Startseite ● Makuladegeneration: Vitamine gegen Sehverlust Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. Makuladegeneration: Vitamine gegen Sehverlust Bisherigen Studien zufolge scheinen Vitamine den Sehverlust bei Makuladegeneration etwas zu verlangsamen. Zur Vorbeugung der Augenerkrankung sind sie jedoch nutzlos. 20. September 2017 AutorIn: Bernd Kerschner Review: Claudia Christof Teilen Können Vitamin- und Nährstoffpräparate der Augenerkrankung Altersbedingte Makuladegeneration vorbeugen? nein Können sie das Fortschreiten der Augenerkrankung verzögern? wahrscheinlich Vitamin E und Beta-Carotin können die Entstehung einer Altersbedingten Makuladegeneration nicht verhindern. Wahrscheinlich lassen sie aber in Kombination mit Zink und Vitamin C bestimmte Formen einer bestehenden Erkrankung etwas langsamer fortschreiten. so arbeiten wir Eine Altersbedingte Makuladegeneration kann die Sehkraft verschlechtern © JoaquinAranoa – pixabay.com Beim Lesen erscheinen einzelne Buchstaben auf einmal undeutlich, Handarbeiten fallen schwerer, und für viele Alltagstätigkeiten ist mehr Licht nötig. Die altersbedingte Makuladegeneration kommt oft schleichend und bleibt lange unbemerkt. Makula oder „gelber Fleck“ nennen Ärzte die Stelle auf der Netzhaut des Auges, die für scharfes Sehen im Zentrum des Gesichtsfeldes zuständig ist. Bei der Makuladegeneration bildet sich die Sehkraft an dieser Stelle zurück, Betroffene nehmen Gegenstände nur noch verschwommen am Rande des Sehfelds wahr. Das Augenleiden ist die häufigste Ursache für altersbedingten Sehverlust in westlichen Ländern. Hilfe versprechen Hersteller von Vitaminpräparaten, eine spezielle Nährstoff-Kombination soll die Alterssehschwäche bessern. Billig sind solche Präparate nicht – wirft man bei deren Kauf sein Geld zum Fenster hinaus? Fortschreiten wahrscheinlich verlangsamt Tatsächlich zeigen die zusammengefassten Ergebnisse bisher veröffentlichter Studien, dass eine Kombination aus Vitamin C, E, Beta-Carotin und Zink die zunehmend schlechter werdende Sehkraft wahrscheinlich länger erhalten kann. Auch Zink alleine scheint eine solche Wirkung zu haben. Ein Wundermittel sind die Vitamine und Mineralstoffe allerdings nicht. Selbst nach sechs Jahren war die Wirkung nur moderat, kürzere Studien über eine Zeitdauer bis zu zwei Jahren zeigten keinen deutlichen Effekt [1] [6]. Für Betroffene mit frühen Anzeichen einer Makuladegeneration würde das bedeuten: Ohne Vitamine und Mineralstoffe würde die Erkrankung bei 15 von 1000 Betroffenen innerhalb von sechs Jahren stark fortschreiten Mit Vitaminen und Mineralstoffen wären es 11 von 1000, also um vier Betroffene weniger Für Personen, die bereits an einer mäßig fortgeschrittenen Makuladegeneration leiden, hieße das: Ohne Vitamine und Mineralstoffe würde die Erkrankung bei 430 von 1000 Betroffenen innerhalb von sechs Jahren stark fortschreiten Mit Vitaminen und Mineralstoffen wären es circa 350, also um rund 80 weniger Hundertprozentig gesichert ist die vorbeugende Wirkung von Vitaminen und Zink jedoch noch nicht. Vitamine zur Vorbeugung nutzlos Eines können die Vitamin- und Mineralstoff-Präparate keinesfalls: die Entstehung einer Makuladegeneration verhindern. Das haben bisher durchgeführte Studien klar gezeigt [2]. Was die Vitaminmischung nicht schafft, kann aber ein Rauchstopp erzielen: mit dem Rauchen aufzuhören verringert die Wahrscheinlichkeit deutlich, an altersbedingter Makuladegeneration zu erkranken. Möglicherweise spielt auch eine gesunde Ernährung eine Rolle. In einigen Studien sind jene Teilnehmenden weniger häufig an dem Augenleiden erkrankt, die regelmäßig viel Obst, Gemüse, Nüsse und Fisch aßen. Dass die Ernährungweise das Risiko tatsächlich verringern kann, ist aber nicht völlig gesichert [5,6]. Hintergrundinfo Makuladegeneration Die Altersbedingte Makuladegeneration ist eine Erkrankung, die besonders ältere Menschen betrifft. Rund eine von zwanzig Personen über 65 Jahren ist von dieser Augenerkrankung betroffen, bei den Über-80-jährigen sind es bereits mehr als doppelt so viele [5]. Die sogenannte „trockene“ Form der Augenerkrankung kommt am häufigsten vor, etwa 85 bis 90 Prozent der Betroffenen leiden daran. Dabei bilden sich in der Netzhaut kleine Ablagerungen. Diese zerstören die Sehzellen zunehmend und beeinträchtigen so die Sehfähigkeit. Meist verschlechtert sich die Sicht aber nur langsam. In vielen Fällen kann sich aus der trockenen jedoch eine „feuchte“ AMD entwickeln, bei der sich die Sehkraft rasch vermindert. Bei dieser Variante entstehen neue kleine Blutgefäße in der Netzhaut, aus denen Flüssigkeit aussickert und die Netzhaut zerstört. Andere Behandlungen Für die trockene Form der langsam fortschreitenden Alterssehschwäche gibt es neben den Vitaminpräparaten keine wirksamke Behandlungsmöglichkeit [7]. Die seltenere „feuchte“ Form schreitet zwar schneller voran, lässt sich aber besser behandeln. Um zu verhindern, dass neue Blutgefäße in der Netzhaut entstehen, können Ärzte ein Mittel ins Auge spritzen, welches das Wachstum der Blutgefäße hemmt. Möglich sind auch Laserbehandlungen oder eine photodynamische Therapie, bei der Blutgefäße durch ein Medikament und eine anschließende Laserbestrahlung zerstört werden. Diese Behandlungen können jedoch schwere Nebenwirkungen haben, ihre Wirkung ist zudem nur begrenzt und nicht dauerhaft [6]. In großen Dosen bedenklich Die regelmäßige Einnahme von Vitamin E und Beta-Carotin-Präparaten ist allerdings nicht unbedenklich. So können große Mengen an Vitamin E die Wahrscheinlichkeit geringfügig erhöhen, frühzeitig zu sterben (siehe Vitamin E – Schutz oder Bedrohung? ). Regelmäßig hohe Dosen an Beta-Carotin vergrößern zudem das Risiko für Blasenkrebs sowie bei Rauchern für Lungenkrebs etwas (siehe Mythos Krebsschutz durch Pflanzenfarbstoff Beta-Carotin) Die Studien im Detail Ein Forschungsteam des unabhängigen Cochrane-Netzwerks hat die Ergebnisse aller Studien zu Makuladegeneration und Antioxidantien zusammengefasst, die bis März 2017 veröffentlicht wurden [1,2]. Dass ein Vitaminmix das Fortschreiten einer Altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zu bremsen scheint, beruht zu einem großen Teil aber auf den Ergebnissen einer einzigen Studie des US-amerikanischen„AREDS“-Forschungsteams [1] [3]. Die Ergebnisse widersprechen jedoch nicht den anderen, analysierten Studien, die an deutlich weniger Teilnehmenden durchgeführt wurden. Untersucht wurde in dieser Studie eine Mischung aus 500 mg Vitamin C, 400 IU Vitamin E, 15 mg Beta-Carotin, 80 mg Zink-Oxid und 2 mg Kupferoxid. Ob auch andere Vitaminkonzentrationen wirksam wären, ist unklar. Die tägliche Aufnahme von 400 IU Vitamin E könnte, allerdings schon als bedenklich gelten (siehe Vitamin E – Schutz oder Bedrohung? ), für Beta-Carotin liegt die Grenze mit 20 – 30 mg höher als die untersuchten 15 mg (vergleiche Mythos Krebsschutz durch Pflanzenfarbstoff Beta-Carotin). Dass zusätzliche Antioxidantien wie die Karotinoide Lutein und Zeaxanthin keinen Vorteil bringen dürften, zeigen die Ergebnisse einer weiteren randomisiert-kontrollierten Studie der AREDS-Forscher [1] [4]. Auch ist unklar, ob sie als Ersatz für das bedenkliche Beta-Carotin herhalten können. Insgesamt ist die Studienlage allerdings noch zu unsicher, um dazu eine sichere Aussage treffen zu können. Gut abgesichert ist, dass Vitamin E und Beta-Carotin nicht zur Vorbeugung taugen – sie können nicht verhindern, dass die Augenerkrankung im Alter entsteht. Das bestätigt das Cochrane Team in eine Analyse bisher veröffentlichter Studien [2]. Keine Studien gibt es zu anderen Antioxidantien wie Vitamin C, Lutein und Zeaxanthin – bei ihnen ist unbekannt, ob sie das Erkrankungsrisiko verringern können. Wissenschaftliche Quellen [1] Evans & Lawrenson (2017) Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse Analysierte Studien: 19 randomisiert-kontrollierte Studien, davon 7, die Multivitamine mit Placebo verglichen, 9 zum Vergleich von Lutein (inklusive oder ohne Zeaxanthin) mit Placebo, 1 Studie zum Vergleich von Vitamin E mit Placebo und 5 Studien zum Vergleich Zink mit Placebo Fragestellung: Einfluss von Antioxidantien und Mineralstoffen auf Progression einer AMD Interessenskonflikte: keine laut Autoren Evans JR, Lawrenson JG. Antioxidant vitamin and mineral supplements for slowing the progression of age-related macular degeneration. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jul 31;7:CD000254. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit) [2] Evans & Lawrenson (2017) Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse Analysierte Studien: 5 randomisiert-kontrollierte Studien Teilnehmende insgesamt: 76.756 Personen Fragestellung: Können Antioxidantien und Mineralstoffe das Auftreten einer Altersbedingten Makuladegeneration verhindern? Interessenskonflikte: keine laut Autoren Evans JR, Lawrenson JG. Antioxidant vitamin and mineral supplements for preventing age-related macular degeneration. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jul 30;7:CD000253. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit) [3] AREDS (2001) Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmer: 3640 (55-80 Jahre) mit unterschiedlich ausgeprägter AMD (Kat1: keine AMD, 2:milde oder borderline trockene AMD;3: moderate trockene AMD; 4.fortgeschrittene trockene AMD oder feuchte AMD Studiendauer: mittleres Follow up 6,3 Jahre Frage: Kann die Supplementation mit Antioxidantien ( Beta-Carotin, Vitamin E und C und/oder Zink) das Risiko einer AMD Entwicklung/Progression beeinflussen? Mögliche Interessenskonflikte: keine laut Autoren Age-Related Eye Disease Study Research Group. A randomized, placebo-controlled, clinical trial of high-dose supplementation with vitamins C and E and beta carotene for age-related cataract and vision loss: AREDS report no. 9. Arch Ophthalmol. 2001 Oct;119(10):1439-52. report no. 8. Arch Ophthalmol 2001; 119:1417 (Studie in voller Länge) [4] AREDS (2008) Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie Studienteilnehmer: 4.203 AMD-Patienten mit hohem Risiko für fortgeschrittene AMD Studiendauer: 5 Jahre Frage: Hat der Zusatz von Lutein ,Zeaxanthin +/oder Omega 3 Fettsäuren einen Einfluss auf das Fortschreiten einer AMD? Kann auf ß-Carotin verzichtet werden? Kann Zink niedriger dosiert werden? Mögliche Interessenekonflikte: keine laut Autoren Age-Related Eye Disease Study 2 Research Group. Lutein + zeaxanthin and omega-3 fatty acids for age-related macular degeneration: the Age-Related Eye Disease Study 2 (AREDS2) randomized clinical trial. JAMA. 2013 May 15;309(19):2005-15. (Studie in voller Länge) Weitere wissenschaftliche Quellen [5] UptoDate (2017) Arroyo JG. Age-related macular degeneration: Clinical presentation, etiology, and diagnosis. In Libman H (ed.). UpToDate. www.uptodate.com/contents/age-related-macular-degeneration-clinical-presentation-etiology-and-diagnosis Zugriff am 20. 9. 2017 [6] UptoDate (2017) Arroyo JG. Age-related macular degeneration: Treatment and prevention. In Libman H (ed.). UpToDate. www.uptodate.com/contents/age-related-macular-degeneration-treatment-and-prevention Zugriff am 20. 9. 2017 [7] IQWIG (2015) Altersabhängige Makuladegeneration (AMD). Gesundheitsinformation.de www.gesundheitsinformation.de/altersabhaengige-makuladegeneration-amd.2071.de.html Zugriff am 20. 9. 2017 Schlagworte AlterAltersabhängige MakuladegenerationAMDAugeBeta-CarotinGelber FleckMakulaMakuladegenerationMineralstoffeMultivitaminNahrungsergänzungsmittelVitamin AVitamin CVitamin EVitamineZink In über 500 Faktenchecks suchen