Startseite ● Mythos Zitronensaft gegen Noroviren Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. Mythos Zitronensaft gegen Noroviren Das Nororvirus verursacht Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Einem Gerücht zufolge soll Zitronensaft den Erreger bekämpfen. Belege dafür gibt es jedoch keine. 04. Dezember 2018 AutorIn: Katharina Regnat Review: Julia Harlfinger Claudia Christof Bernd Kerschner Teilen Kann Zitronensaft durch das Norovirus verursachte Magen-Darm-Erkrankungen vorbeugen oder wirksam behandeln? wissenschaftliche Belege fehlen Es gibt keine Studien, die die Wirkung von Zitronensaft auf Magen-Darm-Infektionen untersucht haben, die durch das Norovirus ausgelöst wurden. Ob sich Zitronensaft zur Desinfektion, Vorbeugung oder Behandlung eignet, ist daher unklar. so arbeiten wir Laborexperimente können nicht beantworten, ob Zitronensaft Noroviren-Infektionen verhindert © Microgen – shutterstock.com In Kindergärten und Altersheimen sind Noroviren genauso gefürchtet wie auf Kreuzfahrtschiffen. Der Grund: sie lösen eine hochansteckende Form der Magen-Darm-Grippe aus, die rasch um sich greift. Die Folgen sind heftiges Erbrechen und Durchfall. Übertragen werden die Viren unter anderem durch ungewaschene Hände oder verunreinigte Lebensmittel. In den Medien kursiert das unbelegte Gerücht, dass sich Noroviren mit Zitronensaft bekämpfen lassen. Die darin enthaltene Zitronensäure soll angeblich die Erreger schwächen und so vor einer Ansteckung schützen. Doch dass sich Zitronensaft als Desinfektionsmittel eignet, ist bloß eine Theorie. Wie steht es um Beweise? Gerücht aus dem Reagenzglas Tatsächlich haben wir keine Studie finden können, die diese Wirkung untersucht hat. Somit gibt es weder Belege dafür, dass Zitronensaft vor einer Ansteckung mit Noroviren schützt. Wir könne auch nicht sagen dass er sich zur Behandlung einer Magen-Darm-Grippe eignen würde. Doch woher stammen die hoffnungsfrohen Medienberichte? Im Jahr 2015 veröffentlichte eine deutsche Forschungsgruppe Ergebnisse ihrer Laborexperimente [1]. Sie hatten entdeckt, dass Zitronensäure das Norovirus zu schwächen scheint und es so für das menschliche Immunsystem leichter angreifbar sein könnte. Durch die Zitronenbehandlung sollen die Viren kaum oder gar nicht mehr in der Lage sein, eine Magen-Darm-Grippe auszulösen. Ob die so behandelten Erreger aber wirklich nicht mehr krank machen, hatte das Forschungstrio gar nicht überprüft, denn die Untersuchungen gingen über Reagenzglas und Petrischale nicht hinaus. Abgesehen davon bleibt unklar, wie der Zitronensaft eigentlich anzuwenden wäre: zur Vorbeugung die Hände damit einreiben oder vielleicht doch lieber über möglicherweise befallene Speisen träufeln? Könnte sich das Trinken von Zitronensaft gar zur Behandlung einer Norovirus-Magen-Darm-Grippe eignen – etwa in Form von heißem Tee mit Zitrone oder Zitruslimonade? Auch dies wissen wir nicht. Noch sind also viele Fragen offen. Ob Zitronensaft Noroviren nicht nur im Reagenzglas Saures gibt, muss erst in weiteren Studien geklärt werden. Kurz aber heftig Eine Infektion mit dem Norovirus ist zwar über das ganze Jahr hinweg möglich. In der kalten Jahreszeit ist die Wahrscheinlichkeit aber höher. Die dadurch ausgelöste Magen-Darm-Grippe beginnt oft plötzlich mit schwallartigem Erbrechen und heftigem Durchfall. So unangenehm die Beschwerden auch sind, sie gehen meist schnell wieder vorbei: für gewöhnlich ist eine Noroviren-Infektion nach 12 bis 48 Stunden überstanden [2]. Hoch ansteckend Noroviren sind sehr leicht übertragbar. Die Erreger befinden sich in Stuhl und Erbrochenem von Erkrankten. Von dort gelangen sie auf Toiletten, Türschnallen und Kleidungsstücke. Um sich zu infizieren, reicht es etwa bereits, diese Gegenstände anzugreifen und danach den Mund (unbewusst) mit der Hand zu berühren. Die Viren können auch weitergegeben werden, wenn eine erkrankte Person erbricht und dabei mikroskopisch kleine Tröpfchen in die Luft geschleudert werden [2]. Eine Schutzimpfung gegen das Norovirus gibt es nicht. Um eine Ansteckung anderer Menschen zu vermeiden, empfehlen Fachleute Erkrankten bzw. den Angehörigen im selben Haushalt daher, sich regelmäßig und gründlich die Hände zu waschen [1]. Selbst wenn es Betroffenen wieder gut geht, können sie andere noch mindestens 48 Stunden lang anstecken [3]. Wissenschaftlich geprüfte Informationen zu Magen-Darm-Infektionen und Noroviren hat die unabhängige Webseite www.gesundheitsinformation.de des deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen zusammengestellt. Wissenschaftliche Quellen [1] Koromyslova u.a. (2015) Studientyp: Reagenzglas-Experiment Interessenskonflikte: keine laut Autorenteam Koromyslova AD, White PA, Hansman GS. Treatment of norovirus particles with citrate. Virology. 2015 Nov;485:199-204. (Studie in voller Länge) [2] IQWIG (2016) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Durchfall bei Magen-Darm-Infektionen. Abgerufen am 3. 12. 2018 unter https://www.gesundheitsinformation.de/durchfall-bei-magen-darm-infektionen.2703.de.html [3] UpToDate (2018) Matson DO, O’Ryan MG, Blacklow NR. Norovirus. In Baron EL (ed.). UpToDate. Abgerufen am 4. 12. 2018 unter https://www.uptodate.com/contents/norovirus Schlagworte DarmMagenMagen-Darm-InfektionNorovirenZitronen In über 500 Faktenchecks suchen