Hilft Lavendelöl gegen Angst?

Lavendelöl könnte gegen Angst helfen. Studien zufolge könnte die Wirkung jedoch so klein ist, dass sie nicht spürbar ist.

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Können Kapseln mit Lavendelöl Angst lindern?

Kapseln mit Lavendelöl könnten bei regelmäßiger Einnahme etwas angstlindernd wirken. In Studien fiel die Verbesserung allerdings sehr klein aus: Auf einer Angstskala mit insgesamt 56 Punkten verringerten sich die Beschwerden mit Lavendelöl um durchschnittlich 3 Punkte. Ob das für Betroffene eine spürbare Linderung bedeutet, halten wir für fraglich.

so arbeiten wir
Wirkt Lavendel angstölsend? Hat Lavendel eine angstlösende Wirkung?
© Daksh Chohan – iStockphoto.com

Herzklopfen, schnellere Atmung, Schwitzen, der Blutdruck steigt – Angst versetzt den Körper in Alarmbereitschaft. Das ermöglicht uns, in Gefahrensituationen schnell zu reagieren. Alle Menschen erleben manchmal Ängste. Doch wenn die Ängste überhandnehmen, werden sie zur Belastung [4].

Lavendel soll angstlösend wirken. Uns hat eine Anfrage erreicht, ob Kapseln mit Lavendelöl gegen belastende Angst helfen können. Wir haben uns auf die Suche nach Studien gemacht, die diese Frage beantworten können.

Wirkung von Lavendelöl vermutlich zu klein, um spürbar zu sein

Dabei haben wir eine verlässliche Übersichtsarbeit gefunden, die die Ergebnisse bisheriger Studien zu Lavendel zusammenfasst [1]. Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass Kapseln mit Lavendelöl möglicherweise ein wenig angstlindernd wirken können.

Die Wirkung scheint jedoch winzig zu sein: In den Studien verminderten sich die Beschwerden durchschnittlich um 3 Punkte auf einer Skala, bei der 0 Punkte Angstfreiheit und 56 Punkte die schwerste vorstellbare Angst bedeuten würden. Mit dieser Skala fragen Ärztinnen und Ärzte Beschwerden ab, die typischerweise mit Angst einhergehen, wie zum Beispiel quälende Sorgen, Anspannung oder Magenbeschwerden.

Die Angstsymptome zum Verschwinden bringen dürfte Lavendelöl eher nicht. Unser Vertrauen in die Studienergebnisse ist jedoch eingeschränkt (vgl. Studien im Detail).

Wann wird die Angst zum Problem?

Ängstlich ist jeder mal. Aber wann sprechen Fachleute von einer Angststörung? Dabei sind die Ängste so stark, dass sie Betroffene in ihrem Alltag einschränken, sie bestehen seit mehr als einem halben Jahr und machen sich auch als körperliche Symptome bemerkbar – etwa Herzrasen, Muskelverspannungen oder Magenschmerzen [4].

Doch die gute Nachricht ist: So belastend Angststörungen auch sein mögen – es gibt Behandlungsmöglichkeiten.

Was tun gegen die Angst?

Im Gespräch mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt können Betroffene in einem ersten Schritt herausfinden, ob es sich tatsächlich um eine Angststörung handelt. Denn: Auch körperliche Erkrankungen, wie beispielsweise eine Schilddrüsenüberfunktion können Beschwerden wie Unruhe, Schlafstörungen und Herzrasen hervorrufen, die Angststörungen ähneln können [4,8]. Ist eine körperliche Ursache für die Beschwerden ausgeschlossen, können Psychotherapie (zum Beispiel kognitive Verhaltenstherapie) und Medikamente (wie etwa Antidepressiva) die Angstsymptome lindern.

Auch das Medikament Pregabalin kann helfen, ist allerdings für Menschen mit einem bereits bestehenden Suchtproblem ungeeignet, da es abhängig machen kann.

Zu Benzodiazepinen raten Fachleute nur in Ausnahmefällen. Sie sollen nur in Akutfällen und zeitlich befristet eingesetzt werden, da sie ebenfalls ein sehr hohes Abhängigkeitspotential haben [9].

Sowohl Benzodiazepine als auch Pregabalin sollten wegen gefährlicher Wechselwirkungen nicht mit Alkohol und Drogen eingenommen werden.

Eine gute Zusammenfassung der Behandlungsmöglichkeiten einer generalisierten Angststörung finden Sie auf der unabhängigen Plattform Gesundheitsinformation.de.

Die Seite Gesundheit.gv.at beschreibt, wohin sich Betroffene in Österreich wenden können, um Hilfe bei einer Angststörung oder anderen psychischen Problemen zu erhalten.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Ob Kapseln mit Lavendelöl gegen Ängste helfen können, lässt sich am besten in sogenannten randomisiert-kontrollierten Studien herausfinden. Dabei werden die Studienteilnehmenden per Los auf zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe erhält das Präparat mit Lavendelöl, die andere Gruppe ein möglichst ähnlich aussehendes Scheinmedikament (Placebo). Die Teilnehmenden wissen nicht, ob sie das echte Präparat mit Lavendelöl erhalten oder das Placebo – Fachleute bezeichnen das als Verblindung.

Wir haben eine verlässliche Übersichtsarbeit gefunden, die die Ergebnisse von fünf solchen Studien zusammengefasst. An diesen Studien haben insgesamt 1.173 Personen teilgenommen. An den Studien nahmen nur Personen teil, die zu Studienbeginn mindestens 18 Punkte auf der 56-stufigen Angstskala erreichten [2].

Wie aussagekräftig sind die Studien?

Unser Vertrauen in die Studienergebnisse ist aus den folgenden Gründen stark eingeschränkt:

  • Die Heterogenität unter den Studien war sehr hoch. Das heißt, sie waren generell sehr unterschiedlich und kamen auch zu widersprüchlichen Ergebnissen. Das macht einen sinnvollen Vergleich der Ergebnisse schwierig.
  • Sie waren großteils von der Herstellerfirma von Lasea finanziert. Auch ein sogenannter Publication Bias ist zu vermuten. Das bedeutet, dass positive Ergebnisse eher publiziert wurden als negative.

[1] Donelli et al. (2019) Effects of lavender on anxiety: A systematic review and meta-analysis,Phytomedicine, Volume 65, 2019. (Studie in voller Länge)

[2] Dold et al. (2023) Efficacy of Silexan in patients with anxiety disorders: a meta-analysis of randomized, placebo-controlled trials. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci 273, 1615–1628. (Studie in voller Länge)

[3] Hamilton (1959) The assessment of anxiety states by rating. Br J Med Psychol 1959; 32:50–55. Abgerufen am 23. 11. 2023 unter ufl.edu

[4] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2021) Generalisierte Angststörung. abgerufen am 23.10.2023 unter gesundheitsinformation.de

[5] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2021) Pressemitteilung: Klinische Relevanz patientenberichteter Endpunkte: Neuer Schwellenwert erweist sich als praxistauglich. Abgerufen am 24.10.2023 unter iqwig.de

[6] Fan et al. (2022) Effectiveness of Acupuncture for Anxiety Among Patients With Parkinson Disease: A Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open. 2022;5(9):e2232133. (Studie in voller Länge)

[7] Leentjens et al. (2010) Anxiety rating scales in Parkinson’s disease: a validation study of the Hamilton anxiety rating scale, the Beck anxiety inventory, and the hospital anxiety and depression scale. Mov Disord. 2011 Feb 15;26(3):407-15. (Zusammenfassung der Studie) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21384425/

[8] Gesundheit.gv.at (2021) Angststörung. Abgerufen am 24.10.2023 unter gesundheit.gv.at

[9] Bandelow et al. (2021) S3-Leitline Behandlung von Angststörungen Version 2. Abgerufen am 24.10.2023 unter awmf.org

  • 23.11.2023: Erste Veröffentlichung des Faktenchecks.

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