Eigenblut-Therapie bei Arthrose: Wirksamkeit unbelegt

Injektionen mit Eigenblut sollen Schmerzen bei Arthrose lindern. Belegt ist das nicht.

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Verringert die Eigenblut-Therapie Schmerzen bei Arthrose im Knie oder in der Hüfte?

Studien dazu kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Da diese Studien aber sehr mangelhaft sind, sind ihre Ergebnisse nicht aussagekräftig. Die Behauptung, die Eigenblut-Therapie wäre eine nachweislich wirksame Behandlung, scheint also falsch zu sein.

so arbeiten wir
© Roman Zaiets - Shutterstock.com Kein Beleg für Eigenblut-Therapie bei Arthrose
© Roman Zaiets – Shutterstock.com

Gelenke können sich im Laufe des Lebens abnutzen. Das bedeutet: Der „Stoßdämpfer“ Knorpel wird dünner und schützt nicht mehr so gut. Der Fachbegriff dafür lautet Arthrose. Schmerzen und Steifheit können die Folgen sein. Besonders oft sind Knie und Hüfte betroffen.

Manche Orthopäden bieten eine Eigenblut-Therapie mit Injektionen an. Dafür wird Betroffenen etwas Blut abgenommen. Aus diesem Blut werden rote und weiße Blutkörperchen entfernt, sodass nur das sogenannte Blutplasma übrigbleibt. Dieses Plasma wird anschließend direkt ins schmerzende Gelenk gespritzt und soll dort die Entzündung lindern.

Die Krankenkasse übernimmt nicht die Kosten dafür, die Therapie muss also selbst bezahlt werden.

Wir haben nach Studien gesucht, die belegen können, dass die Eigenblut-Therapie bei Arthrose wirklich funktioniert.

Viele Studien – aber keine Belege für Wirksamkeit

Bei unserer Recherche fanden wir zwar zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten. Die sind jedoch mangelhaft und liefern widersprüchliche Ergebnisse. Vertrauenswürdige und verlässliche Antworten geben sie nicht (mehr dazu in Die Studien im Detail). Die Wirksamkeit der Eigenblut-Therapie bei Arthrose scheint daher nicht belegt zu sein.

Außer uns kommen auch noch andere Forschungsteams zu diesem Fazit [Quelle 8, 9, 10, 11].

Schwerwiegenden Nebenwirkungen sind in den bisherigen Studien nicht aufgetreten. Da die Studienlage insgesamt aber wenig vertrauenswürdig ist, sind wir uns auch was die Nebenwirkungen betrifft nicht sicher [Quelle 1].

Ein bleibendes Leiden

Die Arthrose gehört zu den häufigsten Gelenkerkrankungen, besonders bei älteren Menschen. Der Verlauf kann sehr unterschiedlich sein. Zu Beginn sind Schmerzen oft nur bei Stoßbelastungen spürbar – zum Beispiel beim Sport. Schreitet die Arthrose fort, können Gelenke bei jeglicher Bewegung schmerzen und unbeweglich werden.

Eine Arthrose ist zwar nicht heilbar, weil einmal abgenutzter Knorpel nicht mehr nachwächst. Gegen die Beschwerden gibt es aber mehrere Möglichkeiten von Behandlungen: zum Beispiel Schmerzmittel, Physiotherapie oder den Einsatz eines künstlichen Gelenks [Quelle 12, 13, 14].

Mehr Informationen

Gesicherte Informationen zu möglichen Behandlungen von Arthrose sind auf gesundheitsinformation.de zu finden.

Speziell zu Kniearthrose und Hüftarthrose gibt es dort ebenfalls Informationen.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Wir haben nach randomisiert-kontrollierten Studien gesucht. In dieser Studienart werden Teilnehmende per Zufall (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeteilt. Während eine Gruppe beispielsweise eine Eigenblut-Injektion bekommt, erhält die Kontrollgruppe idealerweise ein Scheinpräparat (Placebo) – zum Beispiel Kochsalzlösung. Die Studie ist dann aussagekräftig, wenn weder Teilnehmende noch Forschende wissen, wer welcher Gruppe angehört. Man bezeichnet die Studie dann als verblindet.

Randomisiert-kontrollierte Studien sind die aussagekräftigste Art, um die Wirksamkeit einer Behandlung zu untersuchen. Nach solchen Studien haben wir in zwei weltweiten Datenbanken gesucht.

Wie aussagekräftig sind die Studien?

Forschende haben in zahlreichen Studien untersucht, ob die Eigenblut-Therapie bei Knie- oder Hüftarthrose Schmerzen lindern kann. Viele der Studien sind jedoch mangelhaft und deshalb nicht aussagekräftig.

Meist haben diese Studien ein hohes Verzerrungsrisiko. Das bedeutet: Wir können uns nicht sicher sein, dass die Ergebnisse die Wahrheit widerspiegeln. Diese Verzerrungen kommen durch Fehler oder Schwächen in der Planung und Durchführung der Studien zustande. Folgende Mängel sind unter anderem in den Studien zu finden [Quelle 1]:

  • Es nahmen zu wenig Menschen teil, um ein aussagekräftiges Ergebnis liefern zu können.
  • Die Studienteilnehmenden und Forschenden wussten, wer sich in der Behandlungsgruppe und wer sich in der Kontrollgruppe befand – sie waren also nicht verblindet. Fehlt eine Verblindung, können Erwartungen die Ergebnisse beeinflussen.
  • Die beiden Gruppen waren zu Beginn der Studie unterschiedlich. Es ist also möglich, dass scheinbar positive Ergebnisse durch diesen Unterschied zu Beginn zustande gekommen sind und nicht durch die Behandlung selbst.

Ergebnisse einzelner Studien werden oft in Übersichtsarbeiten zusammengefasst. Wir haben uns diese genauer angesehen und kritisch bewertet. Denn auch mangelhafte Übersichtsarbeiten können ein verzerrtes Bild der Studienlage liefern.

Eine Forschungsarbeit von 2023 hat alle bisherigen Übersichtsarbeiten zu Eigenblut-Therapie bei Arthrose kritisch bewertet [Quelle 2]. Weitere Übersichtsarbeiten von 2023 und 2024 haben wir selbst kritisch bewertet [Quelle 3, 4, 5, 6, 7]. Folgende Mängel schwächen die Aussagekraft dieser Übersichtsarbeiten:

  • Die zusammengefassten Studien sind sehr unterschiedlich – zum Beispiel, was Dosierung und Verabreichung der Injektionen angeht. Fachleute sprechen hier von einer hohen Heterogenität.
  • Üblicherweise veröffentlichen die Forschenden vorab einen Plan, wie sie die Studienlage analysieren werden. Damit ist sichergestellt, dass sie ihre Methoden nicht nachträglich ändern, um ein vorteilhafteres Ergebnis zu erzielen. Die Forschenden der Übersichtsarbeiten zu Eigenblut-Therapie haben so einen Plan nicht veröffentlicht.
  • In den Übersichtsarbeiten wurde nicht angegeben, wer die Studien finanzierte. Wir können deshalb nicht beurteilen, ob die Ergebnisse einer Studie möglicherweise durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst wurden.
  • In den Übersichtsarbeiten wurde nicht erwähnt, welche Studien aus der Zusammenfassung der Ergebnisse ausgeschlossen wurden und aus welchen Gründen. Wir wissen daher nicht, ob wichtige Studien zu Unrecht nicht berücksichtigt wurden.

Da nicht nur die Studien selbst, sondern auch die Übersichtsarbeiten mangelhaft sind, ist die Datenlage zur Wirksamkeit der Eigenblut-Therapie nicht aussagekräftig.

[1] Costa et al. (2023) How Does Platelet-Rich Plasma Compare Clinically to Other Therapies in the Treatment of Knee Osteoarthri-tis? A Systematic Review and Meta-analysis. Am J Sports Med, 51(4), 1074-1086. (Link zur Studie)

[2] Sahi et al. (2023) Current state of systematic reviews for platelet-rich plasma use in knee osteoarthritis. Orthopaedics & trau-matology, surgery & research : OTSR, 103735. (Link zur Studie)

[3] Goh et al. (2024) Semi-invasive therapies for pain in knee osteoarthritis: A systematic review and network meta-analysis. Pain Pract. (Link zur Studie)

[4] Jawanda et al. (2024) Platelet Rich Plasma, Bone Marrow Aspirate Concentrate and Hyaluronic Acid Injections Outperform Corti-costeroids in Pain and Function Scores at a Minimum of 6 Months as Intra-Articular Injections for Knee Os-teoarthritis: A Systematic Review and Network Meta-Analysis. Arthroscopy: the journal of arthroscopic & related surgery : official publication of the Arthroscopy Association of North America and the International Arthroscopy Association. (Link zur Studie)

[5] Khalid et al. (2024) Comparative effectiveness of intra-articular therapies in knee osteoarthritis: a meta-analysis comparing platelet-rich plasma (PRP) with other treatment modalities. Annals of medicine and surgery (2012), 86(1), 361-372. (Link zur Studie)

[6] Oeding et al. (2024) Platelet-Rich Plasma Versus Alternative Injections for Osteoarthritis of the Knee: A Systematic Review and Statistical Fragility Index-Based Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Am J Sports Med, 3635465231224463. (Link zur Studie)

[7] Wang et al. (2024) PLATELET-RICH PLASMA VERSUS CORTICOSTEROID IN THE TREATMENT OF KNEE OSTEOARTHRITIS: A SYSTEMATIC REVIEW AND META-ANALYSIS OF RANDOMIZED CONTROLLED TRIALS. Georgian Med News(349), 169-182. (Link zur Studie)

[8] UpToDate (2024) Investigational approaches to the management of osteoarthritis. Abgerufen am 24.11.2024 unter uptodate.com (Zugang kostenpflichtig)

[9] UpToDate (2024) Management of knee osteoarthritis. Abgerufen am 21.11.2024 unter uptodate.com (Zugang kostenpflichtig)

[10] UpToDate (2024) Management of hip osteoarthritis. Abgerufen am 21.11.2024 unter uptodate.com (Zugang kostenpflichtig)

[11] Kolasinski et al. (2020) 2019 American College of Rheumatology/Arthritis Foundation Guideline for the Management of Osteoarthri-tis of the Hand, Hip, and Knee. Arthritis Rheumatol, 72(2), 220-233. (Link zur Studie)

[12] IQWIG (2021) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Arthrose. Abgerufen am 12.12.2024 unter gesundheitsinformation.com

[13] IQWIG (2024) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Kniearthrose (Gonarthrose). Abgerufen am 12.12.2024 unter gesundheitsinformation.com

[14] IQWIG (2024) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Hüftarthrose (Coxarthrose). Abgerufen am 12.12.2024 unter gesundheitsinformation.com

  • 22.1.2025: Eine Suche nach neuen Studien hat unsere Einschätzung verändert. Trotz etlicher Publikationen seit 2020 gibt es nach wie vor keine aussagekräftigen Ergebnisse. Die Qualität der veröffentlichten Studien ist schlecht.
  • 8.4.2020: Erstveröffentlichung des Faktenchecks

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