben

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
Extrakorporale Stoßwellentherapie beim Fersenschmerz.
IQWIG Projektbericht

[2] Sun u.a. (2017)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 9 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 935
Fragestellung: Reduziert eine extrakorporale Stoßwellentherapie im Vergleich zu einer Scheinbehandlung Fersenschmerzen bei Plantarfasziitis?
Interessenskonflikte: keine angegebem

Sun, J., et al. (2017).
Extracorporeal shock wave therapy is effective in treating chronic plantar fasciitis: A meta-analysis of RCTs.
Medicine (Baltimore) 96(15): e6621
Zusammenfassung

[3] Lou u.a. (2017)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 9 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 1174
Fragestellung: Reduziert eine extrakorporale Stoßwellentherapie im Vergleich zu einer Scheinbehandlung Fersenschmerzen bei Plantarfasziitis?
Interessenskonflikte: keine angegeben

Lou, J., et al. (2017).
Effectiveness of Extracorporeal Shock Wave Therapy Without Local Anesthesia in Patients With Recalcitrant Plantar Fasciitis: A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials.
Am J Phys Med Rehabil 96(8): 529-534.
Zusammenfassung

Weitere Quellen

[4] Roederdink (2014)
Roerdink, R. L., et al. (2017).
Complications of extracorporeal shockwave therapy in plantar fasciitis: Systematic review. Int J Surg 46: 133-145
Zusammenfassung

[5] UpToDate (2018)
Plantar fasciitis
Abgerufen am 15.05.2018

[6] Dizon u.a. (2013)
Dizon JN, Gonzalez-Suarez C, Zamora MT, Gambito ED.
Effectiveness of extracorporeal shock wave therapy in chronic plantar fasciitis: a meta-analysis.
Am J Phys Med Rehabil. 2013 Jul; 92(7):606-20.
Zusammenfassung

[7] Thompson (2010)
C. E. Thomson (2010).
Interventions for treating plantar heel pain. (Achtung! Artikel wurde zurückgezogen!)
Cochrane Database Syst Rev(1): Cd000416
Zusammenfassung

[8] Dynamed (2018)
Plantar Fasciitis.
Abgerufen am 17.05.2016

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