Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Nikotinersatz: Rauchfrei mit Kaugummi, Pflaster und Spray

Rauchen schadet der Gesundheit. Aufhören ist aber schwierig. Kaugummis, Pflaster und Sprays mit Nikotin können beim Rauchstopp helfen.

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Helfen Nikotinersatz-Präparate wie Nikotinkaugummi oder Nikotinpflaster bei der langfristigen Raucherentwöhnung?

Der Nutzen von Nikotinersatz ist in zahlreichen Untersuchungen belegt. Im Vergleich zu einem Scheinmedikament schaffen es mehr Menschen, nach sechs Monaten oder länger nicht zu rauchen. Der Erfolg lässt sich durch zusätzliche Unterstützung (Beratung, Gespräche) sogar noch etwas steigern.

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© Voyagerix - shutterstock.com Weg vom Glimmstängel! Aber wie? Nikotinersatz kann helfen.
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Das Volksbegehren zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern [6] erinnert wieder einmal an etwas, das wir eigentlich alle wissen: Rauchen gefährdet die Gesundheit.

Fast ständig verfügbar: Zigaretten

Aufhören für den Einzelnen ist oft alles andere als einfach. Schließlich ist Rauchen nicht nur eine schlechte Angewohnheit oder ein lässiges Laster. Das Verlangen nach Nikotin ist eine echte Sucht, die immer wieder durch die mehr oder weniger allgegenwärtigen Zigaretten sprichwörtlich befeuert wird.

Manche Raucherinnen und Raucher schaffen es durch reine Willenskraft aufzuhören, der Versuchung bzw. dem Suchtdruck zu widerstehen. Anderen fällt es dagegen sehr schwer gegen die Suchterkrankung anzugehen – zumal gerade in Österreich so viel geraucht wird wie kaum in einem anderen OECD-Land [7].

Unterstützung beim Rauchstopp

Allerdings gibt es inzwischen nicht nur zahlreiche Broschüren mit Tipps und Tricks zum Aufhören, sondern auch spezielle Beratungsangebote oder verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Und es gibt Unterstützung durch Medikamente [5].

Nikotinersatz: Kaugummi statt Kippe

Ohne Rezept sind in der Apotheke so genannte „Nikotinersatz-Präparate“ erhältlich. Die Idee hinter dem Nikotinersatz: Um den plötzlichen und quälenden Entzug beim Rauchstopp zu vermeiden, führen sich die künftigen Nichtraucherinnen und Nichtraucher kleine Mengen an Nikotin in anderer Form zu.

Dazu gehören Arzneipflaster, sodass das Nikotin durch die Haut in den Körper gelangt. Viele verwenden auch Kaugummis mit Nikotin. Daneben gibt es aber auch Mittel zum Inhalieren oder Sprays, bei denen das Nikotin über die Schleimhaut von Mund oder Nase aufgenommen wird.

Zu Beginn der rauchfreien Zeit soll die durch die Ersatzmittel aufgenommene Nikotinmenge in etwa jener entsprechen, die man durch Zigaretten zu sich genommen hätte. Dann sollen Ausstiegswillige die Dosis der Nikotinersatzmittel nach und nach reduzieren, bis sie schließlich das Nikotin ganz lassen können.

Wirksame Helfer

Soweit die Theorie. Aber helfen die Nikotinersatz-Präparate auch in der Praxis? Wie wirksam sind Nikotinpflaster, Nikotinkaugummis und Nikotinsprays? Mit dieser Frage haben wir uns auf die Suche nach entsprechenden aussagekräftigen Studien gemacht und eine ausführliche Zusammenfassung gefunden [1]. Nikotinersatz-Präparate wurden in sehr vielen Untersuchungen getestet. Diese zeigen: Die Mittel sind wirksam, um mit dem Rauchen dauerhaft aufzuhören.

Insgesamt schafften es in den Studien nur 105 von 1000 Ausstiegswilligen ohne Nikotinersatz, auf das Rauchen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zu verzichten. Mit einem Nikotinersatz-Präparat stieg diese Zahl um 57 auf insgesamt 162 von 1000. Wer zusätzliche Unterstützung wie etwa Beratungen und Gespräche mit Profis in Anspruch nahm, konnte die Chancen eines Rauchstopps weiter verbessern.

Rauchen aufhören: schwierig, aber lohnend

Die Zahlen machen aber auch deutlich: Ein Rauchstopp ist auch mit Nikotinersatz kein Selbstläufer und kann im Einzelfall durchaus schwierig sein. Der Versuch, gegen die Suchterkrankung anzugehen, lohnt sich aber allemal, auch wenn es mehrere Anläufe brauchen sollte – für die eigene Gesundheit und die von anderen.

Nebenwirkungen möglich

Wie bei allen wirksamen Medikamenten können natürlich auch bei Nikotinersatz-Präparaten Nebenwirkungen vorkommen. Kurzfristig sind Reizungen an Haut und Schleimhäuten möglich, etwa in Mund oder Nase – je nachdem, wie das Nikotin zugeführt wird.

Bei Kaugummis kann auch die Kiefermuskulatur strapaziert werden. Da das Nikotin teilweise auch verschluckt wird, ist mit leichten Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall zu rechnen.

Vermeidbar: Krankheit und Tod

Es ist unbestritten, dass Rauchen die Atemwege und das Herz-Kreislauf-System schädigt und das Risiko für viele Krebserkrankungen erhöht [2]. Rauchen gilt als wichtigste vermeidbare Ursache für vorzeitigen Tod. Weltweit gehen schätzungsweise rund sechs Millionen Todesfälle jährlich auf das Konto von Zigaretten und anderen Tabakprodukten [3].

Wer raucht, schadet nicht nur sich selbst, sondern auch anderen. Eine Analyse von Daten aus der ganzen Welt hat für 2004 ungefähr 600.000 vorzeitige Todesfälle durch Passivrauchen berechnet [4].

Aufhören bringt allen was

Die gute Nachricht ist: Wer aufhört zu rauchen, tut seiner Gesundheit etwas Gutes [3], selbst nach vielen Jahren des Zigarettenkonsums: „Rauchstopp im Alter verlängert Leben“.

Ebenfalls gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass ein Rauchverbot in der Öffentlichkeit die Bevölkerung vor den schädlichen Effekten des Passivrauchens schützt: „Rauchverbote: wirksamer Gesundheitsschutz per Gesetz“. Rauchverbote sind ein Beispiel dafür, wie wirksam politische Maßnahmen sein können, um letztlich Leid und Kosten für einzelne, deren Familien und die Allgemeinheit zu verhindern.

Die Studien im Detail

Für unsere Fragestellung konnten wir eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit [1] identifizieren, die randomisierte kontrollierte Studien zum Nutzen der Nikotinersatztherapie zusammengefasst hat und im Mai 2018 erschienen ist. Wir haben auch nach weiteren Studien gesucht, die später erschienen sind, konnten aber in zwei großen Datenbanken keine finden. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Übersichtsarbeit des Cochrane Netzwerks den aktuellen Stand der Wissenschaft darstellt.

Das Autorenteam der Übersichtsarbeit hat mit einer systematischen Literaturrecherche 136 Studien gefunden. Berücksichtigt wurden Untersuchungen mit zufälliger Gruppenzuteilung, die ein Nikotinersatz-Präparat wie Kaugummi oder Pflaster mit einem Scheinmedikament oder keiner Behandlung verglichen und über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachverfolgten, ob die Teilnehmenden auch tatsächlich rauchfrei blieben.

Für die Bewertung der Therapieeffekte konnten die Autorinnen und Autoren 133 dieser Studien heranziehen. Daran nahmen insgesamt über 64.000 Männer und Frauen teil, die im Mittel meist 40 bis 50 Jahre alt waren. An zwei Studien nahmen Jugendliche teil, in sechs der Studien nur Schwangere. Zwei Untersuchungen waren auf Menschen afro-amerikanischer Herkunft beschränkt. Die Teilnehmenden hatten vor Beginn der Studie durchschnittlich 20 Zigaretten pro Tag konsumiert, in einigen wenigen Studien waren auch weniger starke Raucherinnen und Raucher eingeschlossen.

Die Behandlung dauerte in den Studien zwischen drei Wochen und zwölf Monaten. Meist kamen als Nikotinersatz-Präparate Nikotin-Kaugummis oder -Pflaster zum Einsatz, in einigen wenigen Studien auch ein Spray für die Mund- oder Nasenschleimhaut, ein Inhalator, Lutschtabletten oder eine Kombination verschiedener Mittel.

In einigen Studien erhielten die Ausstiegswilligen in beiden Gruppen zusätzliche Unterstützung, etwa in Form von Beratung oder regelmäßigen Gesprächen. In den einzelnen Studien wurde dann beobachtet, welcher Anteil der Teilnehmenden am Ende der Untersuchung vollständig auf Zigaretten verzichtete. Die Beobachtungszeit lag in den Studien insgesamt bei sechs Monaten bis zwei Jahren.

Insgesamt schafften es in den Studien 105 von 1000 Ausstiegswilligen ohne Nikotinersatztherapie, auf das Rauchen langfristig zu verzichten. Mit einem Nikotin-Ersatzpräparat stieg diese Zahl um 57 auf insgesamt 162 von 1000.

Das Autorenteam der Übersichtsarbeit hat auch untersucht, wie sich das Ausmaß der zusätzlichen Unterstützung auf den Erfolg des Rauchausstiegs auswirkte.

  • Dabei haben sie festgestellt, dass bei geringer Unterstützung (aber ohne Nikotinersatz) nur 40 von 1000 Menschen den Rauchausstieg schafften.
  • Die zusätzliche Verwendung eines Nikotin-Ersatzpräparats ließ diese Zahl auf 62 von 1000 ansteigen.
  • Steht jedoch eine intensive Unterstützung zur Verfügung, schafften ohne Nikotinersatz 150 von 1000 den Ausstieg.
  • Und wenn Ausstiegswillige zusätzlich zur intensiven Unterstützung auch noch auf Kaugummi, Pflaster und Co. zurückgriffen, konnten 232 von 1000 rauchfrei werden.

[1] Hartmann-Boyce u.a. (2018)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: für die quantitative Zusammenfassung 133 randomisierte kontrollierte Studien mit 64.640 Teilnehmenden
Fragestellung: Helfen Nikotinersatz-Präparate wie Kaugummi oder Pflaster bei der langfristigen Raucherentwöhnung?
Interessenskonflikte: Einer der fünf Autoren war an einer der Studien beteiligt, die in die Übersichtsarbeit eingeflossen sind. Die anderen Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Zusammenfassung

Freier Volltext

Weitere Quellen

[2] IQWIG (2017)
Rauchen.
(Zugriff am 24.09.2018)

[3] UpToDate (2018)
Benefits and risks of smoking cessation.
(Zugriff am 21.09.2018)

[4] WHO(2010)
Overview of smoking cessation management in adults.
(Zugriff am 24.09.2018)

[5] UpToDate(2018)
Overview of smoking cessation management in adults.
(Zugriff am 21.09.2018)

[6] Don’t smoke
Volksbegehren für den NichtraucherInnenschutz
(Zugriff am 24.09.2018)

[7] OECD (2017)
Health at a glance. (Zugriff am 24.09.2018)

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