Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Mikrowellen gegen Schwitzen: Wirkung unklar

Eine neue Behandlung mit Mikrowellen soll gegen übermäßiges Schwitzen helfen. Wir haben die Studienlage gecheckt.

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Ist eine Therapie mit Mikrowellen wirksam und sicher, um übermäßiges Schwitzen (primäre Hyperhidrose) bei Erwachsenen langfristig zu vermindern?

Die Behandlung mit Mikrowellen wird erst seit kurzem an Patientinnen und Patienten mit übermäßigem Schwitzen in der Achselregion durchgeführt. Die aktuelle Studienlage gibt leider keine schlüssige Auskunft über die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlungsform.

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© andriano.cz - shutterstock.com Mikrowellen: Wirksam gegen Schwitzen?
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Schwitzen ist lästig, aber wichtig. Das Verdampfen von Schweiß ermöglicht es dem Körper, seine Temperatur zu regulieren und sich vor Überhitzung zu schützen.

Manche Menschen schwitzen allerdings auch dann sehr stark, wenn es dafür keine „Notwendigkeit“ gibt: also ohne intensive Belastung, Hitze, Medikamenteneinnahme oder eine zugrunde liegende Krankheit [4].

Viele Betroffene

„Primäre fokale Hyperhidrose“ wird dieses übermäßige Schwitzen genannt, für das keine bestimmten Ursachen festzumachen sind. Typischerweise ist das Schwitzen kein „Ganzkörper-Schwitzen“, sondern es ist auf bestimmte Körperregionen begrenzt.

Es kann an verschiedenen Stellen auftreten: in den Achselhöhlen links und rechts oder auf beiden Handflächen bzw. Fußsohlen. Mitunter befinden sich die stark schwitzenden Stellen auch im Gesicht oder auf der Kopfhaut [4,5].

Massiv belastend

Die übermäßige Schweißproduktion ist aus medizinischer Sicht nicht gefährlich, sondern „nur“ ein kosmetisches Problem. Doch natürlich kann eine Hyperhidrose für die Betroffenen zu einer enormen Belastung werden – etwa wenn sie Selbstwertgefühl und Wohlbefinden mindert oder die berufliche Entwicklung und das Privatleben hemmt [2,4].

Es ist also sehr gut verständlich, dass Menschen mit primärer Hyperhidrose gegensteuern möchten.

Mit Energie gegen die Drüsen

Eine recht neue Behandlungsform gegen die primäre fokale Hyperhidrose in der Achselregion ist die Mikrowellentherapie. Auch in Österreich bieten einige Ärztinnen und Ärzte diese Behandlung mit Mikrowellen gegen das übermäßige Schwitzen an.

Die Mikrowellentherapie wird mit einem eigens entwickelten Gerät durchgeführt, das die medizinischen Behandlerinnen und Behandler in der Hand halten und dann über Markierungen in der Achsel führen [2].

Die Energie der Mikrowellen soll dabei ganz punktuell Schweißdrüsen in der Achselregion durch Hitze zerstören – während das Gewebe rundherum unversehrt bleibt. Meistens gibt es zwei Sitzungen von jeweils 20 bis 30 Minuten im Abstand von etwa drei Monaten. Am Anfang einer Sitzung erhält das zu behandelnde Areal eine Betäubung [4].

Wirksamkeit schlecht untersucht

Wir wollten herausfinden, wie gut die neue Therapie mit Mikrowellen gegen das Schwitzen wirkt, haben zum Thema aber leider nur eine Studie [1] mit prinzipiell gutem Studiendesign finden können. Diese Untersuchung deutete zwar an, dass das Schwitzen möglicherweise bei einigen Menschen durch die Therapie mit Mikrowellen gelindert wird.

Laut dieser Studie [1] berichteten 67 von 100 ein deutlich höherer Anteil an Personen mit „echter“ Therapie nach sechs Monaten von einer Verbesserung. Sie waren der Ansicht, weniger zu schwitzen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe.

Hier erzählten 44 von 100 scheinbehandelten Probandinnen und Probanden von einer Verbesserung. Direkte Messungen der Schweißproduktion durch medizinisches Personal konnten diesen von den Betroffenen empfundenen Unterschied allerdings nicht belegen.

Widersprüchliche Ergebnisse

Wie wissen also nicht, ob die Therapie mit Mikrowellen wirksam und sicher ist, um die das übermäßige Schwitzen langfristig zu vermindern. Im Moment widersprechen einander noch die Berichte der Betroffenen und die Messungen der Schweißmenge.

Wir können uns weder klar für noch gegen eine Wirksamkeit aussprechen. Für eine schlüssige Beurteilung bräuchten wir verlässlichere Daten aus besser durchgeführten Studien.

Zu den offenen Fragen gehören etwa:

  • Gibt es Personengruppen, für die die Mikrowellentherapie besser geeignet ist als andere?
  • Was ist die „ideale“ Therapie: welche Dosis, wie viele Sitzungen, welche Abstände sind empfehlenswert?

Start meist schon in jungen Jahren

Von 100 Menschen haben etwa 1 bis 5 Personen eine primäre Hyperhidrose. Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen. Das starke Schwitzen tritt meistens schon in der Kindheit oder Jugendzeit auf, und es kommt nicht während des Schlafens vor. Die Produktion von Schweiß kann durch Hitze oder Emotionen verstärkt werden, und kann gehäuft in Familien auftreten [4,5].

Für die Behandlung einer primären Hyperhidrose werden beispielsweise Anti-Schwitz-Mittel verwendet, so genannte Antiperspirantien. Sie enthalten meistens Aluminium, sollen das Schwitzen und die damit verbundene Geruchsbildung eindämmen [4,5]. Die Verwendung von Aluminium-Deos für die Gesundheit ist allerdings nicht unumstritten, wie wir bereits berichtet haben: Brustkrebs durch Deos?

Unter die Haut

Auch das Nervengift Botulinum-Toxin – besser bekannt als „Botox“ – kann in Form von Injektionen zum Einsatz kommen. Es gilt als gut wirksam. Die Spritzenkur ist aber teuer und kann Schmerzen verursachen. Sogar Operationen zur Nervendurchtrennung werden durchgeführt, um gegen die Hyperhidrose anzugehen [4,5].

Die Studien im Detail

Wir haben für unsere Beurteilung eine Studie [1,3] herangezogen. Sie wurde von einem US-amerikanischen Forschungsteam verfasst und 2012 veröffentlicht.

Finanziert wurde diese Studie von der Firma Miramar Labs, das ist der Hersteller von Geräten für die Mikrowellen-Therapie namens „MiraDry“. Auch waren drei Autorinnen und Autoren der Studie an der Firma Miramar finanziell beteiligt. Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse dieser randomisiert-kontrollierten Studie auf jeden Fall mit einiger Vorsicht zu genießen. Interessenskonflikte sind durchaus möglich.

An der Studie nahmen 69 Frauen und 51 Männer teil. Sie alle hatten eine primäre axilläre Hyperhidrose, also übermäßiges Schwitzen in den Achseln. Ziel der Studie war es, die Wirksamkeit der Therapie mit Mikrowellen gegen das Schwitzen zu untersuchen.

Der Schweregrad der Hyperhidrose wurde zu Beginn bei allen Probandinnen und Probanden einerseits mit Hilfe der HDSS-Skala (Hyperhidrosis Disease Severity Scale) von 1 bis 4 bestimmt. Zu Beginn der Studie gaben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer 3 oder 4 Punkte auf der HDSS-Skala an – das heißt, sie waren stark betroffen.

Denn 3 Punkte bedeuten, dass das Schwitzen kaum erträglich ist und den Alltag oft einschränkt; 4 Punkte, dass Schwitzen unerträglich ist und immer zu Einschränkungen bei alltäglichen Aktivitäten führt. Ein Punkt auf der Skala heißt, dass Schwitzen aus Sicht der Betroffenen nicht bemerkbar ist und keinerlei Einschränkung im Alltag hervorruft; 2 Punkte, dass das Schwitzen erträglich ist.

Von den 120 Probandinnen und Probanden erhielten 81 die echte Mikrowellen-Therapie an beiden Achseln; die anderen 39 wurden per Scheintherapie behandelt – die Prozedur war dieselbe wie in der „echten“ Gruppe, aber das Gerät sendete keine Mikrowellen aus.

Von den 81 Probandinnen und Probanden, die eine echte Mikrowellentherapie erhalten hatten, gaben 54 Personen (67%) sechs Monate nach der Behandlung an, dass sich ihr Schwitzen reduziert habe: und zwar auf HDSS 1 (nicht bemerkbar) oder HDSS 2 (erträglich).

Von den 39 Scheintherapierten berichteten 17 Personen von einer derartigen HDSS-Verbesserung (44%). Das ist ein recht deutlicher Unterschied.

Allerdings wurden die Erfahrungsberichte der Betroffenen über ihre persönliche Empfindung nicht von den als objektiver geltenden Messungen der Schweißproduktion („Gravimetrie“) unterstützt. Medizinisches Personal führte diese Messungen durch. Dabei wurde der Schweiß mit einem Filterpaper aufgesogen und gewogen. Ziel war es festzustellen, wie viel und wie schnell der Schweiß produziert wird. Ergebnis dieser Messungen war, dass die Personen in der Mikrowellentherapie-Gruppe und in der Scheintherapie-Gruppe sich nicht deutlich unterschieden.

Anders gesagt: sechs Monate nach Studienbeginn schwitzten laut Gravimetrie 33 von 81 Mikrowellen-Therapierten (41%) um 75 Prozent weniger, und 14 von 39 Schein-Therapierten (36%). Dieser kleine Unterschied kann durchaus zufällig bedingt sein. Laut Gravimetrie-Messungen gab es also langfristig keine deutliche Verbesserung durch die Mikrowellen-Therapie.

Auch bei den Neben­wirkungen wie Gefühlstörungen, Schmerzen, Schwellungen, Blasen, Brandwunden Hautirritationen gab es bei dieser Studie keine eindeutigen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Insgesamt waren die Nebenwirkungen eher selten. Das sind eigentlich gute Neuigkeiten in punkto Sicherheit – wäre die Studie gut gemacht.

Allerdings haben wir etliche Schwachpunkte gefunden: Die Behandlung erfolgte meistens zwei Mal im Abstand von ca. zwei Wochen, bei dann noch immer stark Schwitzenden ein drittes Mal. Falls die verblindeten Probandinnen und Probanden es ablehnten oder sich das Schwitzen sehr stark verbesserte hatte, wurde die Behandlung schon nach einer Sitzung eingestellt.

Der Erfolg wurde nach 3 und 6 Monaten von verblindetem Personal beurteilt, bei der echten Therapie (nach Aufhebung der Verblindung) auch noch nach 9 und 12 Monaten. Derartige Unterschiede im Behandlungs- bzw. Bewertungsschema mindern die Vergleichbarkeit und machen es schwer, auf den „echten“ Effekt der Mikrowellen auf das Schwitzen zu schließen.

Wie die Probandinnen und Probanden rekrutiert wurden, ist nicht nachzulesen. Auch über das Zufallsprinzip, mit der die 120 teilnehmenden Frauen und Männer ihren Gruppen zugeteilt wurden, erfahren die Leserinnen und Leser im Studienbericht nichts. Das legen wir als weiteren Mangel aus. Wir können auch nicht nachvollziehen, ob die Schweißmessungen bei allen Probandinnen und Probanden zu standardisierten Bedingungen stattgefunden haben.

Leider waren auch die Ausgangsbedingungen der beiden Gruppen nur bedingt vergleichbar, wodurch die Studie ein weiteres Qualitätskriterium eingebüßt hat: In der „echten“ Mikrowellen-Gruppe war der Anteil an besonders heftig Betroffenen und an Männern niedriger.

Natürlich hätten wir gerne weitere Studien ausgewertet, sind aber nicht fündig geworden. Vier weitere Arbeiten, die in Kanada, Korea, Taiwan und Australien entstanden sind [2], wollten wir aufgrund des Studiendesigns und der daraus folgenden mangelnden Aussagekraft nicht verwenden. So stand den behandelten Probandinnen und Probanden keine Vergleichsgruppe (mit Scheinbehandlung) zur Kontrolle gegenüber; und nur wenige Personen (7 bis 31 pro Studie) wurden untersucht[2].

Alles in allem können wir auf Basis der vorläufigen Ergebnisse nicht sagen, ob die Mikrowellentherapie langfristig wirksam und sicher ist, um die Schweißproduktion zu vermindern. Wir können uns weder für noch gegen eine Wirksamkeit aussprechen. Für eine schlüssige Beurteilung bräuchten wir Daten aus besser durchgeführten Studien – im Sinne der Betroffenen, die sich eine sichere und lang anhaltende Behandlung gegen die Achselnässe und die damit verbundenen Einschränkungen wünschen.

[1] Glaser u.a. (2012)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer insgesamt: 120
Fragestellung: Ist Mikrowellentherapie wirksam gegen übermäßiges Schwitzen?
Interessenskonflikte: Studie vom Gerätehersteller finanziert.

Glaser, D. A., et al. (2012). „A randomized, blinded clinical evaluation of a novel microwave device for treating axillary hyperhidrosis: the dermatologic reduction in underarm perspiration study.“ Dermatol Surg 38(2): 185-191.
Zusammenfassung der Studie

Weitere wissenschaftliche Quellen

[2] Hsu u.a. (2017)Hsu, T. H., et al. (2017).
„A systematic review of microwave-based therapy for axillary hyperhidrosis.“ J Cosmet Laser Ther 19(5): 275-282.
Zusammenfassung der Studie

[3] EbM Ärzteinformationszentrum (2018)
Mikrowellentherapie bei primärer Hyperhidrose: Rapid Review.

[4] UpToDate (2018)
Primary focal hyperhidrosis. Abgerufen am 19.03.2018.

[5] Dynamed(2016)
Hyperhidrosis. Abgerufen am 19.03.2018.

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