Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Cannabis: Kein Krebs-Wundermittel

Cannabis soll Gerüchten zufolge als Anti-Krebs-Mittel wirken. Wir haben keinerlei Belege dafür gefunden.

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Sind Cannabis bzw. Substanzen aus Cannabis wirksame und sichere Anti-Krebs-Mittel?

Verlässliche Studien zu dieser Frage fehlen.

so arbeiten wir
© PRO Stock Professional - Shutterstock.com Hoffnungsschimmer Cannabis? Für Heilsversprechen ist es viel zu früh. (Bild: PRO Stock Professional - Shutterstock.com)
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Cannabis ist als Droge sehr verbreitet und hat etwa 200 Millionen Nutzerinnen und Nutzer weltweit.

In wesentlich kleinerem Maßstab spielt die auch Marihuana genannte Pflanze in der modernen Medizin eine Rolle. Die Hanfpflanze bzw. einzelne Substanzen daraus werden etwa als Mittel gegen Schmerzen, Krämpfe, Appetitlosigkeit eingesetzt [3, 4].

Krebs erträglicher machen

Auch Krebspatientinnen und Krebspatienten erhalten mitunter Cannabis-Medikamente. Ziel ist es, die durch die Chemotherapie ausgelöste Übelkeit und Erbrechen zu lindern, Schmerzen besser in den Griff zu bekommen oder die Lebensqualität von Schwerkranken zu verbessern [2,3].

Mit CBD und THC zur Heilung?

Doch Cannabis soll nicht nur hilfreich sein bei der Linderung von Nebenwirkungen der Krebstherapie und von Krebs-typischen Beschwerden. Manche Quellen im Internet behaupten, dass Cannabis und Cannabis-Produkte wie Cannabidiol (CBD) sogar die Heilung von Krebs bewirken können. Begleitet werden diese Behauptungen von wissenschaftlich anmutenden Erklärungen.

Derartige „Informationen˝ sind vermutlich für einige Menschen ziemlich ansprechend. Insbesondere dann, wenn die etablierten Krebstherapien nicht die erhofften Erfolge erzielen und sich die Betroffenen in einer Ausnahmesituation befinden.

Kühne Behauptungen, keine Beweise

Wir haben recherchiert, was an diesen überaus kühnen Behauptungen dran ist. Dafür haben wir drei wissenschaftliche Datenbanken nach Studien durchsucht. Fündig geworden sind wir nicht.

Es dürfte zwar wissenschaftliches Interesse geben. Doch aussagekräftige Arbeiten über die Anti-Krebs-Wirkung der Cannabis-Pflanze oder von einzelnen künstlichen oder natürlichen Cannabis-Substanzen wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) beim Menschen dürften bisher nicht veröffentlich worden sein.

Es ist also unklar, ob Cannabis eine Anti-Krebs-Wirkung hat bzw. für welche Krebsformen eine solche Wirkung eventuell denkbar ist.

Es bleibt offen, ob einzelne Cannabis-Substanzen oder ein Wirkstoffgemisch besser geeignet sein könnten. Ebenso fehlen Informationen zur erforderlichen Dosis oder zu den Risiken bei einer Langzeiteinnahme.

Weiters ist nicht bekannt, wie die Cannabis-Mittel wohl am besten eingenommen werden sollten – etwa in Form von Mundspray, Tabletten oder Tee.

Nur eine Pilotstudie

An diesem Fazit ändern auch einzelne Untersuchungen an Zellen und Tieren nichts – selbst wenn diese Hinweise darauf liefern, dass Cannabis bei Krebs eventuell günstig wirken könnte [3].

Auch eine kleine Studie [1] mit neun unheilbar an einem Gehirntumor erkrankten Menschen brachte nicht mehr Licht in die Sache. Aufgrund des Pilotcharakters und der Fragestellung („Ist THC, direkt ins Gehirn verabreicht, sicher?“) war es gar nicht möglich, in dieser Studie eventuelle Effekte dingfest zu machen.

Nebenwirkungen des Hanf

Wie alle Medikamente sind auch Mittel der Hanfpflanze Cannabis sativa nicht frei von Nebenwirkungen. Zu den unerwünschten Effekten zählen Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit, Orientierungsschwierigkeiten, Gleichgewichtsstörungen und Halluzinationen [2,3].

Die Studien im Detail

Wir konnten keine aussagekräftigen Studien mit menschlichen Probandinnen und Probanden finden.

[Die ursprüngliche Fassung dieses Artikels erschien im Dezember 2015. Bei einem Update im Oktober 2019 haben wir den Text stark verändert. Da aber noch immer aussagekräftige Studien fehlen, bleibt es bei unserer ursprünglichen Aussage.]

[1] Guzman u.a. (2006)
Guzmán M, Duarte MJ, Blázquez C, Ravina J, Rosa MC, Galve-Roperh I, Sánchez C, Velasco G, González-Feria L. A pilot clinical study of Delta9-tetrahydrocannabinol in patients with recurrent glioblastomamultiforme. Br J Cancer. 2006 Jul 17;95(2):197-203.
Zusammenfassung

[2] Smith u.a. (2015)
Smith LA, Azariah F, Lavender VT, Stoner NS, Bettiol S. Cannabinoids for nausea and vomiting in adults with cancer receiving chemotherapy. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Nov 12;11:CD009464.
Zusammenfassung

[3] Whiting u.a. (2015)
Whiting PF, Wolff RF, Deshpande S, Di Nisio M, Duffy S, Hernandez AV, Keurentjes JC, Lang S, Misso K, Ryder S,Schmidlkofer S, Westwood M, Kleijnen J. Cannabinoids for Medical Use: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA. 2015 Jun 23-30;313(24):2456-73.
Zusammenfassung

[4] Uptodate (2018)
Cannabis use and disorder: Epidemiology, comorbidity, health consequences, and medico-legal status
Abgerufen am 4.10.2019 (kostenpflichtig)

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