Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Krebs-Tod durch Kaffee?

Kaffee gehört zu den beliebtesten Getränken der Menschheit. Fördert das anregende Gebräu den Tod durch Tumore? Oder schützt es sogar davor?

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Hat Kaffee einen Einfluss auf das Krebstod-Risiko?

Die aktuelle Studienlage deutet darauf hin, dass sich Kaffeekonsum im Allgemeinen weder schützend noch schädlich auf das Krebstod-Risiko auswirkt.

so arbeiten wir
© Sabine Hürdler - fotolia.de Kaffee: Genuss, Ritual, Wachmacher
© Sabine Hürdler – fotolia.de

Kaffee zählt neben Wasser und Tee zu den beliebtesten Getränken rund um den Erdball. Vor allem in Industrieländern konsumieren viele Erwachsene täglich Espresso, Cappuccino und Co. Kaffeetrinken ist Ritual, Genuss und aufgrund der anregenden Wirkung für manche auch eine Notwendigkeit. Doch hat das Gebräu etwa schädliche Gesundheitsfolgen, indem es den Tod durch Krebs begünstigt? Oder hat Kaffee sogar eine schützende Wirkung, die das Krebs-Risiko senkt?

Kaffee wirkt neutral

Zwei aktuelle Übersichtsarbeiten [1] [2] haben sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Sie analysierten die Daten von tausenden Studienteilnehmern aus Europa, Amerika und Asien. Beide Untersuchungen kamen zu dem Schluss: Kaffeekonsum hat wohl keine Auswirkung auf die Krebs-Sterblichkeit. Das heißt, Kaffee scheint im Allgemeinen den Tod durch Krebs weder zu begünstigen noch zu verhindern.

Kaffee kein Auslöser für Krebs

Detaillierter nachgeforscht hat die Internationale Agentur für Krebsforschung IARC. Ihre wissenschaftlichen Experten wollten zusätzlich wissen, ob Kaffee das Erkrankungsrisiko für einzelne Krebsarten beeinflussen kann. In einer Analyse von mehr als 1000 bisher veröffentlichten Studien fanden sie darauf jedoch keinen Hinweis [3]. Der Analyse zufolge könnte Kaffee das Risiko für Krebs der Gebärmutterschleimhaut sowie der Leber sogar senken. Für Brustkrebs, Prostatakrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Blasenkrebs scheint es keinen Zusammenhang mit dem Konsum von Kaffee zu geben.

Die Wissenschaftler der IARC geben aber zu bedenken, dass die Daten zu mehr als 20 weiteren Krebsarten derzeit zu wenig aussagekräftig sind. Endgültigen Aufschluss können daher erst zukünftige Studien geben.

Wilde Mischung

Für detaillierte Empfehlungen für oder gegen Kaffeekonsum ist es allerdings zu früh. Denn viele Fragen zu möglichen Gesundheitseffekten des Kaffees sind noch ungeklärt. Studien gibt es zwar hunderte, deren Ergebnisse sind allerdings oft widersprüchlich. Das ist eigentlich nicht weiter verwunderlich – schließlich enthält Kaffee neben dem anregenden Koffein noch über tausend weitere Inhaltsstoffe, zum Beispiel diverse Antioxidantien. [4]

Es ist denkbar, dass manche Substanzen aus dem Kaffee der Gesundheit nützen – es gibt sogar Hinweise darauf, dass Kaffeetrinker seltener frühzeitig sterben. Andere Kaffeeinhaltsstoffe wiederum könnten ein Risiko darstellen. Außerdem werden Kaffeebohnen unterschiedlicher Sorten auf vielfältige Weise angebaut, verarbeitet, zubereitet und serviert. Hat auch dies Auswirkungen auf das ‚Risikoprofil’ von Kaffee? Es ist zumindest vorstellbar. [2] [5]

Effekte herausfiltern

Der Variantenreichtum macht es also einigermaßen schwierig, die vielen bereits vorliegenden Studien zu vergleichen und konkrete Wirkungen herauszufiltern. Trotz einiger Hürden sind Untersuchungen über mögliche Gesundheitseffekte wichtig, da das Kaffeetrinken so weit verbreitet ist. In den Industrieländern liegt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch bei über vier Kilogramm Kaffeebohnen. [1] [2]

Die Studien im Detail

Die aktuelle Einschätzung zur Krebs-Sterblichkeit erfolgt auf Basis von zwei aktuellen Übersichtsarbeiten aus Italien und Schweden [1] [2]:

Die italienische Arbeit aus dem Jahr 2013 [2] nahm die Todesursachen von Menschen aus Europa, Japan und Nordamerika unter die Lupe. Fazit: Kaffeekonsum scheint sich nicht auf die Krebs-Sterblichkeit auszuwirken. Insgesamt könnten Kaffeetrinker dennoch etwas begünstigt sein – eventuell gibt es positive Effekte auf die allgemeine und die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit.

Zu ganz ähnlichen Schlüssen kommt auch die schwedische Studie aus 2014 [1]: Die Autoren analysierten 121.900 Todesfälle. Sie orteten keinen Einfluss des Kaffees auf die Anzahl der Krebstoten. Jedoch folgerte auch diese Forschergruppe, dass Kaffeetrinker möglicherweise in anderen Bereichen profitieren könnten. Demnach hätten Liebhaber des Getränks womöglich ein niedrigeres Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, und auch sonst hätte Kaffee eventuell eine gewisse Schutzwirkung.

Diese Ergebnisse klingen einerseits positiver als der Ruf, den Kaffee mitunter als Genussmittel hat. Andererseits darf nicht unerwähnt bleiben, dass diese Resultate mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten sind, denn die oben genannten Auswertungen basieren allesamt auf Beobachtungsstudien (prospektive Kohortenstudien). Aufgrund ihres Designs können derartige Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen dem von den Probanden gemeldeten Kaffeekonsum und Gesundheitseffekten nur nahelegen, aber nicht nachweisen.

Ein Manko vieler Kaffeestudien: Möglicherweise bedeutende Details zur Kaffeeaufnahme bleiben mitunter ungeklärt. So wird beispielsweise häufig der Kaffeekonsum in ‚Tassen pro Tag’ angegeben. Genaue Mengenangaben fehlen – obwohl etwa in den USA eine andere Tassengröße bevorzugt wird als in Japan. Auch über Anbau, Zubereitung und Servierform (mit Milch und Zucker?) gibt es oft keine Daten. Unter Umständen beeinflussen diese Faktoren jedoch die Zusammensetzung des Kaffees und die Wirksamkeit seiner Inhaltsstoffe.

Nicht auszuschließen ist, dass bei (manchen) Kaffeestudien mit neutralen bis nützlichen Gesundheitseffekten auch die so genannte ‚umgekehrte Kausalität’ eine gewisse Rolle spielt: Es ist denkbar, dass gesunde Menschen eher zum Kaffee greifen – während Kranke oder Ältere ihn meiden, weil er sich nicht mit der Einnahme von Medikamenten verträgt oder weil er als ‚ungesund’ gilt. In Summe könnte dies ein verzerrtes, also allzu positives Bild ergeben.

[1] Crippa u.a. (2014)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit, Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 21 prospektive Kohortenstudien, 8 davon zur Krebs-Sterblichkeit
Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum, Kaffeedosis und Krebs-Sterblichkeit bzw. allgemeiner Sterblichkeit und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit?
mögliche Interessenskonflikte: keine

Crippa A, Discacciati A, Larsson SC, Wolk A, Orsini N. Coffee consumption and mortality from all causes, cardiovascular disease, and cancer: a dose-response
meta-analysis. Am J Epidemiol. 2014 Oct 15;180(8):763-75. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Malerba u.a. (2008)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit, Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 28 prospektive Kohortenstudien, davon 10 Studien zur Krebs-Sterblichkeit
Fragestellung: Beeinflusst Kaffee-Konsum die Krebs-Sterblichkeit bzw. die allgemeine Sterblichkeit und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit?
mögliche Interessenskonflikte: keine

Malerba S, Turati F, Galeone C, Pelucchi C, Verga F, La Vecchia C, Tavani A. A meta-analysis of prospective studies of coffee consumption and mortality for all
causes, cancers and cardiovascular diseases. Eur J Epidemiol. 2013 Jul;28(7):527-39. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[3] Loomis u.a. (2016)
Loomis D, Guyton KZ, Grosse Y, Lauby-Secretan B, El Ghissassi F, Bouvard V,
Benbrahim-Tallaa L, Guha N, Mattock H, Straif K; International Agency for
Research on Cancer Monograph Working Group. Carcinogenicity of drinking coffee, mate, and very hot beverages. Lancet Oncol. 2016 Jun 14. pii:
S1470-2045(16)30239-X (Zusammenfassung)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[4] Bøhn u.a. (2014)
Bøhn SK, Blomhoff R, Paur I. Coffee and cancer risk, epidemiological evidence, and molecular mechanisms. Mol Nutr Food Res. 2014 May;58(5):915-30. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[5] Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (2011)
Kaffee und Krebsrisiko. Aufgerufen am 17. 2. 2015 unter http://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/kaffee.php

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht am 18. Februar 2015. Seitdem ist eine neue Übersichtsarbeit [3] erschienen, die unsere Einschätzung jedoch nicht wesentlich verändert.

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