Startseite ● Ringana: Turbo für das Immunssystem? Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. Ringana: Turbo für das Immunssystem? Vitamin C und „Vitalpilze“ im Nahrungsergänzungsmittel „CAPS immu“ sollen laut Hersteller Ringana das Immunsystem stärken. Ausreichend belegt ist das nicht. 29. März 2016 AutorIn: Iris Hinneburg Review: Jörg Wipplinger Gernot Wagner Teilen Senkt das Präparat „CAPS immu“ von Ringana das Risiko für Infekte bei gesunden Menschen? wissenschaftliche Belege fehlen Weder für das Präparat selbst noch für die einzelnen Komponenten ist eine solche Wirkung nach unserer Recherche in klinischen Studien nachgewiesen. so arbeiten wir Gesund (und glücklich) dank Nahrungsergänzungsmittel als Infektionsschutz? © dglimages – fotolia.com Erkältung oder Magen-Darm-Grippe: Wenn solche Infekte umgehen, ist es schwierig, sich nicht anzustecken. Gerade Eltern von Kleinkindern oder Menschen in Berufen mit viel Publikumsverkehr kennen das Problem. Infektanfälligkeit ist aber auch eine Frage des Lebensstils: Wer zum Beispiel Stress im Beruf hat, kommt häufig nicht zu gesundem Essen und schläft zu wenig. Auch das begünstigt häufige Infekte. Wer sich dann trotzdem zur Arbeit schleppt, ist wenig leistungsfähig und verbreitet die Krankheitserreger weiter. Außerdem schwächt die Anstrengung zusätzlich, und der nächste Infekt lässt dann nicht lange auf sich warten. Was hilft, diesen Teufelskreis zu durchbrechen? In dieser Situation wäre es doch schön, könnte man das Immunsystem einfach durch ein Mittel zum Einnehmen stärken. Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln hoffen, dass viele Menschen auf diese Strategie setzen. Uns erreichte eine Leseranfrage zum Präparat CAPS immu, das laut Hersteller die körpereigenen Abwehrkräfte unterstützen soll. Der ausgelobte Effekt hat seinen Preis: Der Verbraucher soll drei Kapseln täglich einnehmen, von denen jede rund 50 Cent kostet. Aber hält das Präparat auch, was es verspricht? Werbelyrik und viele Inhaltsstoffe Beim Blick auf die Inhaltsstoff-Liste des Nahrungsergänzungsmittels fällt auf, dass das Präparat aus einer Vielzahl von „natürlichen“ Zutaten besteht: Aufgeführt werden eine Reihe von „Vitalpilzen“, die aus der traditionellen chinesischen Medizin oder dem Ayurveda stammen und „wahre Energiebooster“ sein sollen. Abgerundet wird das Ganze durch pflanzliche Zutaten wie Kalkalge, Guduchi, Acerola und einen Extrakt aus schwarzen Holunderbeeren. Der Hersteller betont die Zufuhr von Vitaminen, Aminosäuren und Polysacchariden aus den Pilzen und ihre angeblich positive Auswirkungen auf das Immunsystem. Acerola und Holunder sind wegen ihres Vitamin-C-Gehaltes enthalten: „Vitamin C trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“, so die dazugehörende Werbebotschaft. Wirkung von CAPS immu nicht belegt Hinweise auf Studien, die mit dem Präparat durchgeführt wurden, suchten wir auf der Hersteller-Seite vergebens. Auch eine intensive Literaturrecherche konnte keine entsprechende Studie zu Tage fördern. Wissenschaftliche Belege für eine immunstärkende Wirkung der Mischung fehlen also. Ergänzend haben wir noch gesucht, ob es vielleicht für einzelne Inhaltsstoffe Studien gibt, die einen positiven Effekt auf das Immunsystem nachweisen. Für die Kalkalge und die verschiedenen Pilze konnten wir gar keine Untersuchungen identifizieren, die sich mit der Vorbeugung von üblichen Infekten bei sonst gesunden Menschen beschäftigen. Es gibt einzelne Studien, die bestimmte Patientengruppen untersuchten, etwa Krebspatienten nach einer Chemotherapie [1] oder HIV-Patienten [2]. In der Regel erhoben die Forscher in diesen Studien auch nur einzelne Informationen über das Immunsystem, etwa die Anzahl bestimmter Zellen. Das erlaubt aber keine sicheren Schlussfolgerungen, ob sich dadurch tatsächlich auch das Risiko für Infektionen verringert oder andere Gesundheitsprobleme seltener auftreten. Untersuchungen, in denen tatsächlich relevante Auswirkungen für den Patienten gemessen wurden, fanden häufig keinen Unterschied zwischen dem jeweiligen Präparat und einem Scheinmedikament [1] [2] [3]. Meist handelt es sich um Studien mit relativ wenigen Patienten. Vitamin C: Kein präventiver Effekt Sehr gut untersucht ist dagegen der Nutzen von Vitamin C, um Erkältungen vorzubeugen. Kurz gesagt: Bei regelmäßiger Einnahme von Vitamin C ist man nicht seltener erkältet, als wenn man darauf verzichtet. Nur bei extremer körperlicher Beanspruchung hat eine zusammenfassende Analyse mehrerer Studien einen positiven Effekt feststellen können [4]. Nach den Vorgaben der Europäischen Union dürfen Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin C zwar den Hinweis enthalten, dass das Vitamin zu einer normalen Funktion des Immunsystems beiträgt. Allerdings bezieht sich die wissenschaftliche Bewertung dieser Nutzenangabe auf Ergebnisse aus Untersuchungen, dass bei einem Vitamin-C-Mangel häufiger Infekte auftreten [5]. Umgekehrt lässt sich daraus nicht ableiten, dass die vermehrte Zufuhr das Immunsystems stärkt und etwa zu weniger Erkältungen führt. Händewaschen hilft Auch wenn der Nutzen solcher Nahrungsergänzungsmittel nicht belegt ist, kann man sich trotzdem aktiv gegen eine Erkältung schützen: Kontakt mit den Händen gehört zu den wichtigsten Übertragungswegen für Krankheitserreger. Deshalb ist häufiges Händewaschen wichtig – sowohl bei sich selbst als auch bei seinen Kindern. Sich selbst und andere nicht im Gesicht zu berühren, verringert ebenfalls die Gefahr, Krankheitserreger auf die Schleimhäute von Mund und Nase zu übertragen. Eine Ansteckung vermeidet am ehesten, wer nicht aus derselben Tasse oder Flasche trinkt. Und einige Grundregeln helfen, andere nicht anzustecken, wenn man schon selbst erkältet ist: Beim Niesen oder Husten ein Taschentuch vor Mund oder Nase halten, Papier-Taschentücher benutzen und diese nach Gebrauch sofort entsorgen. Danach sollte Händewaschen selbstverständlich sein. Und wer seine Liebsten schützen will, verschiebt Küsse und Umarmungen auf die Zeit nach dem Infekt [6]. Die Studien im Detail An 40 Patienten mit Blutkrebs (multiplem Myelom) verglichen Forscher die Auswirkungen einer Therapie mit einem Extrakt aus Mandelpilz gegenüber einer Scheinbehandlung. Die Patienten unterzogen sich während einer Extrakteinnahme einer hochdosierten Chemotherapie. Bei den Patienten, die den Pilzextrakt eingenommen hatten, fanden sich zwar deutliche Veränderungen bei Zellen und Botenstoffen des Immunsystems. Allerdings hatte das keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Chemotherapie oder das Gesamtüberleben [1]. Bei Patienten mit HIV beeinflusste die Einnahme von Guduchi-Extrakt über einen Zeitraum von sechs Monaten das Blutbild nicht wesentlich anders als ein Placebo. Besonders die Anzahl der CD-4-Immunzellen unterschied sich nicht [2]. Eine Studie untersuchte die Wirksamkeit einer Mischung von Mitteln der traditionellen chinesischen Medizin, die unter anderem Reishi-Pulver enthält, an Patienten mit rheumatoider Arthritis. Allerdings unterschied sich der Anteil der Patienten mit einer ausreichenden Linderung der Beschwerden nicht wesentlich von denen, die ein Scheinpräparat erhalten hatten [3]. Eine systematische Übersichtsarbeit zur Vorbeugung einer Erkältung mit Vitamin C fasste die Daten von mehr als 11.000 Teilnehmern aus 29 Studien zusammen. Durch die präventive Einnahme ließ sich bei der Normalbevölkerung das Risiko für eine Erkältung nicht senken. Lediglich bei Menschen, die kurzzeitig schwerer körperlicher Belastung oder starker Kälte ausgesetzt waren, fand sich ein positiver Effekt. In den jeweiligen Studien hatten die Forscher Ultramarathonläufer, Kinder in einem einwöchigen Skilager und kanadische Soldaten bei einer Truppenübung in der Subarktis untersucht [4]. Wissenschaftliche Quellen [1] Tangen u.a. (2015) Tangen JM u.a. Immunomodulatory effects of the Agaricus blazei Murrill-based mushroom extract AndoSan in patients with multiple myeloma undergoing high dose chemotherapy and autologous stem cell transplantation: a randomized, double blinded clinical study. Biomed Res Int. 2015:718539. (Studie in voller Länge) [2] Kalikar u.a. (2008) Kalikar MV u.a. Immunomodulatory effect of Tinospora cordifolia extract in human immuno-deficiency virus positive patients. Indian J Pharmacol. 2008; 40:107-10 (Studie in voller Länge) [3] Li u.a. (2007) Li EK u.a. Safety and efficacy of Ganoderma lucidum (lingzhi) and San Miao San supplementation in patients with rheumatoid arthritis: a double-blind, randomized, placebo-controlled pilot trial. Arthritis Rheum. 2007;57:1143-50. (Studie in voller Länge) [4] Hemilä u.a. (2013) Hemilä H, Chalker E. Vitamin C for preventing and treating the common cold. Cochrane Database Syst Reviews 2013, CD000980. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit) Weitere wissenschaftliche Quellen [5] EFSA (2009) European Food Safety Authority. Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to vitamin C (2009)www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/doc/1226.pdf (Zugriff am 17.03.2016) [6] IQWIG (2013) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2013). Wie schützt man sich vor Erkrankungen der Atemwege. www.gesundheitsinformation.de/wie-schuetzt-man-sich-vor-erkrankungen-der.2355.de.html (Zugriff am 17.03.2016) Schlagworte AbwehrsystemCAPS ImmuImmunsystemInfektionenKeimeKrankheitserregerMikrobenMikroorganismenNahrungsergänzungsmittelPilzeRinganaVitalpilzeVitamin CVitamine In über 500 Faktenchecks suchen