Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Ozonbehandlung der Zähne: wirksam gegen Karies?

Löcher im Zahn: Wer wünscht sich da nicht eine Behandlung ohne Bohrer. Aber ob das Gas Ozon dafür geeignet ist, Karies zu stoppen?

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Ist Ozon zur Kariesbehandlung der Zähne geeignet?

Karies schnell und schmerzlos mit Ozon behandeln statt mit Spritze, Bohrer und Füllung – das klingt verlockend. Gut gemachte Untersuchungen zu Wirksamkeit und Sicherheit einer Ozonbehandlung fehlen allerdings. Zwar gibt es einige positive Hinweise. Aber die reichen nicht aus, um die Ozontherapie für die Allgemeinheit zu empfehlen.

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© morrrozzz - fotolia.com Hilft Ozon gegen Löcher in den Zähnen?
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Karies gehört zu den häufigsten Erkrankungen. Weltweit ist die Mehrzahl der Erwachsenen und Kinder betroffen. Auslöser des chronischen Leidens sind gängige Mitbewohner in der Mundhöhle des Menschen: die Kariesbakterien.

Diese Mikroorganismen halten sich im Zahnbelag auf. Sie zersetzen Zucker und bilden Säuren. Der Säureangriff führt dazu, dass die harte Substanz der Beißerchen nach und nach „demineralisiert“, also aufweicht. Letztendlich entstehen die typischen Löcher in der Krone oder in der Wurzel des Zahns [1, 2] [7].

Bohren, füllen – oder vorbeugen

Manchmal lässt sich eine frühe Karies noch durch konsequente Pflege mit Hilfe von Zahnschmelz-stärkenden Fluoridprodukten „„wegputzen“. Typisch für dieses Anfangsstadium sind weißliche oder dunklere Flecken an der Zahnoberfläche.

Sind die Schäden ausgeprägter und gibt es bereits Löcher, kommt der Bohrer zum Einsatz. Das heißt, die defekten, aufgeweichten Stellen werden weggebohrt, bevor der Zahn wieder mit einer Füllung verschlossen werden kann. Die Füllungen bestehen oft aus Keramik, Kunststoff oder Amalgam.

Zur Vorbeugung von Karies ist es ratsam, gezuckerte Speisen und Getränke nur in Maßen zu genießen. Empfehlenswert ist auch eine gute Mundhygiene mit fluoridhaltiger Zahnpasta. Die Zugabe von Fluoriden ins Trinkwasser, wie in einigen Ländern gängig, hat sich ebenfalls als wirksam erwiesen [1, 2] [7].

Über die Bedeutung von Fluoriden für die Zahnpflege und über Amalgamfüllungen haben wir bereits ausführlich berichtet.

Ozonbehandlung: Verlockung für Angsthasen

Doch zurück zur Karies: Ohne Behandlung kommt es zu größeren Löchern, zu Schmerzen und schließlich zum Zahnverlust. Nichtsdestotrotz scheuen viele Personen den Gang zu Zahnarzt oder Zahnärztin. Sie fürchten das unangenehme Bohren und die mitunter aufwändige Behandlung.

Daher mag das – übrigens privat zu bezahlende – Angebot mancher Zahnärzte oder Zahnärztinnen verlockend erscheinen: eine Kariesbehandlung ohne Spritze, ohne Bohrer, ohne Füllung. Stattdessen soll Ozon die Zahnfäule stoppen, verlangsamen oder sogar rückgängig machen.

Das Gas, das für die Mikroorganismen giftig ist, kann mit Hilfe spezieller Geräte ganz gezielt an bestimmte Stellen im Gebiss gelenkt werden. Dort tötet das Ozon die gefräßigen Kariesbakterien. Auf diese Weise „desinfizierte“ Zahnbereiche sollen anschließend durch die Gabe von Fluoriden wieder mineralisieren, also aushärten können [1].

Die Ozonbehandlung ist schnell und schmerzlos. Aber auch wirksam?

Schnell und schmerzlos soll so eine Bohrer-freie Kariesbehandlung sein. Zusammen mit den positiven Berichten einiger Fachleute [4–6] klingt das prinzipiell also sehr ansprechend – in der Theorie. Doch wie steht es um die Wirksamkeit der Ozontherapie?

Leider hält die aktuelle Studienlage hier keine wirklich handfesten Beweise parat. Das heißt, wir wissen noch zu wenig über mögliche langfristige Vorteile und Risiken einer Karies-Ozonbehandlung.

Zu den ungeklärten Fragen zählen beispielsweise:

  • Wie schneidet diese Therapieform im Vergleich mit etablierten Behandlungsformen ab?
  • Bei welchen Kariesformen oder -stadien (zum Beispiel Wurzelkaries oder Fissurenkaries) ist die Ozontherapie gegebenenfalls wirksam?
  • Wenn ja: Welche Dosis wäre für eine wirksame Behandlung notwendig?
  • Gibt es bestimmte Gruppen von Patientinnen und Patienten wie Kinder mit Milchzähnen, die eventuell eher profitieren als andere?
  • Was kostet die neue Therapieform im Vergleich zu bereits verbreiteten und bewährten Methoden? Ist die Ozonbehandlung überhaupt für die Allgemeinheit leistbar?
  • Und nicht zuletzt: Welche Sicherheitsrisiken, welche unerwünschten Nebenwirkungen bringen Ozonbehandlungen allenfalls mit sich?

Mangel an guten Untersuchungen der Ozontherapie für Zähne

Vor einigen Jahren kamen die zwei unabhängigen Organisationen „Cochrane Collaboration“ und „The National Institute for Health and Care Excellence (NICE)“ zu dem Schluss, dass gut gemachte Studien zur Ozontherapie von Karies noch ausstehen [1, 2]. Doch nur solche Studien ermöglichen eine Einschätzung von Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlungsform.

Das strenge Urteil dieser beiden Institutionen hat großes Gewicht. Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2008 zog ein ähnliches Resümee [3].

Unsere aktuelle Recherche ergab, dass in den letzten Jahren zwar einige Studien zum Thema durchgeführt wurden, sie ermöglichen aber insgesamt keine grundlegend andere Einschätzung; eine stabile Datenbasis fehlt.

Wie sollen zukünftige experimentelle Studien idealerweise aussehen?

  • In die Studie wird eine ausreichend große Zahl von Personen aufgenommen.
  • Die Laufzeit ist lang genug. Dies ist gerade bei zahnmedizinischen Fragestellungen von Bedeutung, da sich Karies recht langsam entwickeln kann. Etliche bereits durchgeführte Studien zum Thema hatten eine zu geringe Laufzeit von weniger als sechs Monaten.
  • Die Auswahl der Behandelten wird so getroffen, dass Aussagen für die Allgemeinbevölkerung abgeleitet werden können.
  • Alle Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen werden nach dem Zufallsprinzip entweder der mit Ozon behandelten Gruppe oder der nicht mit Ozon behandelte Kontrollgruppe zugeteilt.
  • Die Studie ist „verblindet“. Das bedeutet, dass weder die Behandelten noch die Behandelnden oder die Leute, die die Daten am Ende auswerten, wissen, wer welcher Gruppe zugeteilt war.

Wichtig wäre auch, dass derartige Untersuchungen unabhängig verlaufen, also nicht von Geräteherstellern oder Personen mit Interessenkonflikten beeinflusst werden. Naturgemäß sind so gestaltete Untersuchungen teuer, aufwändig und wohl aus diesen Gründen bislang Mangelware.

Unser Fazit lautet daher: Zwar ist nicht auszuschließen, dass Ozon bei manchen Kariesbetroffenen hilfreich sein könnte. Aber um zum Mainstream zu werden, fehlen nach wie vor solide Hinweise aus gut gemachten Studien.

Die Studien im Detail

Eine schon ältere systematische Übersichtsarbeit fand kaum überzeugende Arbeiten zum Thema Karies und Ozontherapie. Drei Studien mit insgesamt 137 Personen wurden in die Analyse aufgenommen [1]. Die Daten waren jedoch nicht sehr verlässlich sowie uneinheitlich in den Ergebnissen. Die Autoren und Autorinnen konnten deshalb nicht beurteilen, ob eine Ozonbehandlung Karies stoppen oder den Zahn-Zersetzungsprozess sogar umkehren kann.

Ist die Ozonbehandlung der Zähne wirtschaftlich?

Eine weitere Arbeit sollte die Wirtschaftlichkeit der Ozontherapie beurteilen [2]. Doch die gefundenen und in die Analyse eingeschlossenen Studien reichten nicht aus, um die Sinnhaftigkeit einer Behandlung von Karies mit Ozon zu beurteilen; die weiterführende Frage, ob sich die Behandlung im Vergleich zu schon etablierten Methoden „rechnet“, konnte deshalb nicht weiter verfolgt werden.

[1] Rickart u.a. (2004)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 3 Studien
Teilnehmende insgesamt: 137 Personen
Fragestellung: Kann Ozon Karies stoppen oder sogar umkehren?
Interessenkonflikte: keine

Ozone therapy for the treatment of dental caries.
Cochrane Database of Systematic Reviews (Volltext der Studie)

[2] Brazzelli u.a. (2006)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit (Health Technology Assessment)
Eingeschlossene Studien: 5 Studien, 5 Abstracts
Fragestellung: Ist Ozon wirksam und kosteneffizient für die Behandlung von Karies?
Interessenskonflikte: nicht angegeben

Systematic review of the effectiveness and cost-effectiveness of HealOzone for the treatment of occlusal pit/fissure caries and root caries. Health Technol Assess. 2006 May;10(16):iii–iv, ix-80 (Volltext der Studie)

Weitere wissenschaftliche Studien

[3] Azarpazhooh, Limeback (2008)
The application of ozone in dentistry: A systematic review of literature. Vol. 36, Journal of Dentistry. 2008. p. 104–16 (Zusammenfassung der Studie)

[4] Unal, Oztas (2015)
Remineralization Capacity of Three Fissure Sealants with and without Gaseous Ozone on Non-Cavitated Incipient Pit and Fissure Caries. J Clin Pediatr Dent. 2015 Jun;39(4):364–70 (Zusammenfassung der Studie)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[5] Perregaard (2006)
Praise for ozone. (Letter) Br Dent J. 2006 Feb 11;200(3):124–124 (Volltext des Briefes)

[6] Lynch (2008)
Evidence-based caries reversal using ozone. J Esthet Restor Dent. 2008 Aug;20(4):218–22 (Link zur Studie)

[7] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWIG (2014)
Karies. Abgerufen am 1.3.2017 unter
https://www.gesundheitsinformation.de/karies.2588.de.html

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