Wie gesund ist grüner Tee für Herz und Kreislauf?

Studien zufolge könnte grüner Tee die Herzgesundheit fördern und das Leben verlängern. Gesichert ist das jedoch nicht, und der Effekt dürfte nur klein sein.

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Review:  Jana Meixner 

Senkt grüner Tee die Wahrscheinlichkeit, frühzeitig zu versterben? Senkt er die Wahrscheinlichkeit für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung?

Bisherigen Forschungsergebnissen zufolge könnte grüner Tee das Leben geringfügig verlängern – besonders wenn es um Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht. Das ist aber nicht gut abgesichert. Es könnte nämlich sein, dass Grüntee-Trinkerinnen und Trinker generell gesünder leben und dass das der eigentliche Grund für die etwas höhere Lebenserwartung ist.

so arbeiten wir
Grüner Tee stammt ursprünglich aus Asien Grüner Tee stammt ursprünglich aus Asien
© luckyraccoon – istockphoto.com

In der chinesischen und japanischen Kultur ist das Trinken von grünem Tee tief verwurzelt. Wie bei schwarzem Tee stammen die dazu verwendeten Teeblätter vom Teestrauch Camellia sinensis. Im Gegensatz zum schwarzen Tee werden die Blätter bei grünem Tee jedoch nicht fermentiert. Auch bei uns ist grüner Tee beliebt.

Sein Geschmack scheint aber nicht der einzige Grund für seine Popularität zu sein. Auch Behauptungen zu einer gesundheitsfördernden Wirkung dürften dazu beigetragen haben. Demnach soll grüner Tee etwa die Herzgesundheit fördern und das Leben verlängern.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzschwäche gehören zu den häufigsten Todesursachen in der westlichen Welt. Wenn regelmäßiges Teetrinken das Risiko dafür wirklich senken könnte, wäre das ein einfacher und praktischer Weg zu einem gesünderen und längeren Leben.

Wir haben recherchiert, ob sich das durch wissenschaftliche Ergebnisse belegen lässt.

Gesundheitseffekt bestenfalls klein

Studien zu grünem Tee gibt es etliche – viele stammen aus dem asiatischen Raum. Ihre Ergebnisse liefern zumindest Hinweise auf eine gesundheitsfördernde Wirkung [Quellen 1,2]. Demnach könnte grüner Tee tatsächlich die Wahrscheinlichkeit für einen frühzeitigen Tod ein wenig senken – etwa wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Gut belegt ist das jedoch nicht. Zudem scheint der mögliche Effekt eher klein zu sein. Das veranschaulicht die folgende Schätzung anhand einer beispielhaft ausgewählten Studie [Quelle 3]. Angenommen, eine große Anzahl von rund 60-jährigen Menschen wurde 11 Jahre lang beobachtet. Dann wäre folgendes zu erwarten:

  • Unter jenen, die bis zu einer Tasse grünen Tee am Tag tranken, waren ca. 114 von 10.000 Menschen verstorben.
  • Unter jenen, die bis zu zwei Tassen täglich trinken, waren ca. 111 von 10.000 Menschen verstorben.

Diese Zahlen sind jedoch nur eine ungefähre Schätzung. Dieser zufolge würde eine Tasse grüner Tee mehr pro Tag demnach für rund 3 von 10.000 Menschen ein längeres Leben bedeuten. Wobei eine Analyse bisheriger Forschungsarbeiten darauf hindeutet, dass bei mehr als zwei Tassen täglich keine weiteren Gesundheitsvorteile zu erwarten sind [Quelle 2].

Henne-Ei-Problem

Doch Vorsicht: Es ist nicht gesichert, dass der grüne Tee für die verringerten Todesfälle verantwortlich ist. Möglicherweise starben unter den Grüntee-Fans nur deshalb weniger, weil sie mehr auf ihre Gesundheit achteten. Vielleicht haben sie seltener Alkohol getrunken und stattdessen grünen Tee bevorzugt. Alkohol erhöht immerhin das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einen frühzeitigen Tod. Es ist auch denkbar, dass die länger lebenden Studienteilnehmenden von vornherein gesünder waren. Wir wissen also nicht, was zuerst war: die Vorliebe für grünen Tee oder die gute Gesundheit. Wie bei der Henne und dem Ei.

Schwieriger Nachweis

Manche Studien haben versucht, dieses Problem zu umgehen. Dabei wurden die Teilnehmenden in zwei Gruppen aufgeteilt, die sich in ihrer Gesundheit und ihrem Lebensstil ähnlich waren. Eine Gruppe nahm nun regelmäßig Kapseln mit Grüntee-Extrakt ein, die andere Gruppe Schein-Kapseln (Placebo-Kapseln) ohne Tee-Inhaltsstoffe.

Die zusammengefassten Ergebnisse dieser Studien deuten darauf hin, dass die Kapseln mit Grüntee-Extrakt den Blutdruck und Cholesterinspiegel senken könnten – zumindest über die Studiendauer von einigen Wochen [Quelle 4]. Das könnte theoretisch dazu führen, dass auch das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung sinkt.

Ob das in diesem Fall ausreicht, ist aber nicht sicher. Diese Untersuchungen liefern also nur indirekte Hinweise. Zudem müsste der Effekt mehrere Jahre anhalten – und nicht nur einige Wochen oder Monate wie in den Studien. Ob Kapseln mit Grüntee-Extrakt denselben Effekt haben wie das Tee-Trinken, ist ebenfalls unklar.

Grüntee-Extrakt mit möglichen Nebenwirkungen

Grüntee-Extrakt kann auch unerwünschte Wirkungen haben, etwa Verdauungsprobleme, Übelkeit und Schlafprobleme. Bei einzelnen Studienteilnehmenden ist es auch zu erhöhtem Blutdruck oder einem allergischen Hautausschlag gekommen [Quelle 5].

In sehr hohen Dosen und über lange Zeit eingenommen kann Grüntee-Extrakt die Leber schädigen [Quelle 5]. Verantwortlich dafür ist der Inhaltsstoff Epigallocatechingallat – abgekürzt EGCG. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt daher, täglich nicht mehr als 800 Milligramm EGCG zu sich zu nehmen [Quelle 6]. Bei vielen Nahrungsergänzungsmitteln mit Grüntee-Extrakt ist die enthaltene EGCG-Menge angegeben. Für Tee als Getränk gehen die Fachleute der Behörde von keiner leberschädigenden Wirkung aus, da die EGCG-Menge darin geringer ist als in Kapseln mit Konzentrat.

Was fördert die Herzgesundheit belegtermaßen?

Es gibt viele Möglichkeiten, um einer Herz-Kreislauf-Erkrankung vorzubeugen und so die Wahrscheinlichkeit für einen frühzeitigen Tod zu verringern. Dazu gehören unter anderem:

  • mit dem Rauchen aufzuhören
  • eine ausgewogene Ernährung mit Lebensmitteln, die nur geringe Mengen an Zucker und gesättigten (tierischen) Fetten enthalten
  • wenig zu salzen
  • nur wenig Alkohol zu trinken
  • regelmäßig Sport zu treiben
  • abzunehmen, wenn man übergewichtig ist

Ausführliche Tipps und Erklärungen zu einem herzgesunden Lebensstil finden sich auf der Webseite Gesundheitsinformation.de und Gesundheit.gv.at.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Ob das regelmäßige Trinken von grünem Tee zu weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfällen führt, ist nicht einfach zu erforschen. Wir haben Forschungsdatenbanken nach zwei Arten von Studien durchsucht. Mit beiden lässt sich diese Frage untersuchen – jedoch mit Einschränkungen:

In einer Beobachtungsstudie erheben Forschende die Teetrinkgewohnheiten einer großen Anzahl von Teilnehmenden. Im Laufe von vielen Jahren zählen sie, ob Personen mit hohem Grüntee-Konsum seltener erkranken oder sterben als jene, die keinen oder nur wenig grünen Tee trinken. Doch auch wenn sich ein solcher Zusammenhang zeigt: Dass wirklich der grüne Tee die Ursache für das längere und gesündere Leben ist, lässt sich so nicht beweisen. Denn möglicherweise liegt der Grund dafür in einem generell gesünderen Lebensstil.

Mithilfe einer randomisiert-kontrollierte Studie lässt sich dieses Problem umgehen. Diese Studienart ist daher theoretisch aussagekräftiger als eine Beobachtungsstudie. Dafür werden die Teilnehmenden per Zufall (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeteilt: eine Gruppe nimmt regelmäßig grünen Tee zu sich, die andere nicht – sie ist die Kontrollgruppe. Die zufällige Zuteilung stellt sicher, dass die beiden Gruppen in Hinblick auf ihren Lebensstil, ihre Gesundheit und andere Dinge ähnlich und gut vergleichbar sind.

Dieser Studienaufbau hat allerdings einen Haken: Es wäre nämlich wichtig ist, dass niemand weiß, wer in der Grüntee-Gruppe ist und wer nicht. Das lässt sich aber nicht wirklich geheim halten. Daher nehmen die Teilnehmenden in solchen Untersuchungen Kapseln zu sich, die entweder Grüntee-Extrakt oder ein Tee-freies Pulver (ein Placebo) enthalten. So weiß niemand, wer die echten und wer die Placebo-Kapseln bekommt. Zeigt sich nun ein Unterschied, kann die Ursache nur beim Grüntee-Extrakt liegen.

Der Nachteil: Es lassen sich viel weniger Menschen über eine viel kürzere Dauer untersuchen als bei einer Beobachtungsstudie. Und es ist unklar, ob die Einnahme von Grüntee-Extrakt eine ähnliche Wirkung hat wie das Trinken des Tees.

Wie aussagekräftig sind die Beobachtungstudien?

Gefunden haben wir eine Übersichtsarbeit, die Beobachtungsstudien bis 2019 nachvollziehbar zusammengefasst und analysiert hat [Quelle 1]. Gestützt werden die Ergebnisse durch eine aktuellere Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2024 – auch wenn sich deren Analyse weniger gut nachvollziehen lässt [Quelle 2].

Die zusammengefassten Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Trinken von grünem Tee prinzipiell das Leben etwas verlängert – auch wenn der Effekt nur gering zu sein scheint.

Manches stärkt unser Vertrauen in diese Ergebnisse, doch einiges spricht auch dagegen.

Was für die gesundheitsfördernde Wirkung von grünem Tee spricht:

  • Durch gut durchgeführte Studien bestätigt: der gesundheitliche Nutzen zeigt sich auch dann, wenn nur streng nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Studien berücksichtigt werden. Allerdings ist der Effekt etwas kleiner als bei schlecht durchgeführten Studien.
  • Größerer Effekt bei größerer Teemenge: In den Studien zeigte sich, dass viel Tee wirksamer ist als wenig Tee. Das macht es plausibler, dass der grüne Tee die Ursache für das geringere Risiko ist – es ist aber kein Beweis dafür.

Aus folgenden Gründen haben wir aber Zweifel an den Studienergebnissen:

  • Gesunder Lebensstil oder bessere Gesundheit: Es ist denkbar, dass Menschen, die viel grünen Tee trinken, weniger Alkohol trinken. Alkohol erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einen frühzeitigen Tod. Es ist auch denkbar, dass Menschen grünen Tee als Teil eines gesunden Lebensstils sehen und daher auch sonst gesünder leben.
  • Einfluss unveröffentlichter Studien unklar: Die Übersichtsarbeit hat nicht analysiert, ob es möglicherweise Studien gibt, die keine Risikosenkung zeigen konnten und daher nie veröffentlicht wurden. Einen solchen Effekt gibt es bei vielen Forschungen, er kann das Ergebnis positiver aussehen lassen, als es in Wirklichkeit ist. Man spricht auch von Publication Bias.

Wie aussagekräftig sind die randomisiert-kontrollierten Studien?

Wir haben bei unserer Recherche auch eine Übersichtsarbeit gefunden, die bisherige randomisiert-kontrollierte Studien zusammengefasst hat [Quelle 4]. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass Grüntee-Extrakt Blutwerte positiv beeinflussen kann, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Aus folgenden Gründen ist dies jedoch kein Beleg dafür, dass grüner Tee (oder ein Extrakt daraus) tatsächlich zu weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfällen führt:

  • Schlechte Blutwerte machen nicht zwingend krank: Nicht alle Menschen mit erhöhtem Blutdruck oder Cholesterinspiegel bekommen einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, und keineswegs alle sterben frühzeitig. Blutwerte geben also nur indirekte Hinweise auf die Gesundheit und die Lebenserwartung.
  • Kurze Studiendauer: Viele der Untersuchungen dauerten nur wenige Wochen oder Monate. Das könnte zu kurz sein, um die Wirkung von jahrelangem Grünteekonsum zu untersuchen.
  • Kapseln statt Getränk: In randomisiert-kontrollierten Studien lässt sich nur schwer untersuchen, welche Wirkung das Trinken von Tee hat – denn vermutlich lassen sich nur wenige Menschen von Forschenden vorschreiben, ob sie regelmäßig grünen Tee trinken oder auf diesen verzichten sollen. Die in den Studien untersuchten Kapseln mit Grüntee-Extrakt haben möglicherweise aber nicht dieselbe Wirkung wie aufgebrühter Tee.
  • Studienqualität nicht berücksichtigt: Das Forschungsteam hinter der Übersichtsarbeit hat in seiner Analyse nicht berücksichtigt, ob Forschungsarbeiten mit schlechter Qualität zu anderen Ergebnissen kommen als gut durchgeführte. Das kann Ergebnisse positiver scheinen lassen, als sie tatsächlich sind.

[1] Chung et al. (2020) Dose–response relation between tea consumption and risk of cardiovascular disease and all-cause mortality: a systematic review and meta-analysis of population-based studies. Advances in Nutrition, 11(4), 790-814. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[2] Kim et al. (2024) Tea consumption and the risks of all-cause, cardiovascular disease, and cancer mortality: a meta-analysis of 38 prospective cohort data sets. Epidemiology and Health, e2024056. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[3] Kuriyama et al. (2006) Green tea consumption and mortality due to cardiovascular disease, cancer, and all causes in Japan: the Ohsaki study. Jama, 296(10), 1255-1265. (Zusammenfassung der Studie)

[4] Zamani et al. ( 2023) The effects of green tea supplementation on cardiovascular risk factors: a systematic review and meta-analysis. Frontiers in Nutrition, 9, 1084455. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[5] Filippini et al. (2020). Green tea (Camellia sinensis) for the prevention of cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews, (3). (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[6] EFSA (2018). Scientific opinion on the safety of green tea catechins. EFSA Journal, 16(4), e05239. (Artikel in voller Länge)

  • 28. 5. 2015: erste Version zu Grüntee und Matcha-Tee
  • 21. 7. 2016: aktualisierte Version: Drei neue systematische Übersichtsarbeiten bekräftigen die bisherige Einschätzung der Studienlage.
  • 15. 10. 2024: überarbeitete Version mit neuer Literatursuche, Fokus nur mehr auf grünem Tee, nicht mehr Matcha-Tee. Änderung der Einschätzung der Wirksamkeit von „möglicherweise“ auf „möglicherweise ein bisschen

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