Hilft Knoblauch bei Ohrenschmerzen?

Knoblauch gilt als beliebtes Hausmittel gegen Ohrenschmerzen – etwa bei einer Mittelohrentzündung. Wissenschaftlich belegt ist die Wirksamkeit jedoch nicht.

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Hilft Knoblauch gegen Ohrenschmerzen bei einer Mittelohrentzündung?

Wir haben keine Studien dazu gefunden. Ob Knoblauch – ins Ohr gesteckt oder als Öl eingeträufelt – Mittelohrentzündungs-bedingte Ohrenschmerzen lindern kann, wurde nie wissenschaftlich untersucht.

so arbeiten wir
Knoblauch Knolle und Zehe Knoblauch als Hausmittel bei Ohrenschmerzen?
© 8vFanI – istockphoto.com

Akute Mittelohrentzündungen sind schmerzhaft. Obwohl sie vor allem Babys und Kleinkinder betreffen, können sie auch bei Erwachsenen vorkommen [1-3].

Meist ist die Entzündung nach wenigen Tagen von selbst abgeklungen. Gegen die Ohrenschmerzen greifen einige Menschen gerne zu Hausmitteln wie Knoblauch. Im Internet finden sich verschiedene Tipps dazu: So raten einige Seiten, den Knoblauch in einem Säckchen auf das Ohr aufzulegen. (Manche empfehlen auch Säckchen mit Zwiebel – dazu haben wir bereits einen Faktencheck veröffentlicht). Andere schlagen vor, sich eine Knoblauchzehe oder einen Wattebausch mit Knoblauchöl ins schmerzende Ohr zu stecken, oder das Öl direkt in den Gehörgang zu träufeln.

Die Idee dahinter: Das ätherische Öl aus dem Knoblauch soll Krankheitserreger unschädlich machen, die die Mittelohrentzündung auslösen. Ein Leser wollte von uns wissen, ob das tatsächlich gegen Ohrenschmerzen hilft.

Keine aussagekräftigen Studien

Wir haben uns deshalb auf die Suche nach entsprechenden Forschungsarbeiten gemacht. Allerdings ohne Erfolg: Wir konnten keine Studien finden, die das auf aussagekräftige Weise bei Menschen mit Mittelohrentzündungen untersucht haben.

Gefunden haben wir lediglich Berichte über Laborversuche. Dabei wurde die Wirkung von Knoblauch auf verschiedene Bakterien untersucht, die bei einer Entzündung im Mittelohr vorkommen können. Ob die Wirkstoffe aus Knoblauch allerdings in ausreichender Menge bis zur entzündeten Stelle gelangen und dort die Entzündung lindern, können solche Laborversuche jedoch nicht beantworten.

Ungeklärt ist auch die Frage nach möglichen Risiken. Ein aufgelegtes Säckchen mit Knoblauch dürfte unbedenklich sein. Gelangt eine Knoblauchzehe oder Knoblauchöl direkt ins Ohr, sind jedoch Nebenwirkungen denkbar – besonders wenn bei einer starken Entzündung das Trommelfell reißt und Knoblauch-Bestandteile aus dem Gehörgang möglicherweise ins Mittelohr gelangen können.

Viren oder Bakterien als Ursache für die Ohrenschmerzen

Eine akute Mittelohrentzündung entsteht oft im Zusammenhang mit einer Erkältung, Grippe oder Halsentzündung. Sie wird durch Viren oder Bakterien – häufig durch beides – ausgelöst [4]. Durch die Entzündung schwellen die Schleimhäute im Ohr und im Verbindungsgang zwischen Mittelohr und Rachen an. Flüssigkeiten in diesem Bereich können dann nicht mehr so gut abfließen und auf das Trommelfell drücken [1] – was zusätzlich zur Entzündung Schmerzen verursacht.

Bei Kindern klingt die Entzündung oft nach zwei bis drei Tagen von selbst ab. Gegen die Ohrenschmerzen helfen schmerzstillende Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen [1].

Antibiotika können Studien zufolge die Genesung häufig nicht beschleunigen [5]. Dazu kommt, dass sie nur dann helfen können, wenn die Mittelohrentzündung durch Bakterien (mit)verursacht wird. Denn gegen Viren sind Antibiotika unwirksam.

Bei Erwachsenen sind Mittelohrentzündungen deutlich seltener als bei Babys und Kleinkindern. Bei ihnen schätzen Arzt oder Ärztin im Einzelfall ab, ob eine Behandlung mit Antibiotika nötig und sinnvoll ist [3].

Ausführliche Informationen zu Mittelohrentzündungen und wie sie sich am besten behandeln lassen, beschreiben die Seiten Gesundheitsinformation.de und Gesundheit.gv.at.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Wir haben in vier medizinischen Datenbanken nach aussagekräftigen Studien zu Knoblauch bei Ohrenschmerzen durch eine Mittelohrentzündung gesucht. Allerdings haben wir keine einzige gefunden.

Eine aussagekräftige Studie könnte so aussehen: Menschen mit Mittelohrentzündungen bekommen nach dem Zufallsprinzip entweder eine Behandlung mit Knoblauch oder nicht. Dann würde sich gut vergleichen lassen, wie gut die die Behandlungen Schmerzen lindern und wie schnell sie die Beschwerden wieder verschwinden lassen.

Wie aussagekräftig sind diese Studien?

Solche Studien bezeichnen Fachleute als randomisiert-kontrollierte Studien. Randomisiert bedeutet zufällig zugeteilt; kontrolliert meint, dass es zum Vergleich eine Kontrollgruppe ohne Knoblauch gibt. Dies ist die aussagekräftigste Studienart, um die Wirksamkeit einer Behandlung zu erforschen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn niemand der Beteiligten weiß, wer welche Behandlung bekommt. Diese sogenannte „Verblindung“ gewährleistet, dass die Erwartungen der Beteiligten den wahrgenommenen Behandlungserfolg nicht beeinflussen.

Die Verblindung wäre in diesem Fall aber vermutlich eher schwierig gewesen, denn Knoblauch hat einen starken Eigengeruch. Die Betroffenen hätten daher vermutlich gewusst, welche Behandlung sie bekommen. Das könnte bei solchen subjektiven Beschwerden wie Schmerzen die Bewertung verzerren.

[1] IQWiG (2022) Mittelohrentzündung. Abgerufen am 6.12.2023 unter Gesundheitsinformation.de

[2] UpToDate (2023) Acute otitis media in children: Treatment. Abgerufen am 4.12.2023 unter uptodate.com (Zugang kostenpflichtig)

[3] UpToDate (2023) Acute otitis media in adults. Abgerufen am 4.12.2023 unter uptodate.com (Zugang kostenpflichtig)

[4] Amboss (2023) Akute Otitis media. Abgerufen am 21.12.2023 unter amboss.com

[5] Gesundheitsinformation.de (2022) Können Antibiotika bei Babys und Kleinkindern die Beschwerden lindern?. Abgerufen am 21.12.2023 unter Gesundheitsinformation.de

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