Ist Rotwein gesund fürs Herz?

Rotwein wird häufig eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt - zumindest in moderaten Mengen. Wissenschaftliche Belege dafür fehlen jedoch.

AutorIn:
Review:  Jana Meixner 

Senken ein bis zwei Achtel Rotwein am Tag das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall?

Die Studienlage ist uneindeutig. Einen Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen können bisherige Studien nicht beweisen – aber auch nicht widerlegen. Den Blutdruck und den Cholesterinspiegel dürfte roter Wein jedenfalls nicht senken.

so arbeiten wir
Glas mit rotem Wein und rote Trauben Roter Wein enthält geringe Mengen Resveratrol aus Traubenschalen
© Dejan Ilic – istockphoto.com

Im Frühjahr 2025 sorgte die österreichische Plattform „Wein und Gesund“ für Aufsehen, weil sie Gesundheits-Gütesiegel für Rotweine vergibt. Angeblich enthalten die damit ausgezeichneten Weine Inhaltsstoffe „mit einer optimalen Auswirkung auf den Organismus“.

Die Wissenschaft ist sich einig: Größere Mengen Alkohol schaden dem Körper. Sie erhöhen das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einen frühzeitigen Tod deutlich [Quelle 1].

Die Plattform „Wein und Gesund“ argumentiert jedoch, dass das für Rotwein – in moderaten Mengen getrunken – nicht gelten würde. Denn der enthalte gesundheitsfördernde Pflanzenstoffe. Ein bis zwei Gläser Rotwein am Tag sollen deshalb sogar gesund sein und das Risiko für Herz und Kreislauf senken. Doch ist die Geschichte vom angeblich gesunden Rotwein wissenschaftlich bestätigt?

Unbelegte Behauptung

Bei der Analyse bisheriger Studienergebnisse wird klar: Es gibt keine Belege dafür, dass Rotwein die Herzgesundheit fördert – selbst wenn man ihn nur in Maßen trinkt. Wer damit wirbt, tut dies also ohne wissenschaftliche Grundlage.

Sieht man sich die Forschungsergebnisse genauer an, zeigen sich Widersprüche. Sicher ausschließen können die Studien einen positiven Effekt nämlich auch nicht.

Verzerrte Beobachtungen

Bei unserer Recherche fanden wir zwei sogenannte Beobachtungsstudien [Quellen 2,3]. Die verglichen die Herz-Kreislauf-Gesundheit von Wein-trinkenden Menschen und von jenen, die gar keinen Alkohol trinken. Die Studienergebnisse zeigen einen scheinbaren Schutzeffekt von rotem Wein: Wer ihn in moderaten Mengen trank, hatte offenbar ein geringeres Herzinfarkt-Risiko als jene, die auf Alkohol verzichten.

Es ist aber gut möglich, dass das ein Trugschluss ist. Denn oft hat es einen Grund, warum Menschen absolut keinen Alkohol trinken: dass sie chronische Erkrankungen haben, zum Beispiel. Oder, dass sie nach einem Alkoholproblem in der Vergangenheit nun völlig auf Alkohol verzichten. Vergleicht man nun deren Gesundheit mit der von Menschen, die ein bisschen Rotwein trinken, scheinen zweitere fälschlicherweise gesünder zu sein. Das ist übrigens auch in den meisten Beobachtungsstudien zu anderen alkoholischen Getränken der Fall [Quelle 4].

Dass diese Art der Verzerrung bei den beiden Rotweinstudien ein Problem gewesen sein könnte, legt auch der Gesundheitszustand der Teilnehmenden vor Studienbeginn nahe: Die Gesundheit der Nicht-Trinkenden war bereits zu Anfang deutlich schlechter als bei der Rotweingruppe. Sie hatten zum Beispiel häufiger Diabetes, Übergewicht und hohen Blutdruck. Die beiden Gruppen waren also schon unterschiedlich gesund in die Studie gestartet, was einen sinnvollen Vergleich schwierig macht.

Kaum aussagekräftige Forschung

Wie lässt sich die Verzerrung durch solche Gruppenunterschiede umgehen? Das gelingt, wenn alle Teilnehmenden bereit sind, sich per Los entweder einer Rotweingruppe oder einer alkoholfreien Vergleichsgruppe zuteilen zu lassen.

Solche Studien wurden auch durchgeführt, allerdings nur mit wenigen Menschen [Quellen 5-12]. Weil sie außerdem höchstens zwei Jahre lang liefen, ließen sich statt dem Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko nur Blutwerte untersuchen, die dieses Risiko beeinflussen: den Blutdruck und die Cholesterinwerte. Das Ergebnis: Rotwein dürfte weder Blutdruck noch Cholesterin senken.

Die Forschung zu rotem Wein kommt also zu widersprüchlichen Ergebnissen. Was aber klar ist: Es gibt keine Belege für die Behauptung, Rotwein wäre gesund.

Klärung in naher Zukunft?

Möglicherweise liefert eine 2024 in Spanien begonnene Studie [Quelle 13] in ein paar Jahren eine klarere Antwort. Sie wird unter anderem die Häufigkeit von Herzinfarkten oder Schlaganfällen untersuchen – und zwar auf aussagekräftige Weise: Über die Zuteilung zu Rotweintrinken oder Alkoholverzicht entscheidet das Los vorab. Untersucht werden sollen mindestens 10.000 Personen über einen Zeitraum von vier Jahren.

Für relativ seltene Ereignisse wie Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Todesfälle ist das zwar immer noch relativ kurz. Doch bei so vielen Personen dürften sie dennoch ausreichend häufig sein, um gut untersuchbar zu sein.

Traubenschale mit gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen?

Die angeblich gesundheitsfördernde Wirkung von rotem Wein wird mit Inhaltstoffen begründet, die aus der Schale von Weintrauben stammen. Dabei handelt es sich um Resveratrol und andere Substanzen, die zusammengefasst als Polyphenole und Flavonoide bezeichnet werden. Außer in ¬¬-Weintrauben sind sie beispielsweise auch in Preiselbeeren, Ribiseln (Johannisbeeren), Erdbeeren und Heidelbeeren (Blaubeeren) enthalten.

Bislang steht der Nachweis jedoch aus, dass diese Substanzen die Gesundheit positiv beeinflussen können. Zudem ist fraglich, ob die in ein bis zwei Achtelliter Rotwein enthaltene Menge dazu ausreichen würde [Quelle 1]. Und ob nicht Traubensaft dieselben Effekte hätte – ganz ohne Alkohol.

Wie viel Alkohol ist zu viel?

Viele Fachleute definieren die Grenze für moderate – und damit risikoarme – Mengen an Alkohol ähnlich. Für Frauen liegt sie demnach bei einer kleinen Flasche Bier (0,3 Liter) oder einem Achtel Rotwein pro Tag. Für Männer ist sie doppelt so hoch [Quelle 1,14].

Viele Menschen trinken erheblich mehr – mit negativen Folgen für die Gesundheit. Je größer die getrunkene Menge, umso höher ist das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen, psychische Probleme und einen frühzeitigen Tod [Quelle 1].

Die unabhängige Seite Gesundheitsinformation.de bietet wissenschaftlich gesicherte Hintergrundinformationen zum Thema Alkohol und Gesundheit. Sie klärt auch darüber auf, wie man es schaffen kann, weniger zu trinken. Auf der Seite Gesundheit.gv.at des österreichischen Gesundheitsministeriums finden sich umfangreiche Informationen zum Thema Alkoholsucht.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Ob Rotwein in Maßen gesund für Herz und Kreislauf ist, ließe sich am aussagekräftigsten mit einer randomisiert-kontrollierten Studie untersucht: Eine große Anzahl an Teilnehmenden wird nach dem Zufallsprinzip („randomisiert“) einer von zwei Gruppen zugelost. Dadurch wird sichergestellt, dass beide Gruppen ähnlich zusammengesetzt und so gut vergleichbar sind. Eine Gruppe trinkt fortan täglich ein bis zwei Achtel Rotwein. Die andere Gruppe verzichtet währenddessen völlig auf Alkohol – sie ist die Kontrollgruppe. Mehrere Jahre später werden die beiden Gruppen verglichen: Gab es in der Rotweingruppe weniger Herzinfarkte oder Schlaganfälle? Wenn ja, wäre das ein starker Hinweis darauf, dass Rotwein die Herzgesundheit fördert.

Bisherige randomisiert-kontrollierte Studien haben allerdings nur die Auswirkung auf Blutdruck oder Cholesterinspiegel untersucht. Ob Rotwein tatsächlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann, können sie nicht direkt beantworten.

Das wurde bisher nur in sogenannten Beobachtungsstudien untersucht. Diese sind weniger aussagekräftig als randomisiert-kontrollierte Studien. Bei Beobachtungsstudien werden die Teilnehmenden über mehrere Jahre beobachtet, während sie – je nach persönlicher Vorliebe – keinen, wenig oder viel Rotwein trinken. Auch hier wird am Ende verglichen: Waren Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Todesfälle bei moderat trinkenden Teilnehmenden geringer als bei Abstinenten?

Wie aussagekräftig sind die randomisiert-kontrollierten Studien?

Gefunden haben wir nur randomisiert-kontrollierte Studien, die die Auswirkung auf verschiedene Blutwerte untersucht haben [Quellen 5-12]. Sie zeigen, dass Rotwein den Blutdruck und den Cholesterinspiegel nicht zu senken scheint. Auch diese Forschungsarbeiten haben jedoch Einschränkungen:

  • Nur eingeschränkte Aussagekraft für Herzgesundheit: Blutdruck und Cholesterinspiegel sind nicht die einzigen Risikofaktoren für ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass es trotzdem Unterschiede in der Auswirkung auf die Herzgesundheit gibt.
  • Mängel bei der Studiendurchführung: Vielfach ist nicht nachvollziehbar, ob die Teilnehmenden wirklich zufällig und daher fair auf die beiden Gruppen aufgeteilt wurden. Außerdem wurde nicht immer sichergestellt, ob die Gruppen vor Studienbeginn tatsächlich ähnlich und somit gut vergleichbar waren.
  • Verzerrung durch Erwartung möglich: Es lässt sich nicht ausschließen, dass sich die Wein-trinkenden Teilnehmenden eine positive Auswirkung auf die Gesundheit erwarteten. Daher könnten sie vielleicht auch versucht haben, zusätzlich gesünder zu leben als zuvor. Die Erwartung kann also die Ergebnisse verzerrt haben.

Wie aussagekräftig sind die Beobachtungsstudien?

Bei Beobachtungsstudien kann es jedoch vorkommen, dass sich die Gruppen bereits vor Studienbeginn unterscheiden. Beispielsweise weil völlig auf Alkohol verzichtende Teilnehmende bei schlechterer Gesundheit sind als jene, die regelmäßig in Maßen trinken.

Wir haben nur jene Beobachtungsstudien berücksichtigt, bei denen unter den abstinenten Teilnehmenden keine ehemals Alkoholkranken oder Personen mit schlechter Gesundheit waren. Gefunden haben wir zwei solche Forschungsarbeiten [Quellen 2,3]. In beiden hatten die moderat trinkenden Personen eine etwas geringere Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkte und Brustschmerzen (Angina Pectoris). Dennoch vertrauen wir diesen Ergebnissen nicht:

  • Ungesündere Abstinente: zumindest in einer Studie [Quelle 3] waren die auf Alkohol verzichtenden Personen deutlich ungesünder als die moderat trinkenden. Sie waren eher übergewichtig, unsportlich, gering gebildet, hatten eher Diabetes und hohes Cholesterin und nahmen eher Blutdruck-Medikamente ein. Das könnte mitunter auch die Erklärung für die häufigeren Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein? Die zweite Studie [Quelle 2] hat den Gesundheitszustand vor Studienbeginn gar nicht berichtet.
  • Ähnliches Sterberisiko: Sowohl abstinent lebende als auch moderat Wein-trinkende Teilnehmende schienen gleich lang zu leben – hier zeigte sich kein Unterschied. Das widerspricht der scheinbar verringerten Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkte und Angina Pectoris-Brustschmerzen.

[1] UpToDate (2025) Overview of the risks and benefits of alcohol consumption. Abgerufen am 23.3.2025 unter uptodate.com (Zugang kostenpflichtig)

[2] Schutte et al. (2020) Drink types unmask the health risks associated with alcohol intake – Prospective evidence from the general population. Clinical nutrition (Edinburgh, Scotland), 39(10), 3168–3174. (Zusammenfassung der Studie)

[3] Bos et al. (2010) Alcohol consumption and risk of cardiovascular disease among hypertensive women. European journal of cardiovascular prevention and rehabilitation : official journal of the European Society of Cardiology, Working Groups on Epidemiology & Prevention and Cardiac Rehabilitation and Exercise Physiology, 17(1), 119–126. (Zusammenfassung der Studie)

[4] Stockwell et al. (2024) Why Do Only Some Cohort Studies Find Health Benefits From Low-Volume Alcohol Use? A Systematic Review and Meta-Analysis of Study Characteristics That May Bias Mortality Risk Estimates. J Stud Alcohol Drugs, 85(4), 441-452. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[5] Cordain et al. (2000) Influence of moderate chronic wine consumption on insulin sensitivity and other correlates of syndrome X in moderately obese women. Metabolism: clinical and experimental, 49(11), 1473–1478. (Zusammenfassung der Studie)

[6] Droste et al. (2013) A daily glass of red wine and lifestyle changes do not affect arterial blood pressure and heart rate in patients with carotid arteriosclerosis after 4 and 20 weeks. Cerebrovascular diseases extra, 3(1), 121–129. (Studie in voller Länge)

[7] Droste et al. (2013) A daily glass of red wine associated with lifestyle changes independently improves blood lipids in patients with carotid arteriosclerosis: results from a randomized controlled trial. Nutrition journal, 12(1), 147. (Studie in voller Länge)

[8] Gepner et al. (2015) Effects of Initiating Moderate Alcohol Intake on Cardiometabolic Risk in Adults With Type 2 Diabetes: A 2-Year Randomized, Controlled Trial. Ann Intern Med. 2015 Oct 20;163(8):569-79. (Zusammenfassung der Studie)

[9] Kechagias et al. (2011) Effects of moderate red wine consumption on liver fat and blood lipids: a prospective randomized study. Annals of medicine, 43(7), 545–554. (Zusammenfassung der Studie)

[10] Marfella et al. (2006) Effect of moderate red wine intake on cardiac prognosis after recent acute myocardial infarction of subjects with Type 2 diabetes mellitus. Diabetic medicine : a journal of the British Diabetic Association, 23(9), 974–981. (Zusammenfassung der Studie)

[11] Hansen et al. (2005) Effect of red wine and red grape extract on blood lipids, haemostatic factors, and other risk factors for cardiovascular disease. Eur J Clin Nutr. 2005 Mar;59(3):449-55. (Zusammenfassung der Studie)

[12] Mori et al. (2016) The effects of alcohol on ambulatory blood pressure and other cardiovascular risk factors in type 2 diabetes: a randomized intervention. Journal of hypertension, 34(3), 421–428. (Zusammenfassung der Studie)

[13] University of Navarra (2024) A non-inferiority randomized trial testing an advice of moderate drinking pattern versus advice on abstention on major disease and mortality – UNATI. Research plan. (Studienprotokoll in voller Länge)

[14] Gesundheitsinformation.de (2023) Alkohol. Abgerufen am 18. 4. 2025 unter Gesundheitsinformation.de

  • 15.10.2013: erste Version des Faktenchecks
  • 8.8.2016: aktualisierte Version: Die Suche nach aktuellen Studien brachte geringfügige Änderungen.
  • 23.4.2025: eine Suche nach neuen Studien änderte unsere Einschätzung nicht wesentlich. Der Text wurde jedoch neu geschrieben und an die neue Studienlage angepasst.

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