Rizol: Mit Öl und Ozon gegen lästige Pilze?

Ozonisierte Pflanzenöle, etwa Rizol, sollen gegen Pilzinfektionen helfen. Ob sie genauso gut wie herkömmliche Pilzmittel wirken, ist aber unzureichend untersucht.

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Hilft ozonisiertes Pflanzenöl gegen Fußpilz oder Nagelpilz?

Hilft ozonisiertes Pflanzenöl gegen Scheidenpilz?

Wir konnten zu diesen Fragen keine Studien finden, die wir als vertrauenswürdig einschätzen.

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© Saowanee K - Shutterstock.com Lassen spezielle Öle lästige Pilze verschwinden?
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Viele Anfragen, die uns erreichen, beziehen sich auf ein konkretes Produkt, das im Internet angeboten wird. Bei der Recherche stellt sich dann oft heraus: Es gibt noch eine Vielzahl ähnlicher Mittel. So auch in diesem Fall.

Konkret wollte ein Leser von uns wissen, was denn von Mitteln zu halten ist, die unter dem Namen „Rizol“ vertrieben werden – und zwar gegen eine ganze Reihe von Beschwerden: von Krebs über chronische Müdigkeit bis hin zu Verdauungsproblemen und Infektionen. Die Tropfen werden je nach Beschwerden geschluckt oder auf die Haut aufgetragen.

Ozonisierte Pflanzenöle

Die Basis von Rizol bildet eine Mischung von Olivenöl und Rizinusöl, die durch Ozon chemisch verändert („oxidiert“) wurden. Die verschiedenen Rizol-Varianten enthalten weitere Zusätze wie ätherische Öle.

Darüber hinaus gibt es noch viele weitere ozonisierte Pflanzenöle, etwa ozonisiertes Sonnenblumenöl. Deshalb haben wir unsere Recherche auch auf diese Präparate ausgeweitet. Sie sind in Internet-Shops und Online-Apotheken erhältlich.

Eine Theorie zur vermeintlichen Wirkung: Ozonisierte Öle sollen krankes Gewebe besser mit Sauerstoff versorgen. Allerdings passt diese These nicht zu dem, was wir zur Entstehung vieler dieser Krankheiten wissen. Laborversuchen zufolge sollen sie außerdem Keime abtöten und auf diese Weise angeblich Infektionen stoppen [3].

Wenig untersucht

Wir wollten wissen, was an diesen Behauptungen dran ist. Wie gut wirken ozonisierte Pflanzenöle in der Praxis? Deswegen haben wir in großen Literaturdatenbanken nach entsprechenden Studien gefahndet.

Allerdings nur mit geringem Erfolg:

  • Zur innerlichen Anwendung (Tropfen zum Schlucken) von ozonisierten Pflanzenölen konnten wir keine Studien finden, die zumindest einigermaßen aussagekräftig sind.
  • Zur äußerlichen Anwendung (Öle und Gele zum Auftragen auf die Haut) gab es einige wenige solcher Untersuchungen, allerdings keine einzige zu dem Produkt Rizol. Wir haben uns auf diejenigen beschränkt, die den Nutzen bei verschiedenen Pilzinfektionen getestet haben.

Dazu konnten wir drei eher kleine Studien finden Hier wurde ozonisiertes Sonnenblumen-Öl [1,2] und ozonisiertes Olivenöl [3] getestet – und zwar im Vergleich zu herkömmlichen Anti-Pilzmitteln. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten entweder Fußpilz, Nagelpilz oder Scheidenpilz.

Nicht überzeugt

Die Studienteams berichteten zwar, dass die ozonisierten Öle mindestens so gut wie herkömmliche Anti-Pilz-Mittel wirken – oder sogar noch besser. Wir können diese positive Einschätzung allerdings gar nicht teilen. Denn die Vergleiche zwischen Behandlungsgruppen und Kontrollgruppen hinkten so sehr, dass sich daraus aus unserer Sicht keine belastbaren Aussagen ableiten lassen (mehr dazu in „Studien im Detail“).

Glaubwürdigkeitsprobleme

Darüber hinaus haben alle drei Studien zahlreiche weitere Schwächen: In den Publikationen fehlen viele Details, die für unsere gründliche Überprüfung nötig wären.

Außerdem wussten vermutlich sowohl die Teilnehmenden als auch das medizinische Studienpersonal, wer welches Mittel bekam. Diese fehlende „Verblindung“ kann die Einschätzung des Behandlungserfolgs durch die Teilnehmenden [3] oder das Studienpersonal 1,2] beeinflusst haben.

Kurz gesagt: Die Studien sind unserer Einschätzung nach insgesamt wenig aussagekräftig. Die Frage, ob ozonisierte Öle bei verschiedenen Pilzinfektionen mindestens genauso gut helfen wie herkömmliche Medikamente, lässt sich für uns nicht beantworten.

Verträglichkeit im Vergleich: unklar

Ob ozonisierte Öle zumindest besser verträglich sind als herkömmliche Anti-Pilzmittel? Auch das lässt sich anhand der Studien nicht bewerten. Denn Nebenwirkungen wurden in zwei Studien [1,2] gar nicht erfasst.

Die dritte Studie [3] berichtet nur pauschal, dass von den Teilnehmenden niemand unerwünschte Effekte angab. Es fehlen allerdings Details zu dieser Befragung. Wir können also keine Aussagen zu Nebenwirkungen treffen.

Pilze auf unserer Haut

Fußpilz tritt am häufigsten zwischen den Zehen auf: Die betroffenen Stellen sind rot, schuppig und jucken. Die Erreger sind verschiedene Pilzarten. Sie werden oft über Kontakt mit Hautschuppen übertragen, etwa beim Barfußlaufen im Schwimmbad oder in Hotelzimmern [4,5,7,8].

Bei Nagelpilz sind Verfärbungen und Verdickungen der Zehennägel typisch [4,5,7,8]. Bei geringem Befall wird oft ein langhaftender wirkstoffhaltiger Nagellack eingesetzt oder eine Creme mit Anti-Pilzmittel plus Harnstoff, letzterer soll die Nagelplatte aufweichen und „empfänglicher“ machen. Die äußerliche Behandlung ist oft langwierig und nicht immer erfolgreich, so dass die Betroffenen dann noch Tabletten mit einem pilztötenden Wirkstoff einnehmen müssen.

Scheideninfektion durch Candida-Pilz

Pilzinfektionen kann es auch an Schleimhäuten geben, etwa an der Scheide. Der häufigste Erreger für Scheidenpilz ist eigentlich eine Hefe (Candida). Eine Candidainfektion äußert sich durch Brennen, Juckreiz und Ausfluss.

Candida wird etwa beim Sex übertragen. Oder die Erreger werden bei falscher Toilettenhygiene aus dem Darm in die Scheide verschleppt; richtig ist die Reinigung von der Harnröhre in Richtung Anus.

In manchen Fällen haben sich die Erreger bereits vor einiger Zeit auf der Schleimhaut angesiedelt, ohne Beschwerden auszulösen. Unter bestimmten Umständen, etwa durch Hormonveränderungen oder bei manchen Erkrankungen, kann es dann jedoch zu einer spürbaren Infektion kommen. Begünstigt wird eine Infektion zum Beispiel durch übertriebene Intimhygiene, synthetische enganliegende Kleidung oder Slipeinlagen, die keine Luft an die Haut lassen [6,9].

Die Studien im Detail

Auf der Suche nach Studien zu ozonisierten Pflanzenölen bei Pilzerkrankungen sind wir auf drei Untersuchungen gestoßen. Jede der Studien widmete sich einer anderen Pilzerkrankung: Fußpilz, Nagelpilz oder Scheidenpilz. Sie sind also nicht direkt miteinander vergleichbar.

Die Teilnehmenden wurden nach dem Zufallsprinzip auf verschiedene Gruppen verteilt [1-3]: Die Personen in der Behandlungsgruppe erhielten ozonisiertes Öl zum Auftragen. Die Kontrollgruppe hingegen schmierte zwecks Vergleich mit bewährten Anti-Pilz-Mitteln.

Zwei Studien [1,2] stammen aus derselben Arbeitsgruppe und wurden in Kuba durchgeführt. Die dritte Untersuchung umfasst nur Teilnehmerinnen aus dem Iran [3]. Inwieweit sich die Ergebnisse dieser Studien auf die Lebensbedingungen oder die Gesundheitsversorgung in Mitteleuropa übertragen lassen, bleibt offen.

Fußpilz bei Soldaten

In der ersten Untersuchung [1] ging es um die Behandlung von Fußpilz. Es nahmen 200 Menschen teil. Die meisten waren männliche Soldaten in der kubanischen Armee im mittleren Alter von 28 Jahren, die in der Vergangenheit bereits öfter an Fußpilz erkrankt waren. Inwieweit sich die Ergebnisse auf andere Bevölkerungsgruppen, etwa Ältere oder seltener von Fußpilz Betroffene übertragen lassen, bleibt offen.

Die Studie dauerte sechs Wochen. In dieser Zeit trugen die einen Teilnehmenden zweimal täglich auf die infizierten Stellen ozonisiertes Sonnenblumenöl auf (Behandlungsgruppe). Die anderen sollten eine handelsübliche Pilzcreme mit dem Wirkstoff Ketoconazol verwenden (Kontrollgruppe).

Nach sechs Wochen wurde dann geprüft, ob die infizierten Hautstellen von außen sichtbar abgeheilt waren und ob sich am Fuß mit Labormethoden noch Spuren der Pilze nachweisen ließen. War dies nicht der Fall, galten die Teilnehmenden als umfassend geheilt. In dieser Hinsicht fand sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

Vorteil durch Schneckentempo?

Allerdings ist für uns das kein Beleg dafür, dass das ozonisierte Öl eine gute Alternative zu herkömmlichen Anti-Pilzmitteln ist bzw. genauso gut wirkt. Denn alle Beteiligten wussten, wer welches Präparat anwendete. Das kann zu einer verzerrten Wahrnehmung des Hautzustandes geführt haben, so dass die Einschätzungen zur Heilung möglicherweise nicht zuverlässig sind.

Hinzu kommt, dass der Vergleich wohl hinkt: Die handelsübliche Pilzcreme sollte in der Regel die Infektion bereits nach vier Wochen abheilen lassen. Doch die Studie lief über sechs Wochen. Möglicherweise hatte das ozonisierte Öl also zwei Wochen Zeit, um „aufzuholen“. Ob die Hautstellen mit der Pilzcreme schneller abgeheilt sind als mit dem ozonisierten Öl, wird in der Studie nicht thematisiert.

Außerdem fehlen in der Publikation wichtige Details. So können wir nicht beurteilen, ob die Ausgangsbedingungen in den Gruppen ähnlich genug waren und ob wirklich die Daten aller Teilnehmenden in die Auswertung eingeflossen sind.

Öl gegen Nagelpilz?

Ebenfalls in Kuba wurde von der selben Arbeitsgruppe eine weitere Studie mit ozonisiertem Sonnenblumen-Öl durchgeführt. Diesmal stand der Nutzen bei Nagelpilz im Fokus [2].

Beteiligt waren 400 Erwachsene im mittleren Alter von 35 Jahren, überwiegend Männer. Bei einigen war die aktuelle Pilzinfektion wohl bereits vor der Studie behandelt worden. Wie viele Probandinnen und Probanden bereits eine Therapie erhalten hatten (womit? wie lange?), bleibt unklar. Gleiches gilt auch für die Schwere der Pilzinfektion und die Anzahl der betroffenen Nägel.

Die fehlenden Informationen machen es für uns schwierig abzuschätzen, auf welche Bevölkerungsgruppe die Ergebnisse anwendbar sein dürften. Etwa für Ältere ist die Übertragbarkeit eventuell eingeschränkt, da die Gruppe in der Studie höchstens zu einem kleinen Teil vertreten war.

Die Teilnehmenden trugen über einen Zeitraum von drei Monaten auf jeden infizierten Nagel zweimal täglich entweder einen Tropfen ozonisiertes Sonnenblumen-Öl auf (Behandlungsgruppe). Oder sie schmierten mit einer handelsüblichen Pilzcreme, die den Wirkstoff Ketoconazol enthielt (Kontrollgruppe).

Durch die Nagelplatte

Zusätzlich erhielten sie die Empfehlung, die betroffenen Nägel stark zu feilen. Dies sollte das Eindringen des Wirkstoffs in die Nagelplatte ermöglichen. Wie viele Probandinnen das tatsächlich getan haben, wird aber nicht berichtet.

Dabei kann das Feilen (oder Nicht-Feilen) die Ergebnisse aber stark beeinflussen: Denn bei der Behandlung einer Pilzinfektion am Nagel besteht die Herausforderung vor allem darin, dass der Wirkstoff nicht nur an der Oberfläche der dicken Nagelplatte bleibt, sondern auch in tieferliegende Schichten und zum Nagelbett gelangt. Aus diesem Grund reicht bei Nagelpilz – wie in dieser Studie – für die Behandlung eine Creme alleine meistens nicht aus [5].

Unter diesen Vorzeichen erschien us die Studiendauer mit drei Monaten eher kurz. Zum Vergleich: Spezielle Nagellacke zur Pilzbehandlung sind in vielen Fällen über einen Zeitraum von neun bis zwölf Monaten nötig.

Tolle Wirksamkeit oder unfairer Vergleich?

Dass mit dem ozonisierten Öl mehr als 90% der Behandelten nach drei Monaten als geheilt gelten – hier sind wir durchaus skeptisch. Denn das ist deutlich mehr, als mit sonst üblichen Anti-Pilzmitteln erreicht wird, selbst wenn sie in Tablettenform eingenommen werden [5].

Wie diese Ergebnisse zustande gekommen sind, bleibt unklar. Ist ozonisiertes Öl tatsächlich ein hoch wirksames „Wundermittel“ bei Nagelpilz? Oder kommen eher alternative Erklärungen dafür in Betracht? Vielleicht hat das Wissen um die Behandlungsgruppen die Beurteilung der Wirkung verzerrt. Oder die Teilnehmenden in der Öl-Gruppe haben möglicherweise ihre Nägel besser gefeilt. Es kann auch sein, dass bei ihnen der Nagelpilz nicht so schlimm war. Das lässt sich anhand dieser Studie nicht herausfinden.

Wenig vertrauenswürdig ist aus unserer Sicht auch, dass in der Publikation nicht nur Angaben zum Feilen der Nagelplatte oder der Schwere der Infektion fehlen. Wir haben auch Angaben zur Auswertung oder der zufälligen Zuteilung vermisst.

Gegen das Jucken

In der dritten Studie nahmen 100 Frauen mit Scheidenpilz teil, die im Mittel 35 Jahre alt waren. Einige hatten bereits mehrere solcher Infektionen hinter sich [3].

Einer Woche lang bekamen sie entweder täglich ein Vaginalgel mit ozonisiertem Olivenöl oder eine handelsübliche Vaginalcreme mit dem Wirkstoff Clotrimazol. Zu Beginn und drei Tage nach Ende der Behandlung protokollierten die Frauen die Beschwerden wie Juckreiz, Brennen oder Ausfluss. Außerdem wurde ein Abstrich auf Pilze untersucht.

Auch hier fehlen uns wichtige Details in der Publikation, um die Zuverlässigkeit der Studie sicher einschätzen zu können. Die Beurteilung der Beschwerden schätzen wir jedenfalls nicht als besonders aussagekräftig ein. Verzerrungen sind möglich. Denn die Frauen wussten, welche Behandlung sie bekamen.

[1] Menendez (2002)
Studientyp: randomisierte kontrollierte Studie
Teilnehmer: 200 Menschen mit Fußpilz, hauptsächlich Soldaten der kubanischen Armee
Fragestellung: Wie gut heilt ozonisiertes Sonnenblumen-Öl im Vergleich zu Ketoconazol nach 6 Wochen Fußpilz?
Interessenkonflikte: keine Angaben

Menendez S u.a. Efficacy of ozonized sunflower oil in the treatment of tinea pedis. Mycoses 2002; 45:329-332
(Zusammenfassung)

[2] Menendez (2011)
Studientyp: randomisierte kontrollierte Studie
Teilnehmer: 400 Menschen mit Nagelpilz in Kuba
Fragestellung: Wie gut heilt ozonisiertes Sonnenblumen-Öl im Vergleich zu Ketoconazol nach 3 Monaten Nagelpilz?
Interessenkonflikte: Keine Angaben

Menendez S u.a. Therapeutic efficacy of topical OLEOZON® in patients suffering from onychomycosis. Mycoses 2011; 54:e272-e277
(Zusammenfassung)

[3] Tara (2016)
Studientyp: randomisierte kontrollierte Studie
Teilnehmer: 100 Frauen mit Scheidenpilz im Iran
Fragestellung: Verbessert ozonisiertes Olivenöl bei Scheidenpilz innerhalb von einer Woche die Beschwerden im Vergleich zu Clotrimazol?
Interessenkonflikte: keine Angaben

Tara F u.a. he Effects of Ozonated Olive Oil and Clotrimazole Cream for Treatment of Vulvovaginal Candidiasis. Altern Ther Health Med 2016; 22:44-49
(Zusammenfassung)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[4] IQWiG (2018)
Fußpilz. Abgerufen am 30.09.2020 unter https://www.gesundheitsinformation.de/fusspilz.2675.de.html

[5] IQWiG (2018)
Nagelpilz. Abgerufen am 30.09.2020 unter https://www.gesundheitsinformation.de/nagelpilz.2672.de.html

[6] IQWiG (2019)
Pilzinfektion der Scheide (Scheidenpilz). Abgerufen am 30.09.2020 unter https://www.gesundheitsinformation.de/pilzinfektion-der-scheide-scheidenpilz.3368.de.html

[7] UpToDate (2020)
Dermatophyte (tinea) infections. Abgerufen am 29.09.2020 unter https://www.uptodate.com/contents/dermatophyte-tinea-infections

[8] UpToDate (2020)
Onychomycosis: Epidemiology, clinical features, and diagnosis. Abgerufen am 29.09.2020 unter https://www.uptodate.com/contents/onychomycosis-epidemiology-clinical-features-and-diagnosis

[9] UpToDate (2020)
Candida vulvovaginitis: Clinical manifestations and diagnosis. Abgerufen am 29.09.2020 unter https://www.uptodate.com/contents/candida-vulvovaginitis-clinical-manifestations-and-diagnosis

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