Startseite ● Kaktusfeige: Hilfe gegen Kater? Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert. Kaktusfeige: Hilfe gegen Kater? Die Nachwirkungen durchzechter Nächte können unangenehm sein. Kaktusfeigen-Extrakt soll's wieder gut machen. Doch wissenschaftliche Belege dafür fehlen. 31. Dezember 2017 AutorIn: Claudia Christof Review: Bernd Kerschner Teilen Helfen Extrakte der Kaktusfeige (Opuntia ficus-indica) bei Kater-Beschwerden nach Alkoholkonsum? wissenschaftliche Belege fehlen Bislang gibt es kaum Studien, die eine Wirksamkeit von Extrakten der Kaktusfeige nach Alkoholkonsum untersuchen. so arbeiten wir Kater: das Grauen am Morgen danach © Focus Pocus LTD – fotolia.com Ein brummender Schädel, Übelkeit und Abgeschlagenheit: Auf das Vergnügen einer durchfeierten Nacht folgen die wohlbekannten Symptome eines Katers. Ob Rollmöpse, Espresso mit Zitrone oder Tomatensaft – Tipps gegen die Kater-Beschwerden gibt es genügend. Neu in unseren Breiten sind Getränke, die Extrakte der roten Kaktusfeige enthalten. Diese sollen einen unbeschwerten „Tag danach“ ermöglichen und müde Geister wieder munter machen. Die in vielen Supermarktregalen angebotenen Säfte enthalten neben dem Extrakt der Kaktusfeige auch zahlreiche andere Inhaltsstoffe – und sehr viel Zucker. Egal, ob vor, während oder nach einer feucht-fröhlichen Nacht eingenommen, die Wundergetränke sollen zu jeder Zeit ihre Wirkung tun. Empfohlen wird sogar ein Cocktailmix des Saftes mit harten Getränken. Das schmecke nicht nur gut, sondern beuge auch dem Katzenjammer vor. Wirkung unbewiesen Diese Aussichten mögen für Partytiger verlockend klingen; wissenschaftlich belegt sind die Versprechungen aber nicht. Es finden sich keine aussagekräftigen Studien, die eine Wirksamkeit von Extrakten der Kaktusfeige nachweisen. Ob die Früchte helfen können, dem Hangover nach übermäßigem Alkoholkonsum zu entkommen, bleibt deshalb ungeklärt [2]. Völlig offen ist auch die Frage, ob die längerfristige, wiederholte Einnahme von Kaktusfeigenextrakt der Gesundheit zuträglich ist. Dieser Frage wurde bislang nicht wissenschaftlich nachgegangen. Gründe für das böse Erwachen Die beste Strategie gegen unangenehme Auswirkungen eines Katers ist, die Finger vom Alkohol zu lassen. Wer das nicht will, muss – je nach erblicher Veranlagung – mit mehr oder weniger starken Hangover-Beschwerden rechnen. Die Ursache dieser Symptome ist noch nicht restlos geklärt. Fest steht, dass der Körper nach übermäßigem Alkoholkonsum mit den Folgen einer akuten Alkoholvergiftung zu kämpfen hat. Vor allem das giftige Abbauprodukt Acetaldehyd macht ihm zu schaffen. Hinzu kommt, dass Alkohol dem Körper auch Wasser und Mineralstoffe raubt. Unser Organismus reagiert am nächsten Morgen mit Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel. Besonders stark können diese Symptome nach dem Konsum billiger alkoholischer Getränke sein. Diese enthalten oft sogenannte Fuselalkohole (Begleitalkohole) und kleine Mengen an gesundheitsschädlichem Methanol. Manche Expertinnen und Experten empfehlen daher, wenn schon Alkohol, dann nur qualitativ hochwertigen zu konsumieren. Wer dennoch über den Durst trinkt und den Kater am Tag danach in Grenzen halten will, sollte am besten während des Feierns fettreiche Mahlzeiten essen und viel Wasser trinken [4] [5]. Ob vorgebliche Anti-Katermittel tatsächlich helfen können, einen Brummschädel am nächsten Tag zu vermeiden, ist wissenschaftlich nur schlecht erforscht. Wie wir in einem früheren Artikel berichteten, sind diesbezügliche Ergebnisse ernüchternd. Stachelige Delikatesse Die stacheligen Früchte des aus Amerika stammenden Feigenkaktus‘ blicken auf eine lange Tradition in der südamerikanischen Volksmedizin zurück. Überdies sind die süß schmeckenden Früchte auf so manch südamerikanischem Teller zu finden. Auch in unseren Breiten sind Kaktusfeigen immer öfter im Handel erhältlich. Der ursprünglich wahrscheinlich aus Mexiko stammende Kaktus wächst mittlerweile auch in vielen Mittelmeerregionen [3]. Nicht nur nach übermäßigem Alkoholkonsum, sondern auch bei Magenbeschwerden, Fettstoffwechselstörungen oder beim Abnehmen sollen Nahrungsergänzungsmittel mit Opuntia ficus-indica Wunder wirken. Dem Thema Kaktusfeige und Abnehmen hat Medizin-Transparent.at schon früher einen Artikel gewidmet. Ob diese Früchte tatsächlich beim langfristigen Schlankwerden helfen, ist nicht geklärt. Die Studien im Detail Der Fülle der angebotenen Anti-Katermittel stehen nur wenige und methodisch schlecht durchgeführte Studien gegenüber. Dies trifft auch auf eine mögliche Wirksamkeit von Extrakten der Kaktusfeige bei Hangover-Beschwerden zu. Zu diesem Ergebnis kamen die Autorinnen und Autoren einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2005 [2]. Derzeit gibt es keine Hinweise, dass Extrakte der Kaktusfeige einen Einfluss auf die Auswirkungen eines Katers haben. Dieser Frage ist unseren Recherchen zufolge nur eine einzige Studie mit zwei Studiengruppen (einer Gruppe, die das Kaktusfeigenprodukt erhielt, und einer Kontrollgruppe) aus dem Jahr 2004 nachgegangen [1]. Diese Studie ist allerdings aufgrund schwerer Mängel nicht aussagekräftig genug, um eine Wirksamkeit der Kaktusfeige bei Hangover-Beschwerden beurteilen zu können. Für die Studie durften 64 junge, gesunde Leute über den Durst trinken. Am Tag danach wurde untersucht, ob die Kater-Beschwerden bei jenen, die vor dem Alkoholexzess Kapseln mit Kaktusfeigen-Extrakt geschluckt hatten, weniger schwer ausfielen. Obwohl die Ergebnisse auf den ersten Blick verheißungsvoll scheinen, sind sie bei näherer Betrachtung bedeutungslos. Nicht nur war die Studie mit nur wenigen Teilnehmern und Teilnehmerinnen sehr klein. Sie hatte auch methodische Fehler. So fallen Ungereimtheiten bei der Aufteilung der Personen in die Behandlungs- und die Scheinbehandlungsgruppe auf. Auffällig ist auch, dass an der Studie nur junge Menschen teilgenommen haben, die teilweise große Mengen Alkohol gewöhnt waren. Es ist nicht auszuschließen, dass das die Schwere des Hangovers vermindert hat [6]. All das kann die Ergebnisse verzerren und schränkt die Aussagekraft einer Studie massiv ein. Wissenschaftliche Quellen [1] Wiese u.a.(2004) Studientyp: randomisiert kontrollierte Studie Teilnehmer: 64 gesunde Personen im Alter von 21 bis 35 Jahren Fragestellung: Wirkt sich die Einnahme von Kapseln mit Opuntia ficus-indica (Kaktusfeige) auf die Schwere von Hangover-Beschwerden nach Alkoholkonsum aus? Mögliche Interessenskonflikte: unklar Wiese J, McPherson S, Odden MC, Shlipak MG: Effect of Opuntia ficus indica on symptoms of the alcohol hangover. Arch Intern Med. 2004 Jun 28;164(12):1334-40 (Zusammenfassung der Studie) Weitere Quellen [2] Pittler u.a. (2005) Interventions for preventing or treating alcohol hangover: systematic review of randomised controlled trials. BMJ 2005 Dec 24;331(7531):1515-8 (Übersichtsarbeit in voller Länge) (Kritische Bewertung) [3] Kim u.a. (2012) Prickly pear cactus (Opuntia ficus indica var. saboten) protects against stress-induced acute gastric lesions in rats. J Med Food. 2012 Nov;15(11):968-73 (Studie in voller Länge) [4] Swift u.a. (1998) Alcohol Hangover: Mechanism and Mediators. Alcohol Health Research World, 22, 54-60 (Zusammenfassung der Studie) [5] Haas u.a. (2006) Katersymptome nach Alkoholkonsum: Epidemiologie, Risikofaktoren und Pathophysiologie. Sucht, 52, 5, 317-326 (Text in voller Länge) [6] Verster u.a. (2010) The alcohol hangover research group consensus statement on best practice in alcohol hangover research. Curr Drug Abuse Rev. 2010 Jun;3(2):116-26 (Arbeit in voller Länge) Versionsgeschichte Die ursprüngliche Fassung dieses Artikels erschien am 7.12.2015. Eine neuerliche Literatursuche brachte keine Änderung der Einschätzung. Schlagworte AlkoholErnährungHangoverKaktusfeigeKaterNahrungsergänzungsmittelSuperfood In über 500 Faktenchecks suchen