Startseite ● Healy: fragwürdige Frequenztherapie Healy: fragwürdige Frequenztherapie Durch Stromimpulse soll das Healy-Gerät bei Gesundheitsproblemen helfen. Wissenschaftlich plausibel ist das nicht. Studien dazu können nichts davon belegen. 31. August 2023 AutorIn: Bernd Kerschner Review: Teresa König Teilen Kann Healy bei Gesundheitsproblemen helfen? wissenschaftliche Belege fehlen Studien zu Healy sind ungeeignet, die beworbenen Wirkungen auf die Gesundheit zu belegen. Es gibt auch keine wissenschaftlich nachvollziehbare Erklärung dafür, wie das Gerät wirken soll. so arbeiten wir Healy verwendet ähnliche Armgelenks-Elektroden wie hier abgebildet ©3283197d_273 – istockphoto.com Bei Healy handelt es sich um ein kleines Kästchen, das zur Linderung zahlreicher Gesundheitsprobleme beworben wird. Mit zwei Kabeln wird es mit dem Körper verbunden – etwa über Elektroden an den Handgelenken oder an den Ohren. Es gibt jedoch auch eine Version, die kabellos die Gesundheit fördern soll. Die Erklärungen zur Wirkweise von Healy klingen beeindruckend, die Werbung nennt Begriffe wie Quantenphysik, Informationsfelder und Frequenztherapie. Doch wissenschaftlich nachvollziehbar sind diese angeblichen Erklärungen selbst für Fachleute aus Physik, Medizin oder Biologie nicht [5]. Behauptet wird eine Besserung zahlreicher Gesundheitsprobleme, etwa bei Schmerzen unterschiedlichster Art, bei Depression, bei einer Angststörung oder bei Schlafproblemen. Der Preis für das Gerät liegt zwischen rund 500 bis 4000 Euro (Stand August 2023). Die Firma hinter Healy wirbt auch mit Studien, welche die Wirksamkeit belegen sollen. Wir haben uns die Studien näher angesehen. Keinerlei Belege für die Wirksamkeit von Healy Dabei wurde schnell klar: Keine dieser Studien hat untersucht, ob das Healy-Gerät die genannten Gesundheitsprobleme lindern kann. Denn die Studienteilnehmenden waren alle gesund [1]. Es gibt daher keine Belege, dass es Betroffenen mit häufigen Schmerzen, Schlafproblemen, Angstzuständen oder einer Depression helfen kann. Laut Herstellerfirma wurden acht Studien [1] mit dem Healy durchgeführt. Nur drei dieser Studien wurden auch veröffentlicht [2-4]. Deren Ergebnisse sind jedoch lückenhaft und damit weder nachvollziehbar noch aussagekräftig (siehe Abschnitt „Die Studien im Detail“). Gefahr bei Herzbeschwerden und Epilepsie Über zwei Elektroden lässt das Healy-Gerät Strom durch den Körper fließen. Die Stromstärke ist zwar relativ gering (laut Herstellerfirma maximal 1 Milliampere), aber dennoch groß genug, um mitunter deutlich spürbar zu sein. Das Gerät schickt Strom mit einer Frequenz von bis zu 1000 Hertz durch den Körper. Das bedeutet, dass der Stromfluss bis zu tausend Mal pro Sekunde unterbrochen wird. Die Anzahl dieser Unterbrechungen wird in Hertz angegeben. Die Herstellerfirma stellt die wissenschaftlich unplausible Behauptung auf, dass Strom mit bestimmten Frequenzen die Gesundheit positiv beeinflussen kann. Plausibel ist hingegen, dass dieser Stromfluss für Personen mit Herzbeschwerden, einem Herzschrittmacher oder Epilepsie gefährlich sein kann. Davor warnt auch die Herstellerfirma auf ihrer Webseite. Wie die Wirksamkeit sind auch Nebenwirkungen und Risiken des Healy nur unzureichend untersucht. Die Studien im Detail Nach welchen Studien haben wir gesucht? Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist zwar nicht nachvollziehbar, wie Healy wirken soll. Doch ob das Gerät wirksam Schmerzen und andere Gesundheitsprobleme lindert, ließe sich dennoch einfach überprüfen – und zwar mit einer randomisiert-kontrollierten Studie. Dazu müssten Teilnehmende mit einem definierten Gesundheitsproblem – etwa häufig wiederkehrender Migräne – nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeteilt werden. Die Behandlungsgruppe erhält täglich eine Behandlung mit dem Healy. Die zweite Gruppe ist die Kontrollgruppe. Sie erhält eine Scheinbehandlung (Placebo-Behandlung) mit einem ausgeschalteten Gerät. Wichtig ist, dass weder das Forschungsteam noch die Teilnehmenden sehen oder spüren, bei wem Healy eingeschaltet ist und bei wem nicht. So lässt sich ausschließen, dass sich die Migräneanfälligkeit alleine durch die Erwartung – also durch den Placeboeffekt – bessert. Während der Studienlaufzeit notieren die Teilnehmenden, wie häufig und wie stark Migräneanfälle bei ihnen auftreten. Zu Studienende wird verglichen, ob die Behandlungsgruppe tatsächlich weniger häufig oder weniger schwere Anfälle gehabt hat. Nur wenn sich hier ein klarer Unterschied zeigt, wäre das ein Beleg für die Wirksamkeit des Healy. Wir haben drei Forschungsdatenbanken nach solch randomisiert-kontrollierten Studien durchsucht. Außerdem sind wir Hinweisen auf Studien auf den Webseiten der Herstellerfirma nachgegangen. Gefunden haben wir eine Übersichtsarbeit [1], die im Auftrag der Healy GmbH durchgeführt wurde. Die beiden Autoren führen darin acht Studien an – sechs davon randomisiert-kontrollierte Studien. Der Großteil dieser Arbeiten wurde jedoch bisher nicht veröffentlicht. Einsehbar sind lediglich drei Studien [2-4]. Wie aussagekräftig sind die Studien? Eine Studie [4] vergleicht zwei verschiedene Healy-Behandlungen. Eine unbehandelte Gruppe an Teilnehmenden fehlt, daher kann die Untersuchung nicht beurteilen, ob Healy wirksam ist. In den zwei anderen Studien [2,3] erhält eine Gruppe eine Healy-Behandlung, die andere Gruppe nicht. Aus folgenden Gründen haben diese Untersuchungen dennoch keine Aussagekraft: Nur gesunde Teilnehmende: es wurde nicht untersucht, ob Healy bei Krankheiten oder Gesundheitsproblemen hilft. Stattdessen wurde beispielsweise das Wohlbefinden der Teilnehmenden erhoben. Placeboeffekt wahrscheinlich: Die Teilnehmenden wussten, ob sie eine Behandlung mit Healy erhielten oder nicht. Die dabei entstandenen Erwartungen können das Wohlbefinden verbessert haben. Auswertung nicht nachvollziehbar: Die Ergebnisse zum Wohlbefinden wurden auf eine Weise rechnerisch miteinander verglichen, die sich nicht nachvollziehen lässt. Die Ergebnisse erachten wir daher als nicht vertrauenswürdig. Nicht vergleichbare Ergebnisse vermischt: Die Teilnehmenden durften sich aussuchen, wo sie sich abgesehen vom Wohlbefinden eine Verbesserung wünschten: etwa bei Tinnitus, Hitzewallungen, beim Hautbild, bei der Balance oder anderem. Die Studienautoren vermengten diese unterschiedlichen Daten zu einem einzigen Ergebnis, obwohl sie nicht vergleichbar sind. Zufällige Zuteilung fraglich: Die Größe der Gruppen war unterschiedlich. Das sollte bei einer zufälligen Aufteilung der Teilnehmenden auf die Gruppen nicht passieren. Solche Unterschiede können dazu geführt haben, dass die Gruppen nicht miteinander vergleichbar sind. Wissenschaftliche Quellen [1] Walach & Marmann (2023) Bioenergy Treatment for Improving Well-Being: A Meta-Analysis. Complementary Medicine Research, 1-12. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit) [2] Walach & Marmann (2021) Self-Treatment to Improve Mental and Physical Health using Two Bioenergetic Devices: A Randomized Controlled Trial. Journal of Psychiatry and Psychiatric Disorders, 5, 107-119. (Studie in voller Länge) [3] Schmieke & Marmann (2022a) Three Arm Pilot Study with Waiting Group Control to Quantify the Effect of Information Field Analysis and Vibration and the Application of Individualized Microcurrent Treatments on Improvement of General Wellbeing and Goal Attainment in Healthy Volunteers. Health Education and Public Health, 5(1), 477- 483. (Studie in voller Länge) [4] Schmieke & Marmann (2022b) Two Arm Stratified Pilot Study to Assess the Efficacy of the New Individualized Microcurrent Frequencies (IMF) Programs “Power of 3” in Comparison with Standard Healy Applications in Participants Under COVID-19 Crisis Induced Stress. Health Education and Public Health, 5(2), 508-516. (Studie in voller Länge) [5] Berkel (2021) De Healy en misleidende claims. Abgerufen am 30. 8. 2023 unter https://www.overvoedingengezondheid.nl/de-healy-en-misleidende-claims/ Schlagworte BioresonanzFrequenzenFrequenztherapieHealyMikrostrom In über 500 Faktenchecks suchen